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Eins

Mit zügigen Schritten erklomm ich die Gangway, die mich an das Deck der roten Wellenreiterin führte. Mein dunkelbrauner Mantel bauschte sich hinter mir auf, als sich ein Windstoß darin verfing.

»Ist der Captain schon da?«, fragte ich Berwyn. Der Mann mit dem schwarzen Ziegenbart lehnte sich an die Reling des Schiffes und biss in einen Apfel, dessen gelbe Farbe seinen Zähnen Konkurrenz machte.

Er zuckte mit den Schultern, während er mit offenem Mund kaute.

»Wie lang stehst du schon da?«

»Eine Weile.« Er grinste, verzog gleich darauf aber das Gesicht und spuckte einen Apfelkern über die Reling hinweg ins dunkle Wasser des Hafens.

Ich schenkte ihm einen finsteren Blick, ehe ich mich abwandte. Schon seit meinem ersten Tag auf diesem Schiff behandelte mich der Großteil der Piraten so: von oben herab und mit Missgunst. Und das nur, weil ich der Sohn des Captains und dadurch zu ihrem nächsten Anführer bestimmt war.

Ich betrat die Kajüte meines Vaters. Durch die von Dreck überzogenen Fenster drang kaum Helligkeit herein. Ich blinzelte mehrmals, um mich an das fahle Licht zu gewöhnen.

»Was lässt du denn den Klüver hängen?«, höhnte Morton.

Ich zuckte zusammen, während mein Blick nach rechts schoss. Morton, der immerzu schwarz gekleidete Steuermann des Schiffes, stand vor einem Regal und studierte eine Landkarte.

Ein abfälliges Grinsen legte sich auf meine Lippen. »Tu ich nicht. Mir geht es blendend.« Hätte ich angefangen, mich über die anderen Piraten zu beschweren, hätte er eins draufgesetzt. Von allen an Bord war er derjenige, der sich am meisten wünschte, eines Tages die Führung zu übernehmen.

»Was führt dich so schnell von deinem Spaziergang zurück?« Der hochgewachsene Mann musste beim Gehen den Kopf einziehen, sonst wäre er gegen die Decke gekracht. Vor mir blieb er stehen.

Ich schnaubte. »Ich habe keinen Spaziergang gemacht.« Die Belustigung in seinen Augen reizte mich. »Ich habe mit einem Wahrsager gesprochen.«

Er rollte mit den Augen. »Was bringt das, Lucim? Lernst du nie dazu?«

»Das hat nichts mit Lernen zu tun«, konterte ich, »sondern mit Durchhaltevermögen. Ich gebe nicht auf.«

Morton warf seine Landkarte auf den Tisch mitten im Raum und stützte seine Hände auf der Platte ab. Seine blauen Augen bohrten sich in meine. »Der Dumme weiß nicht, wann er aufgeben soll.«

Ich schluckte meinen Ärger über seine Aussage hinunter. »Deshalb habe ich mich heute umgehört und erfahren, dass es auf einer Insel nicht sehr weit von hier einen Wahrsager gibt, der mit Wasseradorern kommuniziert.«

Morton zog seine Oberlippe hoch. »Dann ist er entweder längst tot oder ein Wahnsinniger, der halluziniert.«

»Oder er kann uns sagen, wo sich die Seeperle befindet!« Käme ich mit dieser Information zurück, würde ich endlich die Anerkennung bekommen, die ich verdient hatte. Beim Klabautermann, ich wollte nicht länger derjenige sein, den sie ständig kritisierten und über den sie hinter seinem Rücken witzelten.

Der Steuermann brach in Gelächter aus. »So leichtgläubig könnt auch nur Ihr sein, Prinz!«, spottete er mit einer angedeuteten Kopfverneigung.

Ärger brodelte in mir auf wie kochendes Wasser. Ich formte meine Hände zu Fäusten und presste sie gegen meine Beine, um nichts Unüberlegtes zu tun. »Du brauchst nicht mitzukommen. Artemi und ich –«

»Artemi wird dich auf keinen Fall begleiten!« Morton richtete sich zu seiner vollen Größe auf, sodass nur mehr einer meiner Finger zwischen seinem Kopf und der Decke gepasst hätte. »Mein Sohn hat Besseres zu tun.«

Ich verschränkte meine Arme. »Ich schaff das auch allein. Eineinhalb Tagesreisen auf einem Boot sind kein Meisterwerk.«

Er hob seine Augenbrauen hoch, als wäre er anderer Ansicht.

Ich drehte mich abrupt weg und machte mich auf den Weg zur Tür. »Richte meinem Vater aus, dass ich ihn in Osmond treffen werde«, sagte ich, ohne einen weiteren Blick an ihn zu verschwenden.

Mit einem Gesicht, finsterer als jede Gewitterwolke, ging ich zügig auf die Gangway des Schiffes zu. Alles, was ich für diese Reise brauchte, war ein Boot – und von diesen gab es im Hafen genug.

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als ich auf einem kleinen, gestohlenen Segelboot die ankernden Schiffe passierte. Die Angst, beim Davonsegeln auf einem fremden Boot erwischt zu werden, saß mir im Nacken. Während ich es mit der Pinne von einem herausragenden Steg weglenkte, rollte ich meine Schultern.

Meine Anspannung ließ nicht nach, als die rote Wellenreiterin hoch vor mir aus dem Wasser ragte. Sie war das letzte Schiff auf meinem Weg aus dem Hafen, die letzte Hürde. Hätte Morton mich verraten, schriee mein Vater schon längst seine Meinung über das Wasser.

Ungesehen fuhr ich an ihr vorbei. Ich drehte mich zu ihr um und verabschiedete mich von ihr mit einem Grinsen auf den Lippen: Ich legte meine rechte Hand an die Schläfe und ließ sie ruhig wieder sinken.

Sie war mein Zuhause, doch die Menschen darauf waren es nicht. Sie wollten ihren nächsten Anführer wählen, so wie es bei manch anderen Piratenfamilien üblich war. Unsere Tradition der Erbfolge passte ihnen nicht, war ich doch um einiges jünger und »nicht so erfahren« wie die meisten Männer auf dem Schiff. Meinen Vater Captain Barlow ließen sie jedoch davon kein Sterbenswörtchen hören, denn ihn respektierten sie.

Ich blickte auf das offene Meer hinaus, das sich vor mir erstreckte. Während ich mich setzte, erfüllte mich Zufriedenheit. Diese Aussicht, das Gefühl des Windes auf meiner Haut und die Wellen als ständige Hintergrundmelodie meines Lebens waren das, was mich glücklich machte. Sie bedeuteten für mich eine Freiheit, die ich nie gespürt hatte, als ich noch bei meiner Mutter in ihrem kleinen Dorf gelebt hatte.

»Lucim!« Die Stimme meines Vaters klang wie der erste Donner eines Gewitters.

Ich drehte mich abrupt um. Er stand auf dem Deck der roten Wellenreiterin. Mit ihm tauchte Berwyn auf, der sich gegen die Reling lehnte und seinen Bogen spannte. Der Pfeil war auf mich gerichtet.

»Du kommst sofort zurück!«

Trotz seines drohenden Tonfalls blieb ich, wo ich war. Aus Erfahrung wusste ich, dass ich eine Diskussion verlieren würde, also hielt ich meinen Mund. Ich behielt den Bogenschützen fest im Blick.

Das Surren eines Pfeils durchschnitt das Plätschern der Wellen. Ich ließ mich hart auf den Boden fallen. Über meinem Kopf zischte der Pfeil haarscharf am Mast vorbei und stach ins dunkle Wasser. Mit geweiteten Augen blieb ich erstarrt in meiner unbequemen Position liegen.

Ich wagte mit gerecktem Hals einen Blick nach oben. Die Augenbrauen meines Vaters waren so weit zusammengezogen, dass sie aussahen, als wären sie zusammengewachsen. Eine Böe ließ es so aussehen, als erzitterte auch sein dunkelgrauer Backenbart vor Wut. Seine verkrampften Hände zeigten mir, in was für Schwierigkeiten ich mich mit dieser Aktion brachte.

Morton musste ihm mein Vorhaben doch verraten haben.

»Ich treffe euch in Osmond!« Mein wachsamer Blick lag auf Berwyn, während ich mit der zweiten Hand nach der Pinne tastete. Langsam richtete ich mich wieder auf. »In fünf Tagen.«

Die Pranke meines Vaters schlug auf das Holz der Reling. »Dich werd' ich über die Planke schicken, wenn du wieder da bist!«

Ich kannte keinen Mann, dessen Stimme einschüchternder als die meines Vaters klingen konnte.

Mit einer Bewegung der Pinne ließ ich das Boot vom Wind abfallen und vergrößerte so den Abstand zwischen uns.

»Berwyn!«

Dadurch vorgewarnt schmiss ich mich auf alle Viere und lauschte auf das Geräusch eines Pfeils, der im Wasser landen würde. Erst dann traute ich mich wieder, mich aufzusetzen. »Willst du mich umbringen?« Meine Stimme klang schrill. Ich bohrte meine Augen in seine, während ein Sturm in mir tobte.

»Ich will, dass Berwyn dich Leichtmatrosen zu den Haien schickt!«

Zorn flammte bei dieser Beleidigung in meiner Brust auf. Er breitete sich wie ein Lauffeuer über meine Arme aus und zwang meine Hände zu Fäusten. Die Finger meiner linken Hand klammerten sich um die Pinne, sodass die Knöchelchen weiß hervortraten. »Ich bin der beste Seemann auf deinem Schiff!«

Mein Vater schnaubte und schien dabei jede Verachtung hineinzulegen, die er je in seinem Leben verspürt hatte. Er beugte sich weit über die Reling, unsichtbare Zornespfeile schossen aus seinen Augen. »Aye, wenn man dich mit Sprotten vergleicht!« Er verengte seine Augen und spuckte geräuschvoll ins Wasser. »Anbohren!«

Berwyns Armmuskeln spannten sich an. »Aye!« Er reckte beim Anvisieren das Kinn und schloss ein Auge.

Schnell zog ich an der Pinne und lenkte das Boot weiter nach Lee. Eine Windböe verfing sich im Segel, das sich wie ein Kugelfisch aufblähte, und trieb das Boot vom Piratenschiff fort. Ein weiterer Pfeil durchbohrte dort das Wasser, wo sich eben noch das Heck meines Segelbootes befunden hatte.

»Fünf Tage«, wiederholte ich, ehe ich mich umdrehte. Ich verschwendete keinen einzigen weiteren Blick zurück über meine Schulter, trotz seiner mahnenden Rufe. Denn das hatte er mich schon bei meiner ersten Schifffahrt gelehrt:

Ein Mann vergeudet seine Gegenwart nicht mit der Vergangenheit. Seine Zukunft liegt vor ihm, niemals aber in seinem Rücken.

⚓️

[A/N]: Das hier ist der Anfang meiner neuen, vierteiligen Kurzgeschichte.

Was haltet ihr von Lucims Vorhaben? Vergeudet er seine Zeit? Was, glaubt ihr, erwartet ihn auf seiner Reise? Bekommt er etwa vom Wahrsager die Antworten, die er sich erhofft?

P.S.: Sollten manche Begriffe unklar gewesen sein, im vorigen Kapitel findet ihr eine Liste aller Seemannsbegriffe, die in meiner Geschichte vorkommen. Dort könnt ihr nachlesen, was sie bedeuten.

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