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Unmöglich, seine Fantasie musste ihm wohl wie so oft einen Streich gespielt haben. Unwillkürlich musste er an den Witz denken, den ihm sein Mathelehrer in der dritten Klasse erzählt hatte. Und wenn das Eichhörnchen Räder unter den Füßen hätte, würde es den Baum hinaufrollen. Genauso wahrscheinlich erschien es ihm, dass ein Eichhörnchen ihm den Weg zu etwas weisen würde.
Unbeirrt kniete er sich ruhig vor dem Stein hin. Mit seinen Händen betastete er das kühle Gestein. Ein kleines bisschen Moss und Erdklumpen konnte er erfühlen. So sacht er konnte, hob er den Stein an, welcher die Sicht auf eine Höhle freigab. Kaum hatte Sebastian ihn neben dem Eingang zum Gartenhaus abgelegt, erkannte er, dass es sich hierbei um keinen gewöhnlichen Bau eines Igels handeln konnte...
Ein tiefer Gang tat sich vor ihm auf, der bis in die weitentferntesten Tiefen des Bodens hineinzuragen schien. Normalerweise erklärten Igel nur eine kleine Kuhle zu ihrem Zuhause. Schon wollte Sebastian das Loch erneut mit dem Stein verdecken, doch seine Neugier hielt ihn zurück. Was könnte sich bloß hinter diesem merkwürdigen Gang verbergen?
Ob das Eichhörnchen ihn wohl wirklich darauf hatte aufmerksam machen wollen? Unmöglich! Woher hätte denn ausgerechnet der kleine Nager das wissen sollen? Nur allzu gerne hätte er noch einmal einen kurzen Blick auf dieses seltsame Bauwerk unter der Erde geworfen, doch die vernünftige Stimme in ihm sagte Sebastian, dass er es lieber unterlassen sollte. Gehorsam verschloss er das Loch wieder mithilfe des Steines. Ärger wollte er sich keinen einheimsen, vor allen nicht zu Ostern.
Ob seine Eltern schon so vorausschauend gewesen waren, über die Nacht ein paar Ostereier im Garten zu verstecken? Schließlich wussten sie, dass ihr Sohn es morgens nie allzu lange im Bett aushielt. Für gewöhnlich war immer eine Kleinigkeit hinter dem Himbeerstrauch neben der Terrasse zu finden. Manchmal fragte sich Sebastian, ob sie ernsthaft annahmen, dass er dieses Versteck noch nicht durchschaut hatte. Bereits im alten Haus hatten sie immer genau diese Art von Busch gewählt, nur mit dem Unterschied, dass sich das Gebüsch nun an einer anderen Stelle befand. Einfach zu blöd. Sebastian war sich sicher, dass ihm als Vater ein solcher Fehler niemals unterlaufen wäre. Viel zu offensichtlich.
Kaum stand er vor dem Himbeerstrauch, kniete er sich hin und begutachte die Erde in der Nähe seiner Wurzeln. Mit größter Sorgfalt hob er dabei, Blatt für Blatt, Ast für Ast an. Zu seiner Enttäuschung musste er feststellen, dass an diesem Ort noch nichts für ihn abgelegt worden war.
„Der Osterhase war nicht da.", hätte seine Mutter jetzt bestimmt scherzhaft angemerkt.
Aber es gab noch ein anderes Versteck, welches Sebastians Elter Jahr ein, Jahr aus, wählten: das verlassene Nest im wilden Wein, der sich wie es Efeu für gewöhnlich tat, an der gesamten Hauswand entlang schlängelte. Die Südseite war beinahe vollständig von seinen Ranken bedeckt. Eilig machte er sich auf den Weg dorthin. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick in das Nest erhaschen zu können.
Wenn er es richtig erkannt hatte, war es wieder eine Fehlanzeige. Um wirklich sicher zu gehen, stützte Sebastian den rechten Fuß auf der untersten Ranke des wilden Weins ab und zog sich an einem Ast ein wenig oberhalb des Nests hoch. So schnell er konnte, sah noch einmal genauer hin. Leider musste er sich erneut damit abfinden, dass er bei seinem ersten Nachsehen richtig gelegen hatte.
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