Kapitel 5
Erklärungen
Als die letzte Tüte Chips und die letzte Flasche Cola wieder in der Tasche des Fahrrades verschwunden waren, nickte ich dankend und fragte neugierig, wie sie in meine Welt gekommen waren.
"Das würde mich schon interessieren."
"Wir wissen es nicht genau.", gab Kili zu. "Wir haben vor kurzem den Erebor zurückerlangt und waren dabei uns auf den Weg zu machen, unsere Familien zu uns zu holen, als eine außerordentlich merkwürdige Luftspiegelung, wie ein Strudel aus Licht, vor uns auftauchte. Es hat uns agezogen und eingesaugt und hier wieder ausgespuckt."
Aber im Film waren Fili, Kili und Thorin gestorben, als sie den Erebor zurückeroberten. Stimmten die Bücher etwa nicht mit den wahren Ereignissen überein? Wenn nicht, dann mussten sie sich die DVDs unbedingt anschauen und mir erzählen, was wahr und was falsch war.
"Okay, dann muss ich euch später was zeigen. Ich nehme an, du warst auch dabei Fili, nicht wahr?", fragte ich den blonden Zwerg.
"Ja, das war ich, doch wieso wollt ihr das wissen?", fragte Fili nur noch wenig misstrauisch. Ich würde mich in ihrer Situation auch komisch, wenn nicht sogar unwohl fühlen.
"Das werde ich euch nachher zeigen. Bain und Blondie wo ward ihr?"
Daraufhin setzte Legolas eine finstere Miene auf, er schien zu erahnen, dass er gemeint war. Er stand wohl nicht so auf Spitznamen.
Bain, der sich neben Kili gestellt hatte, sagte: "Meine Schwestern, mein Vater und ich waren gerade dabei, den Arbeitern zu helfen, Thal wieder aufzubauen. Es gab auch solch eine Luftspiegelung."
"Ich fand Streicher im Wald nahe Bruchtal. Das Licht zog uns aus unseren Satteln.", endete die gut zweimetergroße Blondine.
"Okay, also seid ihr alle ungefähr zur selben Zeit hierhergekommen?"
Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie alle aus derselben Zeit kamen.
"Und ihr? Wo ward ihr?", sah ich nun Aragorn und die Hobbits an.
Frodo trat einen Schritt vor, um mir zu antworten. "Sam, Pippin, Merry und ich haben uns vor einem der schwarzen Reiterversteckt, wenn ihr wisst, was das ist."
"Ja, ich weiß sehr gut was das ist. Also seid ihr erst vor kurzem aus dem Auenland aufgebrochen?"
Ich wurde ungemein wuschig.
Entweder sie kamen nicht alle aus derselben Zeit, oder Tolkien hatte die falschen Zeitangaben veröffentlicht.
"Ja.", kam es von allen dreien im Chor.
Ich rieb mir die Hände und quietschte fast.
"Aragorn, wie sieht's bei dir aus?", ich drehte mich zu ihm und schaute ihn interessiert an.
"Ich bekam gerade die Nachricht von Elrond, dass er einen Rat einberufen habe. Wie Legolas bereits sagte, fand er mich ungefähr zu diesem Zeitpunkt. Er wollte nach Bruchtal aufbrechen und ich davor noch einige Heilkräuter sammeln, um ihm dann nachzureiten. Als Legolas auf sein Pferd stieg, wurden wir durch das Licht gezogen.", berichtete der Waldläufer.
"Legolas, wie lange ist die Schlacht der fünf Heere am Erebor her?", sie kamen bestimmt aus anderen Zeiten, der Ringkrieg fing erst sechzig Jahre nach der Schlacht am Erebor an, jedenfalls soweit ich wusste.
"Sechs Wochen sind vergangen, seitdem Thorin Eichenschild, der König unter dem Berge, den bleichen Ork Azog mit in den Tod riss und Mittelerde durch sein Opfer rettete." Der Elb sprach ganz schön geschwollen. Ich sollte das Prinzchen mal in die moderne Redeart einführen. Aber irgendwie mochte ich selbst ja auch die alte Redeweise lieber. Früher wurde mit mehr Respekt und Freundlichkeit gesprochen. Das war doch irgendwie ganz schön.
Kili und Fili senkten traurig ihren Blick, ich konnte ihre Trauer verstehen, Thorin war immerhin ihr Onkel gewesen.
Ein neuer Gedanke schoss in meinen Gedanken wie ein Blitz empor.
Es lagen nur sechs Wochen zwischen den beiden Kriegen? Nur eine so kurze Zeit?
Was hatte sich der beste Autor der Welt, Tolkien, mit diesen sechzig Jahren nur gedacht?
Und die wichtigere Frage: Wie konnte sich jemand so schnell verändern?
Im Hobbit war Leggy noch total selbstsüchtig und arrogant wie sein Vater, aber in der Herr der Ringe plötzlich total freundlich, hilfsbereit und einfach nur episch.
Vielleicht sollte ich aufhören so zu denken, bevor Legolas meine Gedanken wieder las, außerdem konnte ich ihn nicht leiden und es hatte sich ja schon herausgestellt, dass es in der Geschichte anders ablaufen konnte, als in Wirklichkeit. Das würde ich noch früh genug sehen.
Früher war Legolas eigentlich einmal mein Lieblingscharakter gewesen, bis der Hobbit mir ein anderes Bild von ihm gezeigt hatte. Der Elb war dort viel egoistischer und arroganter als in der Herr der Ringe, wobei er in den Filmen auch ziemlichen Mist laberte. Seither fand ich die Zwerge viel cooler.
"Woher wisst ihr nur so viel über uns?", fragte Aragorn entgeistert.
"Wie ich bereits sagte", sagte ich enthusiastisch. "Es gibt hier in unserer Welt Bücher und Geschichten über euer Leben. Ich werde euch das alles noch zeigen, keine Sorge. Apropos, wie viel Uhr haben wir eigentlich?"
Ich schaute auf meine Armbanduhr und wunderte mich, wie spät es schon war, schon nach halb drei. Langsam musste ich mal nach Hause und Essen machen, denn so langsam wurde ich hungrig.
Als mein Magen knurrte schaute ich auf und bemerkte acht fragende Blicke.
"Wir verstehen nicht ganz, von was ihr sprecht." Schon wieder seine Stimme in meinem Kopf.
"Henion. (Ich verstehe.)", dachte ich und nickte in Legolas Richtung, wenn auch leicht genervt.
"Wisst Ihr, wie wir wieder zurück nach Hause kommen?", platzte es aus Merry heraus.
Sie waren durch ein Portal hier hergekommen, vielleicht würden sie auch druch eines wieder nach Mittelerde gelangen. Allerdings wusste augenscheinlich niemand hier, wie man solch ein Portal herstellte. Diese Frage blieb wohl erstmal offen.
"Nein, tut mir leid.", entschuldigte ich mich unnötigerweise bei ihm. Ich war nur ein normaler Mensch, ich hatte wohl am wenigsten Ahnung davon. "Außerdem habe ich wohl selbst gerade erst begriffen, dass ihr echt seid."
"Und wisst ihr einen Ort, an dem wir verweilen können? Natürlich nur so lange, bis wir einen Weg gefunden haben, in unsere Heimat zurückzukehren.", fragte Kili sichtlich betrübt.
"Wenn ich so darüber nachdenke ist es vermutlich das Beste, wenn ich euch mit zu mir nehme. Wenn ihr hier irgendwelche anderen Menschen, oder noch schlimmer, andere Fangirls trefft, könnte das ein heftiges Massaker geben.", erwiderte ich grinsend.
"Sind Fangirls das, was Ihr seid?", fragte Fili nervös.
"Ja, so in etwa. Aber es gibt auch noch weitaus schlimmere als mich, weshalb ich denke, dass ihr bei mir Schutz vor ihnen finden könntet, das wäre vielleicht gar nicht verkehrt.", merkte ich an. "Und ganz nebenbei, ich bin kein allzu schlechter Mensch.", merkte ich selbstsicher an.
"Ihr seid ein Mensch? Das kann und werde ich Euch nicht glauben. Euer Geruch ist anders, als der eines Menschen, ich weiß nur nicht genau, nach was Ihr riecht.", den Rest knurrte Legolas leise, trotzdem konnte ich es noch hören. "Ich weiß nicht, ob man ihr vertrauen kann, Aragorn."
Ich und kein Mensch? Zwar war ich niemand, der sich gerne unter Menschen aufhielt, konnte mich jedoch nicht vorstellen irgendetwas anderes zu sein. Außerdem: Wie konnte man riechen, ob man Mensch war oder nicht? Vielleicht aus dem selben Grund, aus dem er auch mit mir in Gedanken kommunizieren konnte. Oder Blondie hatte sie einfach nicht mehr alle.
Schon wieder sah er böse zu mir hinüber.
"Hallo?! Ich stehe zufälligerweise genau neben euch, falls euch das noch nicht aufgefallen ist. Wahrscheinlich ist dein Riechkolben kaputt und deswegen kannst du nicht mehr zwischen Mensch und Ork unterscheiden!", regte ich mich auf und wurde anschließend eiskalt ignoriert.
"Wir haben keine andere Wahl, Legolas. Wir müssen ihr ein wenig Vertrauen entgegenbringen, wenn wir hier überleben wollen. Wir kennen uns in dieser Welt nicht gut genug aus, um auf uns alleine gestellt zu sein, mellon nin (mein Freund).", sagte Aragorn, dem vielleicht einmal ein Hygienelehrgang ganz gut getan hätte.
"Lasst uns abstimmen.", beschloss Legolas und begann. "Wer ist der Meinung, wir sollten mit ihr gehen?"
Jeder hob eine Hand in die Höhe, außer Bain und der Elb. Zustimmendes Gemurmel war zu hören.
"Amman? (Warum?)", stöhnte Legolas gepiesackt.
Wenigstens war nicht ich es, die ihn so aus der Fassung brachte, sondern seine Begleiter.
"Wenn ihr dann soweit seid, würde ich sagen, machen wir uns auf den Weg.", meinte ich aufgeregt. Das würde heiter werden. Mal schauen, wie lange sie es bei mir aushalten würden.
Drei Hobbits, zwei Menschen (War Aragorn überhaupt ein richtiger Mensch? Ich musste ihn das später unbedingt fragen, denn wie ich wusste, wurden die Dúnedain viel älter als Normalsterbliche.), zwei Zwerge und ein Elb in meiner Wohnung.
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