Wenn die Stadt rot wird
„Ich stelle mir die ehrliche Frage, wie ihr am Leben seid. Bitte, teilt mir eure Wege mit. Ich hab das nicht hinbekommen." Mariano durchschnitt die Luft mit Handkantenschlägen und lief vor den acht Teenagern hin und her. Jack musterte den großen Mann leicht besorgt, während er neben Daniel an der Parkbank lehnte. Jana saß im Schneidersitz auf dem Boden vor der Bank, mit Marie, die hinter hier auf der Bank saß. Marie hatte mit leicht verkniffenem Gesicht ihre Hände auf Janas Schultern abgelegt, die das nur mit einem zufriedenem Grinsen hinnahm. „Geht es ihm gut?" Flüsterte Alister, er lehnte an einem der Bäume neben der Bank, Daniel zu, der daraufhin mit dem Kopf schüttelte. „Auf keinen Fall. Er hat innerhalb der letzten 8 Stunden alle 5 Phasen der Trauer mehrmals durchlaufen, hat dreieinhalb Liter Kaffee getrunken und angefangen spanische Kinderlieder zu singen. Er ist gerade im besten Zustand seit ner Weile..." Gab der große junge Mann leise zurück, während der Erwachsene der Gruppe seine Lungen als Blasebälge benutzte. „Wie ist dieser Mann am Leben?" Flüsterte Vicky, sie stand links neben der Bank, direkt neben dem Platz wo Marie saß. „Hat er nicht gerade gesagt, dass er nicht am Leben ist?" Fragte Shani, die hinter der Bank stand und ihre Unterarme auf derer Rückenlehne abstützte. „Ich glaub nicht, dass er das wörtlich meint." Gab Marie zurück, woraufhin Shani mit den Schultern zuckte. „Wie ihr meint." Alexander saß neben Jack auf der Banklehne und sah Mariano mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich sehe warum man bei unserem Eindruck so verzweifelt sein kann. Aber, Herr Daniels Vater," „Onkel." Korrigierte Daniel. „Herr Daniels Onkel. Warum genau jetzt?"
Mariano lachte kurz auf, atmete tief aus und sah Alex aus seinen tief dunklen Augen an. „Nun, junger Mann! Ich habe die geheimen Mysterien meiner Selbst angewandt und Yewfalls auf Geister abgesucht. Und bei allem, was jemals durch den Fluss ging!Ich habe noch nie einen Ort gesehen, der so überfüllt ist mit so viel Zeug! So, ich kam hier her. Hab ein paar mächtige Viecher wahrgenommen und dacht mir so: Jaaaa gut, damit kommen wir klar, vor allem weil es hier Wächter gibt. Aber, nein!" Mariano drückte sich seine Fingerspitzen an die Stirn. „Nein, nein. Nicht in Yewfalls! Je mehr Zeit vergeht, desto schlimmer wird es! Wir sind gerade mal einen Monat hier und," er atmete aus, er strich sich die Haare aus dem Gesicht. „okay, ich bin wieder runter gekommen. Nochmal normal: Es gibt abartig viele Geister hier und ich habe keine Form von Ahnung, wie irgendjemand eine halbwegs vernünftige Säuberung schaffen kann. Selbst, wenn man den Prozess von 'Aufspüren, Analysieren, Ausradieren' in Fleisch und Blut hat. Es ist absolut wahnsinnig. Und ich wette, die Hälfte der Geister hier bemerken wir nicht mal einfach so." Alex schluckte leicht. Er war in den letzten Nächten häufig spazieren gewesen und hatte mehr Leute auf den Straßen gesehen als sonst. Wie viele von diesen Leuten waren tatsächlich Leute gewesen? Weil verdammt, das gab ihm irgendwie ein Gefühl, als hätte ihm jemand eine Vogelspinne in den Kragen geschmissen. Viele Vogelspinnen. Er räusperte sich.
„Also, was machen wir denn jetzt dagegen?" Fragte er und versuchte seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Shani legte ihren Kopf zur Seite und rieb über ihre Wange. „Vielleicht, hm. Wir können uns vielleicht schwächere Geister raussuchen und diese dann, wie soll ich sagen, wegschicken? Wir brauchen bessere Worte." Die anderen Jugendlichen stimmten Shanis jeweils zu und auch Mariano nickte. „Genau, das ist die Idee. Wir versuchen einen Haufen von dem Kleinzeug auszulöschen, damit man sich besser auf die Großen konzentrieren kann!" Mariano steckte seine Hände in seine Hosentaschen und trat ein paar Schritte zur Seite. Der Mann hatte aus unerklärlichen Gründen ein T-shirt und Shorts an, während sich die Jugendlichen allesamt fröstelnd und zitternd an ihren jeweiligen Plätzen aufhielten. Jack schluckte leicht. Er mochte diese Ausdrucksweise im Zusammenhang mit Geistern wirklich nicht. Sie waren doch auch nur Menschen, wenn auch tote Menschen. Auslöschen, Kleinzeug. Das klingt doch nach Kammerjäger und nicht nach nunja, Leben? Warum kann er das so sagen? Und warum stört sich niemand anderes so daran. Er sah zu Jana nach unten, von ihr erwartete er irgendwie eine andere Reaktion. Sie konnte doch so viel enger mit Geistern kommunizieren. Sie sollte das nicht gut finden! Aber Jana reagierte nicht wirklich darauf. Ihre Augen wirkten nicht zusammengekniffen oder irgendwie besorgt. Sie war vollkommen unbeteiligt und Jack gefiel das irgendwie nicht. Es war zwar nicht wirklich bemerkbar, aber die Schultern des jungen Mannes spannten sich an und er sah auf seine Hände.
„Klingt vernünftig, aber hier ist meine Frage: Wie stellt man die Stärke von Geistern fest?" Jana lehnte sich zurück und damit gegen Maries Beine. „Gute Frage." Fügte Alister hinzu und legte seine Fingerspitzen aneinander. „Oh ja, das ist tatsächlich eine sehr gute Frage. Daniel? Willst du sie beantworten." „Ist das deine Vorstellung von Unterricht?" „Nein, ich habe erwartet, dass du das inzwischen schon lange gelernt hast, aber nun ja eine weitere Enttäuschung in meinem Leben." Jana schnaubte amüsiert und klopfte Daniels Schulter. Dieser rollte nur mit den Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nur zu deiner Information, ich weiß wie man das macht!" „Ich bezweifle es. Kinder, wer bezweifelt es noch?" Alisters und Janas Hände flogen sofort in die Höhe. Vicky boxte Daniel kichernd auf den Arm und hob ihre Hand. Alex hob dann auch seine Hand und Marie folgte ihren Vorbildern, als Jana sie mit dem Ellenbogen anstieß. Beleidigt warf Daniel seine Hände in die Höhe. „Ihr seid fies! Ihr alle seid fies! Außer, wenn ihr Jack oder Shani seid. Die sind nett." Jana lehnte sich mit einem Lachen und einem Fingerschnippen an ihn, während Daniel schmollte wie ein Kleinkind. „Kann dein Onkel mich adoptieren?" Fragte sie, woraufhin Daniel nur schnaubte. Shani hörte den Gesprächen der anderen leicht grinsend zu, aber dann schüttelte sie den Kopf und legte ihre Hände ineinander.
„Also, wie unterscheidet man starke Geister von schwachen Geistern?" Fragte sie und lehnte sich an die Bank. „Danke, dass wenigstens einer hier mich ernst nimmt." Nuschelte Daniel, woraufhin sie trocken auflachte. „Ich nehme dich ernst." Sagte Jack mit einem freundlichen Lächeln und klopfte Daniel zweimal aufs Knie. Alister lachte leicht. „Ich weiß wie du dich fühlst, aber bitte, Junge, mit dem ich heute das erste Mal rede, bitte erkläre uns, wie man Geister von einander unterscheidet." Daniel atmete aus und hob seine Nase. „Wenn du eine auch nur halbwegs kopfige Fähigkeit hast, kann man die Intensität in Kälte und Farbe zum Unterschieden benutzen. Je röter oder kälter es wird, desto mächtiger ist der Geist." „Röter?" Fragte Vicky interessiert. „Keine Ahnung, das ist zumindest die Farbe, die ich sehe." Sagte Daniel und sah lächelnd zu Vicky. „Ich brauch zwar meistens Marianos Hilfe, aber wenn ich was sehe ist es immer rot." „Uh, interessant! Was sind Kopffähigkeiten, hiernach?" Daniel lehnte sich zu Vicky nach unten und zuckte mit den Schultern. „Jo, keine Ahnung, technisch gesehen das aller Meiste." „Also an sich können wir uns nur sicher sein, dass ich es nicht kann?" Fragte Marie und bekam daraufhin ein Kopfnicken von Mariano und Daniel zurück.
Jana klopfte ihr Bein und sah zu ihr hoch. „Keine Sorge Schatzi, auch ohne Kopfkräfte, bist du die ganze Zeit in meinen Gedanken." Sie zwinkerte ihrer Freundin zu und bekam ein Augenrollen von Marie zurück. „Also heißt das, dass wir rausfinden, wo schwache Geister stecken, sie aufsuchen und so vielen von ihnen beim Gehen helfen wie möglich?" Fragte Alister. Diese Formulierung gefiel Jack schon viel besser, also nickte er schnell und mit einem breiten Lächeln. „Genau! Das ist der Plan!" Die anderen nickten und Mariano legte seine Hände einander. „Gut, gut. Ihr seid also alle dabei?" „Jo klar, wenn ich meine Freundin dabei haben darf." Sagte Jana. Die beiden jungen Frauen hatten das bereits abgesprochen und gerade als Mariano antworten wollte, hob sie ihre Hand. „Und bevor du mir mit 'Aber das ist gefährlich' kommst, junger Mann. Maries Nichthaben von Fähigkeiten ist sogar ziemlich wichtig! Sie ist unsere einzige Möglichkeit, um uns effektiv und schnell zu zeigen, was ein Geist ist und was nicht." Sie bekam ein paar zustimmende Gesten zurück und dann ein leichtes Lachen und Nicken seitens Mariano. „Bitte nenn mich nicht junger Mann. Ich bin alt und zweitens. Alles in Ordnung, auch wenn die Leute, denen wir vertrauen nicht so sind wie wir, ist es nicht weniger großartig sie zu haben. Sicher, kann sie mitmachen." „Erstens: Jo, du bist höchstens dreißig. Zweitens: Adoptiere mich!" Sagte Jana und klatschte beim letzten Teil ihres Satzes in die Hände. „Oh ich bin alt. Und nein." „Wie alt?" „Ich bin so um die fünfzig." Sagte er mit einem breitem Grinsen, woraufhin ihn alle außerhalb von Daniel geschockt anblickten. Daniel hatte nur kritisch seine Augenbrauen zusammengezogen.
„Was zur Hölle. Warum bist du so alt?!" Mariano begann laut zu lachen. „Ich überlege mir das mit der Adoption nochmal!" Sagte er, während immer noch vierzehn geschockte Augen auf ihm lagen. „Werden wir mit fünfzig auch so aussehen wie du?" Fragte Alister verdutzt. „Stimmt. Wichtige Frage: Mit wie vielen Jahren hast du deine Kräfte gekriegt? Bist du in der Zeit stehengeblieben? Ich will nicht für immer aussehen wie 16." Sagte Shani und hatte damit endlich eine Erklärung dafür, warum Mariano so seltsam alt wirkte, obwohl er so seltsam jung wirkte. „Wirst du nicht, das was ich habe ist nochmal ein Sonderfall. Keine Sorge, ihr werdet schon erwachsen werden." Winkte er schnell ab und strich sich seine langen Haare zurecht. „Was ist denn passiert?" Fragte Vicky und bekam ein leicht bitteres Lächeln von Mariano zurück. „Glaub mir, du willst es nicht wissen." „Oh...i.in Ordnung!" Sagte sie schnell und blickte zur Seite. „Geht's dir gut?" Fragte Jack schnell besorgt und legte seinen Kopf schief. Vielleicht ging es ihm einfach selber nicht gut und daher kam dieses Desinteresse am Leid von Geistern? Vielleicht brauchte er ja selber Hilfe? Alexander bemerkte Jacks besorgte Miene und Ton und versuchte nun auch selber Sachen an Mariano zu bemerken, die nicht ganz okay waren.
Doch er schüttelte nur mit dem Kopf. „Keine Sorge, Kids. Ich bin in so gutem Zustand, wie möglich. Zerbrecht euch nicht den Kopf." „In Ordnung. Bitte sag mir aber, wenns dir nicht mehr gut geht!" Mariano sah Jack kurz verwirrt an, schien Sachen neu einzuordnen und nickte dann. „Werd ich machen Doc, verprochen." Damit drehte er sich um. „Sonst noch Sorgen oder Fragen?" „Wann und wo treffen wir uns für den Start der Aktion?" „Sollen wir beim Geister aufspüren mithelfen?" „Was ist der Prozess 'Aufspüren, Analysieren, Ausradieren'?" Okay, die zwei Lockis stellen die schlauen Fragen, notiert. Und ich gebe ihnen hoffentlich schlaue antworten, dachte er und antwortete. Die erste Fragen waren mit Daten und kurzen Worten zu erklären. Doch die Frage zum Prozess. Das war eine bittere Pille vor allem bei einem sanften Gemüt. „Also. Da ist das Prozedere, das man anwendet, um mit Geistern umzugehen," natürlich auch bei Dämonen, aber vergesst es, ich werde Kindern nicht beibringen wie man Dämonen austreibt. Ich bin nicht total verantwortungslos. „Es ist ziemlich einfach. Lokalisiere das übernatürliche Vorkommen beziehungsweise seine Quelle. Art des Vorkommens in Kategorien einteilen, Gefahr einschätzen und einen guten Weg finden den Anker auf gute Art und Weise zu vernichten. Wenn du nicht komplett aus dem Aufmerksamkeitsradius des Phänomens bleiben kannst, gibt es diese drei Möglichkeiten: Phänomen ablenken. Phänomen festsetzen. Kampf mit Phänomen suchen. Den Weg würde ich allerdings auf keinen Fall empfehlen, außer wenn du dir sicher bist, dass du stärker bist, als was auch immer dein Gegner ist. Der letzte Schritt ist einfach: Vernichte den Anker. So kann man eine Geistermission in unter zehn Minuten abschließen, wenn man genug Übung hat und man sich einem relativ schwachen Gegner gegenüber sieht." Auf diese Erläuterung bekam er gemischte Reaktionen. Ein trockenes Nicken von Shani. Ein Schulterzucken von Daniel, der das Prozedere schon seit einiger Zeit kannte. Leicht verkniffene Gesichter von Alister, Alex, Marie und Vicky. Ein verhaltenes, aber deutliches Grinsen von Jana. Und letztlich war da Jack, der erst ihn und dann den Boden bestürzt ansah und nach Worten zu suchen schien, um diesen Schock auszudrücken. Das war das sanfte Gemüt. Aber sicher würde er irgendwann verstehen, dass das der beste und sicherste Weg für alle Beteiligten war.
Als sich die Kinder wieder auf ihren Weg wohin auch immer machten, waren alle Fragen geklärt: Der nächste Samstag, 14.00 Uhr, selbe Bank. Jede Maßnahme zum Aufspüren und Einorden von Geistern sollte getroffen werden. Mal sehen, was die sieben in diesen drei Tagen herausfinden würde. Oder eher die Sechs. Nummer sieben war immer noch nicht aufgetaucht. Warum gibt es immer diesen Einen? „Warum hast du sie angelogen?" „Huh?" Der Dämon drehte sich zu Daniel herum, der neben ihm auf der Bank saß und ihn vorwurfsvoll anblickte. Er konnte diesen Blick von seinem Jungen nicht leiden, also legte er den Kopf schief und versuchte krampfhaft darüber nachzudenken, wann er die Unwahrheit gesagt hatte. Er schien nichts zu finden, während Daniel ihm immer noch blickliche Vorhaltungen machte. „Wann hab ich bitte gelogen? Yewfalls ist ein ziemlicher-" „Du bist nicht fünfzig! Das kommt doch sicher wieder furchtbar zurück." Daniel verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte sich nach vorne. Verdutzt zuckte Mariano mit der Nase. „Hä? Nein." „Du bist doch viel älter als fünfzig!" In seinem Kopf drehten sich Rädchen und in seinen dunklen Augen schienen Ladebalken aufzublinken. Dann fing er an zu lachen. „Ich dacht schon es wär was Ernstes! Erschreck mich doch nicht so!" Er klopfte auf sein Knie. Daniel starrte immer noch verurteilend vor sich hin, während er sich wirklich fragte was daran so lustig sein sollte.
„Mariano! Du kannst nicht einfach lügen!" Daniel schien für ein paar Sekunden zu vergessen, dass er mit einem Dämonen redete. Und auch selber ein Dämon war. Aber Mariano wollte seine kindlichen Illusionen nicht brechen, nickte deshalb kurz und lächelte Daniel milde an. „Ich hab nicht gelogen, Dani. Es ist ja nicht meine Schuld, dass sie nicht fragen, ob es fünfzig Jahre oder Jahrzehnte sind. Außerdem komm schon, ich kann ihnen doch wohl kaum erzählen: Ich bin so ungefähr 549 Jahre alt, außerdem ein Dämon und ach nur so: Satan schreibt aktuell seine Bewerbung, um hier als Bibliothekar zu arbeiten!" Mariano war in seinen eigentlichen Akzent zurückgefallen, den Daniel nach wie vor nicht zuordnen konnte. „Okay, okay! Ich sehe deinen Punkt!" Sagte der junge Mann mit einem leichten Lachen und abwehrenden Handbewegungen. „Das will ich aber auch hoffen!" Damit stieß er Daniel sacht seinen Ellenbogen in die Seite, was auch ihn zum Kichern brachte. „Gewalt." „Gewalt gegen den Sohn des Teufels. Ich sollte mich segnen lassen." „Würd dich das nicht irgendwie töten?" Mariano zog seine Augenbrauen zusammen und presste seine Lippen aufeinander. „Hoffen wir mal nicht. Ich, bitte lass uns aufhören darüber zu reden..." Daniel lachte. „Wie viele schlaflose Nächte hab ich dir gerade verschafft?" Mariano vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Kurt, gib mir Kraft." „Wer ist Kurt?" „Erinnere mich daran, dir Nirvana vorzustellen, wenn ich weniger frustriert von dir bin." „Mach ich." Beide schwiegen eine Weile danach, jeweils in ihrem eigenen Kopf.
Vicky und Alexander versuchten sich oft einzureden, dass sie nicht viel miteinander gemein hatten. Irgendwas gab es an dem Anderen, dass sie nicht in sich sehen wollten. Sie lagen falsch. Ein klarer Beweis dafür war die aktuelle Situation: Es war 13.38 Uhr, sie saßen nebeneinander auf der Parkbank, Vicky trommelte einen Rhythmus auf der Bank, während Alex dazu pfiff. Es klang tatsächlich einigermaßen gut und hätte man aufmerksam hingehört, hätte man 'Riptide' heraushören können. Beide waren zu diesem Zeitpunkt nur hier, weil sie zu viel Angst hatten zu spät zu kommen. Danach hatten sie weitergemacht über Musik zu reden, bis sie auf die Idee kamen einfach selber welche zu machen. Zeit verging weiter und als sie gerade in der Mitte von 'Summertime Sadness' waren, kamen endlich weitere Menschen dazu. Jana war die allererste, die auftauchte. Sie schoss in den Park, wie ein sehr kleines Motorrad, bei dem ein Haufen bröckeliger Erdklumpen aufflogen. Ein weiterer Punkt für ihre Ähnlichkeit war, dass beide augenblicklich mit ihren musikalischen Bemühungen aufhörten, als sich das kleine Mädchen zwischen den Beiden auf die Bank warf. „YO!" Ihre Beine schnellten in die Höhe und sie warf ihre Arme in die Luft. Alexander und Vicky sahen sie leicht erschrocken an, als sie sich in die Bank sinken ließ. „Hey Leute, ich bin der Sieger!" Sagte sie und grinste, als ein paar weitere Leute in den Park getreten kamen. Eine war eine kichernde Marie, die ihre Freundin mit einem leichten Kopfschütteln musterte. Person Nummer zwei war Alister, auf dem sofort Alex' Blick klebte. Er sah einfach zu hübsch aus, als dass er damit aufhören könnte.
Alister hatte angefangen seinen Mantel häufiger zu tragen, was Alex Verknalltheit nicht weniger werden ließ, aber wenigstens konnte er jetzt normal mit Alister reden. Auch wenn dieser sich schon etwas wunderte, warum Alex angefangen hatte so seltsam nett zu ihm zu sein. Er störte sich allerdings nicht allzu sehr daran. Es sorgte für besseres Klima in ihrer Gruppe. Und auch, wenn er sich gerne mit Rodgers Leuten stritt, war er irgendwie in diese unausgesprochene Sache rein geschlittert. Auch wenn sie nicht darüber nicht redeten, stimmten sie einander in diesem Punkt zu: Alex hat Probleme, Alex geht es nicht gut. Sie gingen zwar alle anders damit um, aber für Alister war zumindest diese eine Sache klar. Er würde zumindest keine unnötigen Streits mehr mit dem Blondschopf anfangen. Plötzlich fühlte er einen Stupser auf seiner Schulter, von der dritten Person, die mit ihm und Marie in den Park gekommen war. Archie stand neben ihrem kleinen Bruder und musterte interessiert die beiden Bank Menschen. Alister hatte ihm angeboten, ihr seine neuen Freunde, auch wenn er sie natürlich nicht so nannte, vorzustellen. Und Archie, neugierig wie er war, war einfach mitgekommen und musterte die beiden Jugendlichen mit längeren Haaren auf der Bank. „Wer von ihnen ist Alex und wer ist Vicky?" Fragte Archie, woraufhin Alister zu lachen begann. „Brünette Vicky, blond Alexander." „Ah, danke!" Sagte Archie und lief neben dem Rotschopf zu den anderen beiden. Marie hatte inzwischen ihre Freundin vor sich. Denn Jana hielt es für nötig sich von ihr bestätigen zu lassen, dass sie wirklich sehr schnell und cool war. Deshalb bemerkten die beiden eine weitere Gemeinsamkeit nicht, die Vicky und Alex hatten.
Beide klebten mit ihren Augen an einem Martins Geschwisterkind. Alex sah Alister aus großen verträumten Augen an und lächelte dämlich vor sich hin. Er hatte zwar inzwischen gelernt, wie er damit aufhören konnte, aber die paar Sekunden Glück für sein dummes Teenager-Gehirn ließ er sich. Vicky starrte Archie jedoch aus anderen Gründen an. Eine Mischung aus Verwirrung und Faszination. Groß, schlank und lockige Haare, die in einem puscheligen Zopf zusammengebunden waren. Vickys Verstand brannte, sie konnte kaum kontrollieren, wohin ihre Gedanken schossen. Es war als hätte man einem Verdurstendem das erste Mal das Konzept von Wasser vorgestellt. Aber, der Verdurstende hatte nicht mal bemerkt, wie rau die eigene Kehle war? Was bitte ist los? Warum fühle ich das so? Warum kann ich nicht wegsehen? Und warum zur Hölle ist der Gedanke, auf den ich immer wieder zurückkomme, 'Ich will das auch'?! Vicky schluckte und ließ ihre Finger durch ihre ewig langen Haare laufen, die eigentlich immer zur Hand waren, wenn sie sich vor der gesamten Welt verstecken wollte. Nur, dass sie sich genau jetzt anfühlten, als wären sie ein viel zu schweres Gewicht, dass sie in die Knie zu zwingen versuchte. Und immer noch lag ihr Blick auf dem Gesicht, dass trotz eines dezenten Stoppelbarts nicht als männlich zu lesen war. „Hey, ich bin Archie. Alister ist mein Bruder und er wollte mir seine Freunde vorstellen." Die entspannte Stimme, die aus dem Mund des jungen Menschen kamen, war für Vicky fast genau so hypnotisierend wie alles andere an Archie Martins. Sie schluckte mehrmals und sie schluckte hart. Endlich schaffte sie es ihren Blick von Alisters Geschwisterkind loszureißen.
Nur um zu bemerken, dass ihr Starren durchaus bemerkt wurde. Archie war nicht halb so geistesabwesend, wenn es Blicke eines Gegenübers betraf. Denn zwei nahezu goldene Augen lagen nun auch auf ihr und ein amüsiertes Grinsen lag auf schmalen Lippen. Beschämt drehte sie ihren Kopf zur Seite und rieb sich über die roten Wangen. Ein Lachen. Klar aber kehlig. „Keine Sorge, ich bins gewöhnt, dass Leute mich manchmal komisch anstarren." „Oh nein! Das, uh... das mein ich doch gar nicht...ich uh... ich. Keine uh, uh..." „Vicky.exe has stopped working!" Sagte Jana mit einem lauten Lachen und klopfte auf ihre Schulter. „Jana!" Fauchte Vicky und schob die Hand vor ihrer Schulter, woraufhin ein lautes Lachen aus dem kleinen Mädchen hervorbrach. „Es tut mir sehr leid, uh Archie. Ich wollte, ich-" „Alles gut, Kid." Archie klopfte sich Flusen vom Hawaii Hemd und grinste. Dann sah er zu Alex. „Mein Bruder wird allerdings nicht sooft angestarrt. Und," der größere Lockenkopf zuckte mit dem Mundwinkel in Alex Richtung. Aber er beendete ihren Satz nicht. Vicky war inzwischen wieder hinter ihren Haaren verschwunden, Alister blickte Archie leicht verwirrt an und Jana konnte nicht anders, als sich an Maries Schulter über die ganze Situation vor Lachen zu schütteln. Alex lächelte überfordert und mit roten Wangen, während Marie bemerkte, dass zuerst Shani und dann Jack in den Park traten. Archie drehte sich zu den beiden herum und ein weiteres Lächeln, spielte auf ihren Lippen. „Der Typ ist ja größer als ich." Sagte er grinsend und stupste ihren Bruder grinsend an. Doch plötzlich war ein lautes Summen zu vernehmen und Archie sah mit einem leichten Seufzen auf sein Smartphone. „Aber ich glaub, ich hab keine Zeit, um Gigantenmann kennenzulernen. Morgan soll nicht allzu lang auf mich warten." „Alles in Ordnung. Bis bald Arch!" Alister gab dem größerem eine feste Umarmung, danach wuschelte Archie die Haares ihres Bruders und ging dann schwingenden Schrittes aus dem Park.
Jack und Shani kamen bei den anderen fünf an. „Hallo miteinander!" Jack grinste in die Runde und ihm viel die rote Färbung von Alex und Vickys Gesichtern auf. „Was haben wir verpasst?" Fragte er interessiert und sah zu Jana. „Das frag ich mich auch," nuschelte Alister und kratzte sich am Hinterkopf. „Du solltest dich das aber nicht fragen!" Jana boxte ihrem besten Freund leicht lachend auf die Schulter, der sich daraufhin mit einem Kopfschütteln die Schulter rieb. „Meinetwegen." Shani legte ihren Kopf zur Seite und nickte leicht in die Richtung in die Archie verschwunden war. „Oh das war mein älteres Geschwisterkind. Archie heißt er und sie ist die aller Beste." Shani hob ihre Augenbraue und der leicht kritische Ausdruck auf ihrem Gesicht, verpasste Vicky irgendwie einen Schlag, der sie sofort aus ihren Gedanken herausriss. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und konnte nicht anders, als sie fest an sich zu pressen. Sie schüttelte ihre Haare, damit sie wieder ihr Gesicht versperrten. „Warum ist er nicht geblieben, wenn sie so einen coolen, kleinen Bruder hat, muss er ja ziemlich krass sein!" Sagte Jack mit einem breiten Lächeln und wuschelte Alisters Haare. Dieser lachte leicht daraufhin und auch auf seinen Wangen erblühte ein leichtes Rot. „Du findest ich bin cool?" Fragte er und sah Jack aus leicht glitzernden Augen an. „Na klar, find ich das!" Sagte der große junge Mann breit lächelnd, woraufhin Alister schnell seinen Kopf zur Seite drehte und seine Hände in seine Jackentaschen steckte.
„Also, Arch ist nicht geblieben, weil ihre Kollegin und er heute eigentlich zum Arbeiten verabredet sind und sie sich strenggenommen nur eine kurze Pause nehmen kann." „Oh, was arbeitet er denn so?" Fragte Shani interessiert und schaute den Rotschopf an. „Oh sie programmiert. Ich habe allerdings keine genauere Ahnung." Alister kicherte leicht und Shani zuckte mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein mit genaueren Details könnte ich eh nichts anfangen." „Wir sind beide Technik Loser?" Fragte er und bekam ein Nicken von Shani zurück. „Ja, wir zwei sind Technik Loser." „Eyyy." Sagte Jack und schoss mit Fingerpistolen in den Himmel. „Eyyy." Stimmte Alister mit ein. „Eyyy?" Shanis Ton war zwar fragender, aber sie fand die kollektiven Geräusche schon ein bisschen amüsant. Jana war damit beschäftigt Alex und Vicky ein bisschen aufzuziehen, während Marie sich dafür entschuldigte. So ging das ein paar Minuten weiter, bis die letzten beiden Leute endlich auftauchten. Mariano und Daniel liefen in den Park, der größere hatte eine Karte unter seinem Arm geklemmt. Daniel winkte mit einem bemüht coolem Lächeln in Vickys Richtung und strich sich durch die Haare. Mariano lächelte leicht, während Daniels Lächeln noch viel weiter wurde, als Vicky ihm zurück winkte. „Hallo, Wächter!" Mariano warf seine Nicht Kartenhand in die Luft und lächelte in die Runde. „Wie ich sehe, gesellt sich Nummer Sieben immer noch nicht zu uns." Sagte er munter, während er die Karte auffaltete.
„Marie ist genau hier." Sagte Jana und wies auf ihre Freundin. „Ich frage mich auch schon die ganze Zeit, wen du mit Nummer Sieben meinst." Sagte Alister, woraufhin der Mann mit den fluffigen schwarzen Haaren zu den Jugendlichen sah. „Scheinbar ist es schon wieder so. Wisst ihr was, vergesst Sieben. Er oder sie wird früher oder später dazu kommen. Wir bleiben einfach zu neunt. Aber bis da hin," der Mann legte die aufgefaltete Karte auf den Rasen. „fangen wir an mit der Säuberung!" Es war eine ziemlich große Karte von Yewfalls, die über und über mit roten Punkten besprenkelt war. Manche größer, viele eher klein. Die größeren Punkte waren meistens eher weit getrennt von anderen, als würde ihre Präsenz einfach jegliche andere Geister in ihrem Umfeld abstoßen. „Also ihr seht ja diese Dinger hier," Mariano wechselte in einen hockenden Sitz und deutete auf die großen Punkte. „Von denen halten wir uns heute komplett fern. Wie wollt ihr euch aufteilen?" Fragte Mariano und blickte in die Runde. „Ich sag Dreiergruppen!" Sagte Jack und grinste in die Runde. Alex nickte, genau wie Shani, woraufhin auch Vicky zustimmend ihren Kopf bewegte. Daniel hob beide Daumen und Jana lehnte sich an Marie mit einem zustimmenden Lächeln. Ihre Freundin kicherte leicht daraufhin und nickte auch. „Gut. Dann da-" „Ich und Marie sind in einer Gruppe!" Sagte Jana und hielt den Arm ihrer Freundin fest. „Und ich und Vicky!" Sagte Daniel schnell und strahlte in Richtung des langhaarigen Mädchens. „In Ordnung." Nuschelte Vicky und sah zu Shani. „Willst du auch mit uns in die Gruppe?" Shani zuckte mit den Schultern. „Sicher."
„Kann ich bei euch mitgehen?" Fragte Jack und sah Marie und Jana lächelnd an. „Sicher." Sagte das größere Mädchen und Jana grinste. „Gut, dann haben wir unsere Gruppen. Uuund viel Spaß Alister." Es dauerte zwei Sekunden für ihn, um nachzudenken, wer noch übrig war. „Oh." Der Lockenkopf atmete ein und lächelte dann. Für wenige Sekunden wirkte es gezwungen, aber dann wurde ihm etwas klar und ein ehrliches Lächeln erleuchtete sein Gesicht. „Toll!" Er strahlte in Marianos Richtung. „Ha! Ich hab den coolen, alten Mann erwischt! Dann kann ich mehr über Geister und so lernen!" Mariano legte sich die Hand an die Brust und blinzelte mehrmals. Daniel blickte Alister nur an. „Du wirst eines dieser Adjektive nicht mehr lange denken." Der kleinere zog eine Augenbraue in die Höhe. „Sei netter du deinem Onkel Danielle." Sein Gesicht blieb dabei komplett ausdruckslos, woraufhin Jana laut zu lachen begann. „Ja, böser Daniel." Mariano lächelte leicht und nickte dann. „Also Kids, welche Stadtteile wollt ihr? Am Besten fangen wir von drei Enden der Stadt an, oder?" Recht einheitliches Nicken. „Können wir hier starten?" Fragte Alex als Erster und stupste auf einen kleinen roten Punkt am Waldrand. „Okay, wenn das die Waldleute sind, fangen wir am See an!" Stellte Jana fest und tippte auf die Stelle der Karte, die Alex Punkt genau gegenüber lag. Irgendwas war komisch an dem Platz um den See herum, aber Jana konnte nicht wirklich feststellen, was seltsam war. Für Daniel, Shani und Vicky waren also noch zwei Ränder der Stadt übrig. Der, in den die Hauptstraße hineinführte und die zweite Waldseite. Ja, selbst die eigentlich größte Straße von Yewfalls durchschnitt nicht die ganze Stadt. Sie endete in der Mitte auf dem großen, runden Marktplatz. Die einzige Straße, die auf der anderen Seite aus der Stadt herausführte war eine schmale, nicht so gut befestigte Straße, die erst nach so einigen hundert Metern Wald breit wurde.
Aber für dieses Ende der Stadt entschied sich die letzte der Gruppen. Vicky mochte die Hauptstraße nicht sonderlich und Shani fand ihren Geruch furchtbar. Daniel hatte keine Ahnung von Yewfalls und vertraute deshalb vollkommen auf die Entscheidung der beiden Mädchen. Und so machten sich die drei Gruppen, zwei mit Bildern von der Karte und Alex, Alister und Mariano mit der Karte, auf den Weg zu ihrem Startpunkt. Und Alex lief praktisch auf Wolken, das dämliche Lächeln auf seinem Gesicht wurde von Alister nur nicht bemerkt, da dieser der absolute Grund für sein Lächeln war. Mit ehrlichem Interesse und funkelnden Augen ließ Alister einen Schwarm Fragen auf Mariano niederprasseln. Er wirkte so ehrlich fasziniert und gespannt auf Marianos Antworten, dass Alex Herz flattern musste. Alister wippte fast auf und ab und Mariano gab lächelnd und freundlich Antworten auf seine Fragen. Und Alexander war trotz der milden Temperatur am schmelzen. Daniel und Vicky versuchten mit Shani zu reden. Shani versuchte die beiden dazu zu bewegen, miteinander zu reden. Sie versuchte, eine vernünftige Strategie zu finden, die Punkte abzulaufen und Geister richtig wegschicken zu können und wollte währenddessen nicht unbedingt Gespräche fühlen. Jack und Jana beschrieben an Maries Kopf vorbei Superheldenszenarien und redeten lachend über all die Menschen, die sie retten würden. Marie grinste leicht dabei, während die beiden Dunkelhaarigen Spaß um sie herum hatten.
„Jo! Ich sags dir, ich würd so vielen Leuten den Kopf kurzschließen und dann bumm, bush," zur Verdeutlichung ihrer Worte schlug Jana zwei Mal in die Luft. „könnt ich sie dann ganz einfach ausknocken! Denn ihre Gehirne wären kurzgeschlossen!" Sagte sie und machte einen kleinen Sprung nach vorne, während sie die Luft immer noch mit kleinen Schlägen malträtierte. Jack lachte und warf dann seine Arme in die Luft. „Ich werde einfach Leute vollblumen! Und entweder werden sie von den Blumen begraben werden oder sie würde nett werden, weil Blumen so hübsch sind!" „Das würde niemals funktionieren!" „Doch! Ich bin halt kein Metzelmörder wie du, Jana." Jana kniff ihre Augen zusammen, doch zuckte dann nur mit den Schultern. „Ich will sie nur zusammenschlagen! Man wird Schurken doch wohl noch zusammenschlagen dürfen. Es sind ja Schurken und nicht nur... nicht so nette Menschen!" „Ich finde man sollte sie dazu bewegen, von selbst ins Knast zu gehen, weil sie ihre Taten bereuen. Dann haben sie ihren ersten Schritt zur Besserung getan." Zufrieden mit seiner Lösung verschränkte Jack seine Hände hinter seinem Kopf und hielt sein Gesicht in die endlich halbwegs wärmende Mittagssonne. „Was ist, wenn dein Gegner nicht ins Gefängnis will, auch wenn du sie vollgeblumt hast?" „Naja, dann muss ich sie wohl oder übel zusammenschlagen. Auf eine freundliche und verständnisvolle Weise. Und dann, husch husch ins Knästchen." Jana nickte. „Vernünftig. Hätte nichts anderes von dir erwartet, Jack." Marie kicherte leicht und strich sich eine Strähne hinters Ohr. Dann sah sie auf ihr Smartphone. Sie hatten die erste Stelle, an der ein roter Flecken die Karte zierte erreicht. Sie waren etwa drei Straßen vom See entfernt.
„Wir haben unser Ziel erreicht." Sagte sie und versuchte dabei so gut wie ein Navi zu klingen wie sie konnte. Ihre Freundin kicherte auf ihre Bemühungen hin und sah dann auf. Ihr Ziel war eine Gasse zwischen zwei Mehrfamilienhäusern. Es war nur ein schmaler Weg, überall Mauern und als Jana in die Gasse fühlte, war es kalt. „Jap, hier ist es. Wir folgen einfach Marianos Anweisunge-" „Nein!" Jack sah mit ausgepusteten Wangen und einem entschlossenen Gesicht zu Jana, die ihre Augenbrauen zusammenzog. „Warum?" Fragte sie kritisch. „Ich glaube schon, dass er mehr Ahnung hat als wir." „Aber trotzdem ist die Weise, wie er an die ganze Sache ran geht, so gemein!" „Es ist egal, ob es gemein ist oder nicht, wenn es funktioniert!" Janas blaue Augen blitzten und sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber, aber, aber-" Jack suchte nach Worten und Argumenten und irgendwas, was er sagen konnte, um Jana zu verdeutlichen, warum ihm vor allem der letzte Punkt des 'Drei Punkte Prozesses' so weh tat. „Geister sind doch auch nur Menschen!" „Erstens: tote Menschen! Zweitens: Diese Menschen versuchen uns zu verletzen." „Wollen sie nicht! Sie könnten uns verletzen, nur weil sie das können, macht es sie nicht böse." Jana sog Luft ein und atmete daraufhin langsam aus. „Jack hat recht, Jani. Wir können die ersten zwei Punkte umsetzen und dann versuchen den Geist auf freundliche Art und Weise wegzubekommen, aber wenn es zu gefährlich wird, dann können wir die zerstörerische Art benutzen? Wie beim Kanalisationsgeist..." Unternahm Marie einen Vermittlungsversuch. „Am Liebsten würde ich überhaupt gar nicht erst in eine Kanalisasituation kommen. Oder in so eine wie mit dem Poltergeist! Du hast doch auch diesen Frostgriff abbekommen Jack. Du hast gefühlt wie schrecklich er ist. Warum willst du noch mal riskieren ihn wieder zu fühlen?" Jana strich sich durch die Haare, während sie in die Gasse blickte und leicht schluckte.
„Ich find es ist es wert!" Sagte Jack entschlossen und nickte sich selbst zu. „Lieber eine böse Person mehr Laufen gelassen, als einer netten Person mehr wehgetan." Jana seufzte. „Ich bin einverstanden, aber bitte lasst uns vorsichtig bleiben." Sie warf dabei einen besorgten Blick zu Marie, die diesen zwar bemerkte, ihn aber nicht kommentierte. Und jetzt dämmerte Jack erst ein weiterer Grund, der Jana zu ihrer Einstellung führen könnte. Es ging ihr um Marie. Jana hatte zwar speziell darum gebeten Marie dabei haben zu dürfen, aber trotzdem machte sie sich große Sorgen, dass ihrer Freundin irgendwas passieren könnte. Marie wusste das irgendwie auch. Also wollte sie so vorsichtig sein wie möglich. Mehr als normalerweise. „Bitte lasst uns nur im äußersten Fall auf Schritt drei zurückgreifen?" Versuchte Jack ein bisschen mehr Sicherheit für den Geist rauszuhauen. „Ughh, meinetwegen..." Sagte Jana genervt und strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. Dann war sie auch schon in die Gasse getreten. Ihre Finger an der Wand, ihr Verstand dabei die Gasse abzutasten wie ein suchender Fühler. Unter ihren Fingern an den Wandsteinen erschienen schon kleine Streifen aus Raureif. Sie schien sich schwer damit zu tun irgendetwas zu finden. Jack war ihr schnell gefolgt und suchte den Durchgang seinerseits nur mit seinen Augen ab. Marie war noch nicht hineingetreten, aber zumindest von außen sah sie keine Graustellen und hörte kein Störgeräusch. Das bedeutete also, dass der Geist unauffällig blieb? Oder sie konnte, wenn überhaupt, nur starke Geister wahrnehmen? Das konnte, dass absolute Ausbleiben von jeglicher Form von Zeichen auch erklären. Das der Geist schwach war, wussten sie ja bereits.
Nur wie schwach? Maries Frage. Schwach genug, um keine Gefahr zu sein. Hoffte Jana. Schwach genug, damit wir ihm nicht wehtun müssen. Das war Jacks Hoffnung. Die beiden Schwarzhaarigen wurden enttäuscht. „Und...du bist..." Jana drehte sich im Kreis, ihr Arm zuckte wie eine Kompassnadel. „hier!" Sie machte einen Sprung nach vorne und ihre Hand knallte gegen einen Punkt an der Wand. Dann rutschte sie nach unten, bis ihre Finger ein Gitter streiften. „Ich habs. Irgendwelche Aktivitäten, Jack?" „Glaub nicht, oder? Oder doch. Es riecht irgendwie komisch, aber das wars auch. Marie riechst du was?" „Warte." Sie trat in die Gasse und versuchte irgendwas seltsames zu riechen. Doch schüttelte den Kopf. „Hier riechts nur nach Straße." „Kein... hmm... Rauch?" „Nein. Nichts rauchiges." Während die beiden sich über die Gerüche der Gasse ausgetauscht hatten, hatte Jana begonnen das Gitter mit Hilfe ihres Taschenmessers aufzuschrauben. „Ich riech den Rauch auch. Also Jack versuch mit dem Geist zu reden." „Okay!" Jack drehte sich mit einem breiten Lächeln herum und versuchte herauszuriechen, wo der Geruch nach Rauch am stärksten war. „Wir würden gerne mit dir reden!" Der Geruch wurde stärker und langsam bemerkte Jack auch, wie sich in einer Ecke der Gasse etwas zu einer deutlichen Farbe verdichtete. Die Farbe war ein zartes goldgelb. Und Jack bemerkte wie der Rauchgeruch langsam süßlicher wurde. Ein betäubender Geruch. „Heyy, da bist du ja." Er sah mit einem glücklichen Gesicht auf die Rauchschwade. Der Nebel in den plötzlich satten und tiefen Tönen fing an langsam Kringel zu bilden und bewegte sich in einer schlängelnden Linie auf den jungen Mann zu.
Jana hatte inzwischen eine der Schrauben locker und achtete gar nicht auf das Gespräch, was hinter ihrem Rücken stattfand. Inzwischen konnte sie das metallene Gebilde schon leicht bewegen. Als die zweite Schraube sich bereits einfach in ihrer Fassung drehen ließ, hörte Jana eine besorgte Stimme. Sie gehörte nicht Jack, dieser war zu ihrer plötzlich aufflammenden Besorgnis, sehr sehr ruhig geblieben. „Hey, Jana... Jack sieht irgendwie komisch aus." Sagte Marie. Ihre grünen Augen lagen besorgt auf der Gestalt des großen Mannes, der abwesend in die Luft sah. Ab und an strömten unverständliche Worte aus seinem Mund hervor. Sie waren gewispert, undeutlich und sehr klar weder an Jana noch an Marie gerichtet. Seine Augen schimmerten glasig, während seine Mundwinkel dezent vor sich hin zuckten. Endlich drehte sich Jana herum, musterte Jack und sah dann kritisch zu Marie. „Er sieht doch ganz normal aus? Aber..." Jana zog plötzlich etwas aus dem Spalt in der Wand hervor. Es war eine Art Lappen, oder eine Serviette. Es war ganz klar nicht für Hände so zierlich und klein wie Janas gemacht worden. Eher im Gegenteil, oder auch nicht? Marie konnte nicht mal das Tuch richtig sehen. Es wirkte so seltsam? War das Samt oder war das Schimmel? „Marie, Liebling kannst du das riechen?" Das Mädchen krallte ihre Hand fest um das Tuch in ihren Händen. „Nein? Oh Gott, das sieht nicht gut aus..." Nuschelte Marie und trat einen Schritt auf Jana und Jack zu. Der Letztere der beiden drehte sich zu Marie herum und lächelte sie breit an. „Wirklich Marie, alles ist super." Jacks Augen sahen immer noch so seltsam glasig aus, dass sie schlucken musste. „Was sagt er denn? Will er gehen?" „Uhhh, er ähh sagt gar nichts?" Wisperte Jana, die noch ein bisschen klarer im Kopf wirkte, als Jack. War nichts unbedingt Neues, aber trotzdem war es jetzt irgendwie sehr sehr gruselig. „Jana, bitte komm da weg-" Flüsterte sie.
Das Mädchen war ganz benebelt, im wahrsten Sinne des Wortes. Okay nein, falsch. Sie war halb benebelt, denn die seltsame Substanz hüllte sie nicht vollständig ein. Nur ihr halber Körper war umgeben von der rauchigen Geistersubstanz. Anders als Jack, der lächelnd in den Nebel schaute. Er war komplett von ihm eingeschlossen. Seltsam. Aber es löste nicht das richtige Gefühl von Panik aus, was es sollte. Aber dieses fehlende Gefühl löste das richtige Gefühl von Panik aus! Innerhalb weniger Sekunden war Jana Maries Stimme gefolgt und kam mit einem leichten aus dem Tritt kommen neben ihrer Freundin an. Marie schlang schnell einen Arm und Jana und sah besorgt zu Jack hin. „Chèrie? Wie sieht der Geist für dich aus?" Fragte sie mit fester Stimme und es war diese harte Klarheit, in Maries Stimme, die Jana dabei half wieder fokussiert zu werden. Und dann blickte sie hin und ihre Augen weiteten sich im Schock. Wie eine Venus Fliegenfalle öffnete sich gerade ein riesiges Maul über Jacks Kopf. Der große Mann lächelte nur und schien immer noch mit der wagen Form in goldgelb zu sprechen. In seinen Augen funkelte es. In diesem Sekundenbruchteil traf Jana eine Entscheidung. Sie war sich so sicher, dass die Pflanze gleich zuschnappen würde. Und das konnte sie beim besten Willen nicht zulassen. Mit einer blitzartigen Bewegung ließ Jana das Tuch in die Höhe schießen und riss es mit einem panischem Gesicht auseinander. Erst einmal in der Mitte, dann die eine Hälfte, die sie noch in Händen hielt. Sie tat es wieder und wieder und wieder, hob Fetzen wieder auf und riss auch diese in Hälften. Miniteilchen verteilten sich über ihre Hände, bis sie Maries Hand auf ihrer Schulter fühlte.
„Jana. Ich glaub es ist vorbei." Sie blickte auf, in der Luft hing das schreckliche Geräusch von Leere. Marie lag absolut richtig. Der Dampf war verschwunden. Nur noch Jack stand da. Mit vor Schreck geweiteten Augen stand Jack in der Mitte der Gasse und sah auf seine leicht zitternden Hände. Das konnte nicht stimmen? Der Geist hatte doch so...normal auf ihn gewirkt und jetzt stand er nur da, und hörte in den stillen Knall. Er hatte das Maul gesehen. Einen Sekundenbruchteil bevor es auf ihn zugeschossen war, hatte sich seine Betäubung aufgehoben und er hatte einen Blick auf das Ding erhascht, was ihm um ein Haar das Licht ausgepustet hatte. „Jack? Ist alles in Ordnung?!" Janas Hände patschten mit einer unerwarteten Wucht auf Jacks Schultern, die den großen, jungen Mann sogar dazu zwang leicht in die Knie zu gehen. Ruckartig stieß er Luft aus, aber nickte dann schnell. „Ja, kei-eine So-orge." Stotterte er, schüttelte seinen Kopf und schien dann wieder der Alte zu sein. Jana sah ihn aus besorgten blauen Augen an. „Man, wir hätten echt vorsichtiger sein sollen..." Sagte sie leise und der große Mann nickte leicht. Kurz waren beide still. „Ich nehme an, dass ist kein Punkt für meine Variante?" „Nicht im Geringsten! Nur weil der jetzt blöd war, heißt das nicht, dass wir andere Leute jetzt schlecht behandeln deshalb." „Super Einstellung." Marie war neben Jana aufgetaucht und hatte inzwischen einen der roten Punkte auf dem Foto mit einem grünen Stifttool eingekringelt. Jack strich sich jetzt mit einem leicht angespanntem Gesicht die Haare aus der Stirn. „Wie viele Punkte haben wir noch übrig?" „Viele." Nuschelte Marie und sah auf die Karte. Und dann bemerkte sie eine Pop-up Nachricht auf ihrem Smartphone.
Sie tippte auf den Chat. Eine Nachricht, von Alister. 'Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir auf keinen Fall alle Geister schaffen werden. Also haben wir uns dazu entschieden uns um 18.00 Uhr zu treffen, um dort unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Bis dahin.' Jana hatte über ihre Schulter geschaut und war jetzt am Grinsen. „Ich wette wir können mehr Geister in vier Stunden wegschicken, als Allies Gruppe, obwohl sie den magischen Mann dabei haben." Sie schnipste und Marie seufzte mit einem Kopfschütteln. Jack sah sie auch tendenziell eher verkniffen an. „Magischer Mann hat schon Einfluss auf dich?" „Möglicherweise? Weiß nicht, ich freu mich einfach, dass wir endlich jemanden mit Ahnung in der Gruppe haben. Das macht Alles für uns sicherer." Sagte Jana und ihre Stimme war fröhlich und leicht springend dabei. Marie kicherte leicht und Jack sah Jana lächelnd an. Er fand es schön, dass seine Freundin doch noch Vertrauen in Erwachsene haben konnte. Auch, wenn er sich wünschte, dass es ein anderer Erwachsener hätte sein können. Er mochte Mariano nicht, obwohl das stimmte nicht. Er mochte Marianos Umgang und Meinung von und mit Geistern nicht. Er liebte Marianos Umgang mit Daniel und dem Rest der Gruppe. Und wenn er Geister auch so behandeln würde wie Menschen, dann würde er die ganze Person super toll finden.
Alister persönlich fand Mariano auch ohne diese Änderung schon unfassbar cool. Zwei rote Geisterpunkte hatten schon ein schwarzes Kreuz erhalten. Es war faszinierend, den schwarzhaarigen Mann bei der Arbeit zu betrachten, jede Bewegung, die er tat, wirkte wie tausendfach eingeübt. Und das spornte auch ihn dazu an, dieser Leistung auch nur ansatzweise gleichzukommen. Hochkonzentriert war er bei der Sache und versuchte alles so zu machen, damit er und Mariano sich so ähnlich verhielten, wie er konnte. Irgendwas an ihm wirkte so cool auf Alister und sein Eifer, ihn so gut er konnte nachzumachen, brachte ihn dazu ausgesprochen effektiv zu sein. Er und Alexander arbeiteten außerdem so gut zusammen, dass Mariano so gut wie nie eingreifen musste. Schnell hatten die zwei herausgefunden, wie sie aus ihren Kräften eine Art Topfschlagen knüpfen konnten. Alex trat einen Schritt in eine Richtung und Alister versuchte aus der Geisteraktion, die in der Zukunft irgendwann kommen würde, festzustellen, ob er dem Anker näher kam oder sich entfernte. Und so dirigierte ein rothaariger Lockenkopf einen blonden Typen durch einen Raum, in dem es ohne Unterbrechung nach Hagel klang. Mariano war währenddessen, derjenige der fürs Aufpassen zuständig war. Wenn irgendetwas Gefährliches sich den beiden Jungen nähern würde, so wäre er sofort bereit die Verteidigung zu übernehmen. Aber das war kaum notwendig, da der Geist nicht sehr angriffslustig wirkte. Plötzlich schnipste Alister energetisch und deutete auf das Regalbrett, auf das Alex gerade wage zugesteuert war. „Da!" Alex nickte schnell, machte die letzten paar Schritte und sofort trat die Reaktion ein, die Alister bereits vorhergesehen hatte. Der leise Hagel wurde innerhalb weniger Sekunden zu einem Geräusch, was auch von einem Schwarm Steine kommen würde, der versuchte das Fenster zu durchschlagen.
„Das war jetzt sehr effektiv." Sagte Alister mit einem leisen Grinsen und sah zu Mariano, der ihm bestätigend zusetzte. „Eure Suchart ist wirklich ziemlich interessant. Ihr müsst ziemlich oft zusammenarbeiten." Das brachte Alexanders Gesicht dazu rot aufzuflammen und Alister dazu seine Unterlippe vorzuschieben. Daraufhin lachte der große Mann leicht. „Ah, also doch kein eingespieltes Team. Tut mir leid." „Alles in Ordnung, ich kann sehen wie man darauf kommen kann. Ich bin halt ein guter Leiter." „Aha? Vielleicht bin ich auch einfach ein guter Zuhörer und Ausführer?" Gab Alex zurück, der gerade mit seinen Fähigkeiten eine braune Pappkiste vom Regalbrett fliegen ließ. Als sie in seinen Armen landete, drehte sich Alister zu ihm herum und zog eine Augenbraue hoch. „Sicher, sicher Meister Yoda." „Gerne, junger Anakin, gerne." Alex hielt Alister die Kiste hin und während dieser näher kam schüttelte er den Kopf. „Okay nein, das akzeptiere ich nicht. Jana ist Anakin und du weißt, dass ich recht habe." „Oh shit, das passt sogar wirklich. Cleverer als sonst wie ich sehe. Aber wer bist du dann? Der Imperator?" „Das ist schon besser, du lernst schnell." „Sagte er zu Meister Yoda." Alister schnaubte und drehte sich zur Seite. „Der Punkt geht an dich, Strohkopf." „War ja zu erwarten. Und jetzt lassen wir den echten, alten, weisen Mann an die Arbeit." Mit einer ausladenden Geste zeigte er auf Mariano, der daraufhin grinste. „Welch ehrenvoller Titel." Damit ging er zu den beiden Jungen, die die Box inzwischen auf den Boden gestellt hatten. Sie war sehr klar nicht aus dem Besitz der Frau, die mit zwei Kindern in diesem sehr schmalen Haus lebte.
Alister hatte sie tatsächlich schon einige Male gesehen, als er Michail zu seinen Lesetreffen in der Stadtbibliothek gebracht hatte. Das war genau der Grund, warum Alister sich schnell um die nächste Ecke geworfen hatte, als er bemerkt hatte, wer die Tür öffnete. Denn Alister in Marianos Gegenwart zu sehen, hätte ihren gesamten Plan ruiniert. Aber Marianos Plan hatte gewirkt und jetzt saßen sie zu dritt auf dem Dachboden dieses Hauses vor einer offenen Box. Einige Gegenstände lagen in ihr. Vier kleine Gläser, eine alte, kaputte Brille, ein Briefumschlag und zwei Kugelschreiber. „Also, was davon ist der Anker?" Fragte Alexander Mariano, der inzwischen wieder seinen Blick von den Gegenständen abgewandt hatte. Der Geist war immer noch am Trommeln, aber sonst war da nichts. Absolut gar nichts. Also war Mariano bereit ein Risiko einzugehen, um die Jungs ihre Fähigkeiten trainieren zu lassen. „Sagt ihr zwei mir das doch." Gab er zurück und ließ seine Hand über der Box schweben. „Es ist einer dieser Gegenstände und ich glaube, dass ihr rausfinden könnt, welcher es ist." Alister sah ihn aus von Faszination geweiteten Augen an und legte seine Hände aneinander. „Du glaubst, dass wir das können?" Fragte er und konnte die düstere Fassade nicht mehr aufrecht erhalten. Jetzt war er ein begeisterter Fünfzehnjähriger, der gerade von einem neuen, tollen Erwachsenen gesagt bekommen hatte, dass er etwas besonderes konnte. „Ich weiß, dass ihr das könnt. Oder nun, ich weiß, dass du das kannst. Alex kann es vielleicht auch, aber bei dir bin ich mir nahezu 100% sicher." Ein Glitzern und Funkeln erschien in Alisters Augen und dieser Blick brachte Alex Herz dazu zu explodieren. Oh meine Güte, du bringst mich um Alister- Dachte der dunkelblonde Junge, der gerade von dem wunderschönen Blick des Lockenkopfes umgebracht wurde. Mariano bemerkte beides. Alisters Begeisterung und dass Alexander ihn sehr offensichtlich anstarrte. Mindestens einer von ihnen wollte wohl doch, dass die beiden zu einem perfekt eingespieltem Team wurden. Interessant.
„Okay wie kann ichs rausfinden!" Sagte Alister in einem Wisperschrei. „Okay, lass deine Hand über die Box gleiten und versuche eine Art Kälte, oder einen Druck oder sonst etwas zu fühlen, was ein bisschen anders wirkt. Du wirst es sicher spüren. Finde den Punkt, versuche ihn genauer festzustellen. Du kannst die Sachen schon anfassen, aber ich glaube du schaffst es auch ohne Hautkontakt." Der rothaarige Junge nickte eifrig und seine Hand begann bereits vor Aufregung zu zittern. Er strahlte nahezu vor sich hin und als Mariano seine Hände hob und zurückrutschte, hing Alister sofort über der Kiste. Er hatte seine Augen zusammengekniffen und seine Unterlippe vorgeschoben. Alex' Augen hingen immer noch an dem kleineren Jungen, aber jetzt war es ehrliche Bewunderung, die in seinem Blick lag und nicht nur Verknalltheit. Der schmale Junge ließ also die Handfläche seiner weit gespreizten Hand über die Kiste gleiten. Er versuchte etwas zu fühlen, aber schnell bemerkte er keinen Kälteunterschied. Aber etwas anderes fiel ihm auf. Einen gewissen Zug. Wie der Ruf einer Sirene, nur mit seiner Hand und Schwerkraft. Und obwohl ihm schnell einfiel, dass der Ruf einer Sirene durchaus gefährlich war, fiel ihm noch schneller ein, dass er zwei Menschen dabei hatte, die ihn sicher nicht ertrinken lassen würden. Also folgte er diesem Zug, ließ sich nahezu ans Ziel manövrieren, bis seine Fingerspitzen auf den Kugelschreiber mit einem eingestanzten roten Ring deuteten. „Das ist der Anker." Wisperte er und seine braunen Augen klappten auf.
Auf Marianos Gesicht machte sich ein Lächeln breit und er nickte. „Das ist richtig, toll gemacht!" Alister strahlte ihn an und sein Lächeln wurde auch kurz an Alexander gerichtet. Dieser starb seinen vierten Tod an diesem Tag und das dämliche Lächeln, was sich auf sein Gesicht schlich, war ein Ausdruck dafür. Aber Alister bemerkte seinen Vierfachmord an der selben Person nicht wirklich, denn er war mit etwas anderem beschäftigt. Seine Augen wanderten über den Stift, den er inzwischen zwischen seine Finger genommen hatte. Die einfachste Lösung für den stetigen Hagel wäre es gewesen, den Stift einfach in der Mitte durchzubrechen, aber Alister zog es vor etwas anderes zu versuchen. Alex sah fragend zu Mariano, da der Dritte in ihrer Gruppe sich ganz klar nicht an den 'Drei A Plan' hielt, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Lass ihn mal, er sieht aus, als wisse er was er tue, oder?" Fragte er und Alex drehte mit leicht roten Wangen den Kopf zur Seite. „Ja, er weiß, was er tut." Sie hatten unrecht. Alister wusste nicht, was er tat. Denn um genau zu sein, tat er gar nichts. Er ließ nur etwas geschehen. Wie von selbst bewegten sich seine Hände. Eine Kappe fiel von einem alten Stift, ein leerer Briefumschlag wurde langsam aus einer Box gehoben und dann von zarten Fingern geöffnet. Und obwohl er leer war, entnahm Alister der Hülle etwas. Ein durchscheinendes Blatt, nicht real, definitiv nicht, das gab das zarte blaue Glühen der Seite deutlich an. Aber Alister hielt es trotzdem zwischen seinen Fingern, als wäre es komplette Wirklichkeit. Und auch der Stift ließ so natürlich Farbe auf dem Blatt zurück, als wäre es komplett real. Sogar natürlicher! Denn mit einem normalen Kugelschreiber hätte man sicher ewig über eine Oberfläche kritzeln müssen, bis überhaupt Farbe aus ihm hervordringen würde. Aber nein. Der Kugelschreiber schrieb und Alister war die unterstützende Hand, die er dafür benötigte.
Der Junge selbst blickte mit einem friedlichen Lächeln auf die Geistererscheinung, die er mit blau-fluoreszierender Tinte beschrieb. Er hatte nicht viel zu schreiben und das Gefühl des tiefen Friedens, das sich mit jedem zarten Zug seiner Hand in seiner Brust niederlegte, war so angenehm, dass er es nicht schaffte in dieser Trance zu bleiben, ohne sich leicht nach links und rechts zu wiegen. Doch dann mit einem letzten kunstvollem Schwung seiner Hand war alles vorüber. Wirklich alles. Das Blatt war innerhalb einer Sekunde verpufft, der Hage verstummt und die übernatürliche Leere, die den Raum flutete war für alle drei zu bemerken. Alister blinzelte mehrmals, dann fokussierten sich seine Augen auf den Stift zwischen seinen Fingern. „Hab...hab ich-" Überrascht von sich selbst sah Alister erst auf seine Hände und dann zu den anderen beiden Männern in diesem Raum. „War ich das?" „Jup! Ihr zwei ganz allein, um genau zu sein." Bestätigend nickte Mariano ihnen beiden zu, bis er Alister andeutete den Briefumschlag wieder in die Box zu legen. Als dieser auch den Kugelschreiber in die Box packen wollte, nachdem er die Kappe wieder auf ihn gesetzt hatte, schüttelte Mariano nur den Kopf. „Ich glaub, das ist jetzt deiner." Sagte er sacht, woraufhin Alister leicht nickte. „Außerdem hat Edgelister doch sicher keiner Angst davor einen Kugelschreiber mitgehen zu lassen." Kommentierte Alex und Alister sah ihn auf zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen an. „Halt deine Zunge im Zaum oder ich schneide sie dir raus." Knurrte er und ja, Alister knurrte tatsächlich. Alexander lachte leicht und drehte sich herum. „Wieder die Unreife in Person, nicht?" Fragte Alex und sah grinsend über seine Schulter. Er hatte sich zwar definitiv was für Alister eingefangen, aber diese Seite an ihm fand er nach wie vor wahrlich lächerlich.
Wenigstens war das nicht der Part an Alister, den er anziehend fand. Er hätte endgültig damit aufgehört seinem Männergeschmack zu vertrauen, wäre das der Fall gewesen. Und das wäre eine wahre Tragödie. Er hörte nur ein Schnauben von Alister und mehr Kommentar schien ihm das ganze Ding nicht wert zu sein. Also lief Alexander, sich zumindest als Sieger fühlend, durch die kleine Holztür aus dem Dachbodenraum. Alister rollte hart mit den Augen und folgte ihn dann. Mariano zog einen Mundwinkel hoch und ging den beiden dann auch nach. Gute 25 Minuten hatte das gedauert. Ordentliche Zeit, wirklich. Die zwei Jungs würden es sicher weit bringen, mit mehr Übung und mehr Vertrauen. Es interessierte ihn sehr, wie sie jeweils mit anderen aus ihrer Gruppe zusammenarbeiten würden. Aber er war sich so oder so sicher, dass mindestens mal diese Zwei in der Lage wären, sich alleine mit Geistern anzulegen. Inzwischen waren alle drei wieder im Erdgeschoss in dem kleinen Wohnzimmer angekommen, aber auch das war schnell durchschritten. Alister huschte schnell aus der Haustür, gefolgt von Alexander. Beide blickten die Frau, die bewegungslos im Türrahmen stand, kurz mit einem leicht schuldbewusstem Blick an. Aber dann verschwand Alister schnell hinter einer Ecke, während Alex sich wieder in die Position begab, in der er gestanden hatte, bevor Mariano das angewandt hatte, was die beiden später seine Fähigkeit nennen sollten. Das war auch so richtig wie es werden konnte. Alex musterte die junge Frau mit den leeren Augen weiterhin, bis der Dämon ebenfalls in seiner originalen Position stand. Er versuchte seine Miene ebenfalls sehr ähnlich aussehen zu lassen. Dann hob er seine Hand und schnipste.
Augenblicklich stellte die Frau sich gerade hin und blinzelte mehrmals. Dann sah sie auf und direkt in Marianos breit lächelndes Gesicht. „Entschuldigen Sie," stotterte sie leise und rieb sich ihren Arm. „Was war nochmal ihre Frage?" Fragte die Frau, die sich noch ein bisschen von ihrer Starre lösen musste. „Oh das ist kein Problem, ich wollte nur wissen, ob sie mir erklären können, wo die Villastraße ist." Sagte er freundlich und kratzte sich gespielt beschämt im Nacken. „Ich bin noch recht neu in dieser Stadt und will mich nicht auf mein Navi verlassen." „Ach das verstehe ich gut." Sagte die Frau und wirkte schon weniger steif. Gut so. Seine Kraft war in der Regel zwar völlig ungefährlich, aber trotzdem beruhigte es ihn immer sehr, wenn er sehen konnte, dass jemand, den er 'eingefroren' hatte, unbeschadet war. Er hätte es sich nicht verziehen einen Menschen zu verletzen, wenn auch nur aus Fahrlässigkeit. „Also gut," sagte die Frau dann und lächelte Mariano ebenfalls an. Dann fing sie an, ihm den Weg zu beschreiben und er reagierte daraufhin mit Lächeln und Nicken. „Dankeschön!" Sagte er am Ende und nickte. „Wir machen uns dann mal auf den Weg, vielen Dank für ihre Hilfe." Damit drehte er sich um und lief in die Richtung, die sie ihm beschrieben hatte. Glücklicherweise die, wo sich auch Alisters Versteck-ecke befand. Alexander folgte dem großen Mann, mit einem Winken zu der Frau, die wieder hinter ihrer Tür verschwand. „Auf zur vierten Mission!" Sagte Alister grinsend, als er zwei Mal schwach in die Luft boxte. „Diesmal sogar ohne frostschocken." Sagte Alexander, der sich daran erinnerte, dass ihr nächster roter Punkt im Freien lag. „Genau und ich sags euch! Wir kriegen mehr Geister weg, als Janas Team!" „Sicher, wer wenn nicht wir?" Alexander strich sich durch die Haare. „Ich mag eure Selbstsicherheit."
Shani wäre es wirklich lieber, wenn ihre beiden brünetten Begleiter genau so viel Selbstsicherheit hätten wie diese beiden. Sie hätten wenigstens so tun können. Aber nein, nicht mit Vicky und nicht mit Daniel. Jedes Mal, wenn nicht ganz klar war, was sie jetzt tun sollten, wurde sie gefragt, was sie jetzt tun sollten. Von Vicky erwartete sie sowas ja schon. Es frustrierte und störte sie, aber egal wie oft sie Vicky gesagt hatte, dass sie nicht auf alle Fragen antworten konnte, schien das kleinere Mädchen immer noch Antworten auf alle Fragen von ihr zu erwarten. Aber wenigstens waren diese Fragen direkt. Wenigstens soviel hatte Vicky schon über sie verstanden. Doch Daniel kannte sie nicht, also tanzte er immer wieder im seinen Punkt herum. Wenn er eine Unsicherheit hatte fragte er nicht. Soll ich jetzt weiter gehen? Sondern sowas wie: Ich frage mich, ob ich jetzt vielleicht, eventuell, also nicht, dass ich Angst habe oder deine Hilfe brauche, ob ich jetzt eher vorwärts oder rückwärts gehen sollte. Es war schrecklich, vor allem, weil es ihr noch mal mehr Mühe breitete herauszufinden, was zum Teufel überhaupt die Frage war! Dann musste sie auch noch eine passende Antwort finden und sie geben! Und auf die Hälfte der Fragen hatte sie nichtmal eine objektiv richtige Antwort. Sie wünschte sich eine Kopfschmerztablette und vernünftige Antworten. Und für den Geist war diese Frustration so deutlich zu fühlen, als wäre Shani der Ausgangspunkt für einen Tsunami. Noch war er erst dabei sich anzubahnen, aber bald wären genug negative Gefühle in ihrem Kopf, um final loszubrechen und die komplette Gegend zu überspülen.
Und ja, Daniel und Vicky wiegelten die See nur weiter auf. Was zu erwarten gewesen wäre. Beiden waren keinesfalls begeistert von dem Ort, auf dem die drei sich aufhielten. Die roten Punkte auf ihrer Seite der Stadt sammelten sich hier. Shani stellte mit einer säuerlichen Miene ein Muster fest, das ihr ausgesprochen missfiel. Jedes mal, wenn Vicky und Daniel mit ihr auf einer Geistermission waren, stank es fürchterlich. Diesmal war es eine Müllkippe. Besser als die Kanalisation, schlimm genug! Die junge Frau versuchte herauszufinden wie lange genau sie es schaffen konnte die Luft anzuhalten. Sie versuchte wirklich so wenig Müllkippenluft wie möglich in die Lunge zu bekommen. Was schwer war, wenn Leute mit dir reden wollten. Denn dafür musste man den Mund öffnen. „Du Shani? Glaubst du, dass es hier noch weiter geht?" Vicky deutete auf einen Punkt auf einem anderen Müllberg. In einem kleinen Tornado wirbelten Blechstücke und verrottende Stoffteile im Kreis herum. „Sicher." Antwortete die junge Frau knapp und machte dann weiter damit, so wenig wie möglich zu atmen. „Ich glaube, dass wir gegen den Tornado gewinnen könnten. Es ist nur ein Tornado schließlich. He..." Daniel stand an der höchsten Stelle ihres Schrottbergs und versuchte bemüht cool und gelassen zu wirken, während er mit einer Stange in den Müllberg stach. Einen blöden Anker in einem blöden Müllberg zu finden war nicht spaßig. Auch an ihrem Rand, wo sie mit einem angewidertem Gesicht große Metallschrottstücke auf einen neu entstehenden Berg warf, ging es nicht besser zu. Es war schwer genug, den Geist an dieser Stelle zu lokalisieren. Aber nachdem das Ding, was ausgesehen hatte wie eine sehr lange Schlange an brennenden Lampenions, im hohen Bogen in diesem Berg untergetaucht war, waren sich die drei recht einig, dass der Anker hier irgendwo vergraben war.
Vicky hatte erst überlegt, ob sie den Berg gestaltlos absuchen sollte, aber als Shani und Daniel begonnen hatten den Berg zum durchstochern aufzuteilen, hatte sich das brünette Mädchen nicht getraut nachzufragen. Vielleicht hatte Shani es ja ohnehin bereits durchgedacht? Hatte vielleicht Gründe wegen denen Vickys Entmaterialisierung fehlschlagen würde? Und würde sie sie sicher für dumm halten, weil sie selber nicht so weit überlegt hatte. Die Wahrheit war allerdings, dass es der anderen jungen Frau vollkommen entfallen war, dass Vicky diese Fähigkeit besaß. Sie hatte sie nur einmal in ihrer Gegenwart angewandt und war Shanis Gedankenspeicher damit entfallen. Sie wusste natürlich, dass Vicky sich unsichtbar machen konnte. Aber alles andere war zumindest in diesem Moment nicht in Shanis Planung eingerechnet worden. Und weil Vicky nicht ihre eigene Idee anbrachte, mussten die drei Teenager im Müll wühlen. Sie sah zu Shani, die alles andere als begeistert von der gesamten Situation wirkte und fühlte sich augenblicklich schlecht. Vor allem, weil ihre Gedanken einfach nicht in diesem Moment bleiben wollten. Sie wollten nicht einmal mit Geistern verbunden bleiben. Sie kreisten immer wieder um Archie. Sie öffneten lang verschlossene Kisten, rissen Türen aus Angeln und zwangen Vicky dazu Sachen anzuschauen, die sie schon lange mit Scheuklappen aus ihrem Blick gezwungen hatte. Sie wollte es immer noch nicht ansehen. Wenn sie es wirklich wüsste, dann wäre es noch schwerer es zu verheimlichen. Und wenn sie es nicht verheimlichen könnte? Was auch immer es sein sollte- Was würden die Leute um sie herum denken? Was würde Shani denken?
Sie schluckte leicht und wedelte die Gedanken weg wie lästige Insekten. Es war egal. Diese Gedanken waren egal! Am Ende würden sie sie nur unglücklich machen. Sie zog ihre Fließjacke enger um sich. Der Pulli darunter kratzte ihren Hals. Nur das schwarze Bandshirt darunter fühlte sich nicht falsch auf ihrer Haut an. Verdammt. Sie atmete lang aus und hoffte darauf, dass mit der Luft aus ihren Lungen auch die Gedanken aus ihrem Kopf gedrückt werden würden. Aber plötzlich schnitt etwas in die wörtlichen Bahnen. „Hey Shani! Hier ist was, was sich mega seltsam anfühlt! Ich will es durchstoßen, vielleicht. Aber ich bräuchte eine zweite Meinung!" Vicky blickte zu Daniel, der zwar Shani adressierte aber doch sie ansah. Blaue Augen lagen auf einem runden Gesicht. Der Besitzer der blauen Augen versuchte festzustellen, ob das kleinere Mädchen ihn cool fand. Es interessierte ihn wirklich! Er gab sich so viel Mühe nicht unsicher und nicht verwirrt zu wirken. Keine direkten Fragen waren ein tolles Zeichen, die eigene Sicherheit auszudrücken! Und, dass er trotzdem nach Shanis Meinung fragte, demonstrierte sicher, dass er trotzdem bescheiden und nicht unüberlegt war. Die Wahrheit war jedoch eher, dass er buchstäblich keine Ahnung hatte, was er machen sollte! Er hatte sowas noch nie gänzlich ohne Mariano oder Marianos Verfahren gemacht. Und auch jetzt versuchte er sich an das Planen des anderen Dämons zu halten, aber der 'Aufspüren' Part dauerte ihm entschieden zu lange. Also wandte er sich, mehr als er wollte, an die Person, der er die selbe beruhigende und wissende Persönlichkeit zuschrieb wie 'seinem Onkel'. Aber er wollte es einfach nicht direkt tun, denn sonst erschien er nicht mehr als der mysteriöse und einzelgängerische Badboy, der er eben war.
Nebenbei bemerkt, Vicky und Shani hielten ihn nicht für einen mysteriösen und einzelgängerischen Badboy. Und gegen das einzelgängerisch hatten sie sogar Beweise. Denn anders, als Daniel es zu Beginn seiner Zeit auf der Erde geplant hatte, verbrachte er seine Pausen nicht alleine, in einer dunklen Ecke, vielleicht mit einer Zigarette im Mund. Er verbrachte sie nicht als der Junge, der von allen gefürchtet aber trotzdem bewundert wurde. Nein, Daniel verbrachte seine Pausen mit einem Jungen, der konstant auf 119% Energie und 100% der Zeit in Kuschellaune war. Lukes ständige Präsenz allein gab ihm schon mal ein sehr starkes Minus auf jegliche Form von 'Badboypuntken'. Und nach Violetts erster Lektion, denn ja mit ihr verbrachte er auch einen Großteil seiner Zeit in der Schule, über Zigaretten und was sie anstellen konnten, hatte Daniel jeglichen Willen aufgegeben, jemals eine zu rauchen. Also, niemand hielt ihn für das, was er gerne wäre. Vielleicht war das sogar besser so. Allerdings war es aber auch so, dass Daniel sich für den bösesten aller Jungen hielt und diesen Selbsteindruck auf keinen Fall verlieren wollte. Deshalb verhielt er sich so und versetzte Shani damit noch weitere kleine Gehirnstiche. Und es sorgte auch nicht dafür, dass Vicky ihn für mysteriöser oder einzelgängerischer hielt. Ein Totalversagen, aber Daniel war sehr stolz auf sich.
„Ja Daniel. Bitte nimm keine Rücksicht auf den Müll." Shani musste ihre Stimme kontrollieren, damit sie nichts von ihren negativen Gefühlen Preis gab. Trotzdem hörte mindestens Vicky den feinen Unterschied in ihrer Tonlage. Und der Geist, dessen Ursprung die drei gerade aufzuspüren versuchten, spürte es auch. Und diese Entität sympathisierte mit der Frustration, die Shani gerade spürte. Er konnte es wirklich gut verstehen. Die Schlange konnte die junge Frau gut verstehen. Er fühlte sich sogar sehr hingezogen zu diesem Leben. Diese Frustration teilen. Vielleicht könnte er ihr mit ihrer Frustration helfen? Der Geist überlegte. Shani war inzwischen gezwungen gewesen zwei weitere Fragen zu beantworten. Beide hingen mit Müllsachen zusammen, die Daniel und Vicky aus dem Berg gezogen hatten. Und scheinbar nicht selber in der Lage waren, zu überlegen, ob das die Quelle war oder nicht. Obwohl diese beiden die verdammten Kopffähigkeiten hatten! Was bitte sollte sie denn tun?! Sie hatte also nur so freundlich sie konnte gelächelt und gesagt. „Ihr zwei habt Kopfkräfte, bitte schaut euch das selber an. Ich kann euch nicht helfen." Jetzt fühlten auch die zwei Nichtgeister den Frust, der von Shanis ausging. Sie atmete langsam aus und blickte erst zu Daniel und dann zu Vicky. Ihre dunklen Augen stachen beiden tief in die Seele. Doch bevor beide etwas sagen konnten, redete sie weiter. „Ich bin gerade sehr genervt von euch beiden. Bitte hört für fünf Minuten auf mir Fragen zu stellen. Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung. Denkt selber nach." Ihre Stimme war immer leiser geworden. Ihr Atem immer langsamer. Sie wusste, sie hätte es früher sagen sollen. Die zwei waren zwar nicht so schlecht darin soziale Hinweise zu fangen wie sie. Aber Shani hatte keine Hinweise gegeben. Deshalb hatte sie die beiden auch nicht angefahren, sondern nur mit Nachdruck geredet. Sie hatten hoffentlich verstanden, was sie meinte.
Sie hatten es verstanden, aber beiden war nicht so ganz bewusst, warum sie das jetzt so direkt sagen musste. Nun gut. Vicky fragte sich das für ungefähr sieben Sekunden, dann erinnerte sie sich an das Problem und fühlte sich dann augenblicklich schlecht dafür, überhaupt eine andere Art der Mitteilung erwartet zu haben. Daniel jedoch hatte keine Art von Ahnung, warum sie das so gesagt hatte. Aber dann wurde es ihm klar. Die Klarheit, die stoische Miene, die vielen Antworten! Er redete gerade mit einer geborenen Anführerin! Der furchtlosen Leiterin dieser Gruppe! Seine Miene erhellte sich augenblicklich und er grinste sie an. Shani sah ihn irritiert an, aber sie war sich sicher, dass er sie verstanden hatte. „Shani, ich..." Die große Frau blickte zu Vicky und augenblicklich verstummte diese. „Ja?" Fragte sie, nachdem das jüngere Mädchen zu schweigen begonnen hatte. „Ich wollte dir sagen, dass es mir leid tut." Stotterte Vicky hervor, während sie ihre Finger um den kaputten Koffer krallte und beschämt zur Seite blickte. Shani seufzte und strich sich ihr Langarmshirt glatt. „Entschuldigung angenommen, nur bitte, lasst mich beide kurz in Frieden. In Ordnung?" Vicky nickte schnell und wandte sich wieder an den Gegenstand in ihrer Hand. Endlich. Endlich war es still. Aber es blieb nicht lange still.
Sie hatte gerade etwas freigelegt, was eventuell der Anker sein konnte, aber als sie gerade erst überlegte, wie sie eine übernatürliche Aura feststellen konnte, wenn eine da sein sollte. „Du Shani? Glaubst du, dass der Geist inzwischen weg ist?" Sie drehte sich langsam zu Daniel um und kniff ihre Augen zusammen. „Daniel, hast du mir zugehört?" Fragte sie und ihr Ton war angespannt. „Ja, hab ich? Aber nun ja, ich dachte..." Daniel kratzte seinen Arm und bekam einen kalten Blick von Shani zurück „Nein. Bitte nicht. Bitte höre einfach auf mich." Sagte sie mit gezwungen ruhiger Stimme und fokussierte ihre Augen auf Daniels Gesicht. „Aber, das war eine wichtige Frage!" Versuchte er zu kontern und in der typischen Danielmanier sprach er dabei so überzeugt und selbstsicher, wie er konnte. „Dann mach dir genug Mühe, sie selbst zu beantworten. Deine Fähigkeiten sind dafür besser ausgeschnitten als meine." Sie sprach jedes einzelne Wort klar und deutlich aus. Ihre Hände hatte sie verkrampft und ihre Augen zusammengekniffen. „Du hast an sich auch mehr Ahnung hiervon als ich. Ich hab persönlich noch nicht mit so vielen Geistern interagiert. Im Gegensatz zu dir. Du solltest schon die Fähigkeit haben anzuwenden, was du von deinem Onkel gelernt haben, oder?!" Shani trat einen Schritt nach vorne und drückte den Gegenstand in ihrer Hand. Daniels Augen weiteten sich und er wusste nicht, was er jetzt machen sollte. Lag sie hier falsch? Lag er falsch? Hatte sie recht?
Doch bevor er sich die Frage beantworten konnte, schoss ein langes orangenes Licht aus dem Boden hervor und flog in einer Spirale um Shani herum. „Shani!" Vicky stolperte nach vorne und versuchte irgendwie in den Radius der orangenen Girlande zu kommen, aber endlich konnte Daniel etwas nützliches tun. Mit einem großen Satz schaffte er es zu Vicky zu gelangen und zog das langhaarige Mädchen ein Stück zurück. „HEY!" Fauchte Vicky, weitaus heftiger, als er es je von ihr erwartet hätte. Sie versuchte Augenblicklich sich aus seinem Griff zu lösen und zu dem wie wild drehenden Tornado aus Orange-rot zu rennen. Vicky war stärker als er erwartet hatte, aber Daniel war ein verdammter Dämon und er würde sie keinesfalls in einen Lichterwirbel des Todes rennen lassen. Auch, als sie ihren Ellenbogen in seine Brust rammte, festigte Daniel seinen Griff nur. Der Geist war definitiv gefährlich. Und er würde Vicky auf keinen Fall in diese verdammte Gefahr rennen lassen. Vielleicht könnte man seinen Anker schnell finden und ihn zerstören?! Lag irgendwas offen, was eventuell ein Anker sein könnte?! Und warum zappelte in seinen Armen nichts mehr? Vicky hatte ihre Fähigkeiten benutzt und sich im körperlosem Zustand aus seinen Armen gewunden und jetzt stolperte sie erneut den Schrottberg hinunter. Sie versuchte weiter in der gestaltlosen Form zu bleiben. Aber sie fühlte bereits, wie viel Kraft es sie kostete, aber sie kam endlich in die Nähe des Lichtertornados. Ihre Hand nur noch eine Armlänge entfernt, aber plötzlich konnte sie ihre Körperspannung nicht mehr aufrechterhalten. Und kaum war sie wieder körperlich da, wurde sie zurückgezogen. „Warum?!" Flüsterte Vicky immer noch heftig, während sie einen weiteren Schwachen Versuch unternahm aus Daniels Griff wegzukommen. „Weil ich dich nicht in deinen sicheren Tod rennen lasse, Vicky?!" Gab er genau so energisch zurück und dachte nicht mal daran seinen Griff zu lockern.
Irgendwie wusste sie, dass Daniel recht hatte. Aber trotzdem konnte sie nicht anders, als panisch auf den Geist zu sehen, der ihre Freundin einhüllte. Doch Shani war nicht wirklich in Gefahr. Wirklich, wirklich nicht. Der Geist hielt einen guten Abstand von ihr und langsam fing sie an eine Stimme in ihrem Kopf zu hören. „Hallo, junge Frau." Ein paar Sekunden war sie still und starr. Dann versuchte sie irgendwie eine Art zu finden, mit dieser Situation umzugehen. Das einzige, was ihr einfiel, war: Was bitte würden Jack oder Jana in dieser Situation tun? Die Antwort war erschreckend einfach. Die Antwort war: rede mit dem Geist. „Uhm, hallo Geist." Mit einem starren Gesicht hob sie eine Hand. „Deine Freunde scheinen dich zu nerven. Armes Mädchen." „Nun du hast recht. Ich wünschte sie würden selber nachdenken. Es ist schon echt nervig." Ein leichtes Lachen kam von der Lampenionkette. Eine Kette mit Lampenions lachte. Shani hatte alles gehört. „Eine von der ehrlichen Sorte. Dich mag ich." „Keine andere Sorte wirkt sinnvoll für mich." Antwortete die junge Frau und drehte sich im Kreis, um irgendwas zu erkennen, was einem Mund auch nur halbwegs ähnlich war. „Es sieht aus, als würdest du ein bisschen Ruhe von ihnen brauchen. Ich verstehe das gut." „Dankeschön, du hast ziemlich recht. Hast du gehört, was gerade alles passiert ist?"
„Oh ja. Tut dir die Ruhe gut?" Shani lachte leicht. „Ich gebe zu, ja das tut sie. Danke für die Hilfe." „Gern geschehen, junge Frau. Aber eine Frage, was wollt ihr eigentlich hier?" Keine Änderung in der Bewegung. Aber die Stimme wirkte ruhiger und besorgter. Nahezu mütterlich. Ja, dieser Geist hatte gerade entschieden, dass er ab jetzt auf Shani aufpassen würden. „Nun wir sind eigentlich hier, um dich von dieser Welt zu lösen." Gab Shani zurück und lehnte sich zurück. Kurz schien die Präsenz zu denken. Ein tiefes Summen durchzog die Luft. „Würde dir das mit deinem Stress helfen?" Fragte der Geist und Shani bekam plötzlich das Gefühl, als würde sie mit einem Drachen reden. Der Drachengeist. „Nun ja... um ehrlich zu sein schon. Yewfalls ist voll mit Geistern und das ist uns aus Sicherheitsgründen wirklich unlieb. Also versuchen wir Yewfalls sicherer zu machen. Dafür wollen wir Geister eben wegschicken. Verstehst du?" „Hmmm...ich verstehe tatsächlich. Ich will dir helfen, junge Frau. Ich wollte schon lange jemandem helfen. Ich kann die anderen Geister hier mit mir nehmen. Sie würden mit mir gehen." Brummte die Stimme und Shani blickte irritiert in den Farbkreis. „Oh wirklich. Das. Ja das wäre großartig, wirklich." Ihre Miene leuchtete langsam auf und sie legte ihre Arme um ihren Oberkörper. Allen Ernstes sie war sehr positiv überrascht von diesem Geist. Und die klare und ruhige Ausdrucksweise des lebendigen Menschen sorgte für noch mehr Sympathie seitens des Geistes. „Dann genieße deine Ruhe, solange du sie hast. Ich werde mit meinen Mitgeistern sprechen."
Damit verstummte der Bass und nur das wirbelnde Licht blieb. Shani blieb in der Mitte stehen. Sie genoss das Fehlen von Fragen und was auch immer das schwammige Spiegelbild von einer Frage sein sollte, was Daniel ab und an von sich gab. Sie wartete ab. Und nach einer langen Weile, in der sie die Augen schließen musste, weil das Lichtermeer bereits auf ihren Netzhäuten zu brennen begann, endete der Wirbel. „Auf Wiedersehen, junge Frau. Ich hoffe du hast mehr Frieden." „Ja, Ciao, Drachengeist." Shani hob ruckartig eine Hand und winkte mit einem ebenfalls starrem Gesicht. Ein grollendes Lachen folgte darauf. „Drachengeist." Ein letztes Flüstern der Erscheinung war das Ende seiner Existenz auf unserer Ebene. Shani blinzelte. Sie räusperte sich. Sie sah sich um. Der Tornado auf dem anderen Schrottberg war weg. Der Haufen Punkte auf der Müllkippe kam ihr in den Kopf und sie klopfte sich etwas Staub vom Rock. Das war weitaus, weitaus effektiver als das zerbrechen eines Ankers. Wirklich. War das vielleicht die effektivere Art und Weise? „SHANI!" Der plötzliche Körperkontakt sorgte dafür, dass sie einige Schritte zurücktreten musste. Vicky klammerte sich an ihr fest, was ihr einen überraschten Blick von Shani einbrachte. Vicky schien gerade nicht in der Lage zu sein großartig zu reden. Also hob sie den Kopf und sah Daniel an, der gerade über Trümmer zu den beiden gestolpert kam. Er wirkte ein bisschen außer Atem aber er sah definitiv noch aus, als wäre er der Kunst des Sprechens mächtig. Aber bevor Shani überhaupt fragen konnte, was genau passiert war, stellte Daniel eine Frage. Der kurze Segen der Funkstille war leider vorbei.
„Was bitte hast du gemacht?" Fragte er ausgesprochen fasziniert und mit glitzernden Augen. „Nun ja, uhh. Ich hab einfach mit dem Geist geredet. Er war ziemlich freundlich tatsächlich. Also... ja." Sie kratzte sich am Hinterkopf und Daniel nickte heftig. „Okay! Okay! Merk ich mir! Weil, wow. Reden hat ziemlich krass funktioniert, weil plötzlich sind einfach super viele, voll helle Leuchten in den Himmel geschossen und dann wusch. Alles war weg." Dankeschön Daniel, du hast mir gerade auch meine Frage beantwortet. Das erklärte aber auch, weshalb ihre Augen so wehgetan hatten. Sie nickte. „Okay das ist gut. Uhm Vicky, bitte lass mich los. Du tust meinen Rippen weh." Das langhaarige Mädchen trat schnell einen Schritt zurück und kratzte ihren Arm. „Du hast das wirklich großartig hinbekommen, Shani. Ich hab mir echt Sorgen gemacht." Nuschelte sie und blickte sie aus großen Augen an. „Oh. Das tut mir leid. Aber keine Notwendigkeit. Der Geist war ziemlich gut drauf." Sie zuckte nur mit den Schultern und zog dann ihr Smartphone aus ihrer Tasche. Vicky sah sie immer noch besorgt und ängstlich an, woraufhin Daniel ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter legte. Er sah sie mit einem sanften und möglichst beruhigendem Lächeln an und Vicky gab ihm ein schwaches Lächeln zurück. Daniel ließ die Hand auf ihrer Schulter liegen und war sich jetzt nicht so wirklich sicher, was er jetzt tun sollte. Er hatte nicht erwartet, dass er so weit kommen würde.
„Hört oder fühlt ihr beiden irgendwas anderes als Leere?" Fragte Shani plötzlich und machte eine wage Handbewegungen in der Luft. Vicky und Daniel sahen einander kurz an. „Nein." „Nein, hier ist gar nichts mehr. Alles ist sicher!" Daniel strich sich langsam, mit der nicht auf Vickys Schulter Hand, durch seine langen Haare. Er dachte, dass das sehr cool war. „Gut. Der Geist hat mir also die Wahrheit gesagt, hm. Okay wow." Shani lachte plötzlich leicht auf, was Vicky dazu brachte sehr breit zu lächeln. „Dieser Geist war echt hilfreich." Shani drehte ihr Smartphone zu Daniel und Vicky und zeigte ihnen das Bild der Karte, was sie gemacht hatte. Beiden fiel die metaphorische Kinnlade runter. „Ich fühle mich, wie jemand in einem Wespennest. Das sind so viele Geister..." Daniel konnte nicht mal irgendetwas sagen „Gewesen," kommentierte Shani mit einem dezenten Grinsen. „Die Wespen sind ausgeflogen." Sie versetzt einem der unzähligen roten Punkte auf der Karte ein leichtes Stupsen. „Woah..." Vicky sah Shani mit großen Augen an. „Und du hast das alles allein gemacht?" „Es war eher der Geist, aber ja, ich war wohl tatsächlich die einzige menschliche Einwirkung darauf." „Ihr habt echt alle was auf dem Kasten!" Daniel klatschte in die Hände und sah die beiden Mädchen lächelnd an. „Naja, sie schon." Sagte Vicky leise und strich sich über den Arm, während sie zu Shani sah. Diese zuckte nur mit den Schultern und blickte auf die Karte. „Na dann. Gehen wir weiter, bis wir zum Park zurück müssen, haben wir noch Zeit."
Die Stunden bis zum erneuten Zusammenkommen der Gruppe vergingen schnell, aber waren keinesfalls einfach zu überstehen. Auch kleine oder schwache Geister waren noch Geister. Und keine Technik schien so gut zu funktionieren, wie die Jugendlichen und der ältere Dämon es sich wünschten. Manche Geister waren nicht kooperationsbereit, sodass ihre Anker zerstört werden musste. Egal ob es dem jeweiligen Team zusagte oder nicht. In anderen Situationen war der Anker zu gut verborgen oder der Geist zu wachsam, um ihn zu erreichen. Also mussten die jeweiligen Finder mit der Erscheinung kommunizieren, was schwer war, wenn der jeweilige Geist nonverbal war. Manche Geister waren zu angriffslustig und mit einem zu gut versteckten Anker. Sodass weder die eine noch die andere Version funktionierte. Aber auch wenn eine Vorgehensweise einer Gruppe perfekt funktionierte war es immer noch sehr erschöpfend. Immer mehr rote Punkte bekamen schwarze Kreuze, aber es war viel zu viel rot, als dass es irgendjemand vernünftig lösen könnte. Jede erneute Stille nach dem verschwinden eines Geistes war ein weiterer Schlag, sodass sie sich schon um 18.00 Uhr so fühlten, als würden sie bereits seit Tagen Schwerstarbeit leisten. Immer, wenn sie einen Geist gewaltsam entfernten, versetzte das Jack einen gewaltigen Schlag. Er hasste das wirklich. Er hasste es so sehr, dass er Leuten wehtat. Es war ihm egal, dass diese Leute ihn zuerst zu verletzen versuchten. Was er ihnen antat, war so viel finaler und er fühlte sich schrecklich schuldig deswegen. Er wusste wirklich, wirklich nicht wie er damit umgehen sollte. Das Einzige, was er konnte, war verzweifelt zu versuchen Geister auf die sanftest mögliche Weise wegzuschicken.
Aber auch das funktionierte nicht so wirklich gut. Er tat sein Bestes und das war für Jana und Marie sehr deutlich fühlbar. Also entschieden die beiden sich nach einer Weile dazu, jedes mal, wenn die Situation ein Zerstören des Ankers erforderte, einfach aufzugeben. Vor allem für Jana eine schwere Entscheidung, aber Marie konnte sie immer davon abhalten unüberlegt zu handeln und damit ihrem sensitiven Freund mehr Schuldgefühle zu verpassen. Diese Atmosphäre von Schuld und unterdrückten Worten gefiel ihr nicht. Sie erinnerte sie an Jakob. Also war ihre Freude ihren anderen Bruder zu sehen weitaus größer, als normalerweise. Sofort stand sie neben ihrem besten Freund und versuchte ein Gespräch mit ihm anzufangen. Marie währenddessen blieb neben Jack stehen und klopfte ihm leicht mitleidig auf die Schulter. „Keine Sorge. Wir haben es jetzt geschafft." Er sah zu Marie nach unten und versuchte sich selbst an einem kleinen Lächeln. „He, wenigstens das." Sagte er leise und kratzte sich am Arm. „Du hast mich vorhin echt gerettet." Fügte Marie hinzu und schaute währenddessen lächelnd zu Jana, die gerade neben Alister stand und Gesten mit ihren Armen machte, als würde sie versuchen vom Boden abzuheben. „Oh... wirklich?" Fragte Jack und sah aufmerksam zu Marie. „Aber ja doch. Ich wäre ohne deine giga Schlingpflanze sicher von diesem Dach gefallen. Also ja danke, Jack." Marie lächelte ihm jetzt auch zu und er erwiderte das Lächeln. „Kein Problem!" Gab er zurück und schaute dann zu Alex, dessen Arm gerade von einem kritisch dreinblickenden Mariano begutachtet wurde.
Der Junge hatte es hinbekommen sich mit seiner eigenen Kraft den Arm anzubrechen. Er hatte die von einem Poltergeist ausgelöste Bewegung mit seiner eigenen Fähigkeit gekontert. Zu seinem Nachteil war es so gekommen, dass der Geist sein eigenes Ziehen an einem Schrank aufgegeben hatte, als Alex einsetzbare Fähigkeiten gerade an ihr Maximum stießen. Der Schrank hatte Alex zum Glück nur am Arm getroffen, da Mariano ihn rechtzeitig zur Seite gerissen hatte. Jetzt warteten sie auf die einzige Person, die tatsächlich effektiv was dagegen machen konnte. Alex Gesicht war angespannt, aber er hielt es irgendwie mit zusammengebissenen Zähnen aus. Und endlich, ein paar Minuten kamen die drei restlichen Mitglieder ihrer Gruppe in den Park. „Daniel! Komm bitte her. Jemand braucht dein heilendes Händchen!" Rief Mariano seinen Neffen zu sich und wies auf Alex, der seinen Schmerz nur schwerlich aushalten konnte. Hätte man genau hingesehen, hätte man die unzähligen Kieselsteine bemerkt, die immer, wenn der Schmerz erneut durch ihn hindurch schoss, ein paar Zentimeter in die Luft schwebten. Je schlimmer der Schmerz, desto höher das Schweben. Daniel kam schnell bei dem blonden Jungen an und legte vorsichtig seine Hand auf Alex Arm, der daraufhin zusammenzuckte und den Kopf zur Seite drehte. Aber da war kein schmerzerfülltes Geräusch. Alex hielt seinen Schmerz schweigend aus. Was ihm ein bewunderndes Augenleuchten seitens Daniel einbrachte.
Aber dann zog dieser, seine Augenbrauen zusammen und schaut zu Mariano. „Warum hast du ihn nicht betäubt? Dann müsste er jetzt nicht leiden." Fragte er vorwurfsvoll, als hätte Mariano seine Kräfte aus Unüberlegtheit nicht angewandt. Und der große Mann tat auch nichts, um diesen Vorwurf zu berichtigen. Er wollte Alex für sich selbst sprechen lassen. Er wusste, dass der Junge stark genug dafür war. „Ich habe ihn speziell darum gebeten, Daniel. Genau in dem Moment, in dem er es mir angeboten hat." Sagte Alex selber und kniff seine Lippen zusammen. Daniel formte ein o mit seinen Lippen und dann kehrte seine alte Begeisterung in sein Gesicht ein. „Wow! Du bist ziemlich krass!" Sagte Daniel daraufhin und seine Augen begannen leicht zu funkeln. Alex lächelte ihm gezwungen zu und bekam ein breites Grinsen von Daniel. „Und ich muss deinen Arm jetzt nochmal anfassen." Und dann fasste Daniel seinen Arm an. Alex zuckte, die Hand auf seinem Arm war erschreckend warm. Er fühlte die Hitze sogar durch das Shirt. Es war das genaue Gegenteil von Mariano, seltsamer Weise, da der große Mann sich einfach nur kalt anfühlte. Scheinbar gab es in dieser Familie nur das eine oder das andere Extrem. Apropos Gegenteile, wo Mariano die ganze Zeit so ruhig gewirkt hatte, als würde er täglich mit Verletzungen der Bruchweise zu tun haben, war Daniel ausgesprochen aufgeregt. War er nicht der Heiler der beiden? Nun ja. Alter wahrscheinlich. Aber trotzdem, wenn die Person, die in der Basis dein Arzt war, sich nervöser fühlte als du, dann war das auf keinen Fall beruhigend. Auf gar keinen Fall.
Bitte irgendjemand, der wenigstens halbwegs so aussah, als würde er oder sie irgendeine Ahnung haben. Plötzlich schluckte Daniel und sah sich um. „Ich kann nur Fasern und Zellen wieder aneinanderbinden, meine Kräfte helfen nur bedingt beim richten aber... Die Sachen müssen schon halbwegs am richtigen Platz sein, sonst ist die Bewegung am Ende eingeschränkt," diese Worte waren noch leise, mehr an sich selbst als an jemand anderen gerichtet. Dann hob der Teenager seine Stimme und drehte sich herum. „Hey! Wer von euch hat medizinische Ahnung? Ich brauch nämlich jemanden, der mir beim Untersuchen hilft." Diesmal brauchte es nur einen Blick von Shani, damit Vicky vortrat und sich zu den drei Männern bei der Bank begab. Daniel rückte zur Seite und ließ Vicky einen Blick auf Alex Arm werfen. „Okay... sicher, dass wir das so einfach machen können? Ich glaub nämlich sowas kann ernsthaft schief gehen, wenn mans nicht richtig macht." Daniel nickte konzentriert und sah dann zu Alex, der krampfhaft in die Leere blickte. „Du hättest normalerweise absolut recht, Vicky. Aber okay... uh. Meine Kräfte lassen Sachen zusammenwachsen und an ihren rechten Platz zurückschnappen, wenn sie noch halbwegs am rechten Platz sind. Die hm, die metaphorische Gitarrensaite muss an einem Ende noch verknüpft sein, dann wird meine Kraft die andere automatisch an ihren rechten Platz führen." Vicky nickte knapp und wandte sich wieder an Alex, um ihm Fragen über seinen Arm zu stellen.
Daniel sah Vicky die ganze Zeit dabei zu und lächelte vor sich hin. Sie wirkte so selbstbestimmt dabei und dabei half sie auch noch jemandem. Das war so cool! Sie war so cool. Als sie Alex Unterarm dann sachte auch noch abgetastet hatte, nickte sie Daniel leicht zu. „Deine metaphorische Saite scheint nicht mal wirklich verbogen zu sein. Ich werd seinen Arm für dich nur stabil halten, in Ordnung?" Fragte Vicky und Daniel warf ihr daraufhin ein breites Grinsen zu. „Klingt großartig!" Sagte er und legte seine Fingerspitzen dann so zart wie möglich an Alex Arm. Der das, wenn man vorsichtig genug war, nicht einmal wirklich fühlte. Dann atmete Daniel ein, dann aus. Mit seinem Atmen schalteten sich seine Kräfte an und Alex Knochen fing sofort an die kleinen Risse zu schließen. Alexander biss sich auf die Unterlippe, aber er würde kein Geräusch machen. Es war nur Schmerz, er könnte den Schmerz aushalten. Der Schmerz ist bald vorbei. Der Schmerz in seinem Kopf wurde durchschnitten von dem Fakt, dass Daniel nicht so subtil, wie er es sich vorstellte, versuchte mit Vicky zu flirten. Viel Glück Daniel. Mental drückte Alex ihm die Daumen. Wir können leider nicht alle so mutig sein wie du. „Machst du so was öfter? Du bist nämlich ziemlich gut." Fragte Daniel und lächelte in Vickys Richtung, die daraufhin ein bisschen rot wurde und ihren Kopf zur Seite drehte. „Ach naja, ich hab mal mit meinem Vater einen Ersthilfe Kurs belegt... mehrere um ehrlich zu sein." Sagte Vicky mit einem leichten Kichern. „Huh, das erklärt es. Ich dachte wirklich, du würdest vielleicht bei einem Arzt oder so mithelfen." „Huh," Vickys braune Haare fielen ihr ins Gesicht und sie senkte mit kräftig geröteten Wangen den Kopf.
„Ich bin nicht Mutter Theresa, Daniel." Sagte sie leise und stieß dann einen kleinen Schwall Luft aus. „Aber genau so engelsgleich." Sagte Daniel mit einem breiten Grinsen und eigenen roten Wangen. Alex presste seine Lippen aufeinander und blickte Richtung Himmel, während Mariano den Drang kontrollieren musste, sich nicht vor die Stirn zu schlagen. Zum Glück hatte niemand sonst diesen kleinen Austausch gehört, sonst hätte mindestens Jana den jungen Mann sehr hart ausgelacht. Vicky erwiderte daraufhin nichts. Sie hielt Alex' Arm nur still und hoffte, dass ihre Haare ihr Gesicht komplett verbergen würden. Das war wirklich nicht die beste Zeit hierfür. Aber sie wusste, dass sie nicht die ganze Zeit still bleiben konnte. Irgendein Thema, irgendein Thema... Aber sie hatte Glück. Daniel löste seine Finger von Alexanders Arm und lächelte ihn dann an. „So. Nicht zu sehr benutzen. Spätestens morgen früh sollte er wieder ganz einsetzbar sein." Alex lächelte Daniel zu und erhob sich dann. „Huh, dir fehlen also noch zwei Gliedmaßen zum Anknacksen. Hoffentlich heilt der hier besser aus als der Letzte." Alex sah überrascht auf, nur um zu bemerken, wer das gerade gesagt hatte. Es war Alister, der ihn gerade über den Platz angrinste. Alex Wangen flammten rot auf und er kratzte sich mit einem nervösen Kichern am Hinterkopf. Alister bemerkte das zwar nicht, aber um das Risiko nochmal zu verringern, fing Alex an zu reden.
„Huh, ich hätte nicht gedacht, dass du dir das gemerkt hast." „Tja, du solltest deine Feinde kennen, nicht?" Fragte Alister, woraufhin Alex eine Augenbraue in die Höhe zog. „Für genau drei Sekunden dachte ich, dass du dich tatsächlich um irgendjemanden sorgst." Der blonde junge Mann warf sich seine Haare über die Schulter und verschränkte seine Arme vor der Brust. Die beiden sahen sich ein paar Sekunden an, bis Alister sich grinsend zu Jana und inzwischen auch Shani umdrehte. Shani zuckte mitleidig die Schultern, aber wandte sich dann auch an die beiden kleineren Teenager. Für ein paar Sekunden wusste Alexander nicht wohin er gehen sollte. Aber dann winkte Jack ihm grinsend zu und mit einem leichten Lächeln lief Alex zu ihm und Marie hin. Jack wirkte ein bisschen erschöpfter als normalerweise aber er sah immer noch okay aus. Marie sah ebenfalls okay aus. Zum Glück war wohl keinem anderen etwas Übles passiert. Aber trotzdem wirkte jede einzelne Person erschöpft. Selbst Mariano sah nicht unbedingt aus, als würde er am Höhepunkt seiner Kraft stehen. „Hey, Lexi!" Jack legte mit einem freundlichen Lächeln einen Arm um seine Schultern. Aber sein Lächeln wirkte ein bisschen zu hölzern, um echt zu sein. „Alles okay, Jack?" Fragte der junge Mann und schaute zu dem anderen auf. „Ich glaube ich sollte das lieber dich fragen, du hast dir doch so blöd wehgetan." Daraufhin wuschelte Jack seine Haare, was Alex Sorgen ein bisschen leichter machen. Trotzdem war Jack wirklich nicht ganz okay.
„Okay, okay. Shani hat gewonnen." Jana hob beide Hände. „Ich gebe auf. Wie bitte schön habt ihr das geschafft?" Fragte das junge Mädchen und aus Irritation wurde Amüsement. „Bitte, beantworte uns die Frage. Wir hatten die Person, die tatsächliche Ahnung hatte. Und ihr habt trotzdem mehr geschafft als wir." Fügte Alister hinzu und legte seine Hände aneinander. „Eh, danke." Shani zuckte mit den Schultern und harkte ihre Daumen in ihre Hosentaschen. „Ich habe keine Erklärung. Ich habe mich mit einer Lampenionkette angefreundet und die hat dann einen Schrottplatz sauber gemacht." Jana blinzelte, Alister sah sie verwirrt an. „Ich kann nicht glauben, dass die vernünftigste Person, die ich kenne, Das gesagt hat." Gab Alister mit einem leichten Kichern von sich. „Ich kanns auch nicht glauben." Erwiderte Shani und lächelte den beiden müde zu. „Du bist auch erschöpft, oder?" Alisters Frage kam plötzlich und sein Ton hatte sich so plötzlich gewendet, wie eine Karte im Hurrikan. Plötzlich genug, um Shani zu überraschen. „Ja, sehr sogar." Antwortete sie leise und strich sich eine Strähne aus der Stirn. „Ich auch." Alister senkte den Kopf. „Warum seid ihr alle so down?" Fragte Jana plötzlich und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Die beiden Lockenköpfe sahen zu ihr, die weitaus angespannter aussah, als es ihnen lieb war. „Wir haben was total schweres geschafft! Wir sollten stolz auf uns sein." Nuschelte sie, aber klang dabei viel zu unsicher, auch wenn sie das Gegenteil versuchte. Alister legte eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht. „Ich habe auch erwartet, dass ich mich besser fühlen würde." Shani nickte. „Ich auch." Jana seufzte und nickte dann. „Ja, es fühlt sich nicht richtig an."
Shani blickte zu Mariano hin, der gerade etwas zu notieren schien. „Wir sollten mit ihm reden." Sagte sie plötzlich und kniff ihre Augen zusammen. „Ich will wissen, woher er diesen Plan hat." Alister seufzte, nickte dann und blickte in Richtung Mariano. „Du hast recht.Wir sollten definitiv mit ihm reden." Jana nickte auch und klopfte sich die Hose ab. „Jap! Lasst es uns tun." Die drei nickten einander zu, woraufhin sie sich in Richtung des Mannes auf der Bank bewegten. Mariano sah auf zu den drei Jugendlichen und klappte das Buch zu. Seine tief dunklen Augen sahen wieder ins Leere, aber er schien aufmerksam genug zu sein, um mit ihnen zu reden. „Was gibt es?" Fragte er und setzte sich gerade hin. „Deine Art mit Yewfalls Geisterproblem umzugehen funktioniert nicht." Sagte Shani kühl und musterte Mariano, um zu sehen, wie er darauf reagieren würde. Doch er zuckte nur mit den Schultern und nickte dann. „Stimmt. Ich habe mich verkalkuliert." Ruhig lehnte er sich zurück und klickte mit seinen Fingernägeln auf sein Buch. „So einfach?" Fragte Alister. „So," Mariano lehnte sich nach vorne und klatschte seine Handflächen einander. „einfach!" Jetzt war er es, der die Reaktion der drei Kinder betrachten konnte. Und das war etwas, was Jana bemerkte. Also bevor die beiden Leute, die tatsächlich nachdachten, nachdenken konnten, schnitt sie ein. „Okay gut, warum dachtest du, dass dein Plan funktionieren würde?" Fragte sie und erwartete jetzt eine weniger schnell kommende Antwort.
„Weil er in anderen Städten funktioniert hat. Die Standardroutine hat nicht funktioniert. Für diese Stadt braucht man einen komplett anderen Plan." Gab er zurück und lächelte freundlich. Er schien kein Problem damit zu haben, dass er falsch lag. Er erwartete eher mehr Fragen dazu. „Warum findest du, dass dieser Umgang mit Geistern okay ist?" Die Frage kam jetzt erneut aus Jana herausgeschossen. „Ebenfalls Erfahrung würde ich sagen. Ob ihr es mir glaubt oder nicht, aber ich habe den tatsächlichen Vorgang mit einem Geist zusammen ausgearbeitet." „Aha, wie heißt der Geist?" „Schwer zu sagen." Gab der große Mann bloß auf Shanis Frage zurück, die daraufhin mit den Augen rollte. „Um ehrlich zu sein, ich glaube dir nicht. Ich glaube du lügst." Mariano nickte langsam. „Gut so. Du hast keinen Grund etwas anderes zu vermuten. Mir ohne irgendeinen Beweis zu glauben, wäre töricht." Warum blieb er so ruhig?! Die drei Teenager sahen einander kurz irritiert an und Jana verschränkte dann ihre Arme vor der Brust. „Wir wollen so was nicht nochmal machen." Sagte Alister plötzlich. „Es hat nichts gebracht, wir sind alle durch und..." Alister senkte den Kopf drehte den Kopf zur Seite. „Das tut mir wirklich leid, Alister. Ich hatte wirklich gedacht, dass es funktionieren würde." Jetzt war die erste tatsächliche Emotion in seinem Ton zu hören.
Es war Mitleid. „Man muss hier tatsächlich anders vorgehen. Ich werde so etwas, hier, nie wieder vorschlagen. Man braucht andere Wege." Jetzt schien er wieder mit sich selbst zu reden. „Wie gehen wir jetzt hiermit um?" Fragte Shani und war schneller in den Planmodus gewechselt, als die anderen zwei. Mariano nickte leicht. „Nun, wie soll ich sagen. Ich glaube tatsächlich, dass wir mehr Zeit brauchen, um herauszufinden, was mit dieser Stadt nicht stimmt." „Also keine gezielten, großflächigen Einsätze mehr, korrekt?" „Korrekt." Gab Mariano auf Shanis Frage zurück und fuhr sich dann mit den Händen durchs Gesicht. „Ich würde sagen, dass wir auch an sich getrennt voneinander arbeiten und nur bei tatsächlichen Notfällen, in dieser Gruppe zusammen gegen Geister vorgehen." Sagte der Mann, seine Finger auf den Rücken seiner linken Hand trommelnd. „Gute Idee. Trotzdem ein Informationen-Austausch?" „Natürlich. Herauszufinden, was nicht stimmt ,wäre ziemlich schwer, wenn man jeden Hinweis zweimal auftreiben muss. Aber hier, ihr müsst das nicht umsetzen, aber ein Tipp. Versucht euch nur mit Geistern anzulegen, die ihr einschätzen könnt." Er kratzte sich im Nacken und bedachte die drei mit einem tatsächlich besorgtem Blick. „Wird gemacht, Mister Iano!" Sagte Alister schnell und nickte heftig, erleichter, dass er sich doch nicht mit dem coolen Erwachsenen streiten musste. „Gut."
Mariano erhob sich, schneller als erwartet. „Ich glaub meine Arbeit ist getan. Ihr wisst wie ihr mich erreichen könnt, oder?" Die drei nickten ihm schnell zu. Der große Mann blickte dann kurz zu Daniel. „Du weißt wie du heimkommst?" Daniel nickte schnell. „Gut, euch sieben dann einen guten Nachmittag oder... Abend noch." Damit verließ der Dämon den Park und ließ acht Jugendliche zurück. „So das ist jetzt wohl geklärt." Shani zuckte mit den Schultern und ging dann zu der Gruppe, in der ihr Freund mit Alexander und Marie redete. Daniel war immer noch mit Vicky in ein Gespräch vertieft. Also blieben nur noch Alister und Jana, wobei Letztere ersterem direkt auf die Schulter boxte. „Ich weiß, dass ihr ohne den Mann mit dem Plan weniger Geister geschafft hätten als wir." „Sag das, wenn du es brauchst, um dich besser zu fühlen." Damit boxte Alister auch ihre Schulter. „Ich fühle mich großartig, vielen Dank." Ein Boxschlag auf Alister Schulter. „Ich mich auch. Vor allem, weil ich mehr Geister wegbekommen habe als du." Ein Schlag auf Janas Schulter. „Angeber." Alisters Schulter. „Schweig still, Ikarus." Janas Schulter. Danach gingen sie dazu über, einander anzugrinsen und sich auf die Schultern zu schlagen, ohne irgendwas zu sagen. Beide waren ausgesprochen stolz auf sich. Es war Normalität, die die Energie der beiden wieder aufzuladen begann.
Nach einer Weile begann sich der Himmel rot zu färben, die Nacht brach an und Marie fiel etwas ein. „Hey Leute, ich habe eine Idee." Sieben Augenpaare auf dem blonden Mädchen. „Hier in der Nähe ist ein leeres Haus, was meinem Vater gehört. Das hat ein tolles Dach. Wollen wir da hin gehen? Es sieht nach einem guten Sonnenuntergang aus heute..." Normalerweise redete Marie nicht gerne, über die Besitztümer ihrer Familie, aber sie hatte das Gefühl, dass sie an diesem Tag eine Ausnahme machen wollte. Sie wollte den anderen dieser Gruppe, ihren Freunden vielleicht, ein bisschen Schönheit zum Ende des Tages zeigen. Und das wäre nicht möglich gewesen, ohne zu zeigen, warum sie einfach auf ein Dach gehen konnten. Also hoffte sie auf keine Fragen, zumindest auf keine dieser Art. „Sicher doch." Sagte Jana und lächelte ihre Freundin an. „Ich würds auch toll finden." „Ich auch." Die anderen stimmten ebenfalls zu, bis Daniel an der Reihe war. Für eine Sekunde sah er aus, als würde er zustimmen wollen, dann sah er aber zur Seite. „Wollt ihr mich denn dabei haben?" Fragte er etwas unsicher und blickte nervös in die Runde. „Sicher doch Daniel! Du warst heute doch genau so dabei wie wir." Sagte Jack grinsend und Daniel blickte ihn kurz überrascht an. Jana trat dann auch nach vorne und lehnte sich an Maries Schulter. „Natürlich, du bist der Armmann Daniel. Wir wollen den Armmann." Alex kicherte leicht und nickte dann. „Ja klar. Immer schön halbwegs vernünftige Leute dabei zu haben." „Wir ignorieren Alex nicht so unterschwellige Beleidigungen mal und sagen trotzdem ja Daniel. Wir alle mit Ausnahme von Shani und Vicky kennen dich ja noch nicht so gut. Aber zumindest mal ich, würde gerne mehr über dich erfahren. Wir sitzen ja alle im gleichen übernatürlichem Boot, nicht?"
Daniel strich sich bei Alisters freundlichen Worten leicht beschämt eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich stimme Alister zu. Wir sollten Zeit miteinander verbringen." „Ebenfalls zugestimmt!" Lächelnd sah Daniel zu Shani und dann zu Vicky, die ihn ebenfalls anlächelte. „Also das ist dann wohl geklärt." Sagte Marie und blickte auf in den Himmel. „Aber kommt. Ich glaub wir müssen uns beeilen, sonst verpassen wir es noch." Und schon war die Gruppe aus Teenagern auf dem Weg zu dem Haus, in dem niemand wohnte. „Ich wette ich bin vor dir da, Al!" „Du weißt nichtmal, wo wir hinmüssen!" „Dann werden Marie und ich wohl beide schneller sein, als du!" „Niemals, Schwester!" Daniel sah sich lächelnd um und fühlte nahezu wie die Anspannung, die sich in den letzten vier Stunden aufgebaut hatte, langsam von ihm abfiel. Er mochte die Atmosphäre dieser Gruppe. Er mochte auch die Mitglieder, auch wenn er sie alle nicht so gut kannte. All das hier war so ungewöhnlich für ihn, er hätte gerne alle Zeit der Welt, um alles, was ihm noch so neu war, ordentlich kennenzulernen. Er wollte wieder bei Sonnenuntergang durch die Straßen von Yewfalls streichen. Wieder Alisters und Janas Gezanke zuhören. Wieder sehen, wie die Abendsonne sich in Vickys Augen spiegelte. Wieder mit Jack über irgendeine dumme Sache lachen. Wieder in einem Team arbeiten. Wieder die Treppe in dem verlassenen Haus nach oben steigen. Und wieder mit den anderen sieben Teenagern einen Sonnenuntergang erleben.
Es war wirklich eine hübsche Szene. Hundertprozentig besser, als das letzte Dach auf dem sechs von ihnen geendet waren. Es war sogar definitiv hübscher, als das letzte Dach. Man hatte einen guten Blick auf den See von hier oben. Wie geschmolzenes Metall glänzte die Oberfläche und das rote Licht des Sonnenuntergangs beschien auch das Dach, auf dem die acht Teenager saßen. Jana lehnte an Maries Schulter und lächelte vor sich hin, während sie mit ihrem Finger geistesabwesend kleine Kreise auf dem Handrücken ihrer Freundin zeichnete. Auch das größere Mädchen hatte ein Lächeln auf den Lippen, während sie allerdings damit beschäftigt war, durch die Haare ihrer Freundin zu streichen. Alister saß relativ nah an der Kante, seine Schuhe streiften fast die Regenrinne und sein Blick war auf den leuchtenden See gerichtet. Vicky lag ausgestreckt auf dem Dach, ihre langen Haare bedeckten einen großen Teil der Flächen neben ihr. Sie war versunken in Gedanken und war dankbar für die relative Ruhe. Alex saß neben Daniel, seine Linke in der Bauchtasche seines Hoodies. In der Rechten hielt er sein Smartphone, auf das er leicht genervt blickte und mit einem Augenrollen auf Nachrichten antwortete. Daniel währenddessen musterte die ganze Szenerie interessiert und versuchte jedem einzelnen Gruppenmitglied eine vernünftige Rolle zuzuteilen. Bis Alex ihm leicht den Ellenbogen in die Rippen stieß und auf den See deutete, der nahezu malerisch von Bäumen eingerahmt war. „Sind wir nicht deswegen hier?" Fragte er und zog eine Augenbraue nach oben.
„Uh sicher, aber bist du nicht selber die ganze Zeit am Smartphone?" Fragte er und musterte den jungen Mann neben sich aufmerksam, der daraufhin nur gespielt unschuldig seine Augen weitete und mit einer übertriebenen Geste sein Smartphone zur Seite legte. „Doch, doch aber dieser Hinweis von dir zwingt mich jetzt dazu es zur Seite zu legen und dir Aufmerksamkeit zu schenken. Meine Gesprächspartnerin wird das wohl oder übel verstehen müssen, nicht wahr?" Damit legte Alex sich seine Hände in den Schoß und blickte Daniel aufmerksam an. „Du willst nicht mit Telephon-Person reden?" „Hhhm." Gab Alex leicht grinsend zurück „Du hast es erfasst." Daniel lachte leicht auf und sah dann auch auf den See, als Alex seinen Blick dahin richtete. Jack und Shani saßen ganz oben auf dem Dach. Jack hatte beide Arme um Shani und sein Kinn auf ihre Schulter gelegt, während sich die große junge Frau an ihn lehnte. Der junge Mann blickt auf die Untergehende Sonne und mit der Sonne sank auch das schlechte Gefühl, was dieser Tag in ihm zurückgelassen hatte. Er war in Ordnung sicher, aber diese Ordnung wollte einfach nicht ganz in seinen Verstand einkehren. „Jack?" „Hm?" Er sah zu seiner Freundin hin, die ihn ebenfalls anblickte. „Du musst nicht okay sein. Es ist okay nicht okay zu sein." Sagte sie ruhig und lehnte sich dann wieder an ihn. „Heute war anstrengend und voller toter Menschen. Ich weiß man sieht es mir nicht an, aber ich bin auch ein bisschen durch den Wind." Sagte sie und ihr Freund begann daraufhin leicht zu lächeln.
„Danke Shani." Sagte er und drückte sie dann fest an sich und drückte sein Gesicht in ihre Schulter. „Du bist wirklich die Beste." Shani begann daraufhin leicht zu kichern und wuschelte ihrem Freund durch die Haare. „Ach komm schon. Du bist die eine Person, die ich gut genug einschätzen kann, um wirklich helfen zu können. Also werde ich dir doch wohl auch helfen." Sagte sie und strich ihrem Freund kurz durch die Haare. Und dann sahen auch diese beiden auf den See, der seine rote Färbung langsam verlor, während die Stadt sich mit rotem Licht füllte. Jedes Hausdach bekam einen Moment, in dem es rot aufleuchtete. Auf das Rot folgte Dunkelheit, die ebenfalls vom See auszugehen ging. Und in dieser Dunkelheit begann das bereits verstrichene Leben aufzuflammen. Es waren kaum weniger, als zu Beginn des Tages. Sie wandelten durch Straßen, unsichtbare Lichter. Wie jede Nacht erhob sich die graue Macht, der Zaunkönig. Der Wandler zwischen Geistern und Menschen, dutzende Augen hefteten sich an den Rücken dieses Mannes aber niemand konnte die ganze Macht dieser Gestalt erfassen. Auch die siebte der Wächter war wach zu dieser Stunde. Ihre Hände auf den niedrigen Tisch gestützt. Funken sprangen von einem ihrer Finger zum nächsten und sie sah nach draußen in die Nacht. Sie sah bunte Lichter vor ihrem Fenster. Aber ihre Vernunft hielt sie davon ab, in die Dunkelheit zu ihnen hinauszutreten. Mariano währenddessen saß in einem Kreis auf dem Boden des Hotelzimmers. Auf seiner Wange leuchtete das Symbol seines Paktes vor ihm leuchtete die Gestalt, die Teufel genannt wird. Ihr Gespräch so leise, dass man es nicht hören würde, wenn man nicht Part davon war.
Aber die acht Jugendlichen auf dem Dach wussten nichts davon. Für sie war die Welt in Ordnung. Verwirrend, anstrengend, schwer und manchmal auch angsteinflößend. Aber nunja, machbar. Sie waren sich sicher, dass sie es schaffen würden. Sie waren sich sicher, dass sie Yewfalls überstehen könnten. Sie saßen lange in dieser Nacht. Verbundener, als zu Beginn des Tages. Sie, die entschlossen waren diese Stadt zu beschützen.
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Wortcount: 17517 Geschrieben vom: 9.5.21 Bis zum: 2.6.21 Letzte Korrekturlesung: 4.6.21
So! Seiet gegrüßt ihr im Sudoku siegenden Meersalzbrötchen. Die Wächter bekommen endlich ein, etwas, ruhigeres Kapitel! Yewfalls schreitet in großen Schritten voran und ich habe echt viel Spaß daran meine Figuren wachsen zu sehen. Mal sehen, wie es weitergehen wird!
(Eliza_Shade hat mir natürlich wieder beim Probelesen geholfen)
Nun dann! Auf wiedersehen bis zum nächsten Mal (das wahrscheinlich am Julibeginn sein wird)!
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