
Kapitel 7 - Wissen
„Schau dir dieses wunderbare Bein an Moh. Sieh hin! Ist es nicht umwerfend, verzaubernd und überragend? Wie lange habe ich mir diese kratzigen und rauen, festen und widerständigen Schuppen gewünscht, die mich zu einem Drachen verwandeln? Ich kann mein Glück kaum in Worte fassen und das habe ich einzig dir zu verdanken. Dein Einfall diesen Tempel zum Erklingen zu bringen. Zum Lachen und feiern zu verändern. Auch wenn ich für diese weltlichen Freuden nichts übrig habe, bin ich nun erfüllt von Macht", sagte Elyon und lief voran. Er trat mit seinem mächtigen Bein alles ihm im Weg stehende zu Seite. Teilweise erschütterte er die Luft, als er ganze Bäume entwurzeln konnte. Die Luft vibrierte und er konnte die Schwingungen erfühlen, saugte sie gierig durch die Nase. Er bemerkte nicht wie die Natur vor ihm floh. Die Vögel sofort aus den Bäumen verschwanden, die Nager sich in den tiefsten Winkeln ihrer Höhlen verängstige zusammenkauerten und die Fische selbst gegen den Strom davonschwammen.
„Ich kann nicht verstehen was dich reizt diesen Fluch zu tragen. Ich möchte ihn nicht haben und doch trage ich ihn, ohne nach ihm gefragt zu haben. Ich bin froh dem Drachen meine Träume gegeben zu haben und so sind die Nächte erträglich und frei. Dunkel wie alles an das ich mich erinnere", entgegnete Moh und er beobachte traurig, wie ein bunter Papagei vor Elyon floh.
„Ach du darfst den Segen der Macht nicht so trist sehen Moh! Es ist das Ergebnis des Wissens und langer Arbeit. Es ist eine Belohnung."
„Es ist ein Fluch und eine Bestrafung, weil der Mensch die Nase in Dinge steckt, die ihn nichts angehen."
„Nein, nein! Da liegst du falsch, Kleiner. Du hast nur noch nicht das Potential und die wahrhaftige Schönheit erkannt. Das Wissen ist..."
„Das Wissen birgt den Wahnsinn", vollendete Moh den Gedanken von Elyon. „Wenn du so sehr vom Wunsch nach Wissen und Macht begriffen bist. Dann trete doch den großen Gelehrtenschulen bei und ließ ihre Schriften."
„Du nennst sie Gelehrte. Ich nenne sie Unwissende, denn sie fürchten die wahre Macht des Wissens. Ich war einst in einer dieser ach so schlauen Schulen. Kein Jahr haben sie meinen Wissensdrang stillen können. Kein Semester haben sie mich geduldet."
„Sie haben dich aus der Gelehrtenschule geworfen?", fasste Moh Elyons Punkt zusammen.
„So kann man es formulieren."
„Warum?"
„Sagen wir, weil ich Bücher gelesen habe, die nicht für meine Augen bestimmt waren. Allerdings sind es gerade die verbotenen Schriften voller Okkultismus und Faszination des anderen in denen das Wissen gebündelt ist. Auf den Punkt gebracht und fokussiert steht. Moh ich hatte nie so viel Spaß in den dunklen Nächten, wenn die Uhr die Mitternacht ankündigte, in die verbotenen Bereiche der Bibliotheken zu stolzieren und die Geheimen Schriften im milden Schein des Kerzenlichtes zu studieren. Ich bereue nicht, das Schloss geknackt zu haben oder die Schriften gelesen zu haben, noch bereue ich nicht, in jener Nacht gesehen worden zu sein und die Schrift des Manevis gestohlen zu haben. Und schau hier! Der Drache hat eine Fortsetzung aufbewahrt. Vermutlich bekommen wir damit einen Hinweis auf den nächsten Tempel." Elyon war voller Exstase. Er freute sich gleich die Schrift zu öffnen und seinen Blick auf die fesselnden Worte zu werfen.
Elyon schlug die Schrift auf und sein Gesicht hellte sich auf, als seine Augen über die Seiten huschten. Ein Funkeln in seinen Augen zeigte die tief empfundene Faszination für die verbotenen Worte. Seine Finger zitterten vor Vorfreude, als er die nächste Seite umblätterte, begierig darauf, mehr von den geheimen Inhalten zu erfahren.
„Der Mensch ist besessen, von großer Macht zu erfahren. Sein sterbliches Sein abzulegen und die Welt zu erforschen. Die Gaben zu genießen und den Wunsch zu hegen, möglichst wenig Aufwand zu haben. Doch nie fragt sich der Mensch wer, den Aufwand hat. Ohne zu merken wie schlecht es anderen geht, badet er in seinem Wohl, wohlwissend, dass er bei der Kenntnis überwältigt werde und zerstört werden würde. Ist das Wissen über alles ein Vorteil – denn man kann alles sehen und erkennen. Selbst die Dinge in der Zukunft wären keineswegs überraschend. Oder ist es ein Nachteil? Den man weiß von den Dingen und man weiß, wie unbedeutend die einzelne Stimme gegen das laute Geschrei der Vielen ist. Man weiß über die Qualen und die Ängste und man erweckt, Erkenntnisse die schlummern und Unheil bringen. Als wäre das Wissen eine Insel inmitten des tiefsten und weitesten Ozeanes und mit jedem Meilenstein erhelle man seine Karten, der unzähligen Wellen und Formen. Doch je weiter man danach strebt und so weiter man erkennt, findet man auch jene Monster, die in der Tiefe begierig lauern und auf gierige Menschen warten. Suche die Antwort der Frage in den Böden der Welt. Im Tempel unter der Erde versteckt und getarnt."
Die Schriften des Manevis
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro