Ithilien
Elurín liebte dieses Land.
Auch wenn es im Schatten Mordors lag, so barg Ithilien auch jetzt noch, nachdem der Ruhm von Gondor verblasste, eine anmutige Schönheit.
Die leicht gewellte Landschaft war mit verschiedensten Kräutern übersät.
Anders als im Norden waren hier die ersten Frühlingszeichen schon deutlich zu sehen. Die Bäume und Sträucher hatten bereits Knospen, manche trieben sogar schon aus.
Doch bei all ihrer Schönheit konnte Ithilien weder den Ruin Gondors noch den aufziehenden Krieg verbergen. Die Straße, die sich durch das Land wand, war ungepflegt, Ruinen von Statuen oder anderen steinernen Bauten lagen immer wieder im Gras verstreut.
Und auch die Wolken über Mordor, die morgens nur vereinzelte Sonnenstrahlen durchließen, trübten den Frieden des Landes. Dennoch- es war eine angenehme Abwechslung zu den Einöden um die Emyn Muil.
Elurín hockte hinter einem überwuchertem Felsblock und betrachtete die beiden Hobbits. Sie rasteten. Gollum war nirgends zu sehen, aber das störte Elurín nicht weiter. Er hatte das Duell mitangesehen, das Gollum mit sich selbst gefochten hatte.
Es war ein schauriger Anblick gewesen.
Gollum gegen Smeagol
Der Ring gegen die ursprüngliche Kreatur .
Der Elb hatte ihm zugehört, den Bogen im Anschlag, und hatte die ganze Zeit zwischen Anspannung und Entspannung hin und her gewechselt.
Er traute Smèagol nicht, doch seit er den Einfluss des Rings zumindest teilweise abgeschüttelt hatte, konnte Elurín wenigstens ruhig schlafen, ohne fürchten zu müssen, die Hobbits tot vorzufinden.
Oder selbst mit zwei Händen um den Hals aufzuwachen.
Denn irgendwie hatte er das seltsame Gefühl, dass Gollum genau wusste, dass sie beobachtet wurden. Und Frodo schien etwas zu ahnen. Aber vielleicht machte ihn auch der Ring so misstrauisch, da er alle paar Meter über die Schulter sah.
Doch wie dem auch sei, entdeckt hatten sie ihn nicht. Und wenn seine Fähigkeiten ihn nicht vollständig im
Sitich ließen, würde dass auch so bleiben. Er war immer ein Schatten gewesen. Und, so dachte er seufzend, er würde vermutlich auch immer einer bleiben.
Eluréd und er waren schon zu lange allein durch die Welt gewandert, waren die Ursache zu vieler myseriöser Überfälle- natürlich nur auf Orks- um sich jetzt einfach so wieder einzugliedern.
Nein. Es gab zu viele Gerüchte über die beiden unsichtbaren Schützen.
Sie hatten nie Unschuldige getötet,
Hatten sich nie gezeigt-
Und hatten noch nie ihr Ziel verfehlt.
Das erzählte man sich.
Was würde man denken, wenn sich herausstellte, dass sie zwei verschollene Prinzen waren?
Elurín schüttelte den Kopf.
Solche Gedankenspiele waren sinnlos.
Sie lenkten nur ab.
Als Gollum zurückkehrte, hörte Elurín ihn zuerst, bevor er ihn sah. Die Kreatur kam auf Frodo zu und warf dem dösenden Halbling zwei junge Kaninchen vor die Füße. Er mutete eher wie ein Hund an.
Sam, der misstrauisch zugesehen hatte, entriss Gollum die beiden Tiere und begann, einen Eintopf daraus zu kochen- was mit heftigem Protest seitens Gollum einherging.
Elurín sah ihnen kurz zu, doch dann hörte er etwas, das ihn sofort alamierte: das schwache Geräusch vieler Füße. Die Laute einer Armee. Der Elb verließ die Hobbits ihrem Essen und lief auf das Geräusch zu.
Was er hinter der nächsten Hügelkuppe sah, ließ ihm den Atem anhalten: es waren Haradrim. Ein gutes Hundert. Er fluchte. Leise ging er in dem nächstgelegenen dichten Buschwerk in Deckung und sah dem Zug zu. Kurz streiften seine Finger den Bogen, doch diese Idee verwarf er.
Es waren einfach zu viele.
Und sie waren Richtung Mordor unterwegs. Sie würden seine Armeen verstärken. Armeen, die jetzt schon zu zahlreich waren, um ihnen siegessicher entgegentreten zu können.
Elurín wollte sich abwenden, da die Armee keine Gefahr für die Hobbits darstellte. Das Feuer, das sie zum Kochen verwendeten, rauchte nicht, und ihre Späher würden sich nicht in dieses Eck des Landes wagen. Der Weg vor ihnen war wichtiger.
Aber gerade, als er gehen wollte, hörte er leise Schritte. Er drehte sich und spannte die Beinmuskeln an, um einen etwaigen Späher aus dem Hinterhalt heraus anzugreifen. Der Griff seines Messer lag kalt in seiner Hand.
Doch es war kein Haradrim, der unter den Sträuchern hervorkroch. Nein, es waren die Hobbits!
Dämliche Idioten...
Elurín konnte sie nicht anders bezeichnen. Sie beobachteten genauso wie er den vorbeiziehenden Trupp. Und bestaunten die Olifanten, die die Menschen mit sich führten.
Aber plötzlich veränderte sich etwas. Die geschlossene Formation der Haradrim brach auf, Menschen stürzten von ihren Reittieren. Pfeile ragten ihnen aus der Brust.
Elurín suchte das Buschwerk nach den Schützen ab. Mit ihren grünen Kapuzenumhängen hätte er sie beinahe nicht gesehen. Aber jetzt, wo er ihrer gewahr geworden war, erkannte er sie als Soldaten Gondors. Sie besiegten die Haradrim innerhalb von Minuten. Für die Hobbits wurde es erst dann kurz gefährlich, als ein Führerloser Olifant haarscharf an ihnen vorbeitaumelte.
In diesem Moment packte Frodo Sam am Arm und zog ihn von dem Geschehen weg- direkt in die Arme eines Gondoraners.
Elurín rührte sich nicht. Durch den Lärm der Schlacht hatte er sie unmöglich hören können. Aber versteckt ,wie er war , hatten sie ihn auch nicht gesehen.
Ein großer Mann,der Boromir zum Verwechseln ähnlich sah,- Elurín hatte schon von Faramir gehört, aber ihn noch nie gesehen- betrachtete die Hobbits, die seine Männer festhielten. "Bindet ihnen die Hände." Sagte er nur, dann wandte er sich um und ging seinen Männern vorraus. Die Hobbits trieben sie in ihrer Mitte vorwärts.
Kaum waren sie außer Sichtweite, lief Elurín hinterher. Diese Wendung der Ereignisse war gelinde gesagt ungünstig. Wenn die Menschen den Ring bei Frodo fanden...
Sie würden ihn benutzen.
Sie würden eine Katastrophe herbeiführen.
Er folgte ihnen bis zu einem Wasserfall, der an einer Felswand hinabdonnerte. Durch einen geheimen Durchgang gelangten Faramir und seine Leute mit ihren Geiseln ins Innere der Felswand. Soweit Elurín wusste, befand sich dort ein großes Lager.
Leise fluchend hielt Elurín inne. Er konnte dort nicht hinein. Es war zu gut bewacht.
Nun sehr vorsichtig schlich er im Schutz der Büsche und der untergehenden Sonne auf den Stein zu.
Er musste überlegen, wie er die Hobbits da rausholen konnte.
Doch noch während er nachdachte, kam ihm ein anderer Gedanke:
Wo war Gollum?
Der schleimige Kerl hatte sich bestimmt irgendwo verkrochen.
Die Sonne versank endgültig und endlich senkte sich Dunkelheit über das Land. Und während Faramir drinnen mit den Hobbits sprach dann entließ, schon ahnend, was sie mit sich führten, hockte der Elb vor der Höhle und zerbrach sich den Kopf.
Plötzlich hörte er ein Platschen. Dann Gegröle.
Gollum.
Elurín fluchte.
Eine schlechtere Zeit hatte er sich auch nicht mehr aussuchen können.
Er sah zum Wasserfall hinauf und erblickte zu seinem Entsetzen eine Reihe von Bogenschützen. Und dazwischen: Faramir mit Frodo.
Sie sprachen mit einander.
Dann ging Frodo plötzlich nach unten.
Er ging an Elurín vorbei.
Direkt auf Gollum zu.
Während der Hobbit beruhigend auf das Wesen einredete, überlegte Elurín fieberhaft. Er könnte Frodo packen und mit sich zerren, aber dann müsste er Sam zurücklassen. Außerdem müsste er Frodo bewusstlos schlagen und mit totem Gewicht wäre er langsamer als Waldläufer Faramirs.
Also rührte er sich nicht und beschränkte sich aufs beobachten.
Doch dann packten Faramirs Männer Gollum und zogen ihn mit sich.
Sie hatte ihn.
Auch das war nicht gut.
Denn wenn sie noch nichts vom Ring wussten, dann spätestens jetzt.
Aber er konnte nicht gegen sie alle kämpfen,um die Hobbits und den Ring zu schützen.
Nein, wenn er ihnen helfen wollte, dann anders.
Und er wusste auch schon wie.
Elurín wartete eine Stunde, bis sich die Lage wieder normalisiert hatte, dann band er sich ein Tuch vors Gesicht, sodass man nur noch seine grünen Augen sah, und schlich an der Felswand entlang. Dort patroulierten zwei Wachen.
Der Pfad der zum Wasserfall führte, machte eine scharfe Kurve. An der Biegung trafen sich die Wachen, bevor jede in eine andere Richtung weiterging: eine zum Wasserfall und die andere um die Kurve zum Anfang des Pfades. Bis sie sich wieder trafen, vergingen genau zehn Minuten.
Das war seine Chance.
Leise schlich er auf den Pfad zu und zog sein Messer. Er hatte es an den Unterarm gedrückt, um ein Funkeln zu vermeiden. Im Dunkeln kauernd wartete er auf die Wache.
Sie kam nichts ahnend auf ihn zu, hatte den Bogen im Anschlag.
Aber der Mensch war auf den Amgriff nicht gefasst. Schneller als der Blitz schoss Elurín aus seinem Versteck. Eine Hand presste er dem Mann auf den Mund, die Andere drückte ihm das Messer an den Hals.
"Ganz ruhig. Ich will nur reden. "
Sagte er leise, aber mit einem Tonfall, der eines Versicherte: wenn er jetzt auch nur falsch atmete war er tot.
"Also. Du hörst mir jetzt ganz genau zu. Sag Faramir, dass er die Hobbits gehen lassen muss. Sag ihm, wenn er weiter das anstrebt, was er vorhat, wird er Mordor zum Sieg verhelfen und den vollkommenen Ruin über Gondor bringen. Sag ihm, Isildurs Fluch trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Am Ende wird er sich gegen Euch wenden, auch wenn seine Macht noch so verlockend scheint. Er muss die Hobbits gehen lassen. "
Der Mann war zu langsam, um auch nur zu Zucken, als Elurín das Messer von seinem Hals nahm, es in den Fingern drehte, und es ihm dann gegn die Schläfe donnerte.
Elurín legte ihn auf den Boden, verwischte seine Spuren und verschwand im Wald.
Die andere Wache entdeckte ihren Gefährten ein paar Minuten später und rief sofort Verstärkung herbei.
Doch niemand bemerkte den dunklen Schatten, der in den Ästen hockte und sie beobachtete.
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