Kapitel 15 (3/3)
»Willst du mich mit Nichtbeachtung strafen?«, flötete ich gespielt selbstsicher und schlenderte zu ihm, um seine Hüfte zu greifen, ein wenig näher zu kommen. Seinen Blick einzufangen stellte sich als unmögliches Unterfangen heraus. Immer, wenn ich den Kopf drehte, wandte er sich ab. »Tut mir leid, dass ich nicht zuhören wollte. Was muss ich machen, um in deiner Gunst zu steigen?«
Wieder Schweigen. So langsam fühlte ich mich echt schlecht, wenn er so still blieb. Also wollte ich ihn ein wenig aufmuntern, indem ich ihn küsste. Aber auch da wandte er den Kopf ab. Peinlich berührt nahm ich Abstand und rieb mir über den Nasenknochen, um die Hitze in meinem Gesicht zu unterdrücken. »Entschuldige. Dafür ist gerade wohl nach allem nicht die richtige Zeit. Tut mir leid.«
Ich wollte ihn umrunden, um seinen Beispiel zu folgen und mich zu duschen, aber ich kam nicht weit. Gerade als ich in den Flur treten wollte, hielt mich Killians verzerrte Stimme ab. »Warum denkt ihr immer... ihr könnt alles machen...?«
»Wie bitte?«
Sein Blick hob sich und ich war ganz verwirrt, als die hübschen Augenbrauen sich zusammenzogen. War er etwa so wütend auf mich, weil ich ihn abgewimmelt hatte?
»Seit Jahren wünsche ich mir nur einfach anzukommen, dass mich jemand akzeptiert. So viele Herren haben mich schon abgegeben und nicht behalten wollen .« Ein Schniefen erklang, begleitet von kleinen Tränen in den blauen Augen. »Mir war alles recht. Ich habe immer mein Bestes gegeben. Ich habe immer artig gedient. Ich habe mit ihnen geschlafen, wenn sie es wollten. Ich habe es erduldet, wenn sie mich misshandelten und ich habe das alles getan, weil ich wirklich geglaubt habe, dass es irgendwann reicht.«, brach es plötzlich aus ihm heraus. Ich dafür stand nur völlig perplex da und wusste mir nicht zu helfen. »Wieso reicht mein Körper nicht mehr!?«
Meine Kinnlade klappte runter. Killian wischte sich zittrig über die Augen. Ich wollte einen Schritt zu ihm machen, hielt mich aber davon ab. Was war denn jetzt auf einmal los?
»Hey, ich... hab ich was falsch gemacht?«, fragte ich vorsichtig und traute mich aus meiner Starre, um zu Killian zu gehen. Widerstandslos ließ er sich in in eine sachte Umarmung ziehen. »Was ist passiert? Was meinst du damit?«
Killian
Bei Isaac fühlte ich mich einfach zu sicher. So sicher, dass ich meine Gefühle nicht mehr für mich behalten konnte und einfach herausposaunte, als wüsste ich nicht, was das bedeutete.
Die Umarmung, die mir wohl Trost spenden sollte, brachte nicht mehr als einen schmerzhaften Stich in meinem Inneren. Gerade wollte ich nicht von ihm berühmt oder überhaupt angesehen werden, konnte er das nicht verstehen?
Deshalb wandte ich mich aus seinen Armen und drehte ihm den Rücken zu, in der Hoffnung, nicht zu weit gegangen zu sein. Immerhin war er trotz der ganzen lieben Worte immer noch mein Herr und ich hatte ihn unfreundlich abgewiesen. Das würde er sicherlich nicht auf sich sitzen lassen.
Deswegen zuckte ich auch zusammen, als ich Schritte hörte, in der Erwartung gleich für meine Frechheiten geschlagen zu werden. Doch anstatt Schmerz umhüllte mich ein feiner Windzug, als die Badezimmertür geöffnet wurde und die kalte Luft herzog.
Stöhnend setzte ich mich aufs Bett - eine Sache, die in dem Monat, den ich schon bei Isaac lebte, auf einmal ganz normal geworden war. Ich aß mit ihm an einem Tisch, ich schlief mit ihm in einem Bett und ich schmiegte mich auf der Couch an ihn. Irgendwann hatte ich einfach akzeptiert, dass meine Pechsträhne anscheinend vorbei war.
Aber ich war nichts weiter als ein Sklave, ein Gegenstand mit dem Isaac vor seinen Freunden angeben konnte, der ganz hübsch anzusehen war, wenn er mich mitbrachte. Und für seine Freunde stellte ich ebenfalls einen gewissen Reiz dar, sollten sie mich irgendwie erobern können... nicht?
Ich berührte meine Lippen und strich mit den Daumen über die weiche Haut. Warum hatte er das getan? Terry hatte mich geküsst, ganz gleich ob er betrunken oder sogar unter Drogen gewesen war. Das hatte er aus freiem Willen getan, da war ich mir sicher. Und ich hatte es... gemocht.
Ich riss den Arm herunter und schellte mich selbst. Dennoch konnte es nicht das seltsame Grummeln in meinem Magen unterdrücken, das ich nicht zuzuordnen vermochte. Konnte es etwa sein, dass ich...? Nein. Nein, natürlich nicht. Wenn ich wirklich Gefühle empfand, dann nur für Isaac, meinen Herrn.
Ich vergrub das Gesicht in den Händen, die ich auf meinen Knien abstützte. Und was, wenn ich Isaac gar nicht mochte und mir das nur einbildete, um einen Grund zu haben? Genau das hatte ich ihm ja gerade auch irgendwie an den Kopf geknallt.
Meine andere Herren hatte sowas nie gewollt. Ihnen hatte es immer gereicht, wenn es so aussah, als hätte ich ebenfalls genossen, was wir im Bett trieben, oder dass ich meinen Mund halten konnte. Isaac... Terry... sie waren so anders, als die Freien, denen ich bisher begegnet war.
Mein Körper genügte nicht mehr... Jetzt wollten sie auch noch meine Gefühlte besitzen, meine Seele, mein Herz...
Das einzige, was man sich als Sklave wahren konnte, waren doch die eigenen Emotionen, versteckt hinter einer Fassade, die die Freien gerne sehen wollten. Sie konnten einem nicht nehmen, wer man war und was man dachte.
Aber die beiden schon!
Isaac
»Geht es dir wieder etwas besser?« Ich kam frisch gewaschen und nach Duschschaum duftend ins Schlafzimmer. Aus Gewohnheit sprang Killian auf und hielt sich nur knapp von einer Verbeugung ab - eine der schwersten Angewohnheiten, wie er mir mal erzählt hatte.
»Verzeiht, dass ich so ausfallend geworden bin.«, meinte er monoton und blickte zu seinen nackten Fußspitzen.
Diesmal ließ er sich darauf ein, als er genommen und langsam an meinen größeren Körper gedrückt wurde. »Schon gut. Ich bin die Sache ja auch nicht gerade feinfühlig angegangen.«
Trotzdem beschäftigten mich seine Worte. Mein Kopf raste und wollte sich fragen, ob er das, was er gesagt hatte, auch auf mich bezog. Schlief er also nur mit mir, weil er musste? Spielte er mir die Liebe nur vor, damit ich ihn nicht bestrafte?
Aber als er den Kopf hob und seine wunderschönen blauen Augen, wie die Pinselstriche aus Wasserfarbe, zu mir blickten, war ich mir sicher, dass er einfach etwas fühlen musste.
Meine Hand legte sich an seine Wange und streichelte ihn vorsichtig. Sie glitt weiter nach unten, bis sie am Band hielt, dass sich nass um seinen Hals legte und ihn als mein Besitztum auszeichnete, neben dem Mal. Alles Fragen, die ich zu gerne stellen würde. Stattdessen fragte ich allerdings: »Dieses Band... ich glaube nicht, dass es angemessen ist. Du bist nicht das, was es aussagt. Willst du es nicht abnehmen?«
Seine Augen weiteten sich erschrocken und er wollte nach hinten weichen, hätte ich ihn nicht festgehalten.
»Das war doch nur ein Vorschlag!«, wollte ich ihn beruhigen und ließ meinen Arm um ihn geschlungen, auch wenn er sich wehrte, weil er nicht davonlaufen sollte. »Es muss doch nerven.«
»Damit bin ich aufgewachsen.«, erwiderte Killian. »Es gehört zu mir. Ohne es habe ich Angst.«
»Wovor? Ich bin doch da...« Meine andere Hand fand auch an seinen Hals und suchte heimlich nach dem Verschluss des nassen Bandes. »Wovor hast du Angst, dass du es selbst beim Waschen trägst?«
Erneutes Abweisen. Killian schlug meine Hände beiseite und und brachte etwas Abstand zwischen uns. Dann fuhr er sich über die Gänsehaut bedeckten Arme. »Das... versteht Ihr nicht.«
Ich wollte mich aber nicht abwimmeln lassen. Deshalb trat ich soweit zu ihm, dass ich ihn grade nicht berührte, er aber auch nicht weiter weg konnte, sonst wäre er aufs Bett gefallen. »Dann erkläre es mir, dass ich es verstehe. Diese Angst kommt nicht von ungefähr. Hat sie was mit deinem...«
»Ob sie was mit meinem Rücken zu tun hat?«, unterbrach und ergänzte mich Killian im gleichen Atemzug. Bisher hatte ich mich nicht getraut, ihn darauf anzusprechen. Vielleicht war gerade der richtige Zeitpunkt.
»Wir sind jetzt seit nem Monat zusammen und naja... ich kann mich da nicht so einfühlen, wie es dir wohl geht. Da hab ich wahrscheinlich nicht genug Empathievermögen. Aber meinst du nicht, dass du mir genug vertrauen kannst, um mir die Geschichte dahinter zu erzählen?«
Killian wagte einen winzigen Blick zu mir auf. »Zusammen?«
»Äh, ja?«, kam es verwirrt von mir, doch mein kleiner Sklave schüttelte schnell den Kopf. Stattdessen biss er sich auf die Lippe und setzete sich aufs Bett, wohin ich ihm folgte.
»Was soll ich da schon groß erzählen?«
»Wie wärs mit allem? Lass kein Detail aus.«
Ich wurde mit einem finsteren und zugleich beschämten Blick gestraft. Aber in dem Moment fühlte es sich gut an, weil ich sah, dass Killian sich öffnete. Meine Hand fand nur vorsichtig zu seiner auf der Decke.
»Ich ähm... hab noch nie darüber erzählt. Mit wem auch? Weswegen ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.« Mein Herz setzte einen Sprung aus, als sein Kopf an meiner Schulter lehnte und ich seinen sachten Atem vernahm.
Und dann atmete ich tief ein, schloss die Augen und konzentriere mich, als Killian zu erzählen begann...
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