☀︎ C A L E B - 20 ☀︎
Caleb erwachte in einem Raum, der in sanftes Morgenlicht getaucht war. Er konnte die feinen Strahlen spüren, die durch die Ritzen der Vorhänge drangen und sich wie vergoldete Linien über das Bett und den Holzboden streckten. Irgendwo in der Ferne konnte er das sanfte Wellenrauschen hören. Ein Geräusch, das er inzwischen zutiefst liebte und das ihm ein Gefühl von Frieden und Zuhause gab.
Doch etwas störte die Idylle. Als er seine Hand ausstreckte, erkannte er, dass das Bett neben ihm leer war. Becky, die normalerweise eng an ihn geschmiegt lag, war nicht da. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, während er schnell die Decke zurückschlug und aufsprang. Sein erster Blick galt dem Zimmer, doch von Becky war keine Spur zu sehen.
Mit hastigen Schritten und einem unbehaglichen Gefühl im Magen eilte er die Treppen hinunter, in der Hoffnung, sie irgendwo im Haus zu finden. Er trat in die Küche und das Bild, das sich ihm bot, raubte ihm beinahe den Atem.
Becky tänzelte vor dem Herd herum, als würde sie auf Wolken schweben. Ihre Bewegungen waren so leicht und anmutig, dass sie ihn an eine Elfe erinnerten. Das leise Summen des Radios begleitete ihren Tanz, und er konnte den Duft von frisch gebratenem Speck und Eiern wahrnehmen. Dazu der unverkennbare Geruch von Kaffee, der die Morgenluft durchzog.
Sie trug nicht länger sein übergroßes T-Shirt, das ihr wie ein Schutzschild gedient hatte. Stattdessen war sie in ihrer eigenen Kleidung, die ihre Figur sogar schmeichelhaft betonte. Caleb fühlte einen Stich von Erleichterung und Glück. Es war, als hätte er die alte Becky endlich wieder gefunden, die Frau, die er so schmerzlich vermisst hatte.
"Wie lange willst du mich noch anstarren?", ertönte ihre Stimme, ohne dass sie sich umdrehte.
Er war überrascht. "Woher wusstest du, dass ich hier stehe?"
Ihr Kichern klang wie feine Glöckchen. "Deine Schritte die Treppe hinunter waren nicht gerade elfengleich."
Lächelnd drehte sie sich zu ihm um und Caleb spürte, wie sein Herz einen Takt aussetzte. Ihr Lächeln, ihr Blick – es war, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Die Intensität ihrer Schönheit ließ ihn Schlucken.
Becky schritt langsam auf ihn zu, ihre Augen fest auf ihn gerichtet.
"Was ist hier eigentlich los?", fragte er vorsichtig, als sie vor ihm stand und breit lächelte.
Sie legte sanft ihre Hand auf seine Wange. "Mir geht es einfach ... ein bisschen besser", erklärte sie ihm, ihre Stimme fest und doch zärtlich. "Wirklich." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn liebevoll auf die Wange. "Guten Morgen", wisperte sie leise.
Caleb grinste. "In der Tat ein guter Morgen."
Sie ließ von ihm ab und ging zur Pfanne rüber. "Charlotte kommt gleich. Wir werden zum Strand gehen, uns eine Weile unterhalten."
Er verfolgte ihre Bewegungen, als sie sich über den Herd beugte, und ließ die Information, die sie ihm gerade gegeben hatte, auf sich wirken. Caleb trat näher und stellte sich neben sie. "Du bist sicher, dass du dazu schon bereit bist?"
Sie sah zu ihm hoch, ihre grünen Augen fest entschlossen, doch er konnte eine Spur von Zerbrechlichkeit erkennen. "Ich muss es tun. Für mich. Für uns."
"Für mich musst du gar nichts tun, Kleines!", sagte Caleb fest entschlossen.
Becky nickte zwar, aber kleine Sorgenfalten auf ihrer sonst so glatten Stirn verrieten, dass sie noch nicht ganz überzeugt war.
"Hör zu, ich weiß, es ist nicht einfach für dich", begann Caleb vorsichtig. "Aber ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich dich als Frau respektiere und bewundere. Für alles, was du durchgemacht hast und wie stark du bist."
Becky blickte ihn an, ihre grünen Augen feucht von aufsteigenden Tränen. "Es ist nicht nur das, was geschehen ist. Es ist ... ist die Angst, dich zu verlieren ... weil ich vielleicht nicht bereit bin ... für ..."
Caleb schüttelte streng den Kopf und unterbrach sie. "Hör auf mit dieser Scheiße, Becky! Es geht nicht darum, bereit zu sein oder nicht. Es geht darum, dass wir uns Zeit nehmen. Wir setzen uns keinen Zeitdruck. Wir lassen alles in seinem eigenen Tempo geschehen, okay?"
Becky nickte, befeuchtete ihre Lippen. "Okay ... ja" murmelte sie leise, doch in Calebs Ohren klang es eher nach einem halbherzigen Zugeständnis.
Sie schob eine rebellische Strähne ihres langen, weich gelockten Haares hinter ihr Ohr, ehe sie sich wieder der Pfanne widmete.
Caleb musterte ihr Profil. Ihre perfekte Stupsnase. Ihre langen Wimpern. Verdammt.
"Was?", fragte sie unsicher, als sie ihn mit hochgezogener Braue ansah.
"Nichts", murmelte Caleb. "Ich dachte nur darüber nach, wie schön du bist."
Beckys Wangen färbten sich rot. Dieses Feature war Caleb recht neu. Er hatte intimste Dinge mit ihr angestellt, und sie war nie rot geworden. Doch nun schien selbst das geringste Kompliment genug zu sein, um eine solche Reaktion hervorzurufen.
"Du weißt, wie du einer Frau schmeicheln kannst", sagte sie mit einem neckenden Unterton.
Caleb lachte leise. "Ich meine jedes Wort, das ich sage, das solltest du mittlerweile bemerkt haben."
Becky nahm einen tiefen Atemzug, lächelte und wandte sich wieder ihrer Arbeit am Herd zu, aber Caleb konnte sehen, dass ihre Gedanken woanders waren.
Während Becky die Pfanne mit Eiern hin und her schob, stand auch Caleb für einen Moment still und blickte durch das Fenster. Die sanften Wellen des Ozeans, die schimmernden Sonnenstrahlen, die sich im Wasser brachen, die Ruhe und Frieden dieses Ortes - all das war so weit entfernt von der rasanten, erbarmungslosen Welt New Yorks.
"Du wirst wieder nach New York zurückkehren, stimmt's?", fragte Becky plötzlich, als könnte sie seine Gedanken lesen und als sei dies ihre größte Furcht.
"Ja, das werde ich", antwortete Caleb. "Ich muss mich um Dinge kümmern. Sachen regeln."
"Heute?"
Caleb zuckte mit den Schultern. "Würde sich anbieten. Wenn Charlotte eh über den Mittag kommt. Gegen Abend könnte ich zurück sein."
"Okay." Nervös verlagerte Becky ihr Gewicht. "Wirst du ... ich meine ... wirst du ihn sehen?"
Beckys vorsichtige Frage traf einen Nerv. Die Zeit der letzten Tage, in der sie schlief, hatte Caleb gut genutzt. Er hatte seine Hausaufgaben definitiv gemacht, alles war vorbereitet und es brauchte nur ein kleines Zeichen von Becky, dass er nach New York konnte. Und anscheinend war dieser Moment nun da.
Er nickte. "Wahrscheinlich." Auf jeden Fall, dachte er in Wirklichkeit.
Becky presste ihre Lippen aufeinander, dass sie zu einer graden Linie verschmolzen. Sie wirkte wenig begeistert. "Okay."
"Mach dir keine Gedanken, Kleines."
Becky schien die Änderung in seiner Haltung zu spüren. Sie trat einen Schritt zurück, die leichte Anspannung in ihren Schultern sichtbar. "Aber, ich finde...", begann sie, doch Caleb hob die Hand, um sie zu stoppen.
"Es wird alles gut! Ich verspreche es dir", sagte er fest. "Es gibt aber nun einfach Dinge, die getan werden müssen. Ich bin der CFO einer großen Firma. Ich kann nicht einfach vom Erdboden verschwinden."
"Ich weiß", murmelte sie leise, ehe sie sich wieder der Pfanne zuwandte.
"Wenn du sagst, ich soll bleiben, bleibe ich."
Sie schüttelte prompt den Kopf. "Nein. Nein, ich schaffe das. Und vielleicht ist es eh besser, wenn ich mit Charlotte alleine bin."
Ein paar Momente vergingen. Momente, in denen Caleb Becky beobachtet.
Ein sanftes Lächeln spielte um seine Lippen. Jeder zarte Handgriff, jeder kleine Ausdruck auf ihrem Gesicht verriet ihre Hingabe und Konzentration. Es waren solche kleinen Momente der Normalität, die Caleb realisieren ließen, wie sehr er sein altes Leben hinter sich lassen wollte. Doch ein dunkler Schatten legte sich über seine Gedanken, als er dabei automatisch an Richard dachte. Der Mann, der für Beckys Wunden verantwortlich war.
Das Flackern von Entschlossenheit in Calebs Augen wurde deutlicher. Richard hatte schon zu lange unter der Illusion gelebt, dass er mit allem davonkommen könnte. Doch Caleb würde dafür sorgen, dass dies nicht der Fall war. Richard hatte Becky benutzt, und das war ein Fehler, den er noch bitter bereuen würde.
– ❤︎ –
Caleb lenkte seinen Wagen in die kühle Dunkelheit der Tiefgarage. Das gedämpfte Licht der Neonlampen warf lange Schatten auf den Betonboden. Während er den Motor abstellte und den Zündschlüssel umdrehte, hallte das Echo seiner Gedanken lauter in seinem Kopf wider.
Er hatte Becky zurückgelassen. Ein Stich des Schmerzes zog durch sein Herz, nur bei dem Gedanken daran. Er erinnerte sich an ihre Augen, als er sie verabschiedet hatte. Sie wusste, dass dieser Tag kommen würde, der Tag, an dem er sich dem Leben, das er einst kannte, stellen musste. Die Stadt, die Geschäfte, die Intrigen und vor allem Richard.
Seine Hand umklammerte das Lenkrad fest, so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Richard. Nur der Name ließ bereits einen kalten Zorn in ihm aufsteigen. Die Erinnerungen, die damit verbunden waren, die Schmerzen, die Becky durch diesen Mann erlebt hatte, sie alle kochten in ihm hoch. Und trotzdem wusste er, dass er sich kontrollieren musste. Nichts würde seine Pläne ruinieren, nichts würde ihn von seinem Ziel abbringen. Er musste sich aber gedulden. Er musste kalt und berechnend sein, um alles nach Plan verlaufen zu lassen. Das süße Gift der Rache würde kommen, aber erst dann, wenn er es erlaubte. Jetzt war nicht die Zeit, die Kontrolle zu verlieren. Es war die Zeit zu handeln.
Sein Atem ging tief und kontrolliert.
Entschlossen stieg er aus dem Auto und ließ die eisige Luft der Tiefgarage seine erhitzte Haut kühlen.
Seine Augen, scharf und wachsam, fielen auf ein allzu bekanntes Auto, das auf seinem Parkplatz stand. Richards glänzender, schwarzer Wagen.
Ein Anzeichen dafür, dass alles genau nach Plan lief.
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