Anna von weiter weg.
Ohne jegliche Motivation stieg ich heute aus dem Bett, machte mich fertig und ging zum Frühstück. Es war sogar hell draußen, der Himmel, den man zwischen den Mauern sehen konnte, war blau.
Für heute lautete mein Auftrag, gemeinsam mit Fin den Apfelbaum im Garten zu fällen und das Holz zum Schreiner am anderen Ende der Stadt zu bringen. Der Baum war schon zur Hälfte fort, als ich schonmal einige der Hölzer durch die Stadt trug. Dann kam ich zurück um die nächste Ladung zu holen. Und dann trug ich die nächste Ladung. Und die nächste übernahm Fin. Und so wechselten wir uns ab, bis der Mond schon lange aufgegangen war und noch eine letzte Ladung Holzstücke im Garten auf uns wartete. Fin war bereits drauf und dran sie aufzuheben, als ich ihn aufhielt.
"Lass sie mich tragen.", meinte ich nur, aber er schüttelte den Kopf.
"Zora, bitte, du hast heute viel mehr hinter gebracht, als ich, schau doch deine Arme an!", meinte er und deutete auf die blauen Flecken und Schrammen auf meinen Unterarmen.
"Fin, du hast genauso viele!", motzte ich.
"Tut mir Leid, Zo, aber ich hab dich lieb und du siehst nicht aus, als wärst du fit genu -"
"Ist das dein Ernst, ich bin immer fit genug. Gib mir bitte das Holz.", meinte ich nur und er nickte beträchtlich.
Er legte mir behutsam die Bretter auf die Arme, während es mir immer mehr Leid tat, wie fies ich war. Als er ohne ein Wort nach drinnen gehen wollte, drehte ich mich zu ihm um und rief: "Tut mir Leid, Fin. Ich hab dich lieb." Er lächelte und sagte: "Ich dich auch."
Und so ging ich zum 13. Mal durch die Stadt und freute mich auf dem Rückweg schon verdammt auf den Kartoffelbrei mit Rüben, den Anastasia zaubern würde. Nur diesmal kam mir etwas dazwischen. Ich wollte gerade in unsere Nachbarstraße einbiegen, als das Zischen in dem Busch wiederkam. Heute war ich entschlossen. Und jetzt stand ich da auf der Straße und sah mich um, ob jemand mitbekommen könnte, wie ich mit dem Busch sprach. Als niemand in der Nähe war, drehte ich mich zu der Hecke und rief mit wütender Stimme: "WAS BIST DU? WAS WILLST DU VON MIR?" Und wie immer, wenn ich das tat wurde es wieder ruhig und ich ging gar nicht erst nachsehen, weil immer, wenn ich nachsah, niemand da war. Mein Gesicht verzog sich und mir wurde etwas klar. Ich war tatsächlich verrückt geworden. So wie Onkel Mo, aus Nummer 394 oder Tante Rosa aus Nummer 712.
Ich schüttelte den Kopf und lief weiter, langsamer als vorher. Und da hörte ich auf einmal hinter mir ein schüchternes, leises "Zoraia?".
Die Stimme hatte meinen Namen ganz seltsam ausgesprochen, aber das seltsamste war, ich kannte die Stimme nicht. Ich drehte mich um und dann sah ich dort ein Mädchen stehen. Es war kleiner als ich, gerade mal ein Kind. Ihre Haare waren hellblond und ihre Locken waren doppelt so groß, wie ihr Kopf. Ihre Figur war seltsam. Sie war viel kräftiger und , als ich oder jemand, den ich kannte. Ich sah nur selten jemanden in der Stadt, der wirklich gut zu essen bekam. Sie war allerdings keineswegs dick. Ein wenig zu durchtrainiert für ihr Alter, würde ich behaupten. Und sie hatte riesengroße, blaue Augen.
"Kann ich dir helfen?", fragte ich, obwohl mich andere Fragen viel mehr interessierten.
"Du musst mit mir kommen.", meinte sie und sah mich schüchtern, aber erwartungsvoll an.
"Hör mal, Kleine, ich kann nicht mit dir kommen, ich muss nach Hause.", sagte ich. verständnisvoll und leicht. Mir wollte nicht einfallen, wer dieses Mädchen war, noch nie hatte ich es gesehen. Und ich kannte jeden aus der Stadt, es waren ja täglich die gleichen Gesichter. Sie hatte auch einen ganz ganz seltsamen Akzent in ihrer Stimme.
"Du musst.", war alles was sie sagte.
"Wer bist du denn eigentlich?"
"Was meinst du?"
"Wie heißt du?"
"Ich heiße Anna."
"Und wieso haben wir uns noch nie gesehen?"
"Weil ich am anderen Ende der Stadt wohne."
"Und woher kennst du mich und meinen Namen?"
"Fin hat ihn mir verraten." Ich hielt inne. Wenn sie etwas mit Fin zu tun hatte, dann brauchte ich ihr ja gar nicht zu misstrauen.
"Du kennst Fin? Das hättest du auch gleich sagen können! Wo willst du überhaupt mit mir hin?", fragte ich.
"Ich will dir nur schnell was zeigen.", meinte sie und setzte ihr süßestes Kinder-Lächeln auf. Natürlich konnte ich dem nicht widerstehen und lachte.
"Na gut, also, wenn du dich beeilst..", grinste ich und sie nickte aufgeregt und lief voran in eine ganz andere Richtung.
Wir liefen schon einige Minuten, als ich sie fragte, wann wir da waren.
"Bald, es ist bei mir zuhause.", meinte sie nur und lief munter weiter. Ich dachte mir nichts dabei und folgte ihr weiterhin. Bald waren wir dann schon bei ihr Zuhause angekommen und sie schloss die Tür auf. Schon wurde mir etwas mulmig, denn es schien keiner zuhause zu sein, nur ihre Schuhe standen in der Garderobe.
"Ähm, Anna, wo sind denn deine Eltern?", wollte ich wissen. Ich wurde ein wenig skeptisch.
"Sie sind gerade nicht zuhause, aber sie kommen sicher gleich.", meinte sie mir und bog nach rechts ab um in den Keller zu kommen. Ich zögerte, ich wollte fragen, ob ich gehen konnte, aber ich ließ es. Sie kannte Fin, wieso war ich überhaupt unsicher? Ich lief ebenfalls nach unten in den Keller, wo sie bereits in ein anderes Zimmer gegangen war. Dort war eine weitere Tür, die sie gerade aufsperrte. Ich folgte ihr in den Raum, der eigentlich ganz schön aussah. Aber hier war eine weitere Tür. Und die war kleiner und unscheinbarer. Sie sperrte auch diese auf. Langsam fragte ich mich, was das sollte. Sie ließ mir den Vortritt und ganz vorsichtig näherte ich mich dem Raum. Ich konnte darin nichts sehen, denn es war ganz dunkel und als ich das sah, wollte ich umdrehen und von hier weggehen, denn es war zu dumm, zu gefährlich und zu unvorsichtig, bei diesem fremden Mädchen zu bleiben. Aber als ich mich umdrehte um zu gehen, war sie bereits mit mir eingetreten. Aber diesmal sperrte sie die Tür ab, durch die wir gekommen waren. Und jetzt bekam ich Panik.
"Lass mich hier sofort raus, ich kann dir wehtun!", sagte ich auf einmal mit ganz klarer Stimme. Aber ich wusste nicht einmal, wo sie war, denn es war stockdunkel. Auf einmal wurde es hell und ich erschrak. Anna stand vor mir, mit einer Fackel in der Hand und ich merkte, dass das hier kein normaler Raum war, es war ein Tunnel in der Erde, gerade einmal groß genug für uns beide. Ich sah sie panisch an, aber ich gab mir Mühe, nicht so ängstlich auszusehen.
"Lass mich sofort hier raus, sonst erkämpfe ich mir den Schlüssel!", rief ich.
"Zoraia, jetzt warte bitte kurz. Hör mir zu.", sagte sie und ich schnaufte empört auf.
"Hast du mich gerade in deinem Keller in einer komischen Höhle eingesperrt und erwartest, dass ich dir zuhöre?"
"Ich habe nur zugesperrt, damit du nicht sofort wegrennst, weil ich dir etwas zu sagen habe, was dich erschrecken könnte. Wenn du gehen willst, Sperre ich sofort wieder auf."
"Kennst du Fin?"
"Nein."
"Du hast gelogen."
"Ja, aber ich möchte dir tatsächlich etwas zeigen, dafür musst du aber erst zuhören!", meinte sie nur. Sie zitterte.
"Dann sag mir, was du sagen willst und wage es nicht, mich anzulügen.", meinte ich nur und blieb angespannt und bereit, mich zu verteidigen.
"Ich heiße nicht Anna, ich heiße Elisabeth, aber nenn mich Lisa. Und ich wohne nicht hier. Ich bin geschickt worden, um dich mitzunehmen. Ich will dich an einen tollen Ort führen, an dem du glücklich bist und wo du hingehörst. Mehr kann ich dir nicht sagen." Mein Mund war aufgeklappt und ich war einige Minuten still.
"Wo willst du mit mir hin?"
"Auf die andere Seite der Mauer."
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
OUUUUUH.
Ok.
Wow, also Anna ist Lisa und kommt von der anderen Seite.
Ich hoffe, euch hat das Kapitel überrascht! Da ist viel länger, als die anderen, aber es passiert ja auch viel.
Gefällt es euch? Was sagt ihr dazu?
Bitte gebt mir Resonanz, sagt mir, ob die Überraschung geklappt hat!
Ich hoffe, dass ihr es mögt!
Vielen Dank fürs Lesen!
Bis ganz bald,
Eure Julia!
❤️❤️❤️
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