IV. Zenit
Some Soundtrack: Harry Gregson-Williams - Hassasin Attack aus dem Prince of Persia: The Sands of Time OST
~ ~ ~
Dem ersten Selketien, der vor ihm auftauchte, schoss er in den Hinterkopf. Blut sprühte in alle Richtungen. Der nächste wandte sich um, Solofar erahnte die Überraschung hinter dem Kettenschleier, und rammte ihm das Schwert in die Seite. „Battistari!", rief er, der Gryff drehte ein Ohr in seine Richtung. „Hilf Lannigan, die Einhörner zu töten!"
Battistari breitete die Schwingen aus, der Flügelschlag trieb Solofar den Sand in die Augen. Gezzarro hielt ihm die Flanken frei. Der Gryff schwang sich in den Himmel, nur wenige Meter. Einer der Selketien warf ein Messer nach ihm, und Solofar zog ihm das Rapier über den Rücken. Der Mann wirbelte schmerzerfüllt herum. Solofar schlitzte ihm den Bauch aus, der Mann fiel auf die Knie, seine eigenen Eingeweide in den Händen. Er meinte, den Mann bereits zuvor gesehen zu haben, mit einem Säbel in der Hand, der Gedanke ertrank im Rausch der Klingen. Einige Schritte weiter stürzte Battistari sich auf die Einhörner. Das Heulen der Staubwesen, die Lannigan beschwor, klang wie ein rachsüchtiger Geist.
Solofar blickte den Selketien entgegen, die näher und näher rückten. Schwerter, Speere und Wurfmesser glänzten im Schein des Mondes.
Gezzarro stellte sich neben ihn, ein um Vergebung heischendes Lächeln auf den Lippen. „Werden wir hier sterben, in dieser hässlichen Schlucht am Ende der Welt?" Seine Stimme schwankte vor Angst, sein Fell war blutverschmiert.
Solofar spürte erneut das Grinsen, das Stramger pulsierte in seinen Venen. „Wir sterben nirgends."
„Wo ist Nazare?"
„Tot."
Gezzarro schluckte. „Es tut mir leid, Solofar", sagte er nach einem Moment.
Solofar lächelte dünn.
Gezzarro schwieg, Rapier und Parierdolch fest umklammert. Er schluckte erneut, lauter als zuvor.
Solofar nickte ihm zu. „Es ist ein Duell wie jedes andere. Ein Duell bis zum ersten Blut. Eine Runde."
„Bis auf die Tatsache, dass du stirbst, wenn sie das erste Blut erringen."
Solofar zuckte mit den Schultern. „Ein Duell gegen einen feigen Studenten der Alchemie."
Gezzarro kicherte nervös. Dann straffte er die Schultern. „Am heutigen Tage, ach, bei den Höllen, in der heutigen verfluchten Nacht irgendwann im Sommer, in dieser von den Göttern verlassenen Schlucht, treffen aufeinander: die hohen Herren Solofar Darke, Ritter von Murrim, Student der Alchemie, ein Mann, der euch, ihr Hurensöhne, ein ganzes Jahr lang an der Nase herumgeführt hat, ohne dass ihr es gemerkt habt, sowie Gezzarro di Varia, die Klinge der Gerechtigkeit von Hastator, unfassbar gutaussehend und ohne jede Angst", Gezzarros Stimme hüpfte eine halbe Oktave höher, „auf eine Meute von pockennarbigen Hunden abstammender Einhornficker, mit der einfallslosesten Kleidung, die ich je gesehen habe!"
Nicht seine beste Rede vor einem Kampf. Die, die er als Narrenherold bei meinem Kampf gegen den Offiziersanwärter gehalten hat, war wesentlich besser. Doch er hatte nicht einmal Zeit zu proben, deswegen werde ich nicht allzu streng mit ihm sein. Solofar ließ sein Rapier in der Hand wirbeln. „Kämpft!"
Gemeinsam rückten sie vor, Seite an Seite, wie schon oft in ihrem Leben. Duelle und Straßenkämpfe in Hastator. Die Überfälle der Banditen. Die Piraten im Meer der Sonne. Gezzarro war der Mann, mit dem Solofar am häufigsten gekämpft hatte. Sie kannten jede Finte, jede Parade, jeden Trick, den sie zusammen ausführen konnten.
Die Selketien hielten sich gut. Mehrmals schlug Solofar eine Klinge von Gezzarros ungeschützter Seite weg, und Gezzarro setzte den Selketien zu, wenn sie versuchten, ihre Angriffe auf Solofar zu konzentrieren. Doch keinem von ihnen gelang es, sie zu verletzen.
Schließlich standen sie einem letzten Mann gegenüber, zwei Säbel in den Händen. „Du hast dich besser gehalten, als wir dachten", sagte er, die Stimme klirrte durch den Metallschleier. „Aber das liegt eher an dem verdammten Roten Magier." Solofar hörte die Angst in seiner Stimme, trotz der schrecklichen Todesschreie der Einhörner und den dumpfen Geräuschen von Battistaris Äxten auf den Panzerplatten.
„Thiago Zenit." Solofar lächelte halb. Einer der Hauptmänner. Er fiel unlängst in Ungnade. Dies wird der Auftrag sein, bei der er sich von der Schande reinwaschen soll.
„Solofar Darke." Zenit blickte ihn durch den Schleier an, Solofar sah seine Augen zwischen den Metallteilen schimmern. „Ich habe schon fast gedacht, dass etwas faul mit dir ist. Selbst, wenn es jammerschade ist. Du warst überragend gut in den Studien der Gifte. Selbst die Hohepriesterin hat es bemerkt. Aber bei den Opferungen schienst du immer etwas, nun, abwesend. Nicht wie jemand, dem tatsächlich die Göttin begegnet ist." Er straffte sich. „Denn ihr Glanz überstrahlt uns alle. Sie hätte einen bleibenden Eindruck hinterlassen."
„Auch ich hinterlasse wohl einen bleibenden Eindruck, wenn Ihr mich bei den Gebeten bemerkt habt", parierte Solofar trocken. „Es erfreut mich sehr, das zu hören."
„Keinen positiven."
„Ob nun gut oder schlecht, ein gewisser Ruf ist stets von einem gewissen Nutzen."
„Das ist wahr. Wir müssen es wissen. Wir, die Krieger der Scorpia." Zenit warf sich selbstzufrieden in die Brust.
„Es scheint ein wenig traurig, dass Ihr Euch noch immer auf deine kostbare Göttin berufst, während Ihr durch das Blut Eurer Brüder watet." Solofar trat gegen eine Leiche zu seinen Füßen. „Ihr seid kaum mehr als eine Sekte dem Wahnsinn anheim gefallener Fanatiker, die mit vergifteten Klingen wedeln."
„Wer behauptet das?"
„Nun, wo beginne ich da?" Solofar musterte seine Waffen. „Die Kriegerstaaten. Die Vereinigten Königreiche. Und dann gibt es noch jene, die mich sehr fragend anblicken würden, wenn ich ihnen von euch erzählen würde. Der Eisige Norden."
„Von dir wissen natürlich so viele mehr." Zenit schnaubte verächtlich.
„Wisst Ihr, eines Tages werden sehr viele meinen Namen kennen. Viele, die eine Bedeutung in der Welt haben. Ihr dagegen werdet verschwinden im Sand."
„Reden kannst du viel. Wenn die Göttin zurückkehrt, wird sie uns zu sich rufen, und wir werden die Streitmacht sein, die die Königreiche und all die Ungläubigen bekehrt." Zenit hob die Säbel.
Gezzarro kicherte nervös. „Können wir ihn einfach töten?"
Zenit überging ihn. „Wer bist du wirklich, Darke? Jetzt, wo ich weiß, wer du nicht bist. Ein machtgieriger Ipotame, der König werden will?"
Solofar schnaubte. „Nichts läge mir ferner. Mir geht es nur um euer Wissen."
„Unser Wissen", echote Zenit verständnislos. „Willst du uns zu Fall bringen?"
Man merkt immer wieder, dass er aus den Eingeweiden einer Stadt im Süden kroch. Lange nicht so zivilisiert, wie ich oder Gezzarro es sind. „Mitnichten, selbst wenn es ein faszinierender Gedanke ist. Nein, mir geht es allein um das Wissen der Gifte. Und dafür war selbst die vergleichsweise kurze Zeit, in der ich in Skorpia weilte, erstaunlich fruchtbar. Mit all den Abschriften, die ich anfertigte. Vielleicht habe ich auch eines der Bücher der Skorpia gestohlen. Wer weiß das schon."
Zenit schwieg. Solofar spürte den Zorn, den er ausstrahlte.
„Selbst, wenn ich gerne noch mehr gelernt hätte", fuhr er fort. „Ich war in Hastator und in Skygate, doch die Selketien boten mehr als die Pantheras und etwas Erreichbares, im Gegensatz zu den Stummen."
Zenit blickte ihn durch den Schleier an. „Du erinnerst mich an jemanden. An einen Faroun. Er wollte das Gleiche. Weißt du, ich habe ihn fast bewundert. Er hat es fast sechs Jahre bei uns ausgehalten, bis er aufgeflogen ist." Gezzarro kicherte leise. „Wir wollten ihn töten, doch er ermordete alle, die ihn verfolgten, und floh schließlich über das Meer."
„Erzähle mehr." Solofar klopfte betont beiläufig mit seinem Parierdolch an sein Bein, selbst, wenn ihm die Fragen über den mysteriösen Faroun unter den Nägeln brannte.
Der Selketien hob zu einer neuerlichen Erwiderung an, doch Gezzarro unterbrach ihn. „Ich lausche eurem freundschaftlichen Geplänkel nur zu gerne, doch wenn es keine Umstände macht, würde ich nun gerne dich, Selketien, umbringen und danach nach Hause gehen." Seine Stimme war noch immer höher als gewöhnlich.
„Es mag sein, dass noch jemand stirbt heute Nacht", sagte Zenit und hob seine Waffen, Gezzarro und Solofar taten es ihm gleich. „Aber das werde nicht ich sein."
Der Beutel mit Bol traf Gezzarro an der Schulter. Der Panthera krümmte sich hustend, und bevor Solofar regieren konnte, schwang Zenit seine Waffen. Rote Münder öffneten sich an Gezzarros Arm und Solofars Hals.
„Der Panthera soll sterben. Aber dich, Darke, wollen die Priesterinnen lebend." Zenit ließ die Waffen sinken. „Der Atem der Skorpia für ihn. Verdünnt, damit er lange leidet. Und Aschbart für dich. Du wirst zusehen müssen, aber du wirst ihm nicht helfen können."
Gezzarro blickte panisch zu seinem Freund. „Solofar..."
Solofar spürte das Prickeln des Giftes an seinem Arm. Der Stramger glitt noch immer durch seine Adern, ließ das Gefühl zugleich dumpf und unerträglich stark erscheinen. Gezzarro hat den Atem der Skorpia bekommen. Er wird sterben. Der Gedanke erschien unwirklich. Ob das Stramger daran schuld war, wusste er nicht.
Gezzarro taumelte und setzte sich in den Sand. „Ich fühle mich nicht besonders... Solofar..."
Zenit trat siegessicher zurück. „Das ist der Atem der Skorpia. Ihr Kuss. Und es gibt nur eine Sache, die dagegen hilft. Die du nicht hast, Darke. Und du wirst so oder so nichts gegen sein Leiden tun können. Gelähmt vom Aschbart." Feixend sah er sich zu den Einhörnern um. „Das Einhorn dort, das gehört mir. Gebt es mir."
Battistari hielt inne. Lannigans Staubwesen strich um sie herum wie eine gigantische Raubkatze.
Das ist Eure Schwäche, Zenit. Ihr denkt stets zu schnell, Ihr hättet gewonnen. „Lannigan." Solofar sah dem Magier in die Augen. „Halt das Einhorn fest. Battistari, mach dich bereit, es zu töten."
Zenit wirbelte herum. „Nein!" Seine Sicherheit verrutschte.
Solofar stürzte sich auf ihn und warf ihn zu Boden. Zenit versuchte, seine Säbel zu heben, doch Solofar rammte den Parierdolch durch die Hand, in der er das Schwert mit dem Atem der Skorpia hielt. Zenit schrie auf. „Was hilft gegen den Atem der Skorpia?", fauchte er.
Zenit wand sich in seinem Griff, noch immer scheinbar sicher. Kein Wort kam über seine Lippen. Ein Zittern durchlief seinen Körper, während er versuchte, seine Schreie zu unterdrücken.
Solofar drehte den Dolch in seiner Hand, Zenit schrie. „Was hilft gegen den Atem der Skorpia?", wiederholte er. Zenit stieß ein grässliches Gurgeln aus. Nesselbrand. Nicht einmal die Selketien sind gegen den Schmerz immun. Solofar sah aus dem Augenwinkel zu dem Einhorn, das sich wild gegen Lannigans Staubwesen wehrte. „Battistari!"
„Nein!", hielt Zenit ihn auf.
„Sag es mir. Oder ich betäube dich mit Aschbart und foltere dein Einhorn zu Tode. Ich nehme ihm das Herz, die Stacheln, die Augen. Und danach werde ich mit dir das gleiche tun."
„Tajeel", flüsterte Zenit zitternd, ohne sein Einhorn aus den Augen zu lassen. „Gib ihm eine Tinktur aus Tajeel. Es ist in meiner Gürteltasche."
Solofar tastete nach dem Fläschchen und betrachtete den Inhalt. Im Mondlicht schien es leicht orangefarben. Die Einhörner fressen die Tajeel-Blüten. Daraus entsteht ihr Gift. „Wenn du lügst, Zenit..."
Zenit ließ ihn nicht zu Ende reden. Sand flog in Solofars Gesicht, geblendet sah er zur Seite, und Zenit befreite sich.
Hektisch hob Solofar sein Schwert. Es ist durchaus beachtlich, zu was er trotz Nesselbrand imstande ist. Zenit beachtete ihn nicht. Er stürzte sich auf Lannigan. Sein Staubwesen warf sich ihm entgegen, doch nun war das Einhorn frei. In einem Wirbel aus Hufen und Panzerplatten sprengte es auf seinen Herrn zu, den Giftstachel hoch über dem gehörnten Kopf erhoben.
Battistari rettete dem Magier das Leben. Mit voller Kraft flog er in das Einhorn hinein, riss es zur Seite, und der Stachel streifte Lannigan nur, statt ihn zu durchbohren. Doch das hatte gereicht. Solofar sah den Schnitt auf seinem Arm.
Lannigan wurde noch blasser. Zenit hob seine Säbel.
Solofar dachte an alles, was er bei den Selketien gelernt hatte. Nie hatte jemand etwas über ein Gegenmittel gegen den Atem der Skorpia gesagt. Doch falls es Wissen war, das den Meistern vorbehalten war, konnte Zenit die Wahrheit gesagt haben. Ich habe nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Ich muss Zenit vertrauen.
Solofar stieß Zenit beiseite, schlitzte mit dem Dolch seinen Arm auf und drückte Lannigan die Phiole in die Hand. „Die Hälfte", befahl er. Wenn ich mehr Zeit habe, kann ich mehr davon brauen. Falls Zenit gelogen hat, nun, schade ist es um Lannigan nicht. Gezzarros Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Solofar befahl sich, sich nicht zu ihm umzusehen. Stattdessen rang er Zenit zu Boden. Seine Säbel warf er fort. „Ich bete für dich, dass du die Wahrheit gesagt hast, Zenit." Der Selketien krümmte sich in seinem Griff, seine Schreie hallten von den Schluchtwänden wider.
Gehorsam nahm Lannigan einen Schluck von der Tinktur und verzog das Gesicht. „Schmeckt scheußlich." Er erhob sich und hob die Hände. Rotes Licht spielte um sie. „Battistari! Zur Seite!" Flüsternd erhob sich seine Staubbestie, und Lannigan schickte sie mit einer schnellen Handbewegung auf das Einhorn.
Wie eine Wand aus Steinen und Sand prallten sie zusammen. Das Einhorn schrie auf, kämpfte gegen den Dreck an, doch Lannigan gab nicht nach. Zenits Heulen schwoll an, legte einen grässlichen Chor unter das Fauchen des Einhorns.
„Battistari. Halt Zenit im Zaum. Wenn er Anstalten macht, wieder zu Sinnen zu kommen, bring ihn um." Solofar wartete, bis der Gryff den kreischenden, sich sträubenden Selketien fest im Griff hatte, dann wandte er sich um und trat zu Gezzarro. „Trink das."
Gezzarro zögerte nicht und stürzte den Rest des Tajeel herunter. „Das wird mich retten?"
„Ja. Tajeel ist ebenfalls leicht giftig, doch dagegen helfen viele Gegengifte."
Gezzarro blickte zu Zenit hinüber. Seine Schreie hallten von den Wänden der Schlucht wider. Der Panthera schauderte. „Alchemie. Ich hasse sie. Gifte sind entsetzlich. Niemand rechnet mit ihnen, und egal, was du tust, sie werden dir immer schaden. Und sie sind unehrenhaft."
Vielleicht sollte ich dir sagen, dass auch Alkohol ein Gift ist. Doch er schwieg, erhob sich und half Gezzarro auf die Beine. Zusammen traten sie zu Lannigan, Zenit und Battistari. Das Einhorn hatte seinen Widerstand aufgegeben und schien nun auf seine Chance zu lauern.
Solofar gab Battistari ein Zeichen. Der Gryff hievte Zenit auf die Beine und hielt ihn fest, seine Krallen bohrten sich in seine Arme. Solofar baute sich vor Zenit auf, riss ihm die Tücher und den Schleier vom Kopf und griff nach einem Tiegel in seiner Gürteltasche. Der Geruch von Minze stieg ihm entgegen, frisch und rein durchschnitt er den Gestank von Schweiß und dräuendem Wahnsinn, den Zenit ausstrahlte. Tränen liefen dem vorher so siegessicheren Selketien über die Wangen, wortlose Bitten um Erlösung von seinen Lippen.
Beinahe hätte er Solofar mit seinen Zuckungen den Tiegel aus der Hand geschlagen. Ruppiger als nötig schmierte er die Salbe auf den Schnitt. Warum vergeude ich mein kostbares Salva für diesen Abschaum? Ich hoffe, das, was er mir von diesem Faroun erzählen kann, ist es wert.
Er zog seinen Parierdolch. „Ihr wisst, mit was diese Klinge bestrichen ist." Er legte ihn an Zenits Hals. „Ihr wisst, was das bedeutet."
Der Selketien beäugte die Klinge. Seine schweißnassen dunkelbraunen Haarsträhnen standen in alle Richtungen ab, sein Atem ging schneller, doch sein Geschrei verebbte zu einem rauen Keuchen. „Aye."
„Ich habe ein paar Fragen an Euch. Wenn Ihr sie beantwortet, lasse ich Euch laufen."
Gezzarro stieß ein ungläubiges Geräusch aus. Lannigan schnaubte verächtlich und murmelte etwas von Schwäche. Ihr überlebt ohne mich die nächsten Tage nicht. Schweigt.
„Mein Einhorn auch?", fragte Zenit heiser.
„Ja. Ihr beide dürft gehen."
„Fragt."
„Ist Euer Auftrag, mich lebendig zurück an die Priesterinnen zu übergeben? Warum?"
„Sie wollten dir Fragen stellen. Warum du bei uns warst. Wie es dir gelungen ist, so lange versteckt zu bleiben. Zuletzt hätten sie dich der Göttin geopfert."
„Es ist Euer Auftrag, um Euch von Euren Fehltritten reinzuwaschen, nicht wahr?"
Zenit nickte düster. „Meine letzte Chance, mich vor Skorpia zu beweisen. Und ich habe versagt."
„Was werdet Ihr nun tun?"
Der Selketien zuckte mit den Schultern.
Solofar beobachtete ihn scharf, suchte nach einem Anzeichen von Trotz, von einem weiteren Versuch, sie zu besiegen, doch er fand keinen. Zenit schien aufgegeben zu haben. „Du hast von diesem Faroun gesprochen. Wer ist er?"
Zenit seufzte tief. „Er kam vor mehreren Jahren zu uns, so wie du. Behauptete, eine Erleuchtung gehabt zu haben. Er wollte sich von Licht und Dunkel abwenden und der Göttin huldigen. Wir haben ihn in die Nacht geschickt, bis wir uns sicher waren, dass er die Wahrheit sagte, doch er war ein guter Lügner. Beinahe wäre er zum Meister erhoben worden, er war wütend, als die Priesterinnen es ihm ein ums andere Mal verwehrt haben. Doch die Göttin muss ihnen gesagt haben, dass etwas an ihm faul war. Auch wenn niemand wusste, was genau."
So viel zu dem Thema der allwissenden Skorpia. „Was ist mit ihm passiert?"
„Schließlich verriet jemand, wer er war. Er war ein Stummer gewesen. Bis man ihn entließ und verbannte. Es hieß, er habe im Zorn einen Dämonen auf einen anderen Stummen gehetzt. Ich habe es sofort geglaubt. Er war immer jähzornig gewesen, jähzornig und gewalttätig, und nutzte all sein Können, die Waffen, die Gifte, die Dämonen, als wir begannen, ihn zu verfolgen. Schließlich mussten wir aufgeben. In den Gebieten der Lamien sind wir nicht gerne gesehen. Ich wurde auserwählt, um ihn weiter zu verfolgen, doch er bemerkte mich und tötete mich beinahe. Er hat mich verschont."
„Warum?"
„Er sagte, er hätte genug Blut an den Händen."
„Warum war er bei euch?"
„Ich weiß es nicht. Das Wissen vielleicht, so wie du. Er ist über das Meer verschwunden. Vielleicht zu den Racheinseln."
Ich werde ihn fragen. Ein Stummer, der bei den Selketien war. Es ist der beste Weg, den ich nun einschlagen werde. „Wie ist sein Name?"
„Vord Zahash."
Solofar wiederholte den Namen im Kopf. Besser noch als der der Selketien. Er ist ein wahrer Goldfund für mich. So viel Wissen... „Ich danke für Eure Antworten. Auch ich werde Euch verschonen. Behelligt mich nie wieder. Wenn wir weiterhin verfolgt werden, werde ich Euch finden und es Euch heimzahlen." Er blickte Zenit eindringlich an, der Selketien erwiderte seinen Blick. Dann gab er Battistari ein Zeichen.
Langsam löste Zenit sich aus den Klauen des Gryff. „Ich werde die Selketien verlassen, denke ich", murmelte er. „Jetzt werden sie mich sicher nicht mehr aufnehmen."
Solofar lächelte halb. „Für einen guten Kämpfer mit einem Skorpionseinhorn ist irgendwo sicherlich ein Platz. Die Söldnerkompanien im Osten sollen nach Kriegern suchen, habe ich gehört."
„Nach Osten kann ich nicht. Nicht, dass ich dir über den Weg laufe." Zenit nahm sein Einhorn in Empfang, seine Finger waren schlaff um die Zügel. Er spürt den Nachhall des Nesselbrand noch immer. Und er wird ihn noch mehrere Tage spüren. Salva hilft dagegen, doch nur, wenn man es oft anwendet und sich schont. „Eine Frage habe ich noch, Darke. Warum hat der Aschbart nicht gewirkt bei dir?"
Solofar lächelte freudlos. „Warum würde Nebelessenz nicht bei dir wirken?"
Zenit verstand. „Oh." Verlegen sah er auf seine Zügel hinab. „Ich hoffe, dass du einen Weg findest, dem zu entkommen. Lebe wohl, Solofar Darke. Ich danke dir für mein Leben." Es klang lakonisch, doch Solofar glaubte, dass er es ernst meinte. Er schwang sich auf den Rücken und preschte davon, eine Staubwolke in der Nacht.
Lannigan blickte ihm nach. Rotes Licht spielte um seine Hände, eine Kupfermünze kreiselte neben ihm in der Luft. „Noch kann ich ihn töten."
„Nein. Ich meinte es ernst. Lasst ihn ziehen." Er ist sicherlich ein guter Mann, unter dem verblendeten Sektenkrieger. Falls nicht, falls er mich erneut töten will, werde ich mir eine neue Meinung bilden. Und Lannigans Idee folgen. „Holt die Pferde. Wir bestatten Nazare und Scrival, und dann reiten wir weiter."
„Wohin?", wollte Gezzarro wissen.
„Ans Meer. Nach Bashur. Von dort kann ein jeder seinem Weg folgen." Doch ich werde zu den Racheinseln segeln. Und einen Faroun namens Vord Zahash finden. Ihn und sein Wissen.
~ ~ ~
Mir fällt immer wieder auf, wie unglaublich unlikeable (mir fällt das Wort auf deutsch grad nicht ein - Deutschstudent strikes again) ich Solofar gebaut hat. Er ist ein gefühlloses, unfreundliches Arschloch. Und dann wundere ich mich, dass nur drei Menschen (aufgerundet) dieses Buch lesen. Und warum alle meinen strohdummen Sindrak lieber mögen.
Aber ich muss einfach sage, dass ich Solofars Nüchternheit und Kälte nach Sindraks lockerem Stil echt vermisst habe. Sobald ich Sindrak geschrieben oder auch gespielt habe, war ich leichtherzig, feige und auch ein bisschen dumm, mit ebensolchen Vergleichen, und Solofar ist daegegen so herrlich trocken, dauernd angepisst von allem und overly dramatic. Und Tiborazo und Whisper warten auch noch auf mich...
Aber vorher habe ich noch fast sechs Solofar-Kapitel geschrieben. Es sind ausschließlich Filler. Eigentlich wäre auch Tiborazo mal wieder dran, aber irgendwie fehlt mir gerade was dazu. Ich stelle es nicht infrage. Ich bin erst mal viel zu glücklich, dass ich gerade keinen Writer's Block habe. Nebenbei sammle ich Ideen für Sindraks drittes Abenteuer, das zwei weitere Erzählinstanzen und über 100 Seiten bekommen soll. Aber bis das online kommt, ist längst Sommer.
Deswegen! Welche Sorte Filler hättet ihr gern? Eine, in der Solofar zu neuen Ufern aufbricht? Oder etwas aus seinem Studentenleben, wobei ein Mann namens Ivorne eine ziemlich wahre Aussage trifft? Sprecht zu mir!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro