39. Sofia
„Nein. Wieso sollte ich? Ich interessiere mich nicht für Ungeziefer." Boone spuckte seine Worte wortwörtlich auf Calvin.
„Das hört sich doch schon mal vielversprechend an.", grinste Calvin und lächelte Boone böse an.
„Verpiss dich Junge. Ich habe keine Zeit für Kinderspielchen.", knurrte Boone und wollte sich an ihm vorbei drücken, doch Calvin hielt ihn auf, indem er seine Hand auf Boones Brust legte und ihn zurückdrückte.
Boone schaute erst verwirrt auf Calvins Hand, dann in sein Gesicht. „Fass mich noch einmal an und ich zerquetsche dir deine verfluchte Hand!"
„Oh, da habe ich ja Angst." Theatralisch legte Calvin seine Hand auf seine Brust und tat auf erschrocken.
„Solltest du auch."
In dem Moment hoffte ich bloß, dass Boone sich nicht auf seine Spielchen einließ. „Boone, lass ihn doch reden. Er ist es nicht wert.", versuchte ich es und hielt seinen Arm fest.
Es hatte sich schon eine kleine Menge an Schülern um uns gebildet.
„Sofia hat recht, Boone. Lass dich nicht auf den Idioten ein."
Doch Boone ignorierte uns einfach.
„Du solltest auf deine Anhängsel hören." Calvin schaute seine Fingernägel an und betrachtete Boone nicht weiter. Ich muss sagen, er macht es geschickt. Erst provozieren, dann ignorieren, wieder provozieren und dann der Deal. Der Junge war clever, dass muss man ihm lassen.
„Wieso sollte ich?" Boone bäumte sich vor ihm auf.
„Na, weil du bestimmt zu viel Angst hast." Bei dem Wort 'Angst' blickte er kurz auf, ging einen Schritt nach vorne und schaute Boone direkt in die Augen. Dieser ging daraufhin einen Schritt zurück. „Ich sagte doch. Aus dir spricht nur die Angst." Calvin lachte höhnisch auf.
„Ich habe keine Angst! Und werde auch nie welche verspüren." Das konnte man ihm sogar fast glauben.
„Dann lass dich auf einen Deal ein."
Im selben Moment, als Boone 'Klar' sagte, rief ich ein lautes 'Nein'.
Doch ich wurde einfach ignoriert.
„Wir wetten um, sagen wir mal 100$. Das ist noch ein kleiner Einstieg."
„Und was muss ich machen, damit ich dich verlieren sehe?", meinte Boone sachlich, fast schon, als würde es ihn nicht interessieren.
„Hier in der Stadt steht ein leer stehendes Gebäude. Du wirst dort um Mitternacht einbrechen und etwas mit Graffiti an eine Innenwand sprühen. Den Ort und die Zeit werde ich dir noch mitteilen."
„Was ist das für ein Gebäude? Und was wirst du dabei tun?"
„Oh, ich werde das Gleiche machen und was das Gebäude angeht, es ist eine verlassene Psychiatrie."
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken und ich starrte gebannt auf Boone und Calvin.
Nach der Schule und der AG, welche im übrigen richtig interessant und lustig war, fuhren wir wieder nach Hause. Also ins Weiße Haus. Dort machten wir vorerst nichts. Mein Vater hatte mich noch kurz auf dem Flur abgefangen und mir erzählt, was er für heute geplant hatte. Er wollte, dass ich in meinem Zimmer bleibe, ganz wie erwartet. Innerlich musste ich mich zu diesem Zeitpunkt beherrschen, damit ich nicht vor Glück platze. Endlich hatte ich Zeit, um die Sachen meines Vaters genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich war schon gespannt, was ich herausfinden würde. Über den kleinen Vorfall zwischen Boone und Calvin hatten wir nicht mehr gesprochen, aber ich würde ihn auf jeden Fall noch darauf ansprechen.
Mittlerweile war es 6PM und die ersten Gäste waren aufgetaucht. Es würde also nicht mehr lange dauern, bis ich mich auf meine Suche machen konnte. Was ich mit Boone und Hunter machen würde, wusste ich immer noch nicht. Vielleicht würde ich sie in mein Zimmer einsperren oder ihnen etwas ins Glas mischen. Ja genau, ich hatte ja noch ein kleines Päckchen Drogen unter meinem Fußboden. Nicht, dass ihr jetzt denkt ich wär Drogenabhängig oder so, ich habe ehrlich gesagt noch nie Drogen genommnen. Ich passe nur für Sally darauf auf. Wo konnte man besser Drogen verstecken als im Weißen Haus?
Aber nein, das wäre selbst für mich zu krass. Einsperren müsste da genügen.
Eine weitere Stunde später waren alle Gäste da. Ich wusste es, weil alle Bodyguards von den Fluren weg waren und weil Kessy es mir gesagt hatte. Sie musste unten aushelfen, kam aber auch ein, zwei Mal zu uns nach oben.
Jetzt war es wirklich an der Zeit, meine Bodyguards los zu werden.
"Jungs? Ich hab hunger. Gehen wir kurz in die Küche? Wenn ich schon nicht bei dem großen Essen dabei sein darf, will ich mir wenigstens etwas nehmen. Der Koch hat sicher noch etwas übrig."
Mein Plan war es, etwas zu Essen. Wir wollen ja nicht, dass die in meinem Zimmer verhungern. Dann würde ich mit den Beiden zurück ins Zimmer gehen, ihnen den Vortritt lassen und dann hinter ihnen abschließen.
Gesagt getan.
"Sofia? Was soll der Scheiß?"
"Lass uns raus!"
Beide schrien und hämmerten gegen die Türe. Okay, dass war nicht geplant. Wenn die nicht leiser werden, würde noch jemand kommen.
"Seid leise verdammt. Ich will nicht, dass euch jemand hört.", zischte ich leise zurück.
"Was glaubst du wieso wir schreien? Wir wollen doch, dass uns jemand hört."
"Oh Jungs. Seid einfach still. Ich bin in einer Stunde zurück. Ich brauch die Zeit kurz alleine."
"Nein. Wir sind deine Bodyguards. Wir müssen auf dich aufpassen und bei dir sein.", meinte Boone böse.
Das wird später ärger geben.
"Ja, er hat recht Sofia. Lass uns raus und wir reden darüber.", stimmte ihm Hunter zu.
"Nein. Ich meine es ernst. Vertraut mir."
Ohne ein weiteres Wort ging ich weg. Ich hoffte jetzt einfach, dass die beiden demnächst mit ihrem Geschreie aufhören würden.
Ich lief die leeren Flure, bis zum Arbeitszimmer meines Vaters entlang.
Es war nicht abgeschlossen.
Heute hatte ich aber auch echt Glück. Ich stellte es mir schon vor, wie ich wie eine Verrückte im Haus herumirrte nur um einen Schlüssel zu finden. Gott, dabei wäre ich sicher verrückt geworden.
Leise öffnete ich die Türe, ging hinein und schloss sie kurz darauf wieder hinter mir.
Ich schaute mich kurz um, um eine Oeientierung zu finden. Das letzte Mal als ich hier war, ist schon lange her. Ich glaube um die 5 Jahre nicht. Einmal, als mein Vater zum Präsidenten ernannt wurde. Ich stand neben Türe und beobachtete die Zeremonie. Hinter mir stand mein Großvater, welcher auch einmal Präsident war. Er hatte seine Hand auf meiner Schulter liegend und schaute starr nach vorne. Die Erinnerung daran ließ mich schaudern. Ich mochte meinen Großvater nicht. Aber das war jetzt auch egal, denn vor zwei Jahren ist er am Lungenkrebs gestorben.
Ich lief gerade auf den Schreibtisch meines Vaters zu, als ich Geräusche hörte. Es lief jemand im Flur entlang. Ich hielt in meiner Position inne und bewegte mich nicht. Mein einziger Gedanke war, dass ich nicht entdeckt werden wollte. Ich atmete erst wieder aus, als die Geräusche leise verschwanden.
Puh. Nochmal Glück gehabt.
Dann durchsuchte ich den Schreibtisch meines Vaters. Jedoch fand ich nicht wirklich etwas interessantes, was mit dem Verhalten meines Vaters zu tun hatte. Wieso um alles in der Welt war er nun so? Wieso ließ er mich einfach meinen Weg gehen?
Ich dachte nicht weiter darüber nach, denn ich fand nichts mehr, dass in meinen Augen als wichtig schien. Deswegen bschloss ich, in den Festsaal zu gehen. Also nicht hinein zu gehen, aber zu lauschen. Als ich klein war, hatte ich einen kleinen Geheimgang gefunden. Er war schon uralt und hatte mehrere Gänge, welche wirklich überall hinführten. Damals waren sie sicher zur Flucht gedacht gewesen. Denn nicht einmal das Weiße Haus ist sicher vor der Außenwelt. Ich hatte viele alte Geschichten und Filme über das Weiße Haus gelesen und angeschaut. Es war wirklich interessant gewesen, den vor einigen Jahrzehnten war Amerika und der Rest der Welt noch ganz anders strukturiert gewesen. Damals war auch das Wahlsystem anders. Man wurde anscheinend nicht vom vorherigen Präsidenten gewählt, sondern vom Volk. Ich denke, dass es damals besser war. Das heutige Wahlsystem gab es noch nicht allzulange. Vielleicht seit 70 Jahren.
Ich trat in den geheimen Gang ein und lief den Weg zum Festsaal entlang.
Leise lauschte ich durch die dünnen Wände, was besprochen wurde.
Jedoch war es nichts interessantes. Nur ein Fest wie es sich anhörte.
Schade eigentlich, ich fände es wirklich cool, wenn hier mal etwas interessantes passieren würde.
Dann hörte ich wieder ein Geräusch. Doch dieses Mal kam das Geräusch nicht von Außen, sondern von hier drinnen. Von den geheimen Gängen.
Ich hielt die Luft an.
■21.0616■
°1392 Wörter°
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