1. Sofia
Laute Musik dröhnte durch meine Ohren. Mein Körper bewegte sich im Einklang zur Musik.
Ich blendete die Menschen um mich herum aus.
Alles was ich spürte, war der Bass, der meinen Körper zum beben brachte.
Ich fühlte mich frei. So frei konnte ich mich zuhause nie fühlen und es gefiel mir.
Aber wenn irgendjemand jemals davon erfahren würde, könnte es schlimm enden.
Das Gute ist, niemand wusste wer ich wirklich war. Keine Medien, keine Freunde, nur die Angestellten mit Schweigepflicht. Im Prinzip existierte ich nicht. Mein Vater hielt es für das beste, wenn man der Öffentlichkeit nichts von meiner Geburt erzählen würde.
Das beste, genau.
Sie nannten mich Sofia. Sofia Sherwood.
Ich jedoch nannte mich nicht so. Nicht hier. Hier war ich jemand anderes. Hier, in der Öffentlichkeit, nannte ich mich Sarah. Einfach nur Sarah. Und wenn jemand meinen Nachnamen wissen wollte, antwortete ich immer mit White. Sarah White. Das war mein sogenannter Deckname. Nur auf meinem Führerschein stand nicht Sarah, sondern Sofia. Ich werde wohl nie wissen, wann ich endlich mein eigenes Leben leben konnte.
Ich durfte außerhalb der Mauern meines sogenannten Hauses nichts machen.
Nur leben. Existieren. Atmen.
Obwohl selbst dies mir immer schwerer fiel.
Ich lebte dort seit meiner Geburt.
Zuerst war mein Großvater die bedeutendste Person des Landes, danach der Bruder meines Vaters und jetzt, seit ein paar Jahren, mein Vater.
Ich nannte es immer Betrug. Mehr als Betrug konnte es immerhin nicht sein, dass immer jemand aus meiner Familie an die Macht kam. Immer der derzeitige Präsident durfte einen neuen wählen. Normalerweise war es üblich, keinen Verwandten auszusuchen, aber meine Familie war da anderer Meinung.
Denn meine Familie war habgierig. Selbst als sie alles hatten, wollten sie noch mehr.
Ich hatte auch keine richtigen Freunde. Freunde, die über mich bescheid wussten. Ich war ein Einzelgänger. War ich immer schon gewesen. Werde ich auch immer bleiben. Ich hatte auch keine andere Wahl. Man ließ mir keine Wahl.
Mein zweites Zuhause war hier. Hier, da ich mich hier wirklich zuhause fühlen konnte, hier hatte ich Freunde. Meine zweite Familie.
Hier wurde ich nicht meiner Existenz beschuldigt. Ich wurde akzeptiert.
Mir wurde nicht durch meine ungewollte Existenz der Tod meiner eigenen Mutter vorgeworfen. Nein, hier nicht.
Alles was meine Freunde hier wussten war, dass ich Sarah White hieß, 17 Jahre alt bin und aus einer schweren Familienbeziehung komme. Ich wohne außerhalb und keiner wusste genau wo.
Es wird auch niemals irgendwer erfahren.
Ich war in etwa wie Aschenputtel. Statt für meine Mutter, für meinen Vater ein Taugenichts. Ich verschwand abends und in der Nacht, und bevor überhaupt jemand etwas mitbekam, lag ich wieder in meinen großen Himmelbett, auf der anderen Seite des Hauses.
Und immer wieder mal machte ich die Nacht zum Tag. Nur Nachts konnte ich meiner Freiheit ein Stückchen näher rücken und meinen Tag vergessen.
"Sarah. Hey."
Ich hielt in meiner Position inne und drehte mich dann langsam um.
Es war Clarissa. Eine meiner wenigen Freunde die nur mein jetziges Ich kannten.
"Was ist?"
"Es ist bald kurz vor halb 1. Ich wollte dir nur bescheid geben."
Ich nickte. "Danke."
Ich umarmte sie. "Immer wieder gern. Ich weiß zwar immer noch nicht, was so schlimmes auf dich zukommen könnte, aber ich hab dich trotzdem lieb."
"Ich dich auch. Irgendwann werde ich es dir sagen. Irgendwann werde ich es euch allen sagen."
Ich drückte sie noch einmal kurz an mich und lief dann in Richtung Ausgang.
"Bis dann Danny." Auch ihm gab ich eine kurze Umarmung.
Max klatschte in meine flache Hand ein und Sally rief mir ein 'bye' mit einem Winken zu.
Dann verließ ich den vollen Club und machte meine Jacke zu, welche ich zuvor abgegeben hatte. Nachts um diese Uhrzeit war es immer eiskalt. Aber ich war es gewohnt nur kalte Luft zu spüren.
Ich rief nach einem Taxi und sagte dem Fahrer meine ausgesuchte Adresse, in der Nähe eines Feldweges des weißen Hauses. Wie immer schauten sie mich verwirrt an, fuhren dann jedoch an meinen wohl oder übel gewünschten Ort.
Um kurz vor 1 Uhr nachts stieg ich aus. Wie jede Nacht.
Denn um genau 1 Uhr in der Nacht ist Schichtwechsel der Arbeiter, Bodyguards und von all den Menschen die sonst noch für meinen Vater arbeiten. Die Armen taten mir immer noch leid.
Dadurch, dass es dann etwas lauter ist, konnte ich immer unbemerkt und leise mit meiner Karte durch das große Tor und danach durch das Küchenfenster in das Haus eindringen. Ab dort ist es ein Leichtes mein Zimmer zu finden.
Und wenn mich mal jemand entdeckt, kann ich einfach sagen, ich war auf der Toilette.
Mit Klamotten und Jacke?
Ja, ich wollte nicht das mich andere in meinem Schlafanzug sehen und mir war kalt.
Aber das kam nur in etwa einmal im Monat vor.
Wieso das bei mir alles so kompliziert vorgehen musste? Ganz einfach.
Ich bin die Tochter des Präsidenten.
■14.11.15■
°815 Wörter°
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