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3. Martyrium (1)

Vor drei Jahren...

Loshar fühlte sich allein. Einsam und verwundbar. Halt suchend umklammerte er seine ausgebeulte Ledertasche. Viele vor ihm hatten die Tortur auf sich genommen, waren gescheitert.

Er durfte nicht scheitern. Um keinen Preis.

Wenn er es nicht besser wüsste, könnten Fremde diesen Ort für einen verwilderten Friedhof halten. Auf der quadratischen Rasenfläche vor ihm wucherten Kräuter, Sträucher, Gräser und Blumen. Durcheinander. Ohne Ordnung. Sogar die hüfthohe Mauer, die zwischen Leben und Tod weilte, war moosig grün und rissig.

Mühsam schob sie die Sonne gen Horizont, tauchte weit entfernt hinter den Wäldern auf. Es wurde hell. Schönheit, wo Dunkelheit lauerte.
Loshar hockte sich hin und befühlte den kühlen Boden. Tau hatte sich wie ein reinigender Film auf alles Lebende und Tote gelegt. Er rieb seine Hand über die Tropfen, spürte ihre Nässe, rieb sie in sein Gesicht. Er holte tief Luft, streckte sich und sog die Energie des Frühlings ein.

Wer weiß, wie oft er das noch tun konnte.

Fünfzig Schritte bis zum Triumph.
Ebensoviele zu einem möglichen Tod, der furchtbarer nicht sein konnte.
Es gab Geschichten über diesen Ort, grausame und angsteinflössende, die selbst den Kindern des Stammes nicht erzählt wurden.
Erzählungen von etwas fernem, ungesehenen und unleibhaften. Zu wenige überlebten das hier und jene, denen das gelang hätten viel zu sagen, taten es aber nicht.
Wer das Martyrium übersteht ist ein anderer Mensch geworden.

Unbeschadet zur Mitte zu kommen galt als unmöglich.

Loshar ließ den schweren Stoffbeutel in das kniehohe Gras sinken. Sein Blick strich ohne Hast über jeden Flecken Erde innerhalb des Quadrats. Auf halbem Wege zur Mitte wölbten sich steinerne Bögen gen Himmel, hüfthohe Gerippe die einst Schutz vor Nässe boten.
Erste Aufgabe jedes Herausforderers war es, die Überreste der Toten zu beseitigen. Zwar fand der Test meist zweimal im Jahr statt, was nicht bedeutete, dass es den Herausforderern stets gelang, die Körper zu bergen. Manche Leiche bestand nur noch aus Knochen, oftmals garniert mit den Überresten vorwitziger Vögel. Woher sollten die Federtiere auch wissen, dass ihr Hunger den sicheren Tod bedeutete? Die meisten starben, ehe sie auch nur in die Nähe der Leichen gelangten.
Loshar hatte mehrere Beutel eingepackt, mit denen er die vier Körper, die an unterschiedlichen Stellen des Areals auseinandergetrieben und verwittert lagen, transportieren konnte.
Er machte sich an die Arbeit, suchte, was zueinandergehörte und sprach für jeden ein Gebet.

Für manch einen waren Dummheit und Hoffnung tödlicher, als alles andere hier. Eine skelettierte Hand lag halb verborgen unter einem schartigen Handbeil, der rostige Halbbogen einer Sichel lugte aus der Erde hervor. Hatten diese erfahrenen Krieger geglaubt, dass sie den Feind mit einfachen Waffen überwinden konnten? Keine Klinge dieser Erde vermochte das.

Loshar drückte sich behende nach oben und drehte sich um. Angaron, Stammesführer der Togaren stand regungslos und mit verschränkten Armen am Fenster des westlichen Sichtturms. Er würde auf Fehler warten, jede Unachtsamkeit registrieren, alle Ausrutscher und Fehltritte mit seinen Leuten diskutieren, noch Tage nach diesem.

Die letzten drei Herausforderer seines Stammes hatten es nicht geschafft, ein nächstes Mal sollte es nicht geben und so zergliederte er alles was hier geschah in Bruchstücke, in riskante, törichte oder gelungene Handlungen, die nachahmens- oder verdammenswert waren.
Kurz zuvor hatte er Loshar gebeten die Überreste seines Sohnes Lehon zu bringen. Man erzählt sich, sein Tod sei der grausamste in den letzten Dekaden gewesen.

Die Gräber der gefallenen Togaren waren nördlich der äußeren Mauer aufgereiht. Dort, ferner ab der Mitte wurde sie begraben, von Angehörigen des Stammes, den Söhnen der Anführer.
Gesegnet wurde, was übrig blieb. Oft war es nicht viel.
Gerüchte machten in Candar die Runde, Lehon habe am zweiten Tag etwas getrunken, was ihm nicht bekam. Zuerst kam er gut voran, Meter um Meter, mit jugendlicher Schnelligkeit. Eine Manneslänge hinter der inneren Mauer fing er an zu schreien, brüllte vor Angst und Schmerz, bis die Kraft ihn verließ, erstarrt und unfähig, irgendetwas anderes zu tun. Nach einer halben Stunde taumelte er zurück bis er Halt fand an den blanken Mauersteinen. Dann drehte er sich um, presste die Hände auf die Ohren und schmetterte seinen Kopf mit aller Macht gegen das Gestein. Wieder und wieder und auch dann noch, als er längst hätte tot sein müssen.

Sein Leib sackte über der Mauer zusammen. Die Überreste hingen noch immer dort, zerfallen und vermodert, überwuchert zumeist.

Niemand zwang Loshar das hier zu tun. Zwei lange Jahre ist es niemandem gelungen, unzählige Monate waren die Beninger ohne Anführer und ausgerechnet er hatte sich gemeldet.

Als ob es gestern war hörte er noch das spöttische Lachen seines Bruders, die vernichtenden Blicke, den Unglauben.

Er musste es einfach schaffen.

Tief Luft holend ging er einen Schritt vorwärts. Der feuchte Boden gab leicht nach.
Noch spürte er nichts außer der Kälte des Frühlings, scharfer Wind schlug ihm entgegen. Das flache Land ringsum hielt ihn nicht auf, aber er war nie so stark um zu zerstören, was die Stämme des Südens verehrten.
Fuß um Fuß näherte er sich dem ersten Leichnahm, erwartete das Schlimmste.

Nichts geschah. Noch nicht.

Friedliche Stille begleitete ihn. Die ersten Überreste verstaute er schnell im Rucksack. Die Gebeine waren klebrig, ihr faulig-feuchter Gestank setzte sich in Loshars Nase fest. Widerlich.
Hastig tastete er im Gras die nächsten Meter ab. Alles musste zurück. Eine Sekunde war er unaufmerksam, da stach ihm etwas in den Handteller. Er zog die kleine Anstecknadel heraus. Über ihre Länge hinweg schlängelte sich ein gewundener Speer entlang. Der Tote war Beninger gewesen.

Mögen die Götter ihn schützen.

Von den anderen Kriegern hatte keiner die Grenze zum inneren Quadrat überschritten. Für Lehons Überreste benötigte er eine knappe Stunde. Sein Vater hatte ihm einen silbernen Ring geschenkt, der als mahnendes Andenken in der Familie bleiben sollte. Diesen fand Loshar nur aus Zufall. Er steckte in einer Spalte zwischen Mauer und Erdreich.
Durchnässt aber zufrieden brachte er die Säcke an den Rand des Feldes. Sie blieben dort bis alles vorbei war. Er musterte die Wachen, die in hundert Schritt Entfernung reglosen Statuen gleich ausharrten, notfalls Tag und und Nacht.
Die schmucklosen Sichttürme die neben ihnen aufragten, beherbergten die Stammesführer und weitere Soldaten.

Für Loshar waren diese Dinge zu Äußerlichkeiten geschrumpft. Ruhig atmend ging er an Lehons letztem Ort vorbei, lehnte sich an einen der Unterschlupfe und konzentrierte sich.

Im Zentrum der Fläche standen vier schmale, von der Witterung eingedunkelte Statuen. Unheimliche Begleiter, den Kopf merkwürdig verdreht und auf einen Punkt außerhalb des Zentrums gerichtet. Die Stammesgründer Togar, Bening, Velis und Joris hatten all das besessen, wofür dieser Test stand. Mut, absoluten Willen und Durchhaltevermögen, selbst in finsterster Zeit. Tugenden, die unabdingbar waren.

Die erste Hürde hatte Loshar mit Bravour gemeistert. Jeden der fünf stärksten Krieger hatte er verprügelt, wie es ihm beliebte. Viel Blut floss an diesem Tag, der schon Wochen zurück lag.
Er spuckte verächtlich aus. Für seine Neider und seinen Bruder war er bloß 'der Kleine'. Alpträume jagten ihn durch die Nächte, in denen er floh vor denen die ihn ablehnten, aber auch vor sich selbst.
Sie hatten ihn unterschätzt. Heute war sein Tag. Scheiterte er, wäre diese Schmach schmerzhafter als ein faulender Finger.

Loshar versuchte an nichts zu denken, setzte einen Fuß in das innere Quadrat, zog den zweiten nach. Gras raschelte.

Das Hochgefühl weiter gekommen zu sein als jene vor ihm starb, als er die Stimme hörte. Völlig unvermittelt jagte sie durch seinen Geist, eine grausame Kakophonie des Lachens. Hoch, tief und schrill schallte es, Echos überall, wo nichts den Klang zurückwerfen konnte. Mal leise, dann ohrenbetäubend.
Er presste die Hände auf die Ohren, eine hilflose Geste. Nur er hörte diese Töne, sie waren hier, weil er eingedrungen war.
Ihm wurde schwindelig und et wankte zurück. Schlagartig zog sich das Gelächter zurück, verschwand aber nicht.
Loshar atmete tief ein als der Schmerz erträglicher wurde. Bis zum Zentrum waren es noch zwanzig Schritt.

***

An diesem Morgen kam er über diesen Punkt nicht hinaus. Abgesehem von einer kurzen Pause hatte er sich x-mal vorwärts gequält. Irgendwann blieb ein stechender Schmerz, selbst als er die Stimme nicht mehr vernahm.

Der Himmel war stetig dunkler geworden. Loshar war kein Sturmseher, aber ein Unwetter würde heraufziehen, spätestens morgen. Er musste es vorher schaffen. Wenn auch die pfeifenden Winde kein Problem waren, der Regen würde eines sein.
Ein furchtbares.

Er betrat erneut das innere Quadrat und näherte sich der Mitte von verschiedenen Seiten aus. Am weitesten kam er von der nördlichen Seite her, ehe ein tiefes Dröhnen seine Muskeln vibrieren ließ.

Jeder erlebte die Prüfung anders. Einer rannte völlig betrunken los und schaffte es.
Seine beiden Nachahmer starben, fielen einfach um.
Einer sprintete um sein Leben, nur um es am Ende herzugeben.
Ein anderer schrie so laut er konnte und schaffte es bis zur Mitte. Noch ein anderer tat es ihm nach und schrie ebenfalls.
Vor Schmerz, bevor er sich umbrachte.

So verlor jeder der vier Stämme immer wieder hervorragende Krieger, Handwerker oder Jäger. Jeder konnte teilnehmen, sofern er die fünf besten Kämpfer des Stammes besiegen konnte.

Aus seinem Beutel zog Loshar eine Flasche heraus. Sie wog schwer in seiner Hand, war bauchiger als üblich. Jeder Aspirant erhielt von jedem Stammesführer ein Geschenk.

So war es Brauch seit Dekaden.

Angaron hatte ihm die Flasche höhnisch lächelnd in die Hand gedrückt. Ihr beider Stämme mochten sich nicht, aus verschiedenen Gründen. Manche munkeln, der togarische Tee, ein wirksames Betäubungsmittel, sei einst vergiftet gewesen. Nachweisen konnte das niemand. Gift war unter Umständen nicht die schlechteste Wahl.

Von den Veliern stammte das schmale Jagdmesser an seinem Gürtel. Dutzende Jahre alt, war sie scharf und präzise gearbeitet, freilich nicht von den den Veliern selbst. Die Steinbeißer verstanden von der Waffenschmiedekunst so viel wie lahmende Wölfe von der Jagd.
Tiere, gegen die er sich wehren müsste gab es nicht. Das Messer diente dazu, den eigenen Körper in das ewige Reich zu schicken, ehe Wahnsinn oder Schmerz das Lebend lebendig töteten.

Die schwere Laterne, Joris' Licht, hatte er selbst hierher bringen müssen, so unhandlich sie auch war. Sie sollte die Dunkelheit erträglich machen und auch die Angst. Joris verschwand eines Nachts urplötzlich auf dem Grenzfluss. Obwohl er wie kein zweiter die Sterne lesen und hervorragend navigieren konnte, fand er nicht zurück.
Joris konnte die Laterne den Weg nicht mehr weisen. Vom Turm der Beringer herableuchtend warf sie Hoffnung in die Schatten. Unzählige Male hatte Loshar sie in den letzten Stunden angesehen.

Er zog den hölzernen Korken aus der Flasche und hob sie hoch. Beeriger Duft stieg ihm in die Nase, gefolgt von scharfen Gewürzen und starkem Alkohol.
Vorsichtig neigte er die Flasche, gerade soweit, dass ein Tropfen des togarischen Lieblingsgetränks seine Zunge berührte.
Penibel wiederholte er die Prozedur bis er sicher sein konnte, nicht vergiftet zu sein.
Minuten später fixierte er ein ausgedehntes Waldstück im Süden. Sein Blick fand zunächst Halt und wanderte ohne sein Zutun nach links, nach rechts und zurück. Er vergrub sein Gesicht in Händen, spürte jeden Windzug deutlicher als zuvor.

Pelagwurzel besaß keinen Eigengeschmack, vernebelte aber die Sinne. Togaren mischten das Kraut im Kriegsfall, aber auch sonst, in den Tee, um die Furcht vor dem Feind einzudämmen.

Dieser Feind hier war mehr als furchteinflößend. Er setzte an und zwei tiefe Schlucke rannen brennend seine Kehle herunter.

Sich auf alle Viere herablassend, kroch er auf die Mitte zu, schob sich nach vorne, Arm um Arm, Bein um Bein. Seine Glieder zitterten nach wenigen Metern. Oder war es der Boden? Das hochgewachsene Gras verschwamm zu einem See aus Grün. Jegliches Gefühl verschwand aus seinen Fingern, seinen Zehen. Da war keine Nässe, keine Kälte, kein pulsieren mehr.

Wieviele Meter noch?

Schemenhaft sah er das massive Podest. Nur berühren musste er ihn. Stimmen ertönten, männliche und weibliche. Sie jaulten und krächzten wortlos durcheinander, wie Gefolterte kurz bevor sie gestehen würden, um der Qual der Schnitte und Verbrennungen zu entgehen.

Loshars Gedanken traten zurück. Da war nur dieser Ton, an- und abschwellend. Immer weiter kämpfte er sich vorwärts, bildete sich das zumindest ein.

Bis alle Farben ineinander wuchsen und nichts blieb als Schwärze und Schmerz.

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