7. Schwierige Gefühle
Blinzelnd öffnete Eliza die Augen und blickte in das grelle Sonnenlicht des nächsten Tages. Nur langsam realisierte sie wo sie war und wer da neben ihr lag. Vincent schnarchte leise. Sie lag halb auf seiner Brust und schien ihm in der Nacht mehr als die halbe Decke gestohlen zu haben.
Vorsichtig hob sie ihren Kopf und Oberkörper und versuchte so leise wie möglich aus Vincents Bett zu krabbeln. Seine Decke fiel dabei auf den Boden, doch weder ihr verschwinden, noch der Verlust seiner Decke schien den jungen Mann aufwecken zu können.
Mit klopfendem Herzen und wilden Gedanken starrte Eliza an die Decke von ihrem eigenen Bett aus. Es schien im Gegensatz zu Vincents warmen Nest kalt und verlassen. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Wie war sie auf den Gedanken gekommen, neben ihm schlafen zu wollen?
Mit Tageslicht und einer ordentlichen Portion Schlaf sah die Welt gleich ganz anders aus. Stöhnend dachte sie an ihren Kuss und an die folgenden Gefühle. Sie schämte sich für ihre eigene Schwäche.
Sie hätte Stärker sein sollen, hätte mehr Kontrolle über sich selbst zeigen müssen. Im selben Gedankengang erinnerte sie sich an Vincents feinfühliges Gespür für ihre Unsicherheit. Verlegen warf sie ihm einen Blick zu. Seine langen Wimpern warfen Schatten auf seine Wagen.
Bevor sie zu weit in eine selbsthassspirale abtauchen konnte, zwang sie sich das Positive zu sehen. Immerhin hatte er nicht bemerkt, dass sie bei ihm geschlafen hatte. Und er würde es auch nie herausfinden.
Ein schneller Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie noch gut eine halbe Stunde Zeit hatte bevor ihr Wecker klingen würde. So leise sie konnte, holte sie ihren Laptop und beschloss schlussendlich ein wenig World of Warcraft zu spielen. Sie war keine regelmäßige Zockerin, aber sie hatte einige Bekanntschaften in dem Spiel und wollte diese weiter pflegen.
Die Minuten verging wie im Flug, als der Wecker klingelte und sie daran erinnerte, dass es mehr gab als das nächste Wildschwein zu töten und die Quest zu beenden. Gähnend reckte sich nun auch ihr Begleiter.
"Guten Morgen.", meinte Eliza und packte ihren Laptop wieder ein. Vincent setzte sich streckend auf und peinlich berührt stellte Eliza fest, dass auf seiner nackten Brust ein roter Abdruck ihres Gesichts war.
Sie musste die ganze Nacht nur auf einer Stelle gelegen haben. Ihre Wangen wurden heiß und schockiert riss die die Augen auf. Vincent bemerkte es und sah sie verwirrt an.
"Was ist los?" Schnell schluckte sie und überspielte ihre Scham.
"Nichts, nichts...nur deine Haare. Die stehen echt wild zu allen seiten!"
"Echt? Na was solls. Ich mach mich mal fertig.", er stieg aus dem Bett und wollte ins Bad gehen. Hastig kam sie ihm zuvor und verstellte den Weg. Sie konnte ihn nicht ins Badezimmer lassen, nicht in diesem Moment, nicht solange ein Abdruck ihres Gesichts auf seiner Brust thronte. Es begann bereits zu verblassen. Sie musste nur ein wenig Zeit schinden.
"Ich muss vorher.", sprudelte sie hervor und schloss die Badezimmertür hinter sich. Tief durchatmend starrte sie ihr Spiegelbild vorwurfsvoll an. Wie hatte sie sich nur in so eine Situation bringen können? Nie wieder. Unsicher sah sie sich um und entdeckte eines der Stoffbänder aus der Schachtel ihrer Eltern. Fahrig bürstete sie sich die Haare und begann ungeschickt das Band in einen langen Zopf zu flechten.
Das Ergebnis war bei weitem nicht so gut, wie das von Judith, doch es war ertragbar. Zwanzig Minuten waren vergangen und sie hielt es für das beste nach Vincent zu sehen.
Ungeduldig wartete er bereits vor dem Badezimmer. Seine Brust hatte wieder die normale Farbe angenommen und mit einem verärgerten Gesichtsausdruck und einem "na endlich" schloss er sich im Badezimmer ein. Eliza atmete tief durch und begann sich umzuziehen.
Schnell hatte sie eine schwarze Leggins angezogen und ein leichtes Veilchenfarbenes Kleid. Den Schal ihrer Mutter packte sie mitsamt dem feuerroten Abendkleid wieder in ihre Reisetasche. Sie trug gerade etwas Make-up auf als Vincent wieder aus dem Badezimmer trat und ebenfalls begann seine Sachen einzupacken.
"Mila kommt in fünfzehn Minuten. Wir können uns in der Stadt etwas zum Frühstücken besorgen.", meinte sie beiläufig und beobachtete Vincent im Spiegel. Ihr Herz machte einen Satz als er sie leicht nickend anlächelte.
"Machen wir das. Hey, kann ich das Shirt noch mal anziehen?", er hielt ein hellblaues Shirt mit einem eindeutigen Ketchupfleck hoch. Eliza schüttelte vehement den Kopf.
"Auf keinen Fall. Da glauben die Leute noch ich hätte versucht dich abzustechen und du wärst zu faul das Blut abzuwaschen." Brummend gab er ihr Recht und warf es auf ihren größer werdenden Haufen Schmutzwäsche. Nachdenklich strich sie über ihren langen Zopf.
"Ich denke es gibt einen Waschservice in diesem Hotel. Wir könnten unsere Wäsche waschen lassen."
"Gute Idee. Wir wollen ja nicht stinken und damit mögliche Spuren vergraulen." Er trat schief lächelnd auf sie zu, Elizas Atmung beschleunigte sich als er näher kam und...neben ihr in seine Reisetasche griff. Elizas Herz klopfte doppelt so schnell und sie musste sich daran erinnern zu atmen. Seine Nähe fühlte sich eigenartig an. Er nahm seine Geldbörse aus der Reisetasche und steckte sie in seine Hosentasche. Skeptisch warf er ihr einen Blick zu.
"Alles okay? Du hast ganz rote Wangen."
"Ja, ja, alles prima. Wir sollten los. Mila wartet sicher schon." Sie hatten noch mehr als genug Zeit, doch Eliza wollte nichts lieber als flüchten. Sie drehte sich um und ging Richtung Tür, nur um von Vincents warmer Hand an ihrer aufgehalten zu werden. Sanft zog er sie zurück. Besorgt suchte er ihren Blick.
"Was ist los mit dir? Du benimmst dich eigenartig. Ich dachte das Tanzen hätte dir ein wenig von der Anspannung genommen." Eliza zuckte mit den Schultern. Sie wollte ehrlich sein, das musste sie sogar.
Was wäre der Sinn hinter einer Lüge. Vincent würde nichts tun, das sie nicht wollte und wenn sie keine Nähe mehr suchte, würde er das verstehen. Klang heimlich jedoch fragte sie sich was so schlecht daran wäre ihn zu wollen. Besonders wenn sie in seine einfühlsamen Augen sah.
"Schon, ja sicher, das Tanzen war toll.", meinte sie halbherzig, zu sehr von Vincent abgelenkt. Dieser blickte sie noch einige Sekunden schweigend an und nickte schließlich wissend.
"Der Kuss. Ist es das was dir sorgen bereitet? Er muss nichts zu bedeuten haben, wenn wir das nicht wollen." Wieso sagte er genau in diesem Moment was sie hören wollte? Sie wollte wütend sein, wollte ihn verfluchen oder für unfaires Verhalten tadeln.
Wut war so viel einfacher als das Gefühl verletzbar zu sein. Schreien ließ sich viel eher bewerkstelligen als das Flüstern ängstlicher Zuneigung. Sie öffnete den Mund mit der Absicht ihn von sich zu stoßen, eine klare Linie zu ziehen, stattdessen küsste sie ihn. Schnell, hastig, furchtsam und zog sich sofort wieder zurück. Auf Vincents Gesicht stand pure Verwirrung.
"Und das soll was bedeuten?"
"Das ich es selbst nicht weiß. Können wir bitte einfach zu Mila gehen." Wieder wandte sie sich um, und wieder hielt er sie zurück.
"Ich lasse dir das dieses Mal durchgehen, aber wir werden darüber sprechen. Ich bin keine Puppe und werde mich nicht so behandeln lassen." Seine Stimme war unnachgiebig und Eliza erkannte, dass sie in dieser Situation selbstsüchtig gehandelt hatte. Wo war ihre Rücksicht für seine Gefühle in dem Chaos ihres Verstandes?
"Ich wollte dir nicht wehtun."
"Ich weiß. Lass uns gehen." Er nahm ihre Hand und gemeinsam verließen sie das Zimmer. Es war ein seltsames Gefühl ihn neben sich zu wissen. Die unausgesprochenen Gefühle zwischen ihnen schufen eine merkwürdige Atmosphäre. Im Foyer angekommen, erwartete sie bereits Mila mit einem Kaffee in der Hand.
"Guten Morgen! Seid ihr bereit für ein Abenteuer?", fragte sie fröhlich mit einem breiten Grinsen. Eliza und Vincent erwiderten die Begrüßung bei weitem nicht so enthusiastisch und folgten Mila aus dem Hotel. Ihr Auto parkte nicht unweit und wie am Abend zuvor stiegen sie ein und ließen sich von Mila zum Rathaus fahren. Dort gab es ein großes altes Archiv in dem sie vielleicht fündig werden konnten. Während der Fahrt warf Mila Eliza immer wieder fragende Blicke zu und gefließlich ignorierte sie sie. Vincent saß hinter ihnen auf der Rückbank und um keinen Preis der Welt würde sie in diesem Moment ein Mädchengespräch anfangen.
Mila parkte und ließ sie aussteigen. Auf ein großes, reich verziertes und noch dazu etliche Jahre altes Gebäude zeigend meinte sie, "das ist unsere Rathaus. Wunderschön oder?"
Und Eliza gab ihr recht. Es erinnerte sie im Stil etwas an das Rathaus in Wien, vielleicht weniger eckig und dafür mehr Kuppeln anstatt der spitzen Türme.
"Lasst uns reingehen. Und danach können wir euch etwas zu essen besorgen." Verwundert zog Eliza die Augenbrauen hoch. Mila winkte ab.
"Dein Magenknurren ist lauter als mein Automotor."
"Das stimmt. Als hättest du einen kleinen, knurrenden Hund in deinem Bauch.", kommentierte Vincent leicht lächelnd. Eliza quittierte ihre Neckereien mit einer rausgestreckten Zunge. Zusammen betraten sie das Rathaus und während Mila um Zugang zu den Archiven bat, sah Eliza sich um. Die hohen Decken und der geputzte Boden, gaben den Räumen etwas herrschaftliches.
Sie ging weiter einen der abzweigenden Flure entlang. Vincent folgte ihr wie ein Schatten, bedacht dennoch Abstand zu halten. An den Wänden hingen Bilder von ehemaligen Präsidenten, nationalen Helden, Projekten, der Geschichte der Stadt. Elizas Blick glitt über sie alle bis sie an einem kleinen Bild hängen blieb.
Mit klopfendem Herzen betrachtete sie die Personen darauf und begann an ihrer Sehfähigkeit zu zweifeln. Das Bild zeigte eine Frau in ihren Vierzigern, kurze dunkelbraune Haare und ein breites Lächeln. Zu ihren Seiten standen eine Frau und ein Mann. Sie waren von einer Gruppe Menschen umgeben und kaum jemand hätte dieser kleinen Personengruppe viel Aufmerksamkeit geschenkt, doch Eliza kannte diese Frau und diesen Mann. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Foto ihrer Eltern auf der Picknickdecke in Budapest. Sie hielt es neben das Bild an der Wand. Das waren eindeutig dieselben Personen.
Dieselben Frisuren, dieselben Gesichtszüge.
"Eliza, was ist los?" murmelte Vincent hinter ihr und starte ebenfalls auf ihren Fund, doch schien nicht ganz zu verstehen, was er sah. Mila und eine Mitarbeiterin traten zu ihnen.
"Eliza, Vincent. Wir können jetzt runter ins Archiv. Seid ihr soweit?"
"Nein...nein, was ist das für ein Bild?", fragte Eliza hastig und zeigte auf das Wandbild und verbarg das Foto ihrer Eltern wieder in ihrer Tasche. Mila beugte sich vor.
"Ist eine Gruppe von Menschen, die bei dem Bau eines Kinderdorfes in Sofia mitgeholfen haben. 1983." Die Mitarbeiterin des Rathauses, eine ältere freundlich blickende Dame, schaltete sich ein und begann über die Bauarbeiten damals zu reden. Sie war selbst jung gewesen und hatte einige dieser Menschen gekannt.
"Was ist mit diesen zweien. Wie waren ihre Namen?" Eliza zeigte auf ihre Eltern und wartete ungeduldig auf eine Antwort. Die Mitarbeiterin beugte sich blinzelnd vor und justierte ihre Brille. Sie antwortete auf Bulgarisch und gespannt wandte Eliza sich zu Mila für eine Übersetzung.
"Das waren Catalina und Tristian Dimitrova. Sie haben bei den gesamten Bauarbeiten geholfen und bei Dimetra Petrov gewohnt. Dimetra ist so etwas wie eine Heilige der sozialen Gerechtigkeit."
Zwanghaft versuchte Eliza ihren Schock zu unterdrücken und lächelte freundlich. "Und lebt Miss Petrov noch in Sofia?" Die Archivmitarbeiterin nickte vorsichtig. Es schien als wäre sie sich nicht sicher, ob sie diese Information weitergeben durfte. Mila schaltete sich ein. Zaghaft sprach sie einige Worte auf Bulgarisch und schließlich nickte die Mitarbeiterin sanft und versprach gleich wiederzukommen. Verwirrt blickte Eliza zu Mila.
"Was hast du ihr gesagt?"
"Das du deine Familie suchst. Die Menschen hier verstehen das. In den Achtzigern bis hin zu den neunziger Jahren wurde hier einiges Falsch gemacht. Familien verschwanden oder wurden getötet. Sie wird dir helfen, weil sie deinen Wunsch nachvollziehen kann." Eliza wusste nicht viel über die Geschichte Bulgariens, eigentlich generell über Geschichte, doch je weiter sie ihren Eltern in die Vergangenheit folgte umso schwieriger wurde es. Die Mitarbeiterin kam mit einem einzelnen Zettel zurück. Darauf stand die Adresse. Eliza nahm sie mit einem mulmigen Gefühl im Magen entgegen und bedankte sich kleinlaut bei der Mitarbeiterin.
"Ist es das wonach du gesucht hast?", fragte Mila vorsichtig und betrachtete noch einmal die Personen auf dem Bild.
"Ich denke schon."
"Du weißt es nicht?" Eliza starrte auf den Zettel, versuchte in ihrem Kopf die Jahre zu zählen, die Fotos zu vergleichen. Es ergab einfach keinen Sinn. Ihre Eltern konnte unmöglich bereits erwachsene in Sofia gewesen sein. Mila wandte sich ihr zu.
"Du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen.", kommentierte sie und Vincent schaltete sich ein. Er nahm Eliza den Zettel ab und steckte ihn in ihre Handtasche.
"Ich denke wir sollten uns etwas Essbares suchen. Eliza braucht dringend etwas Süßes und einen Kaffee."
"Uh, ich weiß das perfekte Cafe. Folgt mir!", Mila ging breit grinsend voran. Vincent wollte ihr nach, doch Eliza packte seine Hand und hielt in zurück. Ihre Stimme war kaum mehr als ein ärgerliches, verzweifeltes Flüstern.
"Ist das ein Scherz? Ein bescheuerter Trick von Sangai? Wie können meine Eltern 1983 bei dem Bau eines Kinderdorfes mitgeholfen haben?" Vincent wand sich unter ihrem zornigen Blick. Sanft schüttelte er den Blick.
"Es ist nicht so wie du denkst."
"Dann erklär es mir.", zischte sie verletzt. Er verheimlichte ihr etwas, das war eindeutig. Sie fühlte sich hintergangen. Vincent nickte zögerlich und wurde von Mila unterbrochen.
"Kommt ihr?"
"Ja, wir sind direkt hinter dir.". antwortete er und befreite seinen Arm aus Elizas stählernen Griff.
"Nachher. Wenn wir alleine sind.", flüsterte er und bot ihr seine Hand an. Eliza biss die Zähne zusammen und ging an ihm vorbei. Sie wollte nicht mehr Händchen halten, sie wollte seine Zuneigung nicht mehr. Sie wollte antworten und die würde sie bekommen.
Cataleya- 1685
Sie wanderte durch den Wald, hektisch atmend und immer zurück blickend. Die weißen Männer waren ihr zwar nicht mehr auf den Fersen, doch sie schien ihre todbringende Präsenz immer noch spüren zu können. Jahrzehnte waren vergangen seid ihr kleines Dorf von einer furchtbaren Seuche ausgerottet worden und sie in den Ruinen eines schönen Lebens zurück gelassen worden war.
Sie war wie die meisten krank geworden, doch nach einigen Wochen wieder genesen, das kleine Mädchen, das sie gerne ihre Tochter genannt hätte, hatte nicht so viel Glück gehabt. Sich dem Leben einer Reisenden ergebend beschloss sie immer weiter zuziehen.
So war sie auch in ihre derzeitige Lage gekommen. Während der weiße Mann sich weiter auf dem Land ausbreitete, jagte er liebend gerne die Einheimischen, dessen Hautfarbe Cataleya teilte.
Sie musste einen sicheren Ort finden um ein wenig auszuruhen. Erschöpfung war ein ständiger Begleiter geworden. Die Sonne stand bereits tief als ein Geräusch sie aufhorchen ließ, stockend blieb sie stehen und sah sich um. Sie bemerkte einen Mann auf einem braunen Pferd.
Es war bereits zu spät um sich zu verstecken, also zog Cataleya ihr Messer und bereitete sich auf einen Kampf vor. Doch wider erwarten ritt der Fremde gemächlich und ohne Hast. Als er näher kam, wurde er noch langsamer und blieb schließlich stehen. Misstrauisch taxierte Cataleya ihn. Er war groß, muskulös, seine Kleidung war die der meisten Weißen. Wirklich auffallend war sein Haar.
Es war rostrot und in einem lockeren Zopf gebunden. Stechend blaue Augen blickten sie vorsichtig an. Cataleya erwiderte den Blick wütend. Es war nicht die Wut auf ihn perse, es war sein Volk dem ihre unausgesprochene Missgunst galt.
"Es tut mir leid, dich belästigen zu müssen. Ich habe mich verlaufen.", versuchte er es in der Sprache der nördlichen Stämme. Cataleya sprach diese Sprache, so wie die meisten anderen auf dem Kontinent vertretenen, doch es war selten, einen Weißen, diese Worte aussprechen zu hören.
"Kannst du mich verstehen?", versuchte er es in eine der südlichen Sprachen. Verwundert hob Cataleya die Augenbrauen nach oben. Auch diese Sprache konnte er ohne Akzent sprechen.
"Ich kann dich verstehen.", antwortete sie ihm in Englisch. Der Weiße schien ebenso überrascht.
"Weißt du wo das nächste Dorf liegt?" Cataleya wusste, dass es etwa einen halben Kilometer nördlich einen Cherokee stamm gab, aber auf keinen Fall würde sie das diesem Fremden erzählen. Sie schwieg und zuckte mit den Schultern. Der Fremde nickte wissend und lächelte leicht.
"Verstehe.", seufzend sah er auf sie herab, "kann ich dich dann ein Stück deines Weges begleiten?"
Cataleya war verwirrt, was gedachte er mit dieser Bitte zu bewerkstelligen? Wer war er, das er sich in den Sprachen dieses Kontinents so gut auskannte? Neugierde siegte über ihre Furcht und nickend ging sie weiter. Ihr Begleiter stieg vom Pferd und trat neben ihr den Weg an. Er lächelte verhalten.
"Ich heiße Tristan. Das ist Rosie, das freundlichste Pferd des Landes. Sie leistet mir seit Jahren treue Dienste. Ich bin eigentlich auf den Weg nach Westen, will dort das Meer sehen. Aber irgendwie hat mich das Grün dieser unglaublichen Wälder etwas verlangsamt."
"Die Natur ist wunderschön.", stimmte sie ihm zu. Zaghaft sah sie ihn von der Seite an. Sein Haar hatte im Licht der untergehenden Sonne einen feuerroten Glanz. Sein Blick war auf das grüne Blätterdach der Bäume gerichtet, Bewunderung stand offen in dem Blau seiner Augen.
"Wie heißt du?", fragte er ebenso neugierig und wandte sich ihr zu. Sollte sie lügen? Für einen kurzen Moment wollte sie das, doch etwas in seinem Gesicht hielt sie auf. Vielleicht war es der zarte Schwung seiner Augenbrauen, oder das Grübchen auf seinem Kinn, möglicherweise auch das Gefühl ihm wider Erwartens Vertrauen zu können.
"Cataleya." Nachdenklich strich Tristan über seine Wange.
"Das ist ein ungewöhnlicher Name. Von welchem Stamm kommst du?"
"Und du?", konterte sie spitz. Tristan lachte leise.
"Vor langer Zeit nannte ich Irland meine Heimat." Seine Stimme war traurig und als sie in seine Augen sah, erkannte sie etwas das sie zuvor nicht gesehen hatte. Alter. Dieser Mann schien schon vieles erlebt zu haben, seine Augen sprachen von Leid und Verlust.
"Ich komme von einem kleinen Stamm im Süden." Er lächelte sie an.
"Dann bist du so weit von Zuhause entfernt wie ich."
"Es ist lange her, dass ich einen Ort Heimat nennen konnte."
"Ich weiß wie du dich fühlst." Und zum ersten Mal konnte Cataleya einem anderen Menschen diese Worte glauben. Seine Gesichtszüge waren ein Spiegelbild ihrer eigenen. Die Dunkelheit brach über sie herein und zaghaft fragte der Fremde ob sie zusammen ein Feuer machen wollten.
Cataleya wusste, sie sollte ablehnen, fortgehen, doch wieder ertappte sie sich dabei ihm Vertrauen zu wollen. In seltsam vertrauter Einstimmigkeit bereiteten sie ein Nachtlager. Tristan legte eine Decke um ihre Schultern und gemeinsam saßen sie vor dem lodernden Feuer, näher, als Cataleya es hätte zulassen sollen. Sie konnte seine Wärme neben sich spüren, sein Geruch nach Mann und Pferd hüllte sie ein.
"Was tust du hier, Tristan?"
"Das habe ich dir doch schon gesagt." Sie schüttelte den Kopf.
"Nein, das ist es nicht. Ich will wissen, was du auf diesem Kontinent suchst?" Er sah sie schweigend an, das Gesicht verhüllt hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit. Sekunden vergingen und Cataleya glaubte keine Antwort mehr zu erhalten, als sie schließlich sein Flüstern hörte.
"Den Sinn meines Lebens."
"Und hast du ihn in den dem Blut der Einheimischen gefunden?", fragte sie gewollt provozierend. Sie war ihm so nahe und ihr Körper sehnte sich nach der Nähe eines anderen Menschen, doch zuvor musste er ihr beweisen, mehr zu sein. Der Blick den er ihr zuwarf strotze nur so vor resignierter Wut.
"Ich weiß, was die Fremden deinem Volk antun und ich habe es nie gut geheißen, habe nie teilgenommen, oder war untätig wenn ich Unrecht sah. Ich möchte nicht das du so von mir denkst."
Sie glaubte ihm, sah die Ehrlichkeit in dem zornigen Blitzen seiner Augen, als er an vergangene Ereignisse dachte. Erschöpft gab sie dem Sehnen ihres Körpers nach und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Es fühlte sich beinahe wie eine Heimkehr ein. War sie verrückt, solche Gefühle zu hegen?
"Du glaubst mir?", fragte er verblüfft und legte den Arm um ihre Hüften.
"Ich glaube dir.", seinen Blick suchend hob sie den Kopf. Seine Stirn berührte ihre, die Lippen waren leicht geöffnet. Einen Moment zögerten sie, unsicher ob sie dem Funken zwischen ihnen Leben einhauchen sollten. Seufzend gab Cataleya schließlich nach und küsste ihn.
Einem Feuerwerk gleich pressten sie sich aneinander und kapitulierten vor der Leidenschaft des Augenblickes.
Anmerkung der Autorin: Puh, die richtigen Zeiten anzugeben ist echt schwer. Ich bemühe mich alles richtig zu machen. Hoffe ihr hatten Spaß mit dem Kapitel, ich hatte auf jeden Fall Spaß es zu schrieben. Leider ist meine Schildkröte Matida krank und ich mache mir große Sorgen um sie :(
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