18. Was zurück bleibt
Die nächsten Tage verflogen rasant. Abwechselnd steuerten sie das Boot um sicher zu gehen, dass sie niemandem begegneten. Während dieser Zeit plagten Vincent Albträume und Rastlosigkeit. Vor seinem geistigen Auge konnte er immer nur Eliza sehen.
Wie sehr musste sie nun leiden...wäre er doch stärker gewesen. Die Schuldgefühle nagten langsam an seinem Verstand. Hunter und Sahana waren ihm keine Hilfe. Die beiden vollführten einen grazilen, schmutzigen Paarungstanz. Sie zankten sich und konnten doch nicht die Augen voneinander lassen.
Es wurde schlimmer je näher sie Sri Lanka kamen. Vincent mied es im selben Raum wie sie zu sein, aus Angst, sie könnten jeden Moment übereinander her fallen.
"Wir sind da.", bestätigte Sahana leicht enttäuscht und verankerte das Boot in einem kleinen Hafen auf der Insel Sri Lanka. Vincent ging sofort an Land, er hatte genug von der Enge des Bootes und dem ständigen Schaukeln.
Dankbar setzte er sich auf einen großen Stein unweit der Anlegestelle. Hunter ging ebenfalls von Bord. Unsicher stand er Sahana gegenüber und Vincent sah ihm an, dass er etwas sagen wollte. Sahana kam ihm zuvor. Beiläufig strich sie sich eine Strähne aus der Stirn.
"Du warst ein guter Matrose. Hab dich wohl unterschätzt." Hunter lächelte leicht.
"Du warst ein guter Kapitän. Es war eine Erfahrung unter dir zu segeln."
"Hast du nicht. Wenn du es getan hättest, wärst du immer noch vollkommen fertig.", meinte Sahana zweideutig und ließ Hunter stehen. Dieser grinste Vincent an und trat auf ihn zu.
"Wow, Sahana ist der Wahnsinn. Wo hast du die aufgegabelt?", flüsterte er ihm zu. Vincent konnte nur kopfschüttelnd lächeln.
"Lange Geschichte.", meinte er und Hunter gab sich damit zufrieden. Sein Augenmerk war bereits wieder auf Sahana. Vincent freute sich über die Romanze seines Bruders, doch gleichzeitig erinnerte es ihn zu sehr an Eliza. Er vermisste sie so sehr. Die Nächte alleine waren eine Qual gewesen, er hatte sich an ihre Wärme, ihren Geruch und ihren leisen Atem gewöhnt. Ohne sie war ihm ständig kalt.
"Wie geht es dir?", fragte Hunter etwas einfühlsamer und ließ sich neben Vincent auf dem Stein nieder. Vincent seufzte.
"Dem Umständen entsprechend."
"Wie ist es so...ohne Peilsender. Ich meine du bist frei. Frei von Sangai und seinen Missionen."
"Frei von der einzigen Familie, die ich je gekannt haben.", entgegnete Vincent und sprach aus, was auch seinem Bruder durch den Kopf gehen musste, "ich bin alleine. Ich weiß, nicht wo ich leben werde, was ich tun werde...sobald ich Eliza gefunden habe, werde ich mir darüber Gedanken machen müssen."
Hunter nickte. Vincent sah ihm an, dass er ebenfalls darüber nachdachte zu verschwinden. Jeder seiner Brüder dachte mindestens einmal daran, doch die wenigsten taten es. Sangai rekrutierte sie zu jung, manipulierte sie zu geschickt. Alleine der Gedanke alles was man kannte hinter sich zu lassen, löste bei den meisten panische Angst aus. Vincent war da keine Ausnahme, allerdings hielt ein Wall aus Angst um Eliza die Gefühle für seine eigene Zukunft zurück. Eliza hielt ihn zusammen. Sahana trat wieder auf sie zu, in ihrer Hand befand sich ein Handy.
"Ich habe mit dem reichem Pimp geredet. Er sagt, es ist kein Problem solange meine Schwester mit ihm ausgeht."
"Wird sie es tun?", fragte Vincent zweifelnd. Es behagte ihm nicht jemanden zu einem Date zu nötigen. Sahana winkte ab.
"Ja, sicher. Insgeheim steht sie auf ihn. Sie will es ihm nur nicht zu leicht machen."
"Sie scheint nicht die einzige zu sein.", warf Hunter ein und fesselte ihren Blick mit einem anzüglichen Lächeln. Sahana sah ihn von oben herab an und setzte eine gespielt unschuldige Miene auf.
"Ich weiß nicht was du meist." Vincent stöhnte leise genervt. Das konnte doch nicht wahr sein. Er wünschte sich Mila und Kerem zurück. Die zwei hatten wenigsten nicht diese merkwürdige sexuelle Spannung. Sahana wandte sich lächelnd wieder ihm zu und ignorierte Hunter.
"Du sollst beim Flughafen warten. Einer seiner Leute wird dich abholen und nach Ankara fliegen." Nickend stand er auf, begierig darauf voran zu kommen.
"Verstanden. Lasst uns gehen." Glücklicherweise fanden sie schnell ein Taxi und fuhren zum Flughafen. Dieser war auch Hunters Ziel, schließlich musste er zurück zu Sangai. Vincent sah die Miene seines Bruders immer düsterer werden, je näher sie dem Flughafen kamen.
Seine Gedanken mussten bei Sangai und dem nächsten furchtbaren Auftrag sein. Vincent konnte sich sehr gut an dieses Gefühl erinnern.
Die Hilflosigkeit raubte einem den Atem, verhinderte das man die Kraft zur Rebellion aufbrachte und sperrte einen in einen mentalen Käfig.
Zum ersten Mal seit jener Nacht war Vincent froh über die frische Narbe in seinem Nacken. In der Eingangshalle wartete bereits eine Flugbegleiterin auf Vincent und ein Ticket auf Hunter.
Unbehaglich standen sie einander gegenüber, jeder mit seinen eigenen Problemen dieser Situation entsprungen beschäftigt. Vincent atmete tief durch und umarmte Sahana leicht.
"Es war schön dich kennenzulernen. Danke für deine Hilfe. Ich werde sie befreien, versprochen.", schwor er der jungen Frau, die ihm streng zunickte.
"Und sorg dafür das dieser Bastard es bereut. Das sind meine Kontaktdaten. Bitte gib sie Eliza weiter. Wir sind Familie. Ich will, dass sie das weiß und versteht, dass ich immer für sie da sein werde." Sie reichte ihm einen Zettel und verschränkte die Arme als ihr Blick auf Hunter fiel. Dieser kratzte sich unsicher am Kinn.
"Ich hoffe wir begegnen uns wieder, unter anderen Umständen versteht sich."
"Das hoffe ich auch.", erwiderte Sahana bitter. Für mehrere Sekunden starrte Hunter Sahana an. Die Spannung zwischen ihnen war beinahe mit Händen zu greifen. Vincent überlegte ob er nicht doch eingreifen sollte. Schließlich wollte er nicht das sein Bruder sich blamierte oder sich einen ordentlichen Kinnhaken verdiente. Unerwartet brummte sein Bruder
"Scheiß drauf." und küsste Sahana sanft. Diese schlug nicht sofort zu oder begann zu schreien, was Vincent durchaus als gutes Zeichen deutete. Stattdessen erwiderte sie den Kuss leidenschaftlich. Um den beiden einen privaten Abschied zu gönnen, senkte Vincent den Blick.
"Hättest du das doch mal früher gemacht.", hauchte Sahana leise. Hunter lachte an ihren Lippen.
"Ich wollte mir keine Ohrfeige einfangen."
"Großes Risiko, großer Gewinn, mein Freund. Jetzt geh und wehe ich kriege keine Nachricht von dir." Sie reichte auch Hunter einen Zettel, doch darauf stand bloß eine Telefonnummer. Vincent sah wie Hunter den Zettel einsteckte und dabei tatsächlich rote Wangen bekam.
So unwahrscheinlich diese Begegnung auch war, sie hatten offensichtlich die Chemie zwischen sich entdeckt. Ob Eliza und er auch so explosiv gewirkt hatten. War das der Grund für Milas Witze gewesen? Über beide Ohren grinsend wandte sich sein Bruder zu ihm und auch Vincent kam in den Genuss einer festen Umarmung.
Er hätte nie gedacht, solch einen Abschied zu bekommen. Seine Zukunft hatte eher nach einem schnellen, ungnädigen Tod durch Sangais unbeugsame Hand ausgesehen. Nun allerdings erwischte er sich dabei Hoffnung zu hegen. Mit Eliza an seiner Seite wollte er seinen Bruder, Sahana, Mila und Kerem wiedersehen.
Schweren Herzens ließen die Brüder ihre Verbündete am Flughafen zurück und stiegen in verschiedene Flugzeuge. Das Privatflugzeug von Sahanas potentiellen Schwäger war gut ausgestattet. Schnell verfiel Vincent in einen unruhigen Schlaf mit quälenden Abträumen. Vom Flug bekam er nichts mehr mit.
"Sir, wir sind da.", weckte ihn die Flugbegleiterin nachdem sie gelandet waren. Vincent fühlte sich trotz der Stunden Schlaf noch völlig ausgelaugt. Schwerfällig stieg er aus und trat in die klimatisierte Ankunftshalle des Flughafens von Ankara.
Alles war noch genauso wie er es in Erinnerung hatte und weckte ein unangenehmes Deja-vu in ihm. Unruhig griff er in das Geheimfach in seinem Rucksack und zog mehrere Geldscheine für das Taxi heraus. Während ihrer Reise hatte er es sich zur Angewohnheit gemacht, so viel Geld wie möglich abzuheben und es mit exzessiven Shopping zu vertuschen.
Irgendwie hatte er bereits so ein Gefühl gehabt, dass Geld ihnen einmal den Hals retten könnte. Der Taxifahrer brachte ihn in die generelle Umgebung von Osmanns Anwesen und von dort aus konnte Vincent ohne Probleme laufen.
In der Mittagshitze suchte er seinen Weg zurück zu Osmann und dank seines guten Orientierungssinnes hatte er keine Schwierigkeiten das Anwesen erneut zu finden. Am Tor angekommen, klingelte er ungeduldig. Es dauerte einige Sekunden bevor die junge Nerve in Bikini und Sonnenhut lächelnd auf ihn zukam.
"Hast du noch nicht genug von mir?", fragte sie ihn auf Englisch. Zähneknirschend überlegte er sich eine Antwort. Er war so viel besser im verstehen als im reden. Ungelenk fragte er nach Osmann und wurde mit einem genervten Augenverdrehen eingelassen.
Nerve führte ihn mit wiegenden Hüften durch den Garten zu einer Poolanlage. Palmen warfen leichte Schatten über den kristallklaren Pool. Auf einer Holzliege lag Abdel Osmann, ebenfalls in Badehose, Sonnenbrillen und einem Cocktail in der Hand.
Vincent hatte weder Augen für die schöne Frau vor ihm, noch den offensichtlichen Reichtum seines Gastgebers. Er war mit einem Ziel gekommen und würde dieses entschlossen verfolgen. Als er näher trat, setzte Osmann sich auf. Seufzend stellte er den Cocktail weg und sah Vincent über den Rand seiner Brille an.
"Was willst du wieder hier? Und das alleine...wo ist Eliza?", seine Stimme war kalt und hart. Dieser Mann mochte ihn nicht, das war Vincent bereits bei ihrem ersten Treffen klar gewesen. Zu schade, doch davon würde er sich nicht einschüchtern lassen. Schnell legte er seinen Rucksack ab und setzte sich Osmann gegenüber auf eine Liege.
"Sangai hat sie entführt." Sorge und ehrliche Furcht huschte über Osmanns Gesicht bevor er sie wieder hinter einer gleichgültigen Maske verbarg.
"Das ist nicht sehr überraschend. Dein Vater ist ein Arschloch."
"Er ist nicht mein Vater! Und ich weiß, dass er ein Monster ist."
"Ach weißt du das wirklich?", fragte Osmann sichtlich gereizt.
"Ja, glaub mir. Ich kenne ihn besser als die meisten und aus diesem Grund muss ich Eliza schnell befreien. Ich weiß, was er ihr antun kann, wenn er nur genügend Zeit hat. Ich darf ihm diese Zeit nicht geben. Ich brauche deine Hilfe." Vincent hörte die Verzweiflung in seiner Stimme und beschloss sie zu nutzen. Wenn Osmann dadurch begriff wie ernst es ihm war würde er noch auf Knien betteln und flehen.
"Meine Hilfe? Du? Wieso sollte ich das tun? Du bist einer seiner Sklaven und vermutlich in seinem Auftrag hier um Informationen von mir zu bekommen." Vehement schüttelte Vincent den Kopf.
"Nein, nein schau. Ich habe den Peilsender entfernt. Sangai glaubt ich sei tot." Hektisch riss er Sahanas Verband von seinem Nacken und zeigte das Ergebniss seinem Gegenüber. Osmann schien nicht sonderlich beeindruckt von seinem Heldentum, doch beim Gedanken an Eliza hatten seine Augen einen traurigen Schimmer.
"Elizas Fehler war dir zu vertrauen. Ich habe ihr gesagt, dass das nicht gut Enden wird. Aber sie wollte nicht hören. Sie ist so stur wie Tristan und Cataleya zusammen."
"Ich habe gehört, dass du ein enges Verhätnis mit Tristan gehabt hast. Bist du es ihm nicht schuldig seine Tochter zu retten wenn du es kannst?", versuchte Vincent zu verhandeln. Er erkannte selbst, dass er mit jedem Wort dass er aussprach auf dünnem Eis wandelte. Osmanns Gesichtszüge verhärteten sich.
"Sprich nicht von ihm als würdest du ihn kennen. Du weißt gar nichts. Wäre Tristan hier würde er dich zum Teufel jagen für die Dinge die dein Vater getan hat!"
"Er ist nicht mein Vater!", schrie Vincent wütend und ballte die Hände zu Fäusten. Jedes Mal wenn Osmann diese Worte aussprach jagte Zorn durch seine Adern. Sein Herz pumpte flüssige Lava durch viel zu enge Venen. Osmann schenkte ihm ein grausames Lächeln.
"Und genau da liegst du falsch.", hauchte er und zerbrach damit Vincents gesamte Welt. Die Splitter schnitten tief in seinen Körper und blinzelnd starrte er Osmann an. Nein..das konnte nicht sein.
"Aber er ist ein Unsterblicher...er kann keine Kinder zeugen.."
"Da muss ich dich korrigieren. Er war ein Unsterblicher. Bis zu dem Jahr in dem du geboren wurdest. Und die ganze Welt erfuhr, dass er zu altern begonnen hat."
"Das..ich..ich kann mich an meine Familie erinnern. Ich war nicht immer bei ihm. Ich kann mich daran erinnern!" Bilder seiner lachenden Eltern und seiner Kindheit blitzen durch seinen Verstand. Er war geliebt worden und hatte Geborgenheit erfahren. Bis zu jener Nacht in der sie gestorben waren. Tränen rannen langsam seine Wangen hinunter.
"Das kann doch alles nicht wahr sein.", wisperte er zu sich. Widerwillig mitfühlend legte Osmann eine Hand auf seine Schulter.
"Ich kann dir sagen, was damals passiert ist. Wenn du es möchtest." Zittrig nickte Vincent. Er wollte die Wahrheit. Einmal in seinem Leben sollte jemand ihm die Wahrheit sagen. Osmann atmete tief durch, stand auf und deutete ihm zu folgen.
Kraftlos machte Vincent einen Schritt nach dem anderen. Osmann führte ihn durch das Poolhaus in die Villa. Vincent wusste nicht wie viele Türen sie passierten, wie viele Flure sie entlang wanderten. Seine Gedanken wanderten im Kreis und seine Augen waren fest auf die breiten Schultern seines Führers geheftet.
Schließlich blieb Osmann stehen und drehte sich zu einem großen Ölgemälde. Darauf zu sehen waren Abdel Osmann, Tristan, Cataleya und ein Mädchen. Sie lächelten und schienen glücklich. Zärtlich strich Osmann über die Leinwand.
"Das ist deine Mutter.", hauchte er und zeigte auf das junge Mädchen.
"Meine Mutter?"
Cataleya 1943 Frankreich
Egal wie oft sie Kinder gebar, es wurde doch nie einfacher. Die Schmerzen waren immer dieselben und leider wurden die Hebammen schwieriger zu finden. Es war das erste Mal, dass sie ein Kind in einem Krankenhaus gebar unter der Aufsicht eines kritischen Arztes, der weder auf ihre Erfahrungen noch auf die Signale ihres Körpers hören wollte.
Als Mann schien er noch dazu ein gewisses Unwohlsein ihrem nackten Körper gegenüber zu hegen. Cataleya hätte darauf bestanden eine Hebamme zu finden, aber in Kriegszeiten konnten sie nicht wählerisch sein.
"Nun Mrs. Petrov müssen sie pressen.", befahl der Arzt und nahm Abstand. Cataleya schüttelte genervt den Kopf. Sie war weit von Presswehen entfernt und würde sich hüten ihre Kraft vor der Zeit aufzubrauchen. Ungeduldig stand sie vom Bett auf und ignorierte die hektischen Anweisungen des verärgerten Medizinmannes. Kugelrund öffnete sie die Zimmertür und suchte auf dem Gang nach Tristan.
Lange musste sie nicht suchen, angespannt und kreidebleich wartete er direkt vor der Tür.
"Was ist los? Geht es dir gut?", fragte er zittrig. Die Tatsache, dass er nicht mit in den Raum durfte hatte sie beide aus der Bahn geworfen, doch ihn schien es in ein Stadium äußerster Angst versetzt zu haben. Cataleya umarmte ihn fest.
"Es ist alles gut. Das Baby braucht noch, aber dieser Dummkopf will dass ich jetzt schon presse. Können wir einfach ein bisschen auf und ab gehen? Damit wird das Kleine schon kommen."
"Natürlich.", erwiderte Tristan sofort und nahm ihre Hand. Lächelnd spazierten sie den Gang entlang und beobachteten das Treiben des Krankenhauses. Es gab wieder Krieg, grausamer und törichter als sie es zuvor gesehen hatten.
So viele Menschen starben oder verloren ihr Leben für ein Ideal. Auch ihr Leben hatte sich durch die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen stark verändert. Glücklicherweise konnten sie beide deutsch und waren in der Lage gewesen die letzten Jahre gut zu überstehen.
Im Geheimen halfen sie Flüchtlingen und der Resistance, doch mit Cataleyas Schwangerschaft hatte dies zu einem großen Teil aufgehört. Tristan sah nicht ein, warum sie ihr Leben für einen sinnlosen Krieg aufs Spiel setzen, warum sie einer Nation oder einem Volk treu sein sollten und würde eine Beobachtungsrolle weitaus angenehmer finden.
Natürlich half er wenn sich die Gelegenheit bot, doch anders als Cataleya suchte er den Konflikt nicht.
"Ob es bald vorbei ist?", fragte er leise und sah zu den jungen Soldaten die verwundet in ihren Krankenbetten lagen. Cataleya konnte nur den Kopf schüttelnd. Der Geruch von frischem Blut rief Brechreiz hervor. Schnell gingen sie weiter und ließen die jungen Burschen hinter sich. Ihr Ziel war der Innenhof des alten Krankenhauses, ein ehemaliger Garten mit ungeahnter Blumenpracht.
Bereits bei ihrem Ankommen, hatte er in voller Blüte gestanden und mit einer natürlichen Ruhe gelockt. Auch an diesem Ort war der Krieg omnipräsent. In den Ecken standen Säcke mit Vorräten, auf den Bänken lagen verwundete, die keinen Platz mehr in der Klinik bekommen hatten. Bedächtig spazierten sie durch die Blumen und versuchten das geschäftige Treiben um sie herum auszublenden.
"Ich denke es ist an der Zeit, dass wir weiterziehen.", meinte Tristan leise und strich sanft über ihren geschwollenen Leib. Stirnrunzelnd legte sie ihre Hand auf seine.
"Nein, wir haben hier eine Aufgabe. Wir können unser Zuhause, unsere Freunde nicht einfach zurück lassen."
"Wieso nicht? Wir haben es oft genug getan. Sie werden uns vergessen." Verletzt zuckte Cataleya zurück. Er benutzte dieselben Worte wie schon einmal.
"Sie werden uns nicht so einfach vergessen und wir auch nicht. Ich kann niemanden gleichgültig seinem Schicksal überlassen."
"Wir müssen uns jetzt um unser Kind sorgen. Es braucht einen sicheren Ort um aufzuwachsen. Keinen Kriegsschauplatz!", meint er ärgerlich. Cataleya legte den Kopf schief.
Ihr war nach all den Jahren Beziehung aufgefallen, dass er ihre Kinder unbewusst als Grund nutze um fortzugehen, um zu verschwinden, wenn die Freundschaften zu innig wurden. Die Angst den Tod seiner Freunde mitzuerleben war in seinen Augen klar zu erkennen. Sie wollte ihm Antworten, doch eine Wehe raubte ihr den Atem. Zitternd krümmte sie sich zusammen und atmete gleichmäßig durch die Schmerzen.
"Cat..alles ist gut...alles ist gut...ich bin da..", flüsterte er immer wieder und strich liebevoll über ihren Rücken. Es half. Langsam richtete sie sich wieder auf. Sie fühlte das Baby tiefer rutschen.
"Wir sollten rein gehen.", brummte sie krampfhaft und ließ sich von ihm zurück zur Entbindungsstation bringen. Kaum hatten sie den Raum betreten, begann das Pressen wirklich.
Tristan blieb stur an ihrer Seite, ließ sich weder vom Arzt noch von der Krankenschwester vertreiben. Beruhigend wisperte er ihr aufmunternde Worte zu und um jedes davon war Cataleya dankbar.
Der Arzt wollte ihr zwar Anweisungen geben, doch diese ignorierte Cataleya gefließlich und konzentrierte sich darauf dieses Kind auf die Welt zu bringen. Nach einer Stunde konnte sie endlich das Schreien ihres Babys hören.
"Es ist ein Mädchen.", verkündete der Arzt und reichte das Neugeborene einer Krankenschwester.
"Bleib bei ihr.", hauchte Cataleya erschöpft und hastig stand Tristan auf um seine Tochter nicht eine Sekunde aus den Augen zu verlieren. Behutsam wurde sie sauber gemacht und dann in Cataleyas Arme gelegt.
"Ich sehe später wieder nach Ihnen.", meinte der Arzt müde und ging. Die Krankenschwester reichte ihr noch etwas zu trinken und verließ dann ebenfalls den Raum. Unter sanften Sauggeräuschen legte Tristan sich neben sie aufs Bett und kuschelte mit ihnen. Die unbeschreibliche Liebe in diesem Moment erwärmte Cataleyas Herz.
"Wie wollen wir unsere Tochter nennen?", fragte sie gerührt während sie in das runzelige Gesicht ihres Babys blickte. Tristan strich zärtlich über den kleinen Kopf und verzog nachdenklich den Mund.
"Ich mag den Namen Dimetra." Just in diesem Moment begann das Kind zu lächeln. Cataleya lachte laut und wandte ihren Blick zum Vater ihres Kindes.
"Sie scheint den Namen zu mögen. Dann soll es so sein. Dimetra Noelle Petrov, willkommen auf dieser Welt."
Anmerkung der Autorin: Woah!!! Plottwist! Ganz ehrlich das war ne Eingebung in letzter Sekunde. Sorry, dass ich nicht aktiver bin. Bin momentan müde, ein bissi krank und ehrlich zu faul. Es sind immer die letzten paar Kapitel, die mich fertig machen.
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