Kapitel 13: Qualm
„Prinzessin...", wollte ich beginnen, doch schon bevor ich ein zweites Wort sprechen konnte, wurde ich unterbrochen. „Link, ich bitte dich". Sie drehte ihren Kopf zu mir herüber und versuchte sich an einem Lächeln. „Du brauchst mich nicht mit der formellen Anrede anzusprechen. Zumindest nicht, wenn wir unter uns sind", sprach sie anschließend ihre Bitte aus. Ich umgriff die Zügel mit einem festeren Griff und nickte nur. Um die Bitte der Prinzessin gelehrt, fing ich meine verlorengegangenen Worte wieder auf: „Du weißt, dass ich nicht hätte mir dir frühstücken sollten?" Ich war mir sicher, dass sie es wusste, und dennoch wollte ich sie darauf aufmerksam machen. Die Leute in Ställen redeten viel und gerne. Um irrsinnige und törichte Gerüchte zu vermeiden, wollte ich sie darauf aufmerksam machen. Es war nicht angemessen, dass wir miteinander gespeist hatten. Und der König würde erst recht nicht davon erfahren dürfen. Im schlimmsten Falle würde ich meinen Posten verlieren. Ich würde degradiert werden. Und Zelda das Vertrauen ihres Volkes verlieren. Deshalb sollten wir zukünftig alle Tätigkeiten unterlassen, die sämtliche Gerüchte anstacheln würden. „Ich weiß", sagte sie nur und griff mit einer Hand in die Mähne ihres Schimmels. Sie war sich wohlgewiss darüber. „Und doch empfinde ich es als ungerecht". „Tust du das?" Mit einer ungewohnt selbstsicheren Stimme verstärkte sie ihre Antwort: „Ja!" Natürlich. Denn auch ich empfand so. Wir ritten schweigsam nebeneinander her. Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Wobei sich meine lediglich um den Ruf des Schwertes drehten. Konnte ich mir sicher sein, dass es nicht nur ein Traum war? Wobei, selbst wenn... die Anzeichen bei der Quelle des Mutes waren mehr als deutlich. Das Leuchten meiner Hand. Das Triforce. Doch warum erschien das jetzt alles so plötzlich? Warum ging jetzt alles so schnell? Hastiger als es mir lieb war, kreisten sich meine Gedanken nur noch um ein Wort. Dämonenkönig. Waren das etwa die ersten Vorzeichen der Wiederkehrung? Dann würde auch alles Sinn ergeben. Alana, eine Vorbotin Ganondorfs? Eine Spionin? Damit er sich immer im Gewissen war, dass Zelda ihre Kräfte noch nicht erweckt hatte, der Held sein Schwert noch nicht besaß und ihm keine Gefahr drohte? Das Gedankenkarussell drehte sich immer schneller. Je mehr Theorien in meinen Kopf drangen, desto mehr hatte ich das Gefühl, mich des Rätsels Lösung zu entfernen. Es herrschte immer mehr Chaos in meinem Kopf, das ich nicht mehr ordnen konnte. Es war zu viel. Viel zu viel auf einmal. Und doch stellte ich mir eine Frage. Was, wenn ich Recht hatte? Wir würden uns vollkommen unvorbereitet in die Schlacht stürzen müssen. Mit einer Gewissheit, den Kampf zu verlieren. Vielleicht war es doch besser, wenn ich die Prinzessin doch gleich um Rat bezüglich des Schwertes fragen würde, kam es mir. Je schneller wir für unser Schicksal vorbereitet waren, desto höher waren die Chancen in dem bevorstehenden Kampf zu siegen. Und doch wollte ich sie nicht unnötig unter Druck setzen. Also verdrängte ich den Gedanken wieder ehe ich ihn aussprechen konnte. Weit im Hintergrund konnte ich die Mauern des Schlosses erkennen. Doch noch sollte es für uns nicht zurück gehen. Wir kamen an einem See vorbei, dessen Namen mir einfach nicht einfallen wollte. Dabei war ich hier schon öfters vorbeigeritten. Wir überquerten eine hölzerne Brücke und folgten der Linie des Flusses. Einige Reisende kamen uns entgegen. Sie grüßten die Prinzessin mit vollem Respekt. Meist nickten sie mir andächtig zu. Scheinbar hatte sie die Neuigkeit, dass ich zum Leibwächter der Prinzessin ernannt wurde, schon rumgesprochen. Der Weg führte uns über Weiden und Wiesen zu dem Sahasra-Hügel. Das Shiekah-Dorf erreichten wir bei Anbruch der Nacht. Das intensive Gelb der Sonne war schon fast verschwunden – lediglich einzelne Strahlen leuchteten noch über die Gipfel der Narisha-Höhen. Der Ränder des schmalen Pfads zum Dorf war mit Hyrule-Tomaten bepflanzt und durch sämtliche Laternen beleuchtet. „Wir haben es tatsächlich noch vor Einbruch der Nacht hierher geschafft", triumphierte Zelda, die aufgrund der Enge des Pfads vor mir reiten musste. Schon seit einigen Stunde hatte ich ihre Stimme nicht mehr gehört. Ich schnaubte zustimmend laut aus. „Ich freue mich darauf Impa wieder zu sehen. Sie war einst unsere königliche Beraterin musst du wissen". Die Prinzessin holte kurz Luft. „Sie ermutigte mich immer wieder, wenn ich aufgeben wollte und an mir gezweifelt habe. Bei ihr habe ich das Gefühl, als würde ich was taugen. Nicht so wie bei...". Zelda hörte auf zu sprechen und hielt ihr Pferd an. Doch sie musste ihren Satz gar nicht vollenden, damit ich wusste, was sie sich nicht zu sagen getraut hatte. Der König. Ihr Vater. Er schändete sie dafür, dass sie noch immer nicht ihr Schicksal erfüllen und ihre Kräfte erwecken konnte. Ich hörte, wie sie um Luft rang. Sie litt mehr darunter, als sie zugeben wollte. Ich wollte sie in den Arm nehmen; ihr sagen, dass sie sich nicht zu sorgen brauchte. Doch auch das war nicht angemessen. Schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Also blieb ich still und dachte in Gedanken daran, dass Hyrule sie brauchte. Denn das war wahr. Zelda trieb ihren Schimmel wieder an als Cado, ein Shiekah-Soldat, uns zuwinkte. „Was erweist uns die Ehre die Prinzessin Hyrules in unserem bescheidenen Dörfchen begrüßen zu dürfen?", wollte der sympathische Mann wissen. In Zelda's Gesicht bildeten sich kleine Grübchen. Sie lächelte. „Hallo Cado. Wir wollen hier die Nacht verbringen. Schon morgen früh müssen wir uns wieder auf die Weiterreise machen", erklärte Zelda dem Shiekah. „Natürlich. Das Gasthaus hier in Kakariko ist höchst empfehlenswert. Ich nehme Euch die Pferde ab, dann könnt Ihr ruhen", schlug Cado vor. Zelda ließ es sich nicht nehmen und stieg vom Pferd, sodass Cado die Zügel an sich nehmen konnte. Ich tat es ihr gleich. „Habt Dank, Cado", bedankte sich die Prinzessin und strich ihrem Pferd ein letztes Mal über die Nüstern, bevor der Shiekah die Pferde zu den Ställen brachte. „Ich werde Impa einen Besuch abstatten, magst du mitkommen?", fragte mich die Prinzessin und drehte sich zu mir um. Ich nickte. Auch ich hatte Impa schon lange nicht mehr gesehen. Es war selten, dass ich einen Grund hatte überhaupt Kakariko zu besuchen. Wir stiegen hintereinander die lange, schmale Treppe hoch, die zum Anwesen der ehemaligen königlichen Beraterin führte. Als Zelda die letzte Stufe hochstieg, blieb sie ruckartig stehen. Ich schielte an ihr vorbei und erkannte den Grund. Vor der Eingangstür kniete eine junge Shiekah-Dame vor einem glaslosen Fenster. Sie hatte einen Lappen in der Hand. „Paya", merkte die Prinzessin an. Die von ihr benannte Person erhob sich erschrocken. „Pr-Prinzessin, Eure Hoheit... verzeiht, dass ich...", Paya hörte auf zu sprechen, als ihr Blick auf mir landete. „Werter Li-Link...", stotterte sie. Ich konnte beobachten, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Doch nickte ich ihr anerkennend zu. Beschämt hielt sie sich den Lappen vor ihr Gesicht. Scheinbar spürte sie die Hitze schon in ihren Kopf aufsteigen. „Bi-bitte, geht hinein. Großmutter wird sich auf Euren Besuch freuen", meinte sie mit zittriger Stimme und wies uns mit der Hand in Richtung Tür. Während wir auf die Eingangstür zuschritten, warf Zelda mir einen belustigten Blick zu. Aber ich winkte nur ab. Dieses Verhalten war ich von Paya gewohnt. Ich wusste zwar nicht warum sie sich so, naja, peinlich verhielt, nahm es aber so hin. Vielleichtwar es auch einfach ihre Art; jeder Mensch war individuell und einzigartig.
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„Mein Gefühl sagt mir, dass sich eine dunkle Gefahr in diesem Dorf verbirgt".
Die schwache Stimme der älteren Frau bohrte sich in meine Ohren. Zelda hob
ihren Kopf und hörte Impa weiter aufmerksam zu. Die uralte und kleine Frau saß im
Schneidersitz auf einem roten Kissen, wie wenn es ein Thron wäre und trug einen
flachen Hut, der bestimmt ein Dutzend Kilo wiegen musste. „Wobei... ich irre mich",
sprach die weise Frau weiter. „Ganz Hyrule droht eine Gefahr. Eine Gefahr, die
vor tausenden von Jahren schon einmal über das Land hergefallen ist. Ihr könnt
es euch sicher denken. Jetzt, da bekannt ist, wer der legendäre Held ist, ist
es nur noch eine Frage der Zeit, wann auch er erwachen wird". Impa hörte auf zu
sprechen und schloss die Augen. Obwohl ich eigentlich nicht so schnell Furcht
verspürte, lief es mir gerade eiskalt den Rücken hinunter. Es war gut gewesen,
dass die Prinzessin ihr von dem Zeichen auf meiner Hand erzählt hatte – auch,
wenn ich es erst in Gedanken angezweifelt hatte. „Prinzessin, bitte entschuldigt,
wenn ich frage, aber...", sprach Impa weiter, nachdem sie ihre Augen wieder
geöffnet hatte. „... habt Ihr Eure Kräfte schon erwecken können?" Zelda horchte
auf, holte tief Luft, ballte ihre Hände zu Fäusten. „Nein, aber... schon morgen
werde ich mich in der Quelle der Weisheit reinigen und vielleicht...". „Prinzessin",
unterbrach die alte Shiekah die Prinzessin. „Es ist in Ordnung. Macht Euch keinen
Kopf", versuchte sie sie aufzumuntern. Und tatsächlich, die Prinzessin öffnete
ihre Fäuste wieder. „Und Link, wegen deinem Arm... die Kraft des Schwertes... sie
kann die helfen. Du solltest es nach eurem Besuch in Empfang nehmen", schlug Impa
vor und widmete ihren gläsernen Blick nun mir. Ich nickte. Das hatte ich ohnehin
vor. Vielleicht war das jetzt der rechte Zeitpunkt um zu fragen, kam es mir.
Ohne noch länger darüber nachzudenken, tat ich es; erzählte von meinem Traum. „Der Wald der Krogs", antwortete Zelda. „Du musst die vergessenen Wälder durchqueren. Sie befinden sich in der Nähe von Eldin, du wirst sie finden, da bin ich mir sicher". Sie hörte auf zu sprechen und schenkte mir einen vertrauten Blick. „Wenn
du die Stimme des Schwertes wirklich hören kannst, wirst du den Weg durch den
mit Nebel umhüllten Wald finden", schloss Impa Zelda's Rede ab. „Nun, ihr Zwei...",
Impa stand auf und stieg die Stufe hinab auf den Holzboden, auf den auch wir
standen. „Ihr sollte euch vor eurer Weiterreise ausruhen. Wir sind gerade in
Vorbereitung auf unser morgiges Dorffest. Es soll der Göttin Hylia geweiht sein.
Wenn ihr mögt, könnt ihr euch vor dem Schlafengehen noch ein wenig umschauen.
Es hilft bestimmt, damit ihr ein bisschen abschalten könnt", warf Impa in den
Raum und begann zu lächeln. „Das werden wir. Größten Dank", bedankte sich Zelda
und warf einen kurzen Blick zu mir.
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Einige der asiatischen Häuser waren bereits mit einigen Laternen, die wie Gardinen
miteinander verbunden waren, verziert. Jetzt, da die Sonne schon lange untergegangen war, sah man auch schon die Schleichwürmchen darin leuchten. Es war wunderschön. Um die Zweige und Äste eines Pflaumengartens hingen verschiedenfarbige Bändchen, die zu Schleifen gebunden waren. Die Welt war bunt und vielfältig, wahrscheinlich sollten die bunten Schleifchen genau das aussagen. Die Dorfbewohner sahen zu Zelda auf, bewunderten ihr elegantes Auftreten, begegneten ihr mit Respekt. Anders als diese eine Person. Diese Hylianerin war keine Shiekah. Sie zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, doch das brachte ihr genau überhaupt nichts. Denn anhand des Bogens, den sie auf dem Rücken trug, und des Köchers, der an ihrer Hüfte befestigt war, erkannte ich sehr gut, um wenn es sich bei dieser Person handelte.
Alana.
Ich zog Zelda am Ärmel, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie folgte mit ihren Augen
der Richtung, in die ich blickte. Ich hielt meine Hand schützend vor Zelda. Sie
verstand. Ich erkannte den Pilz, der am Zaun des Pflaumengartens wuchs. Ein Qualmering.
Ein Wunder, dass er überhaupt hier wuchs. Doch ich hatte keine Zeit länger darüber
nachzudenken. Solange ich den Überraschungsmoment auf meiner Seite hatte,
sollte ich ihn auch nutzen. Ich riss den Pilz mitsamt etwas Erde aus dem Boden,
gab der Prinzessin ein Zeichen, dass sie sich verstecken sollte, und warf den Qualmering
ein Stück vor mir auf die Grashalme. Urplötzlich stand halb Kakariko im dichten
und weißen Nebel. Ich zückte mein Schwert. Der Qualm grenzte mein Blickfeld
zwar um ein Weites ein, hinderte mich aber nicht daran, auf Knien hinter Alana
zu kriechen. Sie hatte ihre Kapuze abgenommen und sah sich verwundert um. Doch scheinbar
erwartete sie einen Angriff, denn sie hatten ihren Bogen vom Rücken genommen
und einen Pfeil in die Sehne gespannt. Noch war der Überraschungsmoment auf
meiner Seite. Also sprang ich hoch, holte zum Schlag aus und rammte ihr die
Spitze der Klinge in den Rücken. Es spritze Blut. Alana drehte sich ruckartig
und mit offenem Mund zu mir um. „Du...!", brüllte sie und richtete die Spitze des
Pfeils auf die Mitte meiner Stirn. Ich ging in Abwehrhaltung. Das nachfolgende
ging alles sehr schnell. Sie schoss ab, ich konnte dem Pfeil aber mühelos
ausweichen. Sie ließ ihren Bogen senken, hielt in nur noch mit einer Hand. Die
andere Hand verkrampfte. Zwischen diesen krampfartigen Bewegungen quollen
Massen dieser dunklen Materie aus der Innenfläche der Hand. Der Nebel des Qualmerings
war schon fast verschwunden. Ich sah wieder jeder ihrer Bewegungen ganz deutlich.
Alana begann qualvoll zu schreien, beobachtete den finsteren Rauch. Dann hielt
sie die Hand zu mir, sodass ich die Innenfläche noch deutlicher sehen konnte. Zwischen
Fingern und Handgelenk war etwas Gelbes zu sehen. Wie eine eiternde Wölbung.
Nur das diese viele größer und ausgeprägter war. Und gelber. Viel gelber. Knallgelb.
Und inmitten dieser Farbe war ein tiefschwarzer Strich. Dann erkannte ich es.
Es war ein Auge. Dasselbe, wie das der Hand, die mir meinen Arm betäubt hatte. Gleichzeitig
wusste ich, dass genau diese Stelle ihre Schwachstelle war. Sie war ein
Ungetüm. Alana war ein Monster. Ein Schaffung Ganondorfs, getarnt als Hylianerin.
Getarnt als einer von uns. Alana ließ ihren Bogen fallen und hielt sich den
anderen Arm am Handgelenk. Das Auge starrte mich tödlich an. Ihrem Gesicht nach
zu urteilen hatte sie höllische Schmerzen. Ihre Schmerzensschreie hörten nicht
auf, die finstere Magie wurde immer mehr. Plötzlich schoss die Materie auf mich
zu und umhüllten meinen Körper wie eine Hülle. Schläge mit dem Schwert halfen
nicht sie zu vertreiben. Diese dunkle Hülle wurde deutlich weniger, als sich
Alana in Luft auflöste. Sie verschwand einfach. Es war, wie wenn dieser Kampf
nie stattgefunden hätte. Nur das bisschen Blut am Boden zeugte davon, dass es hier
eine Auseinandersetzung gegeben hatte. Da nun keine Gefahr mehr drohte, steckte
ich das Schwert zurück in die Halterung.
Dabei fiel mein Blick auf meinen von Miasma befallenen Arm. Die Materie
umschloss ihn. Vielleicht tat es weh, vielleicht hätte ich schreien sollen,
aber ich empfand keinen Schmerz. Er war noch immer wie taub. Dann fielen mir
die Augen zu und ich spürte, wie ich mit dem Hinterkopf auf die harte Erde aufprallte.
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