Versteckte Gefühle
„Du weißt schon, dass er total auf dich steht oder", flüsterte Julie Leia zu, als die beiden Mädchen die Stufen zur Schule hinauf gingen.
„Was? Wer", fragte Leia verwirrt an ihre Freundin gewandt.
„Wer? Der Heilige Geist. Na Ash natürlich", gab diese erneut flüsternd zurück und wies mit ihrem Kopf in seine Richtung. Er ging nur wenige Meter vor ihnen.
„Du spinnst! Er hasst mich und das beruht auf Gegenseitigkeit", gab Leia entsetzt, aber dennoch leise von sich.
Trotzdem wandte Ash grinsend seinen Kopf in die Richtung der beiden Mädchen. Mann, hat dieser Kerl Superkräfte? Dachte Leia beiläufig und sah wieder zu Julie.
„Ach komm bitte Leia, das sieht sogar ein blinder. Er redet mit dir, er schreib dir. Er grinst dich an und schenkt dir Aufmerksamkeit. Und du tust das unbewusst auch", lächelte Julie und zwinkerte ihr zu.
„Bitte? Ich glaube du hast nun endgültig den Verstand verloren", antwortete Leia und spürte wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
„Nein du bist nur blind. Wenn wir in der Pause den Schulhof betreten, wirst du erst ruhiger, wenn du Ash siehst. Genauso in der Klasse, immer wieder spähst du zu ihm rüber. Auch wenn du es nicht wahr haben möchtest, du empfindest etwas für ihn. Wenn auch unbewusst. Und ich glaube, du lockst besseres in ihm hervor. Denn normalerweise redet er mit niemandem. Es sei denn, es sind Beleidigungen oder Sticheleien", redete Julie weiter, während die beiden vor ihrer Klasse zum stehen kamen.
Leia spürte wie feinste Schweißperlen sich auf ihrer Stirn aus ihren Poren drückten. War an Julie's Aussage etwas wahres dran? Die Ameisen in ihrem Bauch stimmten Julie's Aussage voll und ganz zu. Dennoch wollte sie es sich nicht eingestehen.
„Quatsch, das sind rein Sticheleien um mir den Start hier zu erschweren. Er hat wohl gefallen daran. Jetzt mal was anderes, wo genau wollt ihr am Samstag denn nun hin gehen", versuchte sie das unangenehme Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
Julie verstand den Wink mit dem Zaunpfahl. Grinsend zwinkerte sie ihr zu.
„Wir fragen später mal die anderen. Vielleicht ins Molotov oder ins Blue. Da ist es eigentlich immer sehr toll. Gute Musik und super Stimmung", redete Julie drauf los und klimperte mit ihren Wimpern.
Ash stand wenige Meter von den beiden entfernten und lachte leise vor sich hin, während er wie immer auf seinem Smartphone herum drückte. Leia nickte gedankenverloren und biss sich auf ihrer Unterlippe rum. Gerne würde sie wissen, wem er schrieb. Warum, dass wusste sie selbst nicht so genau. Offensichtlich empfand sie wirklich etwas für ihn.
„Dann bin ich gespannt wohin ihr mich entführt und ob du recht behalten wirst", lachte Leia und und gab Julie einen sanften stoß mit ihrer Hüfte.
Was wiederum erneut von Ash mit einem leisen rauen Lachen quittiert wurde. Zumindest deutete es Leia so, dass es ihnen beiden galt. In ihrer Jackentasche vibrierte ihr Smartphone, was ihr erneut die Röte in ihre Wangen trieb.
Hatte Ash ihr etwa geschrieben? Ihr Herz überschlug sich. Mit zitternder Hand zog Leia ihr Smartphone raus und sah das Briefchen aufleuchten. Ihr Mund glich einer Wüste. Sie öffnete die Nachricht und laß sie.
Neugier ist keine Tugend kleines. Aber sei unbesorgt, ich schreibe nur mit dir.
Leia fiel beinahe die Kinnlade runter. Konnte er tatsächlich Gedanken lesen? Oder hatte sie vielleicht laut gedacht? Verwirrt und doch erleichtert steckte sie ihr Smartphone schnell wieder in die Tasche ihres Parkas. Sie würde ihm jetzt nicht zurück schreiben. Dies wäre nur einmal mehr eine Vorlage für Julie gewesen. Welche eh schon sehr neugierig zu Leia rüber sah.
„Alles in Ordnung?", flüsterte Julie Leia zu.
„Na klar", gab diese mit gespieltem Lächeln zurück.
Mr. Brown drängte sich durch seine Schüler hindurch und öffnete ihnen den Saal.
Leia war heilfroh darüber. Denn sie wusste, Julie hätte jetzt nicht locker gelassen. Kaum hatten sich die beiden Mädchen in die Reihe gestellt, vernahm Leia auch schon seinen Duft. Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken.
Angestrengt überlegte sie welche Duftnoten ihrer Nase schmeichelten. Da war Sandelholz und patchouli, außerdem roch sie frische Minze.
Oh Mann, wie kann man nur so verdammt gut riechen. Dachte Leia und sog gierig den Duft auf.
Sanft hauchte Ash's Atem über ihren Nacken, was dazu führte, dass sich sämtliche kleine Härchen aufrecht stellten. Wellen von Gänsehaut überflogen Leia. Das atmen fiel ihr gerade etwas schwer. Sie war aufgeregt, oder eher erregt. Kaum war sie im Mittelgang, lief sie regelrecht zu ihrem Platz. Sie musste Abstand zwischen sich und Ash schaffen. Julie beäugte Leia fragend, konnte dann aber eins und eins zusammenzählen. Schmunzeln nahm sie neben Leia Platz.
„Und ich habe doch recht", flüsterte Julie grinsend.
„Ein wenig vielleicht", hauchte Leia mit hochrotem Kopf und ließ sich schnaufend in ihren Stuhl zurück fallen.
Das kribbeln war auf dem Vormarsch.
Kaum war Ash in ihrer Nähe, hatte sie große Mühe sich zu konzentrieren.
„Oh Mann Leia. Warum gerade er? Hier gibt es so viele Jungs, warum gerade Ash", flüsterte Julie ihr leise ins Ohr.
Ja wenn sie das wüsste. Eigentlich mochte Leia ihn überhaupt nicht. Er war vorlaut, ungehobelt und selbst verliebt. Zudem machte er ihr das Leben schwer.
„Ich weiß es nicht. Hättest du nicht damit angefangen, würde ich es immer noch verleugnen. Aber irgendwas hat er an sich, was mich verrückt macht. Außerdem musst du schon zugeben, er sieht verdammt gut aus", tuschelte Leia ihrer Freundin ins Ohr.
„Wenn Mr. Brown nicht gleich mit dem Unterricht beginnt, muss ich wohl schnell zur Toilette", fügte sie ihrer Aussage noch hinzu.
Julie verstand umgehend. Leia war nervös, dass hatte sie direkt bemerkt. Anscheinend zu nervös. Julie sah sich ebenso um wie ihre neue Freundin neben ihr. Sie wusste was Leia damit sagen wollte. Liebevoll legte sie ihr ihre Hand auf die Schulter und strich ihr mehrfach sanft darüber.
Leia saß so verkrampft da, dass ihr bereits die Muskeln schmerzten. Doch diese kleine Geste von Julie, schien wahre Wunder zu bewirken. Leia wandte ihr den Kopf zu und lächelte dankend. Augenblicklich wurde sie um einiges ruhiger. Auch wenn das kribbeln noch präsent war. Julie zwinkerte ihr zu und blieb ruhig.
Denn sie wusste anscheinend, dass das sprechen über Ash, das ganze noch weiter vorantrieb.
Mr. Brown begann endlich mit seinem Unterricht. Griechische Gottheiten und ihre Mythologie.
„Ich liebe diese Thema. Schon immer", flüsterte Leia Julie zu.
„Ehrlich? Ich weiß nicht. Das ist für mich schwere Kost. Ich steh nicht so auf die Antike", verzog Julie ihr Gesicht zu einer Grimasse.
Was Leia zum Lachen brachte. Schützend hob sie ihre Hand vor den Mund, damit kein Laut aus ihm drang. Grimassen schneiden konnte Julie gut, dachte Leia sich. Ash wandte sich den beiden zu.
„Ernsthaft, du stehst also auf Gottheiten? Starke Männer mit Fähigkeiten, die Menschen zu beugen und zu versklaven?!", gab Julie in diesem Moment von sich.
„Ich sagte nicht ich steh auf sie, aber ich finde das Thema einfach toll", antwortete Leia verlegen und spürte Ash's blicke auf ihr ruhen.
„Welche Fähigkeiten muss ein Mann denn für dich an den Tag legen?", hauchte er ihr nun zu.
Verwirrt blickte sie ihn an und ertrank in seinen blauen Augen. Ihr Herz pochte stärker und die Ameisen stoben auseinander. Julie sah gespannt zwischen den beiden hin und her. Sie ergriff unter dem Tisch Leia's Hand und drückte sie sanft. Leia atmete hörbar aus.
„Er muss Manieren besitzen. Liebevoll und humorvoll sein. Also alles, was du nicht kennst", gab Leia ihm schroff zu verstehen.
Sein raues lachen löste auf ihrem Rücken eine Gänsehaut aus. Die sich über ihren Körper ausbreitete.
„Langweilig also. Frauen denken immer an den perfekten Mann. Allerdings werden diese Frauen niemals glücklich sein. Was glaubst du warum es so viele Seitensprünge gibt? Warum so viele Ehen geschieden werden. Sie suchen den Kick, das Abenteuer. Da gibt es Statistiken drüber kleines, solltest du dir mal durchlesen", flüstere er rau und zwinkerte Leia zu. Ehe er sich grinsend wieder nach vorne wandte.
Julie sah Leia verständnislos an und wog sanft ihren Kopf. Leia zuckte ahnungslos mit ihren Schultern. Wie kam er denn jetzt bitte auf dieses Thema? Schoß ihr durch den Kopf. Sie drängte ihre Gedanken zurück und machte sich an das Arbeitsblatt, welches Mr. Brown ausgeteilt hatte.
In der großen Pause gingen die Mädchen raus ins Freie. Zur Abwechslung regnete es heute mal nicht. Kai, Ruben und Marlene warteten bereits auf die beiden.
„Da seid ihr ja endlich", gab Marlene aufgeregt von sich.
Leia tat genau das, was Julie ihr eben vorgehalten hatte. Sie suchte den Hof nach Ash ab und als sie ihn fand, wurde sie umgehend ruhiger. Julie sah sie wissentlich an und neigte grinsend ihren Kopf. Während Leia dies mit einem Augenrollen quittierte.
Verdammt sie hat recht. Bin ich wirklich so durchschaubar?
Fragte sich Leia.
„Hey ihr, danke für das Foto. Am Samstag bin ich dann auch dabei", lächelte Leia in die Runde.
„Na darauf freuen wir uns. Dann kannst du mal zeigen, was in dir steckt", gab Ruben Brauen wackelnd von sich und legte ihr einen Arm um die Schultern.
„Leia möchte wissen, wo genau wir dann hingehen", mischte sich Julie ein.
Leia sah, das Ash zu ihnen aufgeschlossen hatte. Er stand nur wenige Meter von ihnen entfernt an den selben Baum gelehnt, wie letzte Woche. Wie immer hattet er sein Smartphone in der Hand.
„Ins Blue. Da waren wir schon länger nicht mehr. Marlene meinte, da könnt ihr besser tanzen", antwortete Ruben.
„Außerdem ist da weit mehr Platz als im Molotov", fügte Kai hinzu.
„Und es gibt da Stangen", lachte Marlene aufgeregt.
„Stangen?", fragte Leia und blickte ahnungslos in die Runde.
„Na Stangen, zum dran tanzen", lachte Julie kopfschüttelnd.
„Marlene mag das sehr", fügte sie noch hinzu.
„Ach so okay. Das werde ich definitiv nicht tun", lachte nun auch Leia.
„Schade, ich hätte dich gerne mal in Aktion gesehen", stieg Julie mit ein.
Leia konnte tanzen. Immer wenn sie Musik laufen hatte und ihr Zimmer aufräumte, tanzte sie. Sie konnte sogar gut singen. Doch an einer Stange hatte sie noch nie getanzt. Außerdem verband sie dies mit den Go Go Tänzerinnen. Ihre Mutter würde sie ermorden, wenn Leia so tanzen würde.
„Ja schade", zwinkerte Ruben ihr zu", Leia bemerkte Ruben's Flirt versuch.
Er war nett, aber so garnicht ihr Typ. Er sah wirklich aus wie ein Engel. Oder einer von den Surfer Boys. Flüchtig spähte sie zu Ash hinüber. Er grinste vor sich hin.
Als Leia plötzlich der Geruch von faulen Eiern in die Nase stieg. Ihr Herz begann zu Rasen. Sie ließ ihren Blick schweifen und blieb auf der gegenüberliegenden Straßenseite hängen. Dort erkannte sie an den Stufen zum Underground einen Schemen. Einen Schemen mit dunklem glimmen. Im Augenwinkel sah sie, dass Ash ebenfalls in dessen Richtung blickte. Das Gesicht zu einer ernsten Miene versteinert.
„Lasst und rein gehen, es läuten gleich", unterbrach Leia den Plausch.
„Okay dann bis später", sprangen ihre neuen Freunde auf ihre Aussage an.
Schnellen Schrittes ging Leia los. Julie kam kaum hinterher. Immer wieder sah Leia über ihre Schulter zurück. Vor der Klasse atmete sie auf.
„Was ist los? Du siehst so gehetzt aus", wandte sich Julie an sie.
„Ich habe da etwas gesehen. Hast du nach der Schule noch Zeit? Ich wollte mir noch ein Top für Samstag kaufen. Dann könnten wir noch eine Tasse Kaffee trinken und ich würde dir gerne noch etwas erzählen", flüsterte Leia so leise sie konnte.
„Ehm, ja klar warum nicht. Ich habe sowieso nicht's besseres vor", nickte Julie ihr verschwörerisch zu.
Der Rest des Tages verlief ohne weitere Vorfälle. Nach der Schule führte Julie Leia in mehrere Läden. Es dauerte nicht lange und Leia hatte ein passendes Oberteil gefunden, welches sogar runtergesetzt war. Ein schönes weinrotes, rückenfreies Top mit einem für Leia etwas zu sehr gewagtem Ausschnitt. Doch Julie meinte, sie könne sowas ohne weiteres tragen. Danach führte Julie Leia in ein kleines schnuckeliges Kaffee, in dem wenig los war. Sie setzten sich an einen abgelegenen Tisch in einer Ecke und bestellten sich einen Kaffee.
„Nun Rück schon raus mit der Sprache, was hast du gesehen?", fragte Julie neugierig und nippte an ihrer Tasse.
Leia sah sich ein weiteres Mal um und beugte sich danach zu ihr. Dann erzählte sie Julie von Samstag Abend. Von diesem Monster, welches sie gesehen hatte. Von dem Gestank nach faulen Eiern und Fleisch. Von dem Typ der ihr zur Hilfe eilte und das er genau wie sie selbst war. Julie gab keinen Ton von sich. Sie hörte Leia wie gebannt zu. Hin und wieder nickte sie oder formte mit ihren Lippen ein O.
„Ja und eben auf dem Schulhof, da habe ich erneut diesen Gestank gerochen. Du etwa nicht?Und auf der gegenüberliegenden Straßenseite, an den Treppen zum Underground, stand etwas, oder jemand mit diesen seltsamen glimmen", beendete Leia ihre Geschichte und sah Julie erwartungsvoll an.
Julie dachte angestrengt nach. Hatte sie etwas gerochen? Nein, bis auf Ruben's Deodorant war ihr kein unangenehmer Geruch aufgefallen.
„Nein, bis auf Ruben's Deo habe ich nichts gerochen. Und du bist dir sicher, dass es dasselbe Ding war?", antwortete sie und hakte nach.
„Nein, sicher bin ich mir nicht. Aber irgendwas stand dort und sah zu uns herüber. Etwas abgrundtief Böses, dass konnte ich spüren. Frag mich nicht wie, es war einfach so ein Gefühl", gab sie im Flüsterton zurück.
„Ich glaube dir. Aber warum hast du mir nicht gleich am Sonntag davon erzählt?", nickte Julie und leerte ihre Tasse.
„Ich dachte, dass mit mir wäre für einen Tag genug. Ich wollte dich nicht doch noch vergraulen", sagte Leia mit gesenktem Blick.
„So ein Blödsinn. Du kannst mich nicht vergraulen. Mich wirst du so schnell nicht mehr los. Du willst der Sache auf den Grund gehen, hab ich recht?", lächelte Julie und wurde zum Schluss hin wieder ernst.
„Schön dich an meiner Seite zu wissen. Genau, ich muss wissen was das war. Und ich möchte wissen wer der Typ war, der mir zur Hilfe kam. Vielleicht kann er mir helfen. Mir sagen warum das mit mir geschieht", nickte Leia eifrig und leerte nun auch ihre Tasse.
„Du kannst auf mich zählen. Das lasse ich mir nicht entgehen. Sieh mich nicht so an, ich bin deine Freundin und ich bin dabei. Keine Diskussionen", antwortete Julie und behauptete sich.
Leia nickte hilflos. Sie wusste es hatte keinen Sinn es ihr auszureden. Leia war aber auch froh, nicht mehr alleine zu sein. Von nun an würde sie volle Unterstützung erfahren.
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