Der Bote
Mit zittrigen Knien und immer noch außer Atem, stieg sie aus. Ash war umgehend an ihrer Seite.
Seine Hand lag in ihrem Nacken. Gänsehaut breitete sich von dort aus, wo er sie berührte.
Seine Augen waberten noch immer in diesem unnatürlichem türkis. Ash sog erneut die Luft ein.
„Hmm, du riechst so betörend für mich. Raubst mir meinen Verstand. Leia, das kannst du nicht machen. Du spielst mit dem Feuer, der Wollust. Weißt du eigentlich, wie schwer es für mich ist, von dir abzulassen", raunte er rauer als je zuvor.
All ihre Gedanken schrieen nach mehr. Leia wollte so viel mehr. Sie wollte den Gipfel der Lust, die Ekstase erfühlen und sie wollte es mit Ash erleben. Ihr Körper bebte.
„Dann lass nicht von mir ab", wisperte sie mit flatternden Lidern.
Ash's Körper schien zu vibrieren. Er stand wortwörtlich unter Strom. Er wollte sie. Mehr als er je jemanden begehrt hatte. Doch nicht so und nicht heute und vor allem nicht hier. Ash malte sich bereits aus, wie ihre heißen, nackten, schwitzigen Körper sich wohl aufeinander anfühlten. Wie Leia lustvoll seinen Namen stöhnte und er sie zum Rand der Ekstase trieb. Wie er sie für sich vereinnahmte und sie vollends ausfüllte. Dabei konnte er jede Frau haben, die er wollte. Doch das war alles nicht mehr wichtig. Leia war sein Mittelpunkt, sein Kryptonit. Sie war es, was er mehr als alles andere wollte.
„Leia", flehte er rau.
Als sie sich plötzlich versteifte.
Leia's Aufmerksamkeit wurde abgelenkt. Ein seltsamer fauliger Geruch stieg ihr in die Nase. Im selben Moment, schien auch Ash dies zu riechen. Das türkis seiner Augen verschwand. Aufmerksam sah er sich um und auch Leia ließ ihren Blick schweifen. Gerade als Lil und Julie zu ihnen stießen, konnte Leia die Richtung ausmachen, von der der Geruch ausging. Es kam aus dem Schulgebäude. Mit geweiteten Augen blickte Lil die beiden an.
„Was?! ... Die Welt steht vor dem Abgrund und ihr habt nichts besseres zu tun, als Körperflüssigkeiten zu tauschen? Was stinkt hier so fies", gab Lil eher eifersüchtig als entsetzt von sich.
Julie blickte ihre Freundin mit erröteten Wangen entgegen.
„Ich rieche es auch", ging sie nicht auf Lil's Bemerkung ein.
„Es kommt aus dem Schulgebäude", gab Leia heiser von sich.
„Kommt, bleibt in meiner Nähe. Wir sehen uns das mal an", presste Ash zwischen seinen Zähnen hervor.
Gemeinsam gingen sie die Stufen empor und Ash öffnete die Tür des Gebäudes. Der Geruch schlug ihnen ins Gesicht und Julie musste sogar würgen.
„Boah, widerlich. Was ist das", Flüsterte sie erschrocken.
„Ein Dämon. Keiner von den ganz bösen Jungs, aber wir sollten ihn zurück schicken", merkte Ash an.
Leia's Herz hatte sich noch nicht beruhigt, es schlug immer noch viel zu schnell und nahm nun erneut an Schnelligkeit zu. Ein Dämon an der Schule? Das war überhaupt nicht gut. Was, wenn er hier jemandem leid zufügte?
„Und wie", schrillte sie heiser.
„Erst müssen wir ihn finden. Kommt", nickte Ash und ging weiter.
Ihn zu finden sollte das kleinere Problem sein. Er stank zum Himmel. Selbst ein blinder könnte diesem Geruch folgen. Julie hielt sich die Nase zu. Ash ging die Stufen hinab, die in den Keller der Schule führten und die Mädchen folgten ihm.
Ash spähte in den Heizungskeller hinein und wandte sich danach den Mädchen zu.
„Das ist ein Drevak", flüsterte Ash.
„Ein was?", fiepte Julie.
„Ein Drevak. Ein stinkender blinder Dämon, der die Form einer dicken Larve oder Made annimmt. Zumindest riecht es so, als sei es ein Drevak. Diese werden oft als Spione oder Boten eingesetzt. Das gute ist, es ist ein sehr schwacher Dämon. Aber hütet euch vor seinem Maul, seine stacheln können gefährlich werden, wenn eine in eurer haut zurückbleibt. Leia, jetzt wäre übrigens der perfekte Moment, dich zu verwandeln", erklärte er leise, Ash wuchs bereits.
Klasse, jetzt befanden sich schon Dämon in der Schule. Wie sollte das alles nur weiter gehen? War dieser Dämon gezielt geschickt worden oder hatte er sich nur zufällig hier her verirrt?
Leia schob ihre Gedanken bei Seite und nickte aufgeregt.
„Wie läuft das jetzt ab", flüsterte Julie Lil zu.
„Na wir werden ihn töten", zuckte diese mit den Schultern.
„Ich dachte ihr könnt nicht sterben", gab Julie verwirrt von sich.
„Das ist richtig, außer ein Erzengel steht uns gegenüber. Wird man tödlich verletzt, landet man wieder in der Hölle. Da das Tor sicherlich wieder verschlossen ist, kann er nicht mehr zurück", erklärte Lil ihr.
Julie fand das alles sehr verwirrend. Dennoch nickte sie und ließ es vorerst dabei.
„Bereit", fragte Ash mit seiner basserfüllten Stimme und erntete nicken.
Dann betrat er den Raum, gefolgt von Leia, Lil und Julie. Welche sich noch immer die Nase zuhielt. In der Ecke des Raumes offenbarte sich eine gigantische, fette, grüngelbe schleimige Made. Welche sich an den Heizungsrohren zu schaffen machte. Leia traute ihren Augen nicht. Das ding sah so widerlich aus, das sich ihr Magen drehte. Sabbernd hob es seinen Kopf und lauschte in die Stille. Ihr mit Stacheln besetzter Körper bebte. Ein gefährliches Grollen stieg ihrem Schlund empor und sie öffnete ihr rundes, mit Stacheln besetztes Maul.
„Ranakh akh da-uhl!", donnerte es in ihre Richtung. Dabei hörte es sich an, als würden mehrere Stimmen diese seltsamen Laute sprechen.
„A-Rul Shash Rakkesh", knurrte Ash und peitschte los.
Der schwabbelnde Körper wandte sich um. Er schien noch größer zu werden. Leia war angsterfüllt. Ash schlug zu und übersäte den schleimigen Körper mit Tritten und Hieben. Während sie wie angewurzelt dar stand. Was sollte sie tun. Beinahe hätte dieses Ding Ash gebissen. Sie musste etwas tun.
„Hey! Du fette schleimige Made! Hier bin ich", schrie sie schrill und hatte umgehend die Aufmerksamkeit des Dämons auf sich gezogen.
Grollend kroch es auf Leia zu.
„Anakh ra ra!", schrie es und Leia hatte keine Ahnung was dies bedeutete.
Ash kam von der Seite. Die Hand zu einer Faust geballt. Kurz bevor der Dämon Leia erreicht hatte, schlug er zu. Ein lautes schmatzendes Geräusch erfüllte den Raum, und es schmatzte noch lauter, als Ash seine Hand zurück zog. Ein Reißen ertönte und das hässliche Ding fiel leblos zu Boden. Ash hielt das noch schlagende Herz in seiner Hand. Nebelschwaden stiegen auf und als sie verschwunden waren, was auch der Dämon fort. Schmatzend fiel das Herz zu Boden und Ash wandte sich Leia zu.
„Gut gemacht. Deine Ablenkung, hat uns sehr geholfen", nickte er ihr zu.
„Was waren das für laute? Hast du mit ihm gesprochen", wisperte Julie angeekelt.
„Ja. Er war ein Bote. Leviathan wird kommen, waren seine Worte", nickte Ash, während er sich zurück verwandelte.
„Und was hast du zu ihm gesagt", flüsterte Leia zitternd.
„Das ich hier auf ihn warte. Du bist die Auserwählte, das Opfer welches die Königin auferstehen lässt, schrie er als er auf dich zu kroch", antwortete Ash und streifte sich den Schleim von seinem Arm.
„Super! Wir sind alle verloren. Dein Vater war schon immer irre, aber jetzt hat er komplett den Verstand verloren", gab Lil genervt von sich.
„So wie wir nun alle stinken, können wir kaum hier bleiben. Wenn sie nicht sogar die Schule schließen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wir sollten schleunigst von hier weg", merkte sie an.
„Lil hat recht, lasst uns schnell von hier verschwinden", stimmte Ash Lil zu.
Kaum das sie die Eingangshalle erreicht hatten, wurden sie auch schon mit anderen Schülern der Schule verwiesen.
„Heute fällt der Unterricht aus, irgendwas stimmt mit der Lüftung nicht", hörte Julie einen der Schüler sagen.
Ein wenig war sie froh darüber. Denn sie wusste immer noch nicht, was sie Marlene, Kai und Ruben erzählen sollte. Sie war heilfroh, ihren noch nicht über den Weg gelaufen zu sein.
„Dann können wir ja umgehend zu See", kicherte Lil freudig.
Woraufhin Ash nickte. Das blau seiner Augen waberte nun wieder vor Lust, als er Leia anblickte. Wie schnell seine Stimmung umschlug, war faszinierend. Gerade noch hatte er das Herz eines Dämons in seiner Hand.
„Dann los", nickte Julie und sah sich immer wieder um.
Sie wollte keinesfalls jetzt noch auf die anderen treffen. Ash startete den Motor und fuhr los.
„Ash", wandte sich Leia an ihn.
„Ja kleines", fragte er, sah kurz zu ihr rüber und positionierte seine Hand erneut auf ihrem Schenkel.
Was Leia kurz zucken ließ. Die Wärme seiner Hand verteilte sich über ihren gesamten Körper. Benebelte ihre Sinne für einen Moment, sie musste ihre Gedanken erst neu ordnen, ehe sie weitersprach.
„Warum hat mein ... hat Leviathan erst jetzt nach mir suchen lassen? Wäre es nicht leichter für ihn gewesen, als ich noch ein kleines Mädchen war", stellte Leia ihre Frage und sah ihn wartend an.
„Das würde mich auch interessieren", mischte sich Julie ein.
„Sicher wäre es für ihn leichter gewesen, aber kaum möglich. Es war jetzt schon eher Zufall, dass ich dich so schnell gefunden habe", antwortete er aufrichtig.
„Warum", wollte Leia wissen.
„Weil deine Runen dich schützten. Zumindest, bis du das siebzehnte Lebensjahr erreicht hattest. Erst von diesem Zeitpunkt an, spüren wir deine Gegenwart. Deshalb sind deine Runen, die Zeichen jetzt erwacht. Es war wie gesagt Zufall, das du dich mir schon vorher offenbart hast. Wenn auch nur versehentlich", erklärte Ash schwachlächelnd.
„Also hast du mich nur auf gut Glück provoziert", hakte Leia nach.
„Leviathan sagte mir, dass ihr in London wohnen würdet. Dort hätte er damals deine Mutter getroffen. Also war ich in fast jeder Schule hier. Doch dich fand ich sehr, wie soll ich es sagen, Geheimnisvoll. Etwas an dir, hat mein Interesse geweckt. Mein Instinkt lag ja auch richtig", nickte er entschuldigend.
Jetzt war Leia auch einiges klar. Hätte er sie damals finden können, würde sie heute nicht mehr leben.
„Wusste Leviathan das? Das er Leia erst so spät finden würde", fragte Julie und lehnte sich weiter vor.
„Natürlich nicht. Da es aber sonst keine Nachkommen von Mensch und Dämonen gibt, konnte dies ja auch keiner wissen", war es nun Lil die Julie antwortete.
„Also hatte er sich damit selbst ins Fleisch geschnitten", kicherte Julie schadenfroh.
„Sozusagen, ja. Es ärgerte ihn sehr. Was Leviathan jetzt jedoch nur noch gefährlicher macht. Da er so lange hat warten müssen", antwortete Ash und blickte in den Rückspiegel.
Woraufhin Julie's kichern verstummte. Leviathan wird kommen. Hallte es in Leia's Kopf. Es war nur noch eine Frage der Zeit. Wäre sie bis zu diesem Zeitpunkt bereit? Bereit für eine. Kampf? Bereit ihrem Erzeuger gegenüberzutreten? Sie wusste es nicht, doch Leia hoffte es.
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