Ausweg?
Leia schreckte hoch. Mit pochendem Herzen sah sie sich um. Julie lag neben ihr und schlief noch tief und fest. In dieser kurzen Nacht wurde sie von Alpträumen geplagt. Immer wieder erschien ihr der Dämon aus dem Park. Die Völlerei, eine der sieben Todsünden. Ein kalter Schauer jagte Leia über ihren Rücken. Das war alles zu viel gewesen. Ihr gesamtes Leben, alles an was sie geglaubt hatte, stand auf dem Kopf. Wie sollte Leia das wieder in Ordnung bringen? Wenn sie in Gefahr war und Julie, was war mit ihrer Mutter?
Sie wusste, dass sie Ash's Hilfe benötigte. Apropos Ash. Irgendwie hatte sie ein seltsames Gefühl. So als wären die beiden Mädchen nicht alleine in ihrem Zimmer. Leia spürte eine leichte Präsenz. Oder bildete sie sich das nur ein?
Es war niemand hier, sie sah sogar in ihrem Badezimmer nach.
Ihr Blick huschte zu Julie, die sich schmatzend von links nach rechts drehte. Leia konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Leise nahm sie ihr Smartphone und machte es sich auf ihrem Sofa bequem. Mit pochendem Herzen und aufsteigender Wut. Denn sie war noch immer sauer auf Ash.
Natürlich leuchtete das Nachrichten Symbol und natürlich hatte er ihr geschrieben.
Lass dir nicht allzu lange Zeit, denn davon haben wir nicht genügend.
War alles was er ihr geschrieben hatte. Keine weitere Entschuldigung, keine Erklärung, nichts.
Wahrscheinlich wusste er, dass Julie ihre alles erzählen würde. Dennoch hätte er sich wenigstens entschuldigen können. Leia ärgerte sich. Mehr über sich selbst, als über Ash. Denn egal was oder wer er war, was er vor hatte zu tun, ehe er sich umentschieden hatte, ihr Herz gehörte ihm. Bei jedem Gedanken an Ash, erwachten die Ameisen in ihrem Bauch zum Leben. Doch wie sollte das weiter gehen? Wenn er doch irgendwann zurück musste. Er konnte nicht hier bleiben. Auf der Erde. Leia erkannte, das ihre Mutter recht behielt. Männer waren nur da, um die Herzen der Frauen zu brechen. Denn genau das würde geschehen. Leia's Herz würde in Abertausende winzige Stücke zerbrechen, wenn Ash plötzlich verschwinden würde. Dies machte ihr große Angst. Bereits jetzt schon.
Doch dies musste sie in den Hintergrund schieben. Denn es galt nun erstmal, herauszufinden, wie sie glimpflich aus dieser Geschichte wieder raus kam.
Ich wäre bereit zu reden, auch wenn ich immer noch wütend auf dich bin.
Tippte sie und sandte die Nachricht an Ash. Im gleichen Augenblick raschelte die Decke auf ihrem Bett. Julie setzte sich steckend aufrecht. Ihre Haare standen zu Berge. Das sah sehr lustig aus. Leia grinste.
„Guten Morgen, was eine Nacht", gähnte Julie und rieb sich ihre Augen.
„Morgen. Du solltest dich etwas regeln, ich wette, jeden Moment wird Ash auftauchen. Zumindest hab ich ihm geschrieben", verzog Leia ihr Gesicht.
Julie war umgehend hellwach. Sie sprang auf und verschwand im Badezimmer, während Leia in der Küche Kaffee kochte und ihn auf einem Tablett nach oben trug.
„Marlene und die anderen sind sauer. Wir sind gestern einfach verschwunden ohne ihren etwas zu sagen. Sie haben nach uns gesucht", verzog nun Julie ihr Gesicht zu einer Grimasse.
„Verdammt, das haben wir wohl vergessen. Na ich hoffe, sie sind nicht allzu nachtragend", gab Leia verlegen von sich.
„Wir werden sehen, wobei es momentan eher besser wäre, sie würden sich von uns fern halten", zuckte Julie mit ihren Schultern und nippte an ihrem Kaffee.
Dann ertönte das bekannte aufheulen des Motors. Ash war da. Mit weichen Knien stand Leia wortlos auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Gerade als sie öffnen wollte, gab es hinter ihr ein Geräusch, ein leises Puff. Erschrocken wandte sie sich um und da stand er. Ash.
„Herrje! Musst du mich so erschrecken", schrie sie aufgebracht und fasste sich an ihr Herz. Welches schneller schlug als die Trommeln im Urwald.
„Entschuldige, ich brauche keine Türen", gab er rau von sich.
Er sah mitgenommen aus, fand Leia. Als hätte auch er die ganze Nacht nicht geschlafen. Sie fand es beunruhigend, dass er zu sowas in der Lage war. Aber ein wenig beruhigte sie das auch. Denn dies zeigte ihr, dass Ash tatsächlich keine bösen Absichten ihr gegenüber hegte.
„Komm mit nach oben", keuchte sie noch immer vor Schreck.
„Kann das jeder Dämon", fragte Leia beiläufig.
„Nein, dies ist nur den höchsten vergönnt", antwortete er ihr.
„Hallo Ash", gab Julie von sich.
„Julie. Ich denke Julie hat dir alles erzählt, was du gestern verpasst hast", begrüße er Julie knapp, wandte sich an Leia und ließ sich auf das Sofa fallen.
„Zumindest das, was du ihr erzählt hast. Warum benötigt mein Vater mich um Lilith zu befreien", nickte Leia und setzte sich so weit es ging von Ash fort.
Was er grinsend zur Kenntnis nahm.
„Wie du ja bereits weißt, ist Lilith ein Sukkubus. Sie ist in den Fegefeuern gefangen. Dennoch kann man als Dämon zu ihr, nur sie kann nicht heraus. Wenn sie jedoch eine reine Seele bekommt, eine Seele gezeugt von Mensch und Dämon, ist sie frei. Da dies natürlich verboten ist, ist es eigentlich unmöglich von dort zu fliehen", antwortete Ash und nahm sich ebenfalls eine Tasse Kaffee.
„Wenn meine Seele nicht rein wäre, theoretisch, würden sie dann von mir ablassen", fragte Leia weiter.
„Ja, doch deine Seele ist reiner als alles, was ich in Zehntausenden Jahren je gesehen habe", lächelte er schwach.
„Gibt es eine Möglichkeit dies zu ändern", bohrte Leia nach.
„Ja", presste er angestrengt heraus.
Leia spürte, das ihm dies nun unangenehm wurde. Leia erinnerte sich jedoch an Julie's Aussage, dass Ash jede Frage ehrlich beantworten musste. Zumindest wenn er jemandem gegenüber stand.
„Wie", hakte sie nach.
„Drei Dinge, die du dafür tun musst", knurrte er angestrengt.
„Die da wären", fiepte Leia und ihr Herz hämmerte.
„Jemandem das Leben nehmen, Luzifer huldigen und deine Unschuld verlieren", knurrte er noch rauer als jemals zuvor.
„Leia's Herz schlug so laut, dass sie das pochen in ihren Ohren hören konnte. Dies waren keine guten Voraussetzungen. Bei der Erwähnung ihrer Unschuld, wurde sie feuerrot.
„Fällt also flach", bemerkte Julie mit geweiteten Augen.
„Und was sollen wir nun tun? Wie komm ich aus dieser Sache wieder raus", ihre Stimme war so hell vor Angst, dass Leia sie selbst kaum wiedererkannte.
„Kämpfen. Wir müssen kämpfen. Ich besitze zweiundsiebzig Legionen", gab er nun etwas gefasster von sich.
„Kämpfen?! Ich? Hast du mich mal angesehen? Ich fühle mich zwar stärker wenn ich Ich bin, aber ich kann nicht kämpfen", schrillte Leia aufgebracht.
„Du bist viel stärker als du denkst. Du musst nur akzeptieren was oder wer du bist. In dir fließt das Blut Leviathan's. Somit auch all seine Macht. Deine Verwandlung ist noch längst nicht abgeschlossen", setzte er sich aufrecht, seine Augen waberten aufgeregt.
„Und wie soll ich das machen? Wie Ash", keuchte Leia.
„Du musst aufhören, zu versuchen dich zu beherrschen. All das was du Jahre hinweg ausgeübt hast, vergesse dies! Sei du selbst, sei das, was du von Anfang an warst. Ein Dämon", erklärte Ash, seine Aura wirbelte sanft um ihn, was Leia leicht ablenkte.
„Du hast gut reden. Ich habe mein ganzes Leben lang versucht dies zu verstecken, zu unterdrücken. Wie soll ich das deiner Meinung nach abstellen", fragte sie verzweifelt.
„Wir werden das üben. In jeder freien Minute. Doch wir müssen fortan vorsichtig sein. Belial hat sicherlich Leviathan aufgesucht. Nachdem was im Park geschehen ist. Außerdem hat Lil uns das ganze zusätzlich erschwert. Nun wandeln auch andere Dämonen unter den Menschen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Luzifer oder der große Boss oben das mitbekommen und sich einschalten. Das wird krieg geben. Einen Krieg wie ihn die Menschheit noch nie erlebt hat", gab Ash enthusiastisch von sich.
„Das bedeutet, das ich nun keine freie Minute mehr habe? Gut ist, dass wir wenigstens erkennen wer ein Dämon ist. So können wir die Menschen zusätzlich schützen", antwortete Leia anfangs etwas sarkastisch, wirkte zum Schluss hin aber erleichtert.
„Wie meinst du das?! Ich erkenne einen Dämon nur, wenn er sich unbeobachtet fühlt und sein Inneres offenbart. Dämonen sind gute Gestaltwandler", gab Ash nachdenklich von sich.
„Wirklich? Hmm. Was meinst du mit offenbaren", hakte Leia nach und Julie setzte sich nun interessiert aufrecht.
„Na nur wenn er in seiner wahren Gestalt ist, oder er nicht alles verbirgt. Wie die Augen gestern bei dem Kerl an der Bar", erwiderte Ash.
„Also verbirgst du momentan dieses glimmen, Aura oder was auch immer dich umgibt nicht?", fragte Leia Ash, der sie nun verständnislos anblickte.
„Ich weiß nicht was du meinst. Mich umgibt was", antwortete Ash verwirrt und blickte an sich herab.
„Na so ein glimmen halt. Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Es ist ein satter dunkler Rotton, durchzogen von schwarzen schlieren. Manchmal durchbricht ein grelles Weiß dieses glimmen, aber nie besonders lange. Je nachdem, wie du gelaunt bist, bewegt es sich langsam oder eben sehr schnell um dich herum. Auch bei Lil, Belial und dem Kerl gestern habe ich das gesehen. Und einmal in der Schule", versuchte Leia ihm zu erklären und blickte ihm ebenso verständnislos entgegen.
Gerade jetzt wirbelte dieses glimmen sehr stark um Ash herum. Leia fand, das es wunderschön aussah. Dies behielt sie aber lieber für sich.
„Das nenne ich doch mal einen Vorteil für uns. Wenn du tatsächlich Dämonen erkennen kannst, ist das eine Fähigkeit die sehr hilfreiche für uns ist", merkte Ash grinsend an.
„Dann bin ich mal gespannt, was Leia noch alles kann, wenn sie akzeptiert was sie ist", nickte Julie in die Hände klatschend.
Auf dem Boden neben dem Sofa ploppte es.
„Man, wie soll jemand bei diesem Lärm schlafen", streckte sich eine mürrische Lil.
Leia und Julie erschraken so sehr, dass ihnen beiden ein spitzer Schrei entfleuchte.
„Ach ja, da gibt es noch was. Dämonen können sich unsichtbar machen", gab Julie mit verzerrter Miene entschuldigend von sich.
„Schön, dass du mir erst jetzt davon berichtest", sah Leia ihr tadelnd entgegen.
„Seid ihr dann jetzt mal fertig? Ich glaube nicht, dass Leia vorhat, Luzifer zu huldigen, jemanden zu töten oder ihre Unschuld zu verlieren. Auch wenn Ashmo ihr bei letzterem sehr gerne behilflich wäre. Wir sollten uns einen Platz suchen, wo wir ungestört sind", grinste Lil zwinkernd.
Woraufhin Leia erneut errötete. Ash hingegen grinste so sehr, dass sein Grübchen erschien. Wie konnten sie immerzu ihre Stimmung wechseln? Wer dachte jetzt bitte an Sex? Gerade wo die Apokalypse bevorstand. Wenn Ash recht behalten würde, gäbe es schon sehr bald einen Krieg. Ein Schauer jagte Leia über die Haut. Sie wusste nur nicht, ob dies der Angst vor dem bevorstehenden zuzurechnen war oder der Tatsache, dass Ash sie schon wieder so begierig ansah. Vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem.
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