9.Kapitel
„Wieso bekommt ihr beide eigentlich immer etwas zu Essen für das Turnier?", fragte Keno. Er saß neben mir, während wir auf den Anfang des Turniers warteten. Marco starrte wie gebannt auf Savios Brot und sabberte. „Ich glaube dein Bruder hat Hunger", stellte ich fest und sah wieder zur Tafel. Keiner von uns beiden war in den ersten fünf Kämpfen dran. Die Glocke ertönte und kündigte den ersten Kampf an. „Hoffentlich schafft sie es dieses mal", murmelte ich und drückte die Daumen. Tika trat gegen einen Jungen an. Er musterte sie grinsend. Er war sich seines Sieges sicher. „Sie schafft das", meinte Rob und lehnte sich zurück. „Immerhin habe ich sie trainiert." Ich sah zweifelnd nach vorne. „Dann kann sie doch nur verlieren", meinte Savio geringschätzig. Ich kicherte und auch Keno fing an zu grinsen. „Passt lieber auf", meinte Marco. Sie trat ihm gerade in den Bauch und warf ihn dann über ihre Schulter. Die Glocke ertönte wieder und Tika begann zu strahlen. Sie winkte Rob zu und lief dann zu Mel, die sie freudig umarmte. „Ich sagte doch, dass sie es schafft", grinste Rob zufrieden. Savio nickte nur leicht und sah dem nächsten Kampf zu. „Das ging wirklich schnell", meinte ich zu Keno. „Die erste Runde muss schnell gehen, sonst haben wir nicht mehr genügend Zeit für die Endrunden", erwiderte er und lächelte mir zu. Mein Herz machte einen Sprung und ich lächelte zurück. „Vergiss nicht das Turnier der Erwachsenen", ging Savio dazwischen. Er funkelte Keno finster an, ehe er wieder den Kämpfenden zusah. Marco streckte langsam seine Hand aus und näherte sich langsam Savios Brot. „Wenn du das machst, wird deine Hand bald gar nichts mehr anfassen können", knurrte der, ohne die Augen abzuwenden. Marco schluckte und zog sich schnell wieder zurück. „Das hätte ich dir gleich sagen können", meinte ich und lächelte entschuldigend. Marco ließ enttäuscht die Schultern hängen und lehnte sich gegen seinen Bruder. Rob sah ebenfalls den Kämpfen zu. Ich musterte die beiden. Savio hatte eine tiefe Falte auf der Stirn und auch Rob sah beunruhigt aus. „Was ist los?", fragte ich die beiden besorgt. „Ich habe ein ungutes Gefühl", murmelte Savio und Rob nickte bekräftigend. Ich dachte daran zurück, wie Tamaro gegrinst hatte und sofort lief mir wieder ein Schauer über den Rücken. Ich teilte das Gefühl der beiden. „Denkt ihr, es wird wirklich etwas passieren, wie Tamaro gesagt hat?", fragte ich. „Vielleicht geschieht es sogar wegen ihm", mutmaßte Rob. Marco richtete sich auf. „Das ist gut möglich", meinte er ernst. „Alle sind schon gespannt, weil er etwas interessantes versprochen hat." Ich sah mich um. Alle sahen dem Kampf zu und ab und zu gab es Getuschel. Wahrscheinlich fragen sie sich, wann denn die Überraschung kommt., dachte ich mir. Die Glocke ertönte und ich zuckte zusammen. Keno erhob sich. „Bis gleich", meinte er und zwinkerte mir zu. Dann lief er nach vorne und klettere in den Ring. Du schaffst das!, feuerte ich ihn in Gedanken an. Die Glocke ertönte und Keno stürmte los. Er war so viel schneller geworden. Bevor sein Gegner überhaupt wusste, was los war, lag er bereits am Boden und die Glocke ertönte. Keno sprang lässig aus dem Ring und kam zu uns. Marco hob die Hand und sein Bruder klatschte ein. Dann ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und grinste. „Das war einfach", meinte er. Savio beugte sich zu mir und flüsterte: „Du schaffst das genauso leicht." Ich seufzte genervt. „Savio. Was willst du damit bezwecken?", frage ich ihn leise. „Du bist doch besser als Keno", meinte er und verschränkte die Arme. „Mehr ist das nicht." Ich glaubte ihm kein Wort. Keno war im fünften Kampf, weshalb ich auf ihn höchstens in der fünften Runde treffen würde, falls ich es bis dahin schaffte, was nicht sehr wahrscheinlich war. Eine Runde vorher traf ich auf Tamaro und gegen ihn hatte ich bereits in meinem letzten Turnier verloren. „Mach dich nicht selbst runter. Wir haben doch trainiert", sprach Savio mir Mut zu. „Woher weißt du, worüber ich nachgedacht habe?", fragte ich überrascht. Er grinste mich an. „Weil ich dein Lehrer bin. Außerdem hast du trübselig auf die Tafel gestarrt, da war das naheliegend", meinte er. „Ich war gar nicht trübselig", widersprach ich schmollend. Die Glocke ertönte und ich stand auf. Es stand bereits ein Mädchen im Ring und ich kletterte schnell zu ihr. Sie musterte mich und ich tat es ihr gleich. Ihre Beine sahen nicht so kräftig aus, also könnte ich sie vielleicht mit Schnelligkeit besiegen. Ihre Armmuskeln waren schon stärker ausgeprägt. Ich musste definitiv aufpassen. Der Kampf startete und ich rannte auf sie zu. Schnell wich ich ihrem Schlag aus und trat ihr in den Bauch. Sie taumelte und ich schlug ihr in den Nacken. Sie ging zu Boden und die Glocke beendete den Kampf. Ich ging zurück zu meinem Platz. „Du warst gut", lobte Savio mich. Ich grinste und wir schauten dem nächsten Kampf zu. Gegen den Sieger dieses Kampfes würde ich in der nächsten Runde kämpfen. Zuerst musterten sie sich einfach nur. Dann stürmten sie aufeinander zu. Sie hielten sich gegenseitig an den Händen fest und versuchten, den anderen zu Fall zu bringen. Ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Das bringt doch nichts", meinte ich und Keno nickte. Auch die Erwachsenen nickten zustimmend. Schließlich ließen sie sich los und versuchten den anderen über die Schulter zu werfen. Keno stützte den Kopf auf die Hände. „Hoffnungslos", murmelte er. Plötzlich trat der eine dem anderen in den Bauch. Der taumelte zurück und atmete kurz durch. Dann rannte er auf seinen Gegner zu und die beiden stürzten zu Boden. Aus dem Kampf wurde ein Gerangel am Boden um die Oberhand. Einer bekam eine gescheuert und der andere ein paar Fußtritte, doch ein Sieger ging daraus nicht hervor. In dem Raum herrschte Stille und ich bemerkte, dass alle den Kampf für affig hielten. Schließlich gingen die beiden wieder auseinander. Der Eine wankte und kippte schließlich um. Die Glocke ertönte und die beiden kletterten aus dem Ring. „Mit dem wirst du locker fertig", meinte Keno und lehnte sich zurück. Ich erwiderte nichts. Es haben doch beide gleich viel abbekommen. Warum ist dann nur der Eine umgekippt? Ich glaube das wird nicht so einfach, wie alle denken. Ich muss aufpassen., überlegte ich misstrauisch. Auch Savio sah nachdenklich nach vorne. Er dachte sicher dasselbe, wie ich. Tamaro war fünf Kämpfe nach mir dran, also nur noch vier. Ich holte mein Brot hervor und biss hinein. „Wieso hast du jetzt auch etwas zu Essen?", jammerte Marco. Sein Hunger war zurück. Ich ignorierte ihn und sah einfach dem nächsten Kampf zu. Rob lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Weckt mich, wenn einer von euch dran ist", murmelte er noch. Ich sah zu ihm. Wie kann er jetzt schlafen?, fragte ich mich. „Bald ist Tamaro dran, oder?", meinte Savio und biss von seinem Brot ab. Marco wimmerte leise vor sich hin. Ich hätte beinahe gelacht. „Ja", antwortete ich meinem Lehrer und sah auf die Tafel. „Denkst du, Rob will bei Tamaro zuschauen?", fragte ich und sah zu dem schlafenden Mann. Er war wie auf Befehl eingeschlafen. „Ich denke nicht", meinte Savio und stupste ihn an. Als er davon nicht aufwachte, stieß er ihn vom Stuhl. „Was ist denn los?", fragte Rob verschlafen und setzte sich wieder hin. „Willst du bei Tamaro zuschauen?", fragte ich ihn. „Nein. Ich habe doch gesagt, weckt mich wenn ihr dran seid", erwiderte und schloss wieder die Augen. Sein Kopf sank leicht nach vorne und Savio weckte ihn wieder auf. „Was ist?", meinte Rob genervt. „Sicher, dass du nicht zuschauen willst?", fragte Savio nach. Ich konnte sein Grinsen deutlich erkennen. Es macht ihm wirklich Spaß, Rob zu ärgern., dachte ich. Rob versuchte, wieder einzuschlafen, doch die Schüler fingen an zu jubeln, als Tamaro in den Ring kletterte. Sein Gegner sah ein bisschen ängstlich aus. Ich konnte es ihm nachempfinden. Die Glocke ertönte und plötzlich stand Tamaro hinter seinem Gegner. Mit einem gezielten Schlag setzte er ihn außer Gefecht. Ich starrte geschockt nach vorne. „Das war sicher nicht einmal eine Minute", murmelte ich. „Er ist schnell", staunte Keno. Savio sah unzufrieden nach vorne. „Was hat er vor?", fragte er leise. Ich fing an, auf meiner Unterlippe zu kauen. Er winkte den Schülern lächelnd zu und ging dann wieder auf seinen Platz. Dort grinste er auf einmal verschlagen und sah mich direkt aus seinen grünen Augen an. Angst stieg in mir hoch und wusste, dass er etwas plante. Und es hatte mit mir zu tun. „Wir sehen uns in der vierten Runde. Glaub ja nicht, dass du mir entkommen kannst.", sagte sein Blick. Ich schauderte. Angst schnürte mir die Kehle zu. „Was ist los, Jenny?", fragte Keno und beugte sich zu mir. „Du siehst so geschockt aus." Ich riss mich von Tamaro los und blickte zu Keno. „Es ist alles in Ordnung", versicherte ich und bemühte mich um ein Lächeln. Er nickte nur besorgt. Ich wandte mich schnell wieder den Kämpfen zu, um nicht noch mehr Fragen beantworten zu müssen. Im der zweiten Runde war ich im fünften Kampf an der Reihe. Keno war bereits zwei Kämpfe vor mir dran. In der dritten Runde war er im zweiten und ich dritten Kampf dran. Ich fürchtete mich ein wenig vor der vierten Runde. Ich war bereits im zweiten Kampf dran. „Die erste Runde ist bald zu Ende", meinte Marco und lehnte sich ein wenig zurück. „Das heißt, ihr beide müsst auch bald wieder kämpfen." Ich nickte. „Ihr seid heute beide dran, oder?", fragte ich und sah von Marco zu Savio. „Ja. Wer weiß, vielleicht besiege ich deinen Lehrer dieses mal", meinte Marco und zwinkerte mir zu. „Das schaffst du nicht", meinte ich überzeugt und fing an zu grinsen. „Du bist gemein", maulte Marco. „Sie stellt nur die Tatsachen klar", ging Savio dazwischen. Er grinste ebenfalls und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf.
Schließlich stand Tika wieder im Ring. „Denkt ihr, sie schafft die zweite Runde?", fragte ich in die Runde. „Wir können ja Wetten abschließen", schlug Rob vor. „Ich dachte, du wolltest noch weiterschlafen?", hackte ich nach. „Ich muss doch meiner Teilzeit-Schülerin zuschauen", meinte er. „Okay, fünf Euro, dass sie verliert." Ich seufzte. „Du müsstest für sie wetten! Immerhin hast du sie trainiert", schalt ich ihn. Er zog grinsend die Schultern hoch. „Aber ihr Gegner ist zu stark für sie", erwiderte er. „Wir werden nicht wetten", ging Savio dazwischen. Enttäuscht ließ Rob die Schultern wieder sinken. „Schade. Ich wollte auch gerade gegen sie wetten", meinte Marco. „Ihr seid Verräter", meinte ich. Die Glocke ertönte und Tika rannte los. Lässig wich ihr Gegner aus und rammte ihr sein Knie in den Magen. Das muss weh getan haben., dachte ich mitleidig. Bevor sie sich wieder aufrappeln konnte, schlug er ihr auf den Rücken und der Kampf war vorbei. „Schade", meinte ich. „Es wäre schön gewesen, wenn sie noch etwas weiter kommt." „Aber immerhin hat sie es in die zweite Runde geschafft", erwiderte Savio. Ich nickte. „Gleich bist du dran", wandte ich mich an Keno. Er lächelte mich an und nickte. Als die Glocke ertönte stand er auf und kletterte in den Ring. Seine Gegnerin schien sich in ihrer Haut nicht wohl zu fühlen. „Er macht sie locker fertig", meinte Marco zufrieden. „Dreißig Euro auf Keno." „Dann wette ich auf das Mädchen", meinte Rob grinsend. Savio und ich seufzten gleichzeitig. Der Kampf begann und Keno rannte auf sie zu. Er trat ihr in den Bauch, während sie versuchte, ihn mit ihren Händen zu erreichen. Er grinste nur und schlug ihr in die Seite. Keuchend rappelte sie sich vom Boden hoch und trat nach ihm. Er sprang einen Schritt zurück und traf ihre Schulter. Es sieht aus, als macht es ihm Spaß., bemerkte ich staunend. Schließlich ging sie zu Boden und der Kampf war entschieden. „Du schuldest mir dreißig Euro", bemerkte Marco, ohne Rob anzusehen. „Ach komm schon. Du kannst doch einmal ein Auge zudrücken", flehte der und raufte sich die Haare. „Wo soll ich denn dreißig Euro herbekommen?" Keno setzte sich wieder neben mich und grinste zufrieden. „Wirst du reich durch mich?", fragte er seinen Bruder. „Das nächste mal solltest du aber mehr, als dreißig Euro verwetten. Hattest du etwa leichte Zweifel?" „Aber nicht doch", lachte Marco und sah sich die Tafel an. „Du hast es mal wieder in die dritte Runde geschafft!", lobte er seinen Schüler. „Das ist doch noch einfach. Hart wird es meist erst ab der fünften Runde", meinte Keno unbeeindruckt. „Das kommt immer auf den Gegner an", widersprach Savio. „Wenn du in der ersten Runde auf Tamaro triffst, sieht das nicht nach einem schnellen Sieg aus." Ich nickte nachdenklich. „Werden die Kämpfer extra so eingeteilt, dass die Starken erst später aufeinander treffen?", wandte ich mich an meinen Lehrer. Savio nickte. Die Glocke ertönte und ich stand auf. „Ich muss dann mal", meinte ich und kletterte in den Ring. Mein Gegner sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. Der Kampf begann und ich rannte auf ihn zu. Das mache ich eigentlich immer am Anfang, oder?, fragte ich mich, während ich ihm in den Bauch trat. Meinem nächsten Schlag wich er aus und griff selbst an. Er trat mich in die Seite und ich wich ein wenig zurück. Dann griff ich wieder an und schlug ihm ins Gesicht. Er wurde in die Seite geschleudert und richtete sich wieder auf. Jetzt sah er nur noch wütend aus. Er rannte auf mich zu und ich wich ihm mit Leichtigkeit aus. Dann schlug ich ihm in den Nacken und trat ihm in die Seite. Er fiel zu Boden und ich kletterte wieder aus dem Ring. War wohl doch nichts dabei. „Das war ziemlich schnell vorbei", lobte Savio mich. Ich lächelte ihm zu und aß den Rest von meinem Brot. „Dann kann ich ja wieder schlafen, oder?", meinte Rob und lehnte sich zurück.
Mit jedem Kampf, der verging, wuchs mein ungutes Gefühl. Mein Kampf mit Tamaro rückte immer näher, auch wenn noch eine ganze Runde dazwischen lag. Was passiert, wenn ich gegen ihn kämpfe? Es passiert auch, wenn ich in der nächsten Runde verliere, oder? Was hat er vor? Und warum hat es mit mir zu tun?, die Fragen spukten mir im Kopf herum und meine Angst wurde größer. Warum habe ich so große Angst vor ihm? Ich dachte wieder an sein Grinsen. Warum erinnert es mich an Mikas Lächeln? Könnte es sein, dass er auch...? Nein, das ist unmöglich. Oder? Ich kaute auf meiner Unterlippe, als Keno plötzlich aufstand. Verwirrt sah ich hoch. Er lief wortlos zum Ring und kletterte hinein. Er war bereits wieder dran? Dann war mein Kampf der nächste. Keno rannte auf seinen Gegner zu und rammte ihn sein Knie in den Magen. Er ging röchelnd zu Boden. Die Glocke ertönte und ich starrte fassungslos zu Keno. „Das war bisher der schnellste Kampf", murmelte ich erstaunt. Er setzte sich wieder zu uns und lächelte mich an. „Viel Glück", sagte er und ich ging nach vorne. Mein Herz schlug schneller. „Viel Glück", hallten seine Worte in mir wieder. Fröhlich kletterte ich in den Ring und musterte meine Gegnerin. Die Glocke ertönte und ich rannte auf sie zu. Sie schlug nach mir, doch ich wich aus. Dann schlug ich ihr und die Seite und in den Nacken. Sie fluchte und ging zu Boden. Keuchend richtete sie sich wieder auf und taumelte einen Schritt zurück. Ich lief zu ihr und trat ihr in den Bauch. Dadurch ging sie endgültig zu Boden und der Kampf war beendet. Ich half ihr noch auf und ging dann zurück zu meinem Platz. „Ihr habt es beide in die vierte Runde geschafft", beglückwünschte uns Rob. „Ich frage mich, wann Tamaros Überraschung wahr wird", murmelte Savio misstrauisch. „Und was er vorhat", ergänzte ich. „Genau", stimmte Marco uns zu. „Es wird langsam Zeit." Misstrauisch sahen wir zu Tamaro herüber. Er redete gerade mit dem Jungen, der neben ihm saß. Ihn interessierte es anscheinend auch, wann es die Überraschung gab, denn Tamaro grinste verschlagen. Dann sah er mir direkt in die Augen und beinahe hätte mich die Panik überwältigt. Dann sah er wieder weg und sprach einfach weiter. In der nächsten Runde würde er seinen Zug machen. Ich schluckte. Die dritte Runde hatte nicht mehr so viele Kämpfe. Ich war bald wieder dran. Ob er mich genauso schnell besiegen würde, wie seinen Gegner in der dritten Runde? Aber was hatte er vor? Nachdenklich sah ich den nächsten Kämpfen zu. Immer wieder schoben sich sein und Mikas Lächeln in den Vordergrund, doch ich schob die beiden Bilder zur Seite. Ich wollte mir nicht noch mehr Angst einjagen, als ich sowieso schon hatte. Dann stand Keno auf. Ich erstarrte. Das war ein Zeichen, dass ich im nächsten Kampf dran war. Und mein Gegner war Tamaro. Ich war die Einzige, die wusste, dass seine Überraschung in dieser Runde geschehen würde. Aber was war es? Ich kam einfach nicht drauf. Unter Jubel kehrte Keno an seinen Platz zurück. Er war zu schnell. Ich wollte jetzt nicht gegen Tamaro kämpfen. „Du schaffst das", ermutigte Savio mich. Langsam ging ich zum Ring, wo Tamaro bereits auf mich wartete. Sein Grinsen begrüßte mich. Es war eine Mischung aus Verrücktheit und dem Spaß daran, anderen Schmerzen zuzufügen. Ich kletterte in den Ring und stellte mich ihm gegenüber. Mein Atem ging schneller und ich war wie gelähmt vor Angst. Ich schluckte und versuchte, mich zu beruhigen. Dann ertönte die Glocke. Plötzlich stand Tamaro vor mir und Stille breitete sich um uns herum aus. Ein starker Schmerz fuhr durch meine Brust und ich sah an mir herunter. Ich sah ein Messer, das in meinem Körper steckte. Von dort breitete sich ein roter Fleck aus. Mir wurde schwindelig. D-das kann nicht sein., dachte ich mit weit aufgerissenen Augen. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie Savio aufsprang und wutentbrannt etwas brüllte. Meine Knie knickten ein und ich fiel langsam nach vorne. Tamaro zog das Messer aus meiner Brust und ich kam auf dem Boden auf. Man sollte hier dringend wieder putzen., dachte ich träge. Warum dachte ich gerade jetzt an so etwas? Schlagartig kehrte der Ton zurück und meine Ohren fingen an zu schmerzen. Der Schmerz in meiner Brust steigerte sich und ich kniff die Augen zusammen. „Was hast du getan?", schrie Savio und schlug Tamaro ins Gesicht. „DU VERRÄTER!", brüllte Keno zornig und trat ihm in den Magen. Tamaro fing an zu lachen. Alle erstarrten. War er endgültig verrückt geworden? „Ihr wollt wissen, warum ich das getan habe?", rief er lachend. Es hallte von den Wänden wieder und ich hörte ein Echo. „Ich bin ein Kämpfer!" Ich hatte es gewusst. Instinktiv war es mir klar gewesen, als ich sein Lächeln gesehen hatte. Es war Mikas so ähnlich gewesen, weil sie beide Kämpfer waren. Keno drehte mich auf den Rücken. Das Atmen fiel mir schwer. Ich versuchte, zu lächeln, doch meine Mundwinkel gehorchten mir nicht. Ich sah Tränen in Kenos Augen. „D-du musst durchhalten", meinte er und bemühte sich um Fassung. „Ich muss dir doch noch etwas sagen!" Marco legte ihm die Hand auf die Schulter. Ich war froh. Marco würde sich um seinen Bruder kümmern. Dann umhüllte mich die Dunkelheit und trug mich weit fort.
Als ich die Augen aufschlug, lag ich in einem Krankenhaus. Verwirrt sah ich mich um. Der Raum war weiß. Es gab ein Fenster, vor dem schwarze Vorhänge hingen. Es gab keine Tür. Neben dem Bett stand ein Nachttisch und darauf war mein Bild zu sehen. Es hatte sich verändert, seitdem ich das erste mal hier gewesen war. Jetzt hatte das Mädchen darauf schwarze, anstatt braunen Haaren. Meine Augen waren auch nicht mehr länger einfarbig sondern grün und blau. Und ich hieß jetzt Jenny und nicht Lucy. Langsam fiel ein Schleier über das Bild. Meine Lunge verkrampfte sich und ich konnte nicht mehr Atmen. Fühlte sich so Sterben an? Panisch sah ich mich nach einer Tür um. Ich will noch nicht sterben!, schoss es mir durch den Kopf. Das darf doch nicht sein. Bitte nicht. Es gab keine. Ich war völlig alleine in diesem Raum, aus dem es kein Entkommen gab. Dann verdeckte der schwarze Schleier mein Bild und alles war vorbei.
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