Vier Jahre
Alina
Nun war ich seit einem Jahr wieder eine freie Frau, keine Bewachung mehr, kein orangener Jumpsuit mehr. Wenn man mehrere Jahre im Gefängnis gelebt hatte wie ich, verstand man das Wort Gefangenschaft ganz anders. Selbst nach meiner Freilassung hatte es eine lange Zeit gebraucht damit ich mich wieder an dieses Leben ohne Mauern gewöhnt hatte. Der Gedanke an den Stacheldraht war alles andere als angenehm, aber genau dieser Stacheldraht hatte ich vier Jahre lang gesehen, Tag ein, Tag aus.
Um wieder ins normale Leben rein zu finden, hatte ich einen Job als Kellnerin angefangen. Mir blieb eigentlich auch nichts anderes übrig, denn niemand wollte jemanden wirklich einstellen wenn man erzählte das man vier Jahre lang im Knast gehuckt hatte. Die Blicke von meinen Mitmenschen, wenn sie davon erfuhren, waren hart und kalt, als wäre ich ein Monster. Es war aber eine normale Reaktion, am meisten wenn man nicht erzählte wieso man gesessen hatte.
Am Anfang hatten mir meine alte Familie noch Briefe geschickt, mich besucht, aber es wurde immer weniger und weniger, bis gar nichts mehr kam. Notgedrungen hatte ich mich anderen Frauen und Männern im Gefängnis angeschlossen, damit ich nicht völlig wahnsinnig wurde. Schon früher hatte ich eine harte Schale gehabt, aber die Lektionen dort drinnen waren noch härter und sie gaben mir noch ein dickeres Fell. Man brauchte es wenn man überleben wollte, irgendwie.
Eines Abends hatte ich mich dazu überwunden wieder durch die Straßen zu gehen, aber die Angst das mich einige erkannten war unfassbar groß. Die Stadt hatte sich extrem verändert, so viele neue Personen, so viele neue Läden und Kneipen, als wäre ich in einer anderen Welt. Obwohl alles so Neu war, verebbte das Unwohlsein nicht und zu meinem Pech wurde ich dann auch wirklich angesprochen.
„Alina? Bist du es wirklich?" Grad als ich mir eine Zigarette anmachen wollte drehte ich mich zu der männlichen Stimme um und grad der Mensch den ich am wenigsten sehen wollte, stand vor mir. Sein Name war Flocke und sein Gesicht war immer noch so hässlich wie früher. In mir spannte sich alles an und am liebsten hätte ich direkt vor seine Füße gespuckt. Ganz automatisch fuhr ich mir durch meine langen schwarze Haare um irgendwas mit meiner Hand zu machen. „Ja ich bin es...Flocke." „Oh oh, das Knasti Weib erinnert sich sogar an meinen Namen." Wie ein Wolf fletschte ich mit den Zähnen. „Ich habe dich echt nicht vermisst und du kannst gleich wieder aus meinem Sichtfeld verschwinden." Meine Drohung hörte man klar und deutlich raus.
Um nicht doch gleich auszuholen zündete ich meine Zigarette an und pustete den Rauch absichtlich in sein Gesicht, laut seinem Gesichtsausdruck empfand er den Rauch immer noch als ekelhaft. Seine Pitbulls hinten dran sagten bisher kein einziges Wort, er hatte scheinbar seine Beschützer ausgetauscht, denn vor meiner Inhaftierung hatte er andere. „Wie ich sehe hast du andere Knalltüten gefunden die dir dein Arsch retten. Was ist mit den anderen passiert? Knast? Tod? Oder schlichtweg kein Bock mehr auf dich gehabt? Oder wollten sie dir nicht mehr deine Füße küssen und sich beugen?" Mein gehässiges Grinsen konnte ich einfach nicht unterlassen, am meisten weil ich ihn, selbst nach so langer Zeit, immer noch damit tiggern konnte.
„Fick dich und dein Drecks Grinsen. Eigentlich hast du nichts zu lachen. Es hat sich vieles verändert, ich mein wie lange warst du jetzt eingebuchtet? Vier Jahre lang? Deine alte Gang ist Geschichte, andere haben jetzt das sagen." „Und dennoch bist du garantiert immer noch der Laufbursche für andere. Du musst garantiert immer noch unter den Schreibtisch verschwinden. Oh Flocke..was denkst du? Soll ich jetzt verletzt sein? Soll ich anfangen zu weinen? Natürlich hat sich vieles verändert, das Leben geht voran, jeder verändert sich. Naja bis auf du...du bist immer noch hässlich, äußerlich wie charakterlich. So Jungs euch noch viel Spaß und Jungs bückt euch nicht zu tief für den Rothaarigen." Lachend klopfte ich den zwei Pitbulls auf die Schulter während mich Flocke lautstark als Hure bezeichnete.
Ich ging eine Straße weiter und fand endlich eine ansprechende Bar namens Wings of Freedom. Die Einrichtung war eher dunkel gehalten mit ein paar Blautönen. Die Kneipe war zwar gut besucht, aber von außen hörte ich schon die Metalmusik daher war es ein Grund mehr darein zu gehen. Wie eine Schlange schlängelte ich mich durch die Menge an Menschen bis ich einen freien Platz am Tresen fand.
Erst als mich einer der Barkeeper ansprach schaute ich auf. Vor mir stand ein größerer blonder Mann, breite Schulter und strenge gelb goldene Augen. „Willkommen in der Bar. Ich wette darauf, dass du zum ersten Mal hier bist." „Ehm...ja bin ich tatsächlich und danke. Ich hätte gern ein großes Glas Bier." „Alles klar. Bei neuen Gästen ist das erste Getränk immer aufs Haus." „Oh Krass okay..das nenne ich mal Zuvorkommenheit." Wenige Momente später stand das Glas dann auch schon vor mir. „Kommst du von weiter her oder gehst du selten raus? Ich frage nur weil es zur Zeit eher seltener ist das neue Leute hier her kommen." Während er mich das fragte mixte er geschickt mehrere Cockteils. „Ich bin seit fast einem Jahr nicht mehr wirklich unter Leute gegangen und vier Jahre lang war ich nicht in der Stadt, daher ging es nicht." „Tja, jetzt bist du ja hier. Übrigens ich heiße Reiner." „Nett dich kennenzulernen Barkeeper namens Reiner." Lachend trank ich einen großen Schluck meines Biers.
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