Kapitel 13 - Levy Davids Strahlemannimage
Jason Guerreiro machte es sich in seinem XL-Fernsehsessel bequem, eine geöffnete Tüte Doritos BBQ Chips neben sich auf einem schmalen Glastischchen, das Thinkpad von Lenovo auf seinen kräftigen Oberschenkeln. Er trug Freizeitkleidung, ein weites Longsleeve und eine Jogginghose, die ähnlich aus der Form geraten war wie seine ehemals sportliche Figur.
Shadow, sein tierischer Gast, lag ausgestreckt vor der Terrassentür und schnarchte leise. Ab und an zuckten die Pfoten und die lange schmale Nase kräuselte sich, was so aussah, als wäre der Hund auf der Jagd.
Jason schüttelte grinsend den Kopf.
Mit einer Hand tippte er den Namen Levy David ein und bemerkte nur nebenbei die winzigen Fettschlieren, die seine Fingerkuppen auf der Tastatur hinterließen.
Chips und elektronische Gerätschaften ließen sich selten gut vereinbaren.
Es öffneten sich gleich mehrere Beiträge zur Person - die meisten verwiesen auf das Softwareunternehmen, mit dem sich Levy David ganz offensichtlich eine goldene Nase verdient hatte, andere zeigten ihn als erfolgreichen Golfspieler und Mitglied des California Golfclubs.
Jason entschied, hier mit seiner Recherche zu beginnen. Es wäre weiß Gott nicht das erste Mal, dass sich das Mordmotiv im
Freundes- oder Bekanntenkreis fand.
Allein schon der Internetauftritt des California Golfclubs wirkte wie ein Stoppschild für Leute mit Durchschnittseinkommen. Das auf der Startseite abgebildete Wappen erweckte den Eindruck einer elitären Gemeinschaft, zu der nur die Haute Volé Zutritt hatte.
Mit zusammengezogenen Brauen betrachte Jason das Bild eines imposanten, weißtetünchten Gebäudes, das von einer weitläufigen Rasenfläche eingerahmt wurde.
Er las Begriffe, die er nicht verstand, wie Schwingelrasen und Goldenes Zeitalter. Spätestens hier musste dem Normalverdiener klar werden, dass dieser Club den Reichen und Superreichen vorbehalten war.
„Shadow, wir beiden Hübschen statten diesem Schickimicki-Laden mal einen Besuch ab, was meinst du?"
Die angesprochene Hündin öffnete eines ihrer verschiedenfarbigen Augen - das blaue, um genau zu sein - und wedelte verhalten mit dem Schwanz.
„Ich verstehe schon, du ziehst es vor, gar nichts zu tun und darauf zu hoffen, dass du ein paar Chips abstauben kannst!"
Shadow gähnte.
„Komm schon, du faules Huhn. Ich frage mich, wie man vom reinen Nichtstun so schlank bleibt wie du."
***
Eine gute halbe Stunde später stellte der Detective seinen Ford zwischen einem BMW Cabrio und einem Maserati Granturismo ab. Die Art, mit der er die Tür seines in die Jahre gekommenen Mittelklassewagens zu schlug, hatte fast etwas zynisches, und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als einige Steinchen, die seine Schritte aufwirbelten, mit einem leisen Ploink gegen die Lackierung des Granturismo prallten.
Jason nahm sich einen Moment Zeit, um das Panorama der parkähnlichen Golfanlage auf sich wirken zu lassen.
Das Gebäude erinnerte ihn spontan an ein Lustschloss König Ludwigs des XIV - dass dieser so hieß, wusste Jason freilich nicht, sein Interesse an Geschichte konnte man allenfalls als peripher bezeichnen - er betitelte ihn stattdessen als „einen dieser französischen abgehobenen Adligen."
Die riesige gepflegte Rasenfläche und der in ein Rondell mündende Zufahrtsweg vollendeten den aristokratischen Eindruck des Golfclubs.
Shadow, die auf der Rückbank mitgefahren war, lief gelassen neben ihm her, so als ob sie diesen Weg schon etliche Male eingeschlagen hätte.
***
„Ich bitte Sie, Mr. ...?", demonstrativ betrachtete die junge Empfangsdame seine Polizeimarke, die er ihr ordnungsgemäß vorgezeigt hatte.
Jason ließ sie eine Weile vergeblich darauf nach seinem Namen suchen.
„Guerreiro. Detective Guerreiro", klärte er sie schließlich auf, während er das kleine Lederetui mit der Marke lässig zurück in seine Hosentasche schob.
„Mr Gueereeero", wiederholte sie, zog seinen Namen dabei jedoch übertrieben in die Länge, „leider sind hier keine Hunde erlaubt, ich muss sie also bitten zu gehen. Sie dürfen aber gerne ohne Hund wiederkommen."
„Detective Guerreiro", korrigierte Jason, „und ich ermittle im Mordfall Levy David, der Mitglied dieses Clubs gewesen ist."
Nun hob die platinblond gefärbte Rezeptionistin die schmal gezupften Brauen.
„Oooh", rief sie aus und ihr Mund formte sich dabei zu einem himbeerroten Oval.
„Ach, dann ist das auch nicht irgendein Hund, sondern Shadow?"
Bei den letzten beiden Wörtern hüpfte ihre Stimme gut zwei Oktaven in die Höhe.
Zwischen Jasons Augenbrauen bildete sich eine steile Falte.
„Richtig. Dieser Hund darf demnach doch das Gelände betreten?"
„Gar kein Problem, Mr. David hatte ihn ständig mit dabei. Er war sozusagen Ehrengast."
„Sie."
„Wie bitte?"
„Shadow ist eine Sie. Weshalb wurde in Bezug auf diesen Hund eine Ausnahme gemacht?"
Jetzt kicherte die junge Angestellte verschämt.
„Naja, Mr. David hat uns alle sehr großzügig getippt. Und außerdem ist es ja auch nicht schwer, dieses Tier zu mögen."
„Mochten Sie auch Levy David?"
Die Rezeptionistin errötete.
„Oh, also nicht wie sie denken. Aber...nun ja..., er war sehr nett und er sieht auch sehr gut aus."
Sie schlug die Augen nieder.
„Ich meinte sah. Er sah gut aus."
Jason fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtet schwarzes Haar.
„Gut, wie auch immer, ich brauche eine Liste aller Angestellten und aller Clubmitglieder. Eine gesonderte Aufstellung von Davids Golfpartnern und engeren Freunden hätte ich auch gerne. Am besten gleich. Ich warte so lange."
Der jungen Dame stand unvorteilhaft das Mündchen offen und es dauerte einige Sekunden, bis sie es wieder zuklappte. Dann nickte sie knapp und entfernte sich mit steifem Gang.
Aber eine halbe Stunde später hatte Jason das was er wollte. Und somit einen ausgefüllten Arbeitstag, selbst wenn er einen Teil der Listen an seinen Partner delegieren wollte.
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