Thirty-six
Thirty-six:
die Regeln
„Das war seit langem ein schöner Tag", seufzte ich als Clint sich ebenfalls ins Auto setzte. Ich presste die Lippen zusammen, überkreuzte meine Beine und knotete sie zusammen.
„Du wirkst traurig", stellte er bei meiner Miene fest und ich strich mir eine Strähne hinters Ohr.
„Ich hasse dieses Gebäude, in dem ich lebe", erklärte ich leicht schulterzuckend. „Das weißt du doch."
Er sah nach vorne, seufzte und startete dann den Wagen. „So schlimm ist die Basis nicht."
„Du wirst dort auch nicht festgehalten", erwiderte ich und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe Clint losfuhr.
„Ich weiß, was du meinst", entgegnete er nach einigen Minuten und ich sah langsam zu ihm. „Wenn du dieses Gefühl hast, gefangen in etwas zu sein und dort nicht mehr herauszukommen."
„Warst du denn schon jemals in solch einer Situation?", hakte ich nach und runzelte meine Stirn.
„Mehrfach", schmunzelte er und seine eine Hand wanderte zu meiner, ehe er sie kurz drückte und dann umschloss. „Und aus fast allen hast du mir herausgeholfen und Licht gespendet."
„War ich eine Taschenlampe?", zog ich eine Augenbraue hoch und er lachte kurz auf.
„Nein", schüttelte er seinen Kopf. „Aber wenn man es wortwörtlich nimmt, dann klingt es wirklich so, als seist du meine Taschenlampe in der Dunkelheit gewesen."
„Und nun bist du meine", nuschelte ich leise.
Denn es stimmte. In seiner Gegenwart kam mir alles viel heller vor. Als konnte ich mich jeden Moment daran erinnern, wer ich wirklich war oder was in meinem ganzen Leben passiert war. Es passierte nur leider nicht, dass ich mich erinnerte.
Wieder drückte er meine Hand. „Lass dich nur nicht bei der Horde unterkriegen, die man da hat. Dann klappt alles", erzählte er mir. „Denn jeder hat irgendwo seine Schwächen. Und nur, weil deine gerade dein Erinnerungsvermögen ist, heißt es noch lange nicht, dass du dich nicht gegen ihre Vorschriften wehren kannst."
„Aber ich habe Angst davor."
„Und deswegen stirbst du lieber", vermutete er und bog rechts ab. Ich schüttelte im selben Moment meinen Kopf.
„Nein, ich möchte niemanden mehr auf die Nerven gehen oder zur Last fallen. Außerdem sind alle nur mit mir überfordert, weil ich nicht mehr die bin, die ich einmal war." Ich seufzte.
„Es ist zwar eine enorme Anstrengung, sich zurückzuhalten, wenn du anwesend bist, Vika", meinte er und bog links ab, „Aber es ist keine Last, die wir tragen müssen", endete er. „Und du bist unter keinen Umständen eine Last", fügte er hinzu.
So bekam ich aber das Gefühl der anderen übermittelt. Wenn man mal Lyane ausschloss. Die schien niemals mit mir ein Problem zu haben – außer, wenn ich nicht so schlagfertig wie sie war.
<Normalerweise bist du schlagfertiger als ich.
>Und das macht mir Angst.
<Schisser.
>Könntest du endlich aufhören, mich zu beleidigen? Bitte.
<Boah.
Plötzlich hielt Clint einfach an und parkte ein, was mich meine Stirn runzeln ließ, ehe ich bemerkte, wo wir waren. „Hast du was Zuhause vergessen?", fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf und schnallte sich ab, während er gleichzeitig die Autotür öffnete.
„Na los, das wird dir gefallen", sagte er zu mir. „Vertrau mir", lächelte er als er ausstieg. Irritiert schnallte auch ich mich ab und stieg danach aus. Gerade als ich die Autotür zumachte, machte er den Kofferraum zu und stellte alle Tüten auf dem Bürgersteig ab. „Danke, ich brauche keine Hilfe", schmunzelte er und ich blinzelte, ehe ich vorlief und ihm zwei Tüten abnahm.
„Entschuldige."
Er lachte lediglich und lief mir voraus auf die Haustür zu. „Das war ein Scherz, Vika", schüttelte er lachend den Kopf und stellte die Tüten wieder ab, ehe er in seine Hosentasche griff und seine Hausschlüssel hervorholte.
„Aber mal ehrlich", fing ich an. „Was machen wir hier?"
„Siehst du doch", zuckte er mit seinen Schultern. „Wir gehen zu mir nach Hause."
„Und warum?", hakte ich nach.
Er verdrehte seine Augen. „Sei nicht immer so neugierig", merkte er an als ich meinen Mund erneut öffnete. „Das könnte bei manchem gefährlich enden."
Verwirrt, aber mehr als neugierig und interessiert, lief ich mit ihm in die Eingangshalle, sah ihm dabei zu, wie er kurz nach Post schaute.
Danach liefen wir die drei Stockwerke hoch zu seiner Wohnung, die er dann aufschloss.
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„Natasha?", rief er und ein klirrendes Geräusch ertönte, wobei ich zusammenzuckte und wieder bis zur Tür zurückging, gegen die ich aber laut stieß, sodass Clint sich umdrehte. Seine Mundwinkel zuckten. „Na los, sie beißt nicht, wenn man sie einmal gezähmt hat. Das weißt du doch."
>Ja, aber sie ist wütend auf mich.
Ich biss mir für ein paar Sekunden auf die Lippen, ehe ich erschrocken Luft holte als er sich versteifte und die Tüten fallen ließ. „Entschuldige", sagte er schnell und bückte sich, um die Tüten aufzuheben, wobei er noch ein paar Sekunden unten blieb und Luft holte. „Könntest du bitte aufhören, auf deiner Lippe rumzubeißen?"
Ich ließ meine Lippe wieder von den Zähnen und nickte einmal schnell.
„Wollt ihr da immer noch wie abgedroschen rumstehen?" Ich zuckte erneut zusammen. Und dies auch nur, weil ich nicht gesehen hatte, wie Natasha den Flur betreten hatte. Sie seufzte, ehe sie vorlief und Clint dann die Tüten aus der Hand nahm. „Schlimmer als jedes Kind", schüttelte sie ihren Kopf als sie sich umdrehte und loslief.
Clint sah ihr für einige Sekunden mit einem grimmigen Blick nach, ehe er sich umdrehte, sich meine Hand schnappte und mich mit in die Wohnung zog, obwohl ich leichten Widerstand an meiner Hand zeigte. Doch er wäre so oder so zu stark gewesen.
Im Wohnzimmer angekommen sah ich Essen auf dem Wohnzimmertisch und bleib mit einem Mal stehen.
Dabei entzog ich Clint sofort meine Hand und lief einen Schritt zurück. Die wollten mich wohl doch zwingen, zu essen.
„Komm schon, du musst wirklich nichts essen", lachte Clint und griff sich erneut meine Hand, ehe er mich mit sich zog, zur Couch.
„A-a-abb-", meine Lippen bebten so sehr, dass ich nicht weitersprechen konnte. Das war mir auch noch nicht passiert.
„Das Essen war für mich und Natasha gedacht", raunte er mir zu als er mich auf die Couch drückte. „Solltest du aber Hunger bekommen, haben wir auch noch was da."
„Ach, ich dachte, ich soll nur für zwei kochen", scherzte meine Schwester und kam von der anderen Seite des Flurs wieder, die Tüten nicht mehr bei sich tragend. „Hi, Vika", lächelte sie mich an.
„Hallo", antwortete ich leise und sah auf meinen Schoß hinab.
„Wie war das shoppen?"
„Sie hat sich Oldys rausgesucht", erklärte Clint und nahm sich seinen Teller, ehe er eine Kelle nahm und die Kartoffeln aus dem Topf holte. „Aber richtig alte Oldys. Die hab ich selbst früher an ihrer noch nie gesehen gehabt."
„War doch klar", zuckte Tash mit ihren Schultern. „Sie hat keine Ahnung, was momentan in Mode ist."
>Ich sitze noch hier?
<Und ich höre zu?
„Was sind Oldys?", fragte ich leise und sah zu Clint.
„Klamotten, die längst aus der Mode sind, Victoria", antwortete mir Natasha und tat sich Essen auf.
Ich fühlte mich zwischen den beiden nicht wohl. Absolut nicht wohl. Ich ahnte, dass die Bombe jeden Moment platzte – und ich mitten im Krieg festsaß.
Mein Fuß wippte schnell auf und ab, fing zu zittern an und meine Hände schwitzen etwas.
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„Also", begann Natasha zu sprechen, bevor beide wirklich angefangen hatte zu essen. „Clint hatte da eine Idee."
Angesprochener schnaubte. „So kann man es auch nennen, Romanoff."
Ich zog fragend meine Augenbrauen hoch und Natasha verdrehte ihre Augen.
„Du kannst, unter Aufsicht von Clint, hierbleiben." Ich hob beide Augenbrauen an. „Vorausgesehen, du möchtest nachher mit mir zurück zur Basis." Vielleicht schüttelte ich etwas zu schnell meinen Kopf, denn es hatte zwei Folgen. Erstens zogen sich Natashas Mundwinkel für eine Sekunde nach unten. Zweitens wurde mir kurz schwindelig. „Clint bleibt bis auf Weiteres hier und wird beurlaubt", zog sie Anführungszeichen in die Lüfte. „Das hat aber zur Folge, dass er dir vierundzwanzig Stunden auf den Wecker gehen wird."
Angesprochener schnaubte erneut. „Du bist echt nett zu mir, weißt du das, Romanoff?"
„Ja", antwortete sie konternd. „Ich habe eingesehen, dass du dich nicht wohlfühlst und anscheinend möchtest du dich", sie seufzte kurz, „Weswegen auch immer, umbringen." Ich hielt kurz den Atem an – um nicht zu widersprechen. Ich wollte nicht sterben. „Auf jeden Fall hat dieser Vorschlag ein paar Harken, solltest du wirklich hierbleiben wollen."
„Und jetzt kommen tausend Anstandsregeln", verdrehte Clint seine Augen und lehnte sich zurück als ich zu ihm sah. „Können wir nicht vorher essen?", fragte er meine Schwester.
„Nein", erwiderte sie ruckartig, ehe sie sich das Haar zurückstrich.
„Was für Regeln?", hakte ich leise nach, sah sie mit etwas roten Wangen an.
Sie seufzte, ehe sie ihre Hand hob und ich zusammenzuckte. Doch sie zählte nur ein paar Punkte ab. „Erstens schläfst du ausschließlich im Gästezimmer und nicht bei Clint."
Dieser schnaubte erneut. „Damit kann ich leben", entgegnete ich leicht nickend.
Sie nickte ebenfalls, schon etwas zufriedener. „Zweitens kannst du zwar, wenn du magst, alleine raus, aber es wäre mir lieb, wenn du immer ein Handy dabeihättest und um zwanzig Uhr hier sein würdest. Es sei denn, du wärst mit jemandem von uns unterwegs. Das ist eine Ausnahme."
Ich nickte erneut. „Ist gut", fügte ich hinzu.
„Drittens-"
„Ach, es gibt noch einen dritten Punkt?", hakte Clint belustigt nach und Natasha schmunzelte.
„Es gibt noch mehr Punkte, als nur drei, Barton." Er verdrehte seine Augen. „Drittens wird sein, dass du am Wochenende in der Basis sein wirst." Sie seufzte. „Für eine wöchentliche Untersuchung. Deine Therapie kannst du ab nun jeden Mittwoch in der Praxis von Dr. Bolyn fortführen."
„Okay", antwortete ich leise.
„Barton", begann sie erst wieder und Clint sah auf. Sie holte Luft. „Clint wird dir zeigen, wo sich seine Praxis befindet, damit du immer hinfindest." Clint hob beide Augenbrauen.
„Werde ich?", hakte er nach.
„Viertens", begann sie. „Auch wenn mir der Punkt nicht so sehr gefällt." Sie rollte mit ihren Augen. „Du hörst bitte auf Clint."
„Tut sie sowieso schon", winkte er ab und Natasha strafte ihn mit einem Blick, bei dem ich – wenn sie mich so angesehen hätte – losgeweint hätte.
„Naja", seufzte sie dann und ich blinzelte Tränen weg. war das ein Traum? „Die letzten zwei Punkte sind mir besonders wichtig."
Ich nickte. „Hau raus", bat ich sie.
„Ich schwöre, sollte ich mitkriegen, ihr habt was miteinander, mach ich Schaschlik aus euch." Ich lief feuerrot an als sie auf Clint und mich deutete. „Ihr seid nämlich nicht hier, um euch zu vergnügen, sondern damit-"
„Natasha, lass gut sein", verdrehte Clint seine Augen. „Klar?", hob er eine Braue, sah sie an. „Spring einfach zum letzten Tagespunkt."
Sie seufzte, strafte ihn wieder mit einem Blick. „Der letzte Punkt dreht sich um eine Sache, die jedem am Herzen liegt."
„Das da wäre?", fragte ich nach als keiner der beiden Anstalten machte, weiterzusprechen.
„Victoria, wir möchten, das du ab jetzt regelmäßig isst", sprach Clint aus. „Denn dich schon unter der Erde wissen zu müssen, möchte keiner."
Ich seufzte. Das war ein mieser Vorschlag.
<Sag mal was Witziges. „Ich regle nichts, ohne meinen Anwalt".
„Ich regle nichts, ohne meinen Anwalt?", haute ich fragend raus, woraufhin Clint sofort losprustete und Natasha kicherte, ehe sie verstummte.
„Hierbei gibt es keinen Anwalt, Victoria. Verstanden?" Sie sah mich so streng an, dass ich nickte.
„Okay, ich akzeptiere alle Regeln", meinte ich dann schnell.
Sie streckte mir ihre Hand entgegen. „Sicher?"
Einige Sekunden sah ich diese an, ehe ich sanft einschlug. „Sicher", piepste ich leise.
Plötzlich schob Clint mir seinen Teller zu, worauf echt wenig Essen war. „Fangen wir einfach mit kleinen Mahlzeiten an."
„Clint", fing Natasha auch schon an.
„Natasha, es ist vierzehn Uhr." Er deutete auf seine Wanduhr. „Später gibt es noch Abendessen. Da kann sie sich ja den Magen vollschlagen."
„Was ist mit meinen Sachen?", hakte ich nach als ich eine Gabel in die Hand gedrückt bekam und sie anstarrte, als war sie ein Auto.
„Sind bereits hier", zuckte Natasha mit ihren Schultern. „Tut mir leid, aber du bist in manchen Angelegenheiten eindeutig zu vorhersehbar."
„Und in welchen bin ich nicht vorhersehbar?"
Beide antworteten synchron und fast augenblicklich. „In deinen Launen."
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Datum der Veröffentlichung: 26.03.2020 11:06 Uhr
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