Seven
Seven:
Larissa
„Warum bist du in deinem Zimmer?", fragte Dr. Banner und öffnete leise, ohne vorher wie immer zu klopfen, die Tür. Als ich vorhin hier reingekommen war, war das Fenster repariert gewesen. Und so sah ich keinen Sinn, weiterhin bei den anderen sein zu müssen. Natasha hatte nämlich gehen müssen, noch bevor wir essen konnten. Und ich glaubte, man hatte mir die Enttäuschung sehr angesehen. Ich zuckte mit meinen Schultern und sah weiterhin aus dem Fenster. Es zeigte direkt auf die Wiese, auf der wir vorhin rumgerannt waren. Dort lief gerade ein Mädchen lang – um die zwölf Jahre alt. Sie hatte braune Haare. Doch ich wusste nicht, wer sie war. „Oh, du beobachtest Larissa."
„Ist Larissa so wie alle anderen?", fragte ich nach, sah zu Bruce auf.
„Das ist Clints Nichte", erzählte er mir. „Sie ist nur zu Besuch." Er zeigte plötzlich auf einen Mann, der etwas weiter weg mit einer Frau stand. „Das ist Clints Bruder. Mark."
„Kann ich ihn kennenlernen?", fragte ich kleinlaut.
„Wozu?", lachte er leicht und ich strich mir eine Strähne hinters Ohr, während ich mit den Schultern zuckte.
„Keine Ahnung, ich mag ihn kennenlernen", erklärte ich ihm.
„Victoria, was ist der wahre Grund?", hakte er leise nach.
Ich seufzte. „Ich mag mich einfach mal nur mit jemand normalem unterhalten."
„Oh", machte er, ehe er nickte. „Verstehe."
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„Zieh dir bitte eine Jacke an und nimm jemanden mit nach draußen", wandte er sich von mir ab und wollte das Zimmer verlassen.
Ich streckte meine Hand nach ihm aus. „Können Sie mich nicht begleiten?"
Er schüttelte den Kopf und befreite sich leicht. „Ich habe ein Date mit einem Zellengenerator, entschuldige."
Ich seufzte, nickte aber als er das Zimmer verließ. Er ließ die Tür einfach offen und mich mit einer Frage zurück. Was war ein Zellengenedings?
>Ach, was! Ich unterhalte mich jetzt einfach mit ihm.
Ich zog mir schnell eine Strickjacke über, schlüpfte in etwas hochangelegte Stiefel und versuchte, zu stehen. Klappte wunderbar, bis ich stolperte und umknickte. „Au!", rief ich und rieb mir am Boden sitzend den Knöchel. „So viel zu, Schuhe sind toll", murmelte ich, da ich in meiner ersten Nacht, nachdem ich aufgewacht war, von Schuhen geträumt hatte.
„Alles okay?", lachte Sunna an der Tür stehend leicht und mein Kopf wanderte ruckartig nach oben.
„Nein, Schuhe sind doof!", rief ich wütend und plötzlich hallte ein lautes Lachen durchs Gebäude.
Es donnerte und dröhnte richtig, was mich erschreckte und auf dem Boden ein paar Zentimeter rückwärts krabbeln ließ. Ein Beben vielleicht?
„Thor!", brüllte Sunna. „Hör auf, du erschreckts Vika."
„Kann ich jetzt nicht einmal mehr lachen, ohne jemanden zu erschrecken?!", entgegnete eine tiefe und dröhnende Stimme laut. „Gott!"
„Ich höre?", ertönte nun eine schnarrende Stimme und ein Schatten huschte hinter Sunna vorbei, was mich nochmals zusammenzucken ließ als ich aufstand und wankte.
„Loki, halt die Klappe", meinten mehrere Stimmen gleichzeitig und ein goldenes Licht blitzte auf.
Das war mir dann zu viel für einen Tag. Ich schloss die Tür vor Sunnas Augen und drehte mich um. Dann musste ich diesen Mark und seine kleine Familie halt aus der Ferne beobachten.
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Und dies tat ich auch.
Ich stand am Fenster und sah Larissa dabei zu, wie sie einen Handstand oder einen Radschlag auf dem Rasen versuchte.
Dann sah ich der Frau neben Mark zu, wie sie Clint umarmte als dieser kurz quer über die Wiese lief. Und schließlich umarmte er kurz Mark.
Anscheinend diskutierten sie kurz. Und so neugierig wie ich war öffnete ich das Fenster. Mit der Absicht, diesmal natürlich nicht herauszufallen.
„Larissa?!", rief eine gleichmäßige Stimme, die von der Frau herzurühren schien. „Komm, wir gehen wieder!"
„Aber ich mag noch mit Pietro um die Wette rennen!", rief das Mädchen als auch schon ein Blondschopf ankam, sie auf seine Schulter schmiss und zu den Eltern trug. Dies war also Pietro. Der Mann mit dem blonden Haar und der so schnell war. „Komm schon, bitte!", quengelte sie los und zupfte am Ärmel. „Außerdem mag ich Vika sehen!" Mehr konnte ich aber nicht hören, weil sie zu leise sprachen. Clint sah plötzlich zu mir. Wieso bemerkte er es jedes Mal, wenn ich ihn oder jemanden beobachtete? Mein Puls wurde schneller als er seine Hand hob und mir diesmal zuwinkte. War ich denn auch wirklich gemeint? Vorsichtig hob ich die Hand und winkte etwas zurück, was ihm daraufhin ein kleines Lächeln ins Gesicht zauberte. Automatisch mir aber auch. Denn anscheinend war ich gemeint. Plötzlich stupste Mark Clint an und fragte ihn etwas, woraufhin Clint nur die Schultern zuckte, nochmal zu mir sah und dann plötzlich auch noch von Larissa überfallen wurde, die sich an ihn schmiss. In diesem Moment sah ich kurz zu Mark, der auch zu mir sah. Waren etwa alle aus seiner Familie so der Typ Mensch, der es mitbekam, wenn man einen beobachtete? Im Gegensatz zu Clint lächelte er herzlich und winkte mir richtig breitlächelnd zu. Er stupste leicht seine Tochter an, ehe diese aufgeregt zu mir sah. „Hallo, Vika!", brüllte sie quer über die Wiese und ich zuckte zusammen, ehe ich etwas lächelte und mich dann doch lieber abwandte. „Kommt sie raus?!", hörte ich Larissa noch laut fragen als ich letztendlich das Fenster schloss.
>Clints Familie scheint nett.
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Mit einiger Unruhe in mir legte ich mich aufs Bett und deckte mich zu, nachdem ich dann doch nochmal aufgestanden und mir die Schuhe ausgezogen hatte. Ich ließ diesen tollen Tag mit meiner Schwester Revue passieren, dachte daran, was für Spaß es mir gemacht hatte, mit ihr Zeit zu verbringen.
Nur irgendwann wurden meine Lider schwer und ich schloss die Augen.
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Ein kleines Mädchen mit dunkelblonden Locken stürmte auf uns zu, kaum dass wir den Laden betreten hatten, in den mich Mark geführt hatte. Den Weg hierher hatte Schweigen zwischen uns geherrscht. „Daddy!", rief sie fröhlich und schmiss sich in seine Arme, die er ausbreitete. Ich hob direkt beide Augenbrauen.
„Hey, meine Kleine", begrüßte er sie, hob sie richtig hoch und ging mit ihr zu einem Tisch im hinteren Teil des Cafés, wo lächelnd eine Brünette aufstand, die sie ihm aus den Armen nahm, ehe er sie mit einem Kuss begrüßte. „Hey, Darling", sagte er und sie musterte mich kurz, weil ich so hinter den beiden hergetrottet war wie der letzte Penner. Jetzt fühlte ich mich definitiv noch schlechter. Und ich dachte, das ging nicht. „Jenny, das ist Victoria, eine alte Freundin", stellte Mark mich vor und ich warf ihm kurz einen Blick zu.
>Alte Freundin? Wir kennen uns nicht mal eine halbe Stunde.
Ich streckte meine Hand vor und ein paar Sekunden später schüttelte diese Jenny sie auch schon. „Freut mich. Ich wusste nicht, das Mark Freunde in New York hat", sagte sie lächelnd.
„Ich hab den Kontakt damals verloren." Ich lächelte breit und vollkommen geschauspielert, da mir am liebsten wieder zum Weinen zumute war. „Und beim Spazieren treffe ich ihn plötzlich", sagte ich. „Aber es freut mich auch, dich kennenzulernen." Damit nicht gleich alles so formell klang, hielt ich es für besser, direkt aufs „du" überzugehen.
„Lasst uns setzen", meinte Mark und wir taten, was er vorgeschlagen hatte. „Ich hoffe, dass hier ist okay, Victoria?", deutete er zu Jenny und der Kleinen. „Ich habe vergessen, das eben noch mitzuteilen." Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Seid ihr beide verheiratet, Mark?", fragte ich ihn.
„Verlobt", hob er seine linke Hand. „Und wie du siehst, haben wir ein gemeinsames Kind." Er deutete auf die Kleine neben mir.
„Warum habt ihr noch nicht geheiratet?", fragte ich dann lieber verwundert nach und blinzelte Jenny an. „Man sollte doch meinen, wenn man die große Liebe gefunden hat, sollte man keinen Augenblick mehr verlieren, sein Leben mit dem anderen zu teilen."
„Er möchte seinen Bruder auf der Hochzeit dabeihaben." Sie seufzte, stützte ihre Ellenbogen auf dem Tisch ab und sah kurz darauf, während Mark die Augen verdrehte. Anscheinend lastete diese Angelegenheit schon länger auf ihrer Beziehung. „Nur sucht er ihn schon seit Jahren", bedauerte sie und schlug kurz den Blick nieder. „Ich habe ihm fünf Jahre gegeben."
„Mein Beileid", hob ich beide Augenbrauen an. „Und Respekt, dass du solch eine Geduld besitzt." Jenny lächelte, zuckte leicht mit ihren Schultern. „Und du vermutest ihn hier in New York?", vermutete ich und erntete ein Nicken seitens Mark.
„Kann ich Ihre Bestellung aufnehmen?", fragte uns eine blonde Kellnerin, trat an unseren Tisch und zückte Stift und Papier.
„Kaffee, schwarz, ohne Zucker", sagte Mark.
„Für mich einen Pfefferminztee und für die Kleine ein Glas Orangensaft, bitte. Danke", meinte Jenny und alle sahen mich erwartend an.
„Ebenfalls einen Kaffee ohne Milch und ohne Zucker", bat ich und die Kellnerin verschwand lächelnd. „Wie heißt dein Bruder?", fragte ich ihn nach einigen Minuten neugierig, in denen ich die Tochter der beiden beobachtet hatte.
Ich war gut, im Aufspüren. Und ich wettete, Tony würde mir helfen, wenn ich ihn drum bat. Vielleicht würde ich es schaffen, ihn zu finden. Und wenigstens konnte ich mich dann so bei Mark bedanken, fürs Zuhören.
„Er heißt Clint", antwortete mir Mark und alles zog sich in mir wie mit einem Gummiband zusammen, sowie mein Herz anfing, doppelt und dreifach zu schlagen.
>Nein. Verdammt. Warum muss ich auch immer die Arschkarte ziehen?
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Datum der Veröffentlichung: 23.03.2020 15:46 Uhr
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