Eight
Eight:
die umherirrende Shampooflasche
Eine Berührung an der Schulter ließ mich aufschrecken.
„Ganz ruhig", ertönte eine samtene Stimme. „Du hast nur unruhig geschlafen."
Völlig irritiert drehte ich mich um, sah in grüngraue Augen, die ich definitiv nicht kannte.
„Wer sind Sie?", fragte ich etwas zu schroff, da ich noch vollkommen müde war, und richtete mich ins sitzen auf.
„Mein Name ist Charlie", stellte sie sich mir leise vor und meine Matratze bewegte sich. „Vika, beruhige dich doch erstmal, bevor-"
„Ich muss duschen", murmelte ich nachdenklich, lief zu meinem Badezimmer. Dort trat ich ein, schloss die Tür und drehte den Knauf der Tür um.
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Unter der Dusche erinnerte ich mich diesmal nicht an irgendetwas aus meiner Vergangenheit. Und ich glaubte, ich hatte das Treffen mit Larissa und ihren Eltern nur geträumt. Das war lediglich ein Traum gewesen – nix weiter.
„Es war einfach nur ein sehr lebendiger Traum", nuschelte ich und seufzte leise, ehe ich das Wasser kaltstellte und erzitterte.
Doch unter diesem Wasser blieb ich. Denn nach nur wenigen Sekunden merkte ich, wie wohlwollend es sich auf meiner Haut am Rücken anfühlte. Es war kühl, angenehm und einfach nur prickelnd.
Mit geschlossenen Augen, da ich meine Stirn gegen die Wand lehnte, wollte ich nach der Shampooflasche greifen. Aber meine Flasche war eher breiter, nicht so dünn.
Irritiert sah ich auf und dachte schon, ich musste noch immer träumen. Aber nein. Nein, ich hatte wirklich diese Pfefferminzshampooflasche hier in meiner Hand – unter der Dusche stehend.
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„Wo kommt die denn jetzt auf einmal her?", fragte ich mich und drehte meinen Kopf einmal um mich, mit meinem Körper im Schlepptau.
Weil ich dann aber beinahe ausrutschte und wankte, entschloss ich mich, lieber bald aus der Dusche zu steigen und dem Besitzer seine Flasche wiederzugeben. Ich wusste nämlich nicht, wie diese Flasche gewandert war.
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In aller Ruhe trocknete ich mich ab, zog mir eine Jeans und ein nicht bedrucktes und weißes Shirt an. Ich wollte meine Haare wieder zu einem Zopf zusammenbinden – klappte aber wieder nicht. Denn anscheinend konnte ich es nicht – oder war zu doof dafür. Also ließ ich es sein, flüchtete mich noch schnell in Socken und Turnschuhe und verließ dann leise mein Zimmer.
Das Charlie nicht mehr in meinem Zimmer gewesen war, war mir klar. Aber nicht das unten im Wohnbereich noch Licht gewesen war.
Wie viel Uhr es wohl war?
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Einige Sekunden, als ich vor der Tür stand, überlegte ich wirklich, ob ich die Flasche nicht vielleicht einfach auf den Boden stellen sollte. Denn es konnte ja sein, dass der Besitzer des Zimmers bereits schlief.
Und gerade als ich mich dafür entschied, sie wirklich auf den Boden zu stellen... tja. Ich stellte sie auf den Boden und dann ging auch schon die Tür auf und ich sah gegen ein männliches Geschlecht.
Zum Glück in eine Hose verpackt. Sonst hätte ich geschrien.
Mit brennenden Wangen richtete ich mich auf und... sah in ein Gesicht, dessen Person ich nicht richtig kannte. Sondern nur vom Sehen.
„Victoria", meinte er lediglich und fing dann an zu grinsen, während ich noch röter wurde – zumindest war mein Gefühl so. Am liebsten wäre ich im Boden versunken.
„Hi", winkte ich schüchtern und leise, ehe ich mich schnell bückte und die Flasche mit dem Pflegeprodukt aufhob. Ich hielt sie ihm hin. „Die war bei mir im Bad und ich dachte, Sie hätten sie vielleicht gerne wieder", sagte ich ihm.
Er zog eine Augenbraue hoch, aber tat nichts Weiteres. Bis er wieder anfing zu grinsen und sich mit dem Gesicht nach hinten wandte.
„Clint, dein Shampoo hat es auf mysteriöse Weise geschafft, in Victorias Badezimmer zu landen." Ein Seufzen ertönte, ehe der Typ beiseitetrat. „Geh ruhig, niemand beißt", meinte er zu mir.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich will nur die Flasche zurückbringen und-", ich seufzte bei der erneuten Errötung meiner Wangen und sah kurz zur Decke. „Es muss doch auch schon spät sein. Denn immerhin ist-"
„Es ist zwar erst sechs Uhr früh, aber so spät finde ich, ist es nicht mehr", schüttelte er mit der Zunge schnalzend den Kopf. Ich hatte das Gefühl, ihn verärgert zu haben. Das wollte ich nicht. Deswegen ignorierte ich mein heftiges Herzklopfen und schlüpfte an ihm mutig vorbei ins Zimmer.
Auf dem Bett, auf dem ich gestern noch geschlafen hatte, lag Clint – entspannt und anscheinend dennoch genervt.
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„Tony, was soll eigentlich der Mist, mich so früh zu wecken?", grummelte er und drehte sich mit der Decke einmal um.
>Er muss mir verraten, was für ein Waschmittel er benutzt.
„Ich lass euch zwei Mal alleine", zwinkerte „Tony" mir zu und schlüpfte aus der Tür, ehe er diese schloss und ich am liebsten direkt gefolgt wäre.
„Stark?!", hob Clint wütend den Kopf und ich wurde rot. Vielleicht hätte ich einfach warten sollen, bis es hell war? Als er meinen Augen entgegenblickte verstummte er augenblicklich und runzelte die Stirn, ehe er sich aufsetzte. „Was machst du hier, Vika?", fragte er verwirrt – aber diskret und distanziert. Ich hob nur die Flasche an. „Mein Shampoo?", zog er belustigt eine Braue hoch und ich schmollte leicht.
„Nein, es war bei mir im Badezimmer und ich weiß auch nicht, wie sie da hinkam und-"
„Mein Shampoo steht im Badezimmer", unterbrach er mich, stand auf, wobei ich rot wurde und lief zur Badezimmertür, ehe er das Licht einschaltete und seufzte. „Ja, sie steht da." Er drehte sich wieder zu mir um. „Wieso bist du also wirklich hier?" Ich biss mir leicht auf die Unterlippe, als ich die Farbe auf seinem Arm betrachtete. Er hatte da so viele Motive... „Vika?" Ich zuckte zusammen, sah Richtung Decke, während ich auf seinen Körper zeigte.
„Könnten Sie sich vielleicht ein Shirt anziehen, Clint?", stammelte ich hervor, ehe er seufzte und zu seinem Schrank lief.
„Sieze mich nicht", bat er mich und strich sich das Haar zurück, was ich aus dem Augenwinkel vernahm. „Und tu nicht so, als ob dich der Anblick-", er verstummte von selbst und seufzte kurz nochmal, ehe ich sah, wie sein muskulöser Rücken hinter einem dunkelgrünen Shirt verschwand. Dieser absolute muskulöse... schöne Rücken. „Also", sprach er aus, noch immer mit dem Rücken zu mir. „Wieso bist du hier?"
„Sagte ich doch schon. Wegen dem Shampoo", antwortete ich leise und legte es, sobald ich dahingelaufen war, auf dem Nachttisch ab. „Sie gehört mir nicht und deswegen mag ich sie nicht haben."
„Okay, ich frag mal rum, wer eine Shampooflasche in dein Badezimmer geschleppt haben könnte", verdrehte er die Augen als er sich zu mir wandte. „Sonst noch etwas?" Ich schüttelte den Kopf und war im Begriff auch schon wieder das Zimmer zu verlassen – so schnell wie ich irgend konnte. Er machte mich nervös, ich spürte es. „Du solltest öfters lächeln", sprach Clint aus, bevor ich die Klinke heruntergedrückt hatte.
So verharrte ich mit der Hand darauf und drehte mich um. „Wie bitte?", blinzelte ich irritiert und seine Mundwinkel zuckten.
„Du hast mich schon verstanden, Vika", entgegnete er lediglich schulterzuckend. „Lächle öfters und der Alltag wird gleich viel besser."
Ich schnaubte nur leise, ehe ich die Tür öffnete und zwischen den Türrahmen trat.
„Sie sollten auch viel öfter lächeln, Clint", meinte ich, ehe ich hinaus auf den Flur trat und die Tür schloss. Etwas zu grob.
Einige Sekunden sah ich mit meinen Augen etwas wild im Flur umher. Denn irgendwie regte er mich auf.
>Wie kann mir jemand vorschreiben, wie ich zu leben habe? Es ist doch meine Angelegenheit, wenn ich nicht zu lächeln vermag.
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Datum der Veröffentlichung: 23.03.2020 16:14 Uhr
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