Thirteen
Thirteen:
nervtötendes vibrieren
„Was machen wir heute noch?", fragte sie mich sobald wir in meinem Hotelzimmer ankamen.
„Essen gehen", erzählte ich ihr. Doch sie sah mich nur resigniert an.
„Ich hatte gedacht, wir machen persönlicheres!", stellte sie beleidigt klar und ich legte meine Tasche ab.
„Ich bin an der Minibar", nuschelte Terence und verzog sich auf der Stelle. Er mochte es nicht, Streit zwischen mir und jemand anderem mitzubekommen. Und einmischen tat er sich erst recht nicht, es sei denn, es war öffentlich oder wurde körperlich. Aber ich zweifelte, dass er sich in eine Prügelei mit Lucinda und mir einmischen würde.
„Lucy, ich-", begann ich.
„Ich bin nun einmal in den letzten eineinhalb Jahren bei dir zu Besuch", stellte sie klar. „Und du möchtest mit mir essen gehen?"
„Lucinda!", schrie ich ihren Namen kurz aus und sie schloss reflexartig ihren Mund. „Ich hab einen Termin, okay?"
„Einen Termin mit wem?", zog die Achtzehnjährige vor mir eine Augenbraue hoch. „Océane, bitte versteh doch, dass ich dich einmal für mich haben möchte."
Okay, die Lüge mit dem Termin war schlecht gewesen. Hätte wissen müssen, dass sie wütend reagierte.
„Gut, ich sag ab", gab ich mich geschlagen. „Filmeabend mit allem Drum und Dran?", hakte ich nach, biss mir auf die Unterlippe.
„Ne, schon gut", schmiss sie ihre zusammengeknüllte Jacke auf die Couch, ehe sie ab in Richtung Terence und Minibar lief. „Geh ruhig zu deinem Essen. Terence und ich kommen gut allein zurecht."
„Halten Sie mich daraus, Miss Grande", bat er, die Hände in die Luft hebend. Sie stöhnte nur genervt – und ich seufzte entnervt.
Sie war so viel anders als ich. Impulsiv und schnell beleidigt. Irgendwie war es doch schwerer mit ihr, als ich anfangs dachte. Dabei dachte ich, sie mal einige Zeit bei mir zu haben, würde mir helfen können. und ich zweifelte schon nach nicht mal acht Stunden dran.
-------
Seufzend stand ich an der Tür, öffnete sie. Danach ließ ich den Zimmerservice herein und uns alles Nötige für einen Filmeabend bringen.
„Möchten Sie noch etwas, Miss Grande?", fragte der Page, doch ich schüttelte den Kopf und er nickte.
Er machte gerade die Tür auf, als Terence mit den Tüten hereintrat. Und als die Tür sich schloss hob er diese an.
„Die Filme", zuckten seine Mundwinkel und Lucy trat im Onesie herein.
Ich sah sie leicht verstörend an. „Guck nicht so", bat sie schulterzuckend und im nächsten Moment prustete ich los.
„Ein Onesie?", lachte ich.
„Du siehst nicht viel besser aus!", verteidigte sie sich schmollend, lief zur Couch, auf der sich Terence gerade niederließ. Lucy riss ihm die Tüte aus der Hand und durchsuchte sie. „Twilight, Schweigen der Lämmer und A World Beyond", lächelte sie. „Perfekt."
„Dir ist bewusst, dass Terence und du Schweigen der Lämmer später alleine schauen könnt?", zeigte ich auf sie und meinen Bodyguard.
„Wieso?", schmollte sie.
„Weil Horrorfilme absolut nicht meins sind, das weißt du", lachte ich augenrollend und lief kurz zu einem Tisch neben der Eingangstür, worauf eine große Vase mit Blumen befüllt stand. Dort lag nämlich mein Handy, das schon seit Ewigkeiten vibrierte. Ich sah drauf – und musste lächeln, ehe ich dranging. „Hey, Dad", schmunzelte ich, sah kurz auf meinen flachen entblößten Bauch. Mein altes My Little Pony Top war mir einst in der Wäsche eingelaufen. Seitdem war es „etwas" bauchfrei. Aber ich liebte es. Es ließ sich so bequem drin schlafen.
„Ach, endlich gehst du ran?"
„Ich hatte viel zu tun", wich ich aus, zupfte das Top etwas herunter und sah auf meine langen gebräunten Beine, die aus der mintfarbenen Hot Pants herausguckten.
„Ich bin halt ein Problemkind!", rief Lucy und ich schmunzelte kurz – genau wie Dad.
„Also ist sie gut angekommen?"
„Mach dir keine Sorgen", beschwichtigte ich ihn.
„Ich mach mir immer Sorgen", seufzte er und es raschelte. Ich glaubte, er fuhr sich durch sein durchscheinendes Haar. „Das weißt du doch."
„Ich weiß", gab ich wider. „Gibt es noch einen Grund für deinen Anruf?", fragte ich dann lauter nach, sodass er mich auch richtig verstehen konnte.
„Muss ich denn einen Grund haben, um meine Tochter anzurufen, die sich kaum noch meldet?"
„Ich bin mit den Dreharbeiten für Age of Ultron voll beschäftigt, entschuldige", meinte ich bedauernd und drehte mich Richtung Fenster. „Ich melde mich die Woche, versprochen."
„Magst du mich schon wieder loswerden?"
„Lucy hat mich solange genervt, bis ich zugestimmt habe, einen Filmeabend zu machen", erzählte ich ihm.
„Also wie früher?", seufzte er und ich tat es ihm nach.
„Wie früher, ja", nickte ich leicht.
„Entschuldigung", murmelte er. „Ich wollte das Thema nicht anschneiden", stellte er klar. Im Gegensatz zu Mum verstand er es, dass ich über Ariana nicht sprechen mochte – nie.
„Schon okay, Dad", erwiderte ich und sah zu Lucy, die schon wieder schmollte. Aber sie lachte gleich darauf, weil Terence ihr einen Witz erzählte.
Er war nie besonders witzig gewesen. Aber er brachte Lucy immer zum Lachen – schon seit sie ihn kannte.
„Okay, dann lasst euch von einem eurem guten alten Dad nicht stören."
Ich lachte. „In Ordnung, alter Mann."
„Siebenundfünfzig ist noch nicht alt genug", lachte er.
„Ich wiederhole dich nur, Dad", lachte ich leicht. „Aber ich wünsch dir und Mum schon mal eine gute Nacht."
„Dir auch, Engelchen", schmunzelte er. „Ich liebe dich."
„Ich dich auch, Dad", nuschelte ich, ehe ich auflegte.
Als ich auf das Display sah, sah ich, dass nicht alle Anrufe von ihm waren. Ich zog meine Augenbrauen leicht grüblerisch zusammen. Einige waren von Taylor. Zwei von Mac. Doch ihn würde ich nun nicht zurückrufen. Tay schrieb ich schnell, ich würde mich morgen melden, hätte nun zu tun. Und ein Anruf verblüffte mich. Er war von Nicki. Nicki hatte sich schon Monate nicht mehr bei mir gemeldet – und ich mich nicht bei ihr.
„Luce, wart mal bitte kurz. Das ist wichtig", hob ich einen Finger mit gerunzelter Stirn und lief aus dem Raum hinüber in mein Schlafzimmer.
„Oooocé!", jammerte sie los.
„Nur kurz!", antwortete ich laut und schob meine Türen zu. Ich mochte Schiebetüren nicht.
-------
„Ja?", meldete sich Nicki nach ein paar Sekunden klingeln.
„Minaj meldet sich mal wieder?", entgegnete ich.
„Grande", sagte sie überrascht. „Freut mich, dass du mich zurückrufst."
Ich lachte kurz. „Okay, was gibt's, Queen?"
Sie lachte mir laut ins Telefon. „Hab gehört, du bist in der Stadt." Sie hielt kurz inne. „Und dann rufst du mich nicht an?", fügte sie hinzu.
„Ja, wegen eines Filmdrehs", runzelte ich die Stirn. „Wieso fragst du?"
„Weil ich dachte, wir könnten mal einen Kaffee zusammen trinken gehen?", erwiderte sie fragend, lachte erneut laut los. „Océane, wie lange ist es her, dass wir zwei Mal was zusammen unternommen haben? Zwei Jahre?"
„Könnte hinhauen", murmelte ich nachdenklich und sah aus meinen Schlafzimmerfenstern. Die Sonne ging langsam unter.
„Wie wär's mit morgen?", schlug sie gleich vor.
„Lucinda ist gerade in der Stadt, vielleicht nicht direkt morgen", wich ich aus. „Und ich muss auch noch arbeiten. Das darfst du nicht vergessen."
„Bring sie einfach mit."
Man konnte ihr Schmollen förmlich hören. „Nicki, ich weiß nicht recht-"
„Bitte", bat sie und ich seufzte.
„Okay, vielleicht", gab ich nach und sie jubelte am anderen Ende los. „Aber nur, wenn Lucy damit einverstanden ist."
„Sie wird einverstanden sein", murrte Nicki. „Sonst verhau ich sie mit meinen Titten."
Ich lachte leise in mich hinein. „In Ordnung."
„Dann bis moooorgen", sang sie los.
„Eh, morgen?", zog ich leicht eine Braue hoch.
„Wenn du arbeiten musst, machst du krank", schlug sie vor. „Also bis morgen. Keine Widerrede." Sie legte einfach auf.
------------
Seufzend schaltete ich mein Handy für heute einfach aus, ehe ich es auf meinen Nachttisch legte und wieder hinauslief.
„Wer war denn gerade so wichtig?", fragte Lucy bereits am Karren stehend und sich Eis holend.
„Nicki."
„Minaj?"
„Nein, die Frau des Osterhasen", erwiderte ich augenverdrehend.
„Grüß sie lieb von mir", grinste Lucy. „Hab schon ewig nicht mehr mit ihr gesprochen", überlegte sie, strich sich ihr Haar zurück. „Seit Weihnachten, glaub ich."
„Sie möchte sich morgen mit uns beiden zum Kaffee trinken treffen."
„Klingt prima", meinte sie und nahm sich einen Löffel. „Also ich bin dabei."
„Ich müsste das noch mit Lulu absprechen", merkte ich an. „Aber ansonsten würde es gehen."
Ich wollte nicht – und hatte zu allem Überfluss eigentlich auch noch frei. Klar, ich mochte Nicki. Sie war Arianas beste Freundin, aber... sie erinnerte mich zu sehr an Ari – und das schmerzte. Ich wollte endlich mal wieder einen Tag für mich allein haben. Ich hatte gedacht, Taylo könnte mit Lucy shoppen gehen. Dann hätte ich wenigstens den halben Tag für mich gehabt.
----------
Gerade als auch ich mir Eis genommen hatte – Terence knabberte an Twizzlers herum, seiner Lieblingsüßigkeit – und ich mich setzte, klopfte es erneut an der Tür und Lucinda stöhnte los.
„Wer nervt denn jetzt schon wieder?!", rief sie laut und ich stellte meinen Eisbecher auf dem Tisch vor uns ab, ehe ich aufstand und seufzte.
„Vielleicht ist es Lulu", meinte ich. „Vorhin meinte sie doch, vielleicht heute nochmal vorbeizuschauen."
„Oder es sind Geister", vermutete Terence. „So einen Hotelgeist im Stockwerk dreizehn sollte es schon geben."
Meine Mundwinkel zuckten. „Ich glaube nicht an Spukgeister, Terence", streckte ich ihm die Zunge heraus.
„Irgendwann glauben Sie es mir, Miss Grande", schnipste er. „Irgendwann."
„Nicht in tausend Jahren, Terence", seufzte Lucinda als ich lachend danach nach der Türklinke griff und die Tür aufzog.
Doch als ich in das Gesicht der Person blickte, die hinter der Tür stand, verstummte mein Lachen.
--------------
Datum der Veröffentlichung: 31.07.2020 12:10 Uhr
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro