Twenty-three
Twenty-three:
ein gefundenes Fettnäpfchen
Leylas Perspektive:
„Michael!" Ich stöhnte genervt auf. „Ich bitte dich", meinte ich. „Pack die Schere doch endlich weg", rief ich überfordert, fuhr mir übers Gesicht.
Ich hatte schon wieder Bastelkleber im Gesicht kleben. Wegen Laura, weil sie nicht hörte. Diese Kinder waren manchmal unerträglich.
„Mummy, noch fünf Minuten", quengelte er los. „Ich mag das noch zu Ende schneiden", jammerte er und ich seufzte genervt.
„Fünf Minuten!", rief ich und gab – mal wieder – nach. „Wenn du bist dahin nicht fertig bist, gehst du dennoch ins Bett." Er nickte. „Deine Schwester ist schon im Bett. Nimm dir daran mal ein Beispiel." Ich seufzte nochmal.
„Mum?" Ich verdrehte innerlich meine Augen, ehe ich zu Laura hinuntersah.
„Ja, Schatz?", zuckten meine Mundwinkel, ehe sie ihre Arme anhob.
„Gehst du mit mir noch ein paar Minuten raus und spielst Fangen?"
Ich seufzte, beugte mich hinab und hob sie hoch, ehe ich mich in Bewegung setzte.
„Zehn Minuten", sagte ich ihr, lief mit ihr nach draußen auf die Veranda. Michael würde trotz meiner „fünf Minuten"-Ansage noch zehn Minuten brauchen. Wie immer.
Ich seufzte wieder, lehnte mich gegens Geländer, ehe ich in den dunklen Himmel hinaufsah, ehe ich Laura herunterließ.
>Es regnet bestimmt bald wieder.
„Los, lauf los, ich zähle bis zwanzig", lächelte ich sie an, ehe sie kicherte, breit grinste und sich dann umdrehte, die Verandatreppe hinunterlief.
Ganz in meine Gedanken versunken, in denen ich zählte, bemerkte ich kaum, dass es kurz donnerte.
„Mummy!" Ich zuckte zusammen, sah sofort zu Laura.
„Ja?", fragte ich, lief bis zur Treppe. „Was ist?", fragte ich, runzelte die Stirn.
„Besuch", rief sie, zeigte unseren Feldweg entlang und hielt sich danach ihre Finger an die Lippen.
Ich zog meine Augenbrauen zusammen, lief die Treppen hinunter, ehe ich in die Richtung schaute, in die Laura gezeigt hatte.
Meine Tochter hatte Recht.
Es donnerte ein Auto den Feldweg entlang, bremste sogar laut als es vor unserer Farm hielt.
Ich zog eine Augenbraue hoch als die Autotür unglaublich laut zugeschlagen wurde und Laura an mir vorbeirannte.
„Onkel Clint", schrie Laura fröhlich und ich seufzte.
Mein großer Bruder breitete seine Arme aus, ehe er meine Tochter auffing und kurz herumdrehte. „Hey, Große", hörte ich ihn sagen und runzelte bei der Tonlage die Stirn. Es war komisch gewesen, ihn zu sehen – gerade jetzt. Es hieß, er komme erst in ein paar Tagen vielleicht mal vorbei – vielleicht. Und sonst rief er vorher auch immer an. „Hilfst du mir kurz?", fragte er Laura, die heftig nickte und hüpfend und grinsend von mir zu ihm zeigte, es sie ihm die kleine Reisetasche abnahm, die nach weniger Gewicht aussah als sie wahrscheinlich beinhaltete.
Langsam lief ich den Weg entlang, zog dabei meinen Cardigan enger um mich, ehe ich vor Clint zum Stehen kam und er die Tasche fallen ließ, wobei er mich ansah.
„Du siehst schlimm aus", legte ich den Kopf schief.
Seine Mundwinkel zuckten leicht, ehe er seine Arme um mich schloss.
„Ich sehe nicht nur so aus", seufzte er und entfernte sich von mir zögerlich, ehe es am Himmel einmal aufblitzte und ich die Stirn runzelte als ich die Flecken um Clints Gesicht betrachtete.
Vorsichtig hob ich meine Hand und berührte seinen Wangenknochen. „Wer hat dich verprügelt?", fragte ich scherzhaft und die Mundwinkel von meinem Bruder zuckten erneut.
„Natashas kleine Schwester." Er sah Laura nach, wobei ich meinen Kopf auch kurz nach ihr drehte.
„Von der du mir erzählt hast?", fragte ich bestürzt und runzelte die Stirn nur noch stärker als ich meinen großen Bruder wieder ansah.
„Lass uns erstmal hineingehen", bat er, seufzte.
Ich nickte, nahm ihm die große Reisetasche ab, ehe er sich seinen Koffer aus dem Kofferraum holte.
„Du hast vor, länger zu bleiben?", fragte ich teils hoffnungsvoll, jedoch auch teils irritiert nach. Er blieb nie länger als zwei Wochen. Und Klamotten hatte er eigentlich auch noch hier.
Er nickte und ich seufzte.
>Toll, dann muss ich es ihm sagen.
Innerlich murrte ich, was das Zeug hielt. Er würde wieder wütend werden, wenn er erfuhr, dass ich erneut schwanger war. Er konnte Tyrone – meinen Lebensgefährten – nicht ausstehen. Die beiden hatten vor Jahren mal eine Auseinandersetzung gehabt. Und sie waren beide zu stur um das hinter sich zu lassen.
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Als wir letztendlich ausgepackt hatten – und Clint Laura ins Bett gebracht hatte –, setzten wir uns unten vor den Kamin, wobei ich mich in meinen Sessel kuschelte und die Beine anzog. Ein Glück war Michael freiwillig allein ins Bett gegangen.
„Also? Warum hat sie dich verprügelt?" Meine Neugier brodelte unter meinen Fingernägeln.
„Weil ich scheiße gebaut habe", zuckte er mit den Schultern und ich horchte noch mehr auf.
„Inwiefern?", legte ich den Kopf schief. „Das musst du mir erklären." Ich ahnte, was er jetzt sagen würde. Aber ich wollte es nicht wahrhaben. Es gab nur einen Grund, weswegen er abhauen würde.
„Ich habe sie verletzt." Er fuhr sich übers Gesicht. „Ich habe ihre Gefühle verletzt."
„Sag mir bitte nicht, du bist einfach abgehauen", konnte ich nur resigniert entgegenbringen. „Denn du hast auch in New York Verpflichtungen, Clint."
„Sie wissen Bescheid, keine Sorge", murmelte Clint mit Blick zum Feuer.
Ich seufzte. „Magst du sie denn?", fragte ich nach, legte den Kopf schief, während ich ihn betrachtete.
Er zuckte mit den Schultern. „Spielt das denn noch eine Rolle?"
„Eh, ja?", gab ich von mir. „Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt, wenn du sie magst und sie dich."
„Weil ich eine andere gefickt habe." Ich zuckte zusammen. „Leyla, e-es tut mir leid", schüttelte er den Kopf. „Ich möchte nicht mehr drüber nachdenken und auch heute nicht mehr drüber sprechen." Ich lief rot an als er aufstand. „Ich möchte nur noch ins Bett."
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„Warte kurz, Vika", murmelte Natasha nach einigem Klingeln am Telefon und man hörte, wie sich eine Tür schloss. Ich presste meine Lippen zusammen, sah aus meinem Schlafzimmerfenster. „Ja?"
„Natasha?", fragte ich nochmal nach.
„Am Telefon", erwiderte sie. „Leyla, was ist los?"
„Was hat er mit deiner Schwester getan?" Ich presste meine Lippen erneut kurz zusammen. „Er hat sich nur kurz erläutert."
Sie schmunzelte am anderen Ende etwas. „Tja, Leyla", gab sie von sich. „Das solltest du deinen Bruder vielleicht selbst fragen. Aber ich hoffe doch, er ist nicht ganz ungeschoren davongekommen."
„Er hat eine blaue Wange", hob ich kurz eine Augenbraue, sah zum Himmel, der wieder blitzte.
„Immerhin", meinte sie genugtuend.
„Immerhin? Was hat er angestellt, Natasha?", lachte ich hohl auf.
Sie seufzte. „Er hat meiner kleinen Schwester das Herz gebrochen", gab sie von sich. „Ist er gut angekommen?"
„Ja", antwortete ich irritiert. „Wieso?"
„Weil ich meine Schwester auf der anderen Leitung habe."
„A-anderen Leitung?"
„Ich bin gerade in mein Auto gestiegen", seufzte sie. „Ich bin mit etwas Glück bei diesem Verkehr in fünf Stunden da."
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Natashas Perspektive:
Ich murrte, verließ mein Auto und schlug die Autotür laut zu, ehe ich die Miene verzog. Ich durfte nicht zu laut sein. Die Kinder schliefen.
Die Treppen bewegte ich mich schnell hinauf, ehe ich am Türknauf zog und ins Haus ging. Abzuschließen lernte Leyla auch nie.
„Er ist oben und pennt." Ich zuckte zusammen, blickte ins Wohnzimmer, ehe ich seufzte, innehielt.
„Du bist wach", strich ich mir mein Haar zurück, sah Leyla an.
Sie lächelte leicht. „Nein, ich habe hier geschlafen", gestand sie, gähnte und setzte sich auf. „Ich habe gedacht, ich warte hier einfach."
Sie war echt eine schlechte Lügnerin.
Meine Mundwinkel zuckten, ehe ich nach oben deutete. „Ich bin ihm dann mal seinen Arsch breittreten."
„Ich wünsch dir viel Spaß", salutierte sie, lehnte sich wieder zurück, während ich mich kopfschüttelnd umdrehte und die Treppe hoch in den ersten Stock ging.
Ich lief ein bisschen leiser als ich an Lauras Zimmer vorbeilief. Es war erstaunlich was für einen leichten Schlaf die Siebenjährige besaß.
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„Steh auf." Ich zog an Clints Decke und zog sie von ihm, ehe ich sie zu Boden fallen ließ.
„Huh?", schreckte er auf, blinzelte und gähnte. „Nat?"
„Nein, der Weihnachtsmann", verdrehte ich meine Augen. „Sag mal, du hast auch nicht gepeilt, dein Hirn anzuschalten, oder?", hakte ich nach und zeigte ihm den Vogel.
„Was machst du hier?" Er rieb sich übers Gesicht, setzte sich auf. „Solltest du nicht in Manhattan sein?"
Ich lachte kurz. „In Mahattan?", fragte ich nach, deutete auf mich und schüttelte den Kopf. „Nein, wie kommst du denn darauf?", fragte ich nach. „Ich muss doch jetzt nicht in New York sein. Vor allem nicht bei Vika, die heulend in ihrem Zimmer hockt und haufenweise Eis löffelt."
„Natasha", seufzte er. „Bitte, es ist, was? Drei Uhr morgens?"
„Vier", antwortete ich. „Und ich bin hellwach."
„Ich aber nicht", murmelte er, setzte sich auf. „Also? Was willst du?"
„Was ich will? Willst du mich verarschen?" Ich guckte böse als er aufstand und sein Zimmer verließ. „Hey, bleib gefälligst stehen, Barton", flüsterte ich laut als wir an Lauras Zimmertür vorbeiliefen und er anfing, die Treppen hinabzugehen. „Du haust mir nichts dir nichts einfach ab und denkst, das regelt sich schon von allein", verdrehte ich meine Augen als wir unten ankamen und er sich auf den Weg in die Küche machte. „Aber da irrst du dich, Clint. Du kannst das mir nicht antun. Und Victoria erst recht nicht, verstanden?" Ich fluchte unmissverständlich.
„Kaffee?", fragte er mich als er sich daran machte, Wasser in die Kanne zu gießen.
„Hörst du mir überhaupt zu?", zog ich die Brauen zusammen. „Barton, steh deinen Mann und hab die Eier in der Hose-"
„Nein, du hörst mir jetzt zu, Romanoff", schnitt er mir das Wort ab und ich hielt mit leicht geöffnetem Mund inne. „Ich war erwachsen genug und habe deiner Schwester alles erklärt", gestikulierte er. „Ich habe alle Fakten offengelegt. Das ich sie wollte", zählte er am Finger ab. „Das ich auf sie stehe, aber dass ich keine Beziehung möchte, verdammt nochmal." Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Sie war es, die mich rausgeworfen hat, verstanden? Mich!" Er deutete mit dem Zeigefinger auf sich, ehe er sich umdrehte und Kaffeepulver aus einer Dose schöpfte, ihn oben in die Kaffeemaschine gab. „Ich weiß, ich hätte betrunken nicht bei euch Zuhause aufkreuzen dürfen", murmelte er und ich zog eine Braue hoch, verschränkte meine Arme vor der Brust. „Ich wollte nur..." Er fluchte, ehe ich zusammenzuckte als er die Kaffeemaschine von der Anrichte fegte. „Ich wollte es bei deiner Schwester verflucht nochmal wieder gutmachen, klar?!" Ich biss mir auf die Unterlippe, schüttelte den Kopf und schnaubte, ehe ich aus dem Fenster hinter ihm blickte. „Wirklich, ich hab mich noch nie so hingezogen gefühlt zu einer Frau, wie zu deiner Schwester, verfluchte Scheiße."
>Fluchen bringt dich nicht weiter, Barton.
„Aber ich habe den Bogen überspannt, okay?!" Er zuckte mit den Schultern, seufzte. „Du siehst doch, wo das alles hingeführt hat."
„Nein, darum geht es nicht", stellte ich klar, deutete nach draußen. „Du solltest sehen, wohin es geführt hat", sagte ich wütend. „Victoria weint, ununterbrochen, Clint. Sie sollte nicht weinen. Sie sollte glücklich sein."
„Ja, aber ich bin nicht derjenige, der sie glücklich machen kann!", brüllte er.
„Hey, nicht so laut", haute Leyla aus dem Wohnzimmer raus. „Meine Kinder schlafen, Clint."
Er fuhr sich übers Gesicht, stöhnte in seine Hand. „Natasha, es tut mir leid, okay? Ich kann nichts anderes sagen, als dass es mir leid tut." Er zuckte mit seinen Schultern. „Ich denke, Gras über die Sache wachsen zu lassen, ist für alle Beteiligten erstmal das Beste", nickte er, ehe ich auf meine verschränkten Arme sah. „Ich werde schon zurückkommen, da verlass dich drauf", gestand er. „Aber nicht, wenn mich das Gefühl überkommt, mich ständig bei Victoria entschuldigen zu müssen und sie dauernd wegen mir am Heulen ist." Er seufzte. „So, irgendwas, was noch geklärt werden sollte?"
Ich presste kurz meine Lippen zusammen. „Das Zepter wurde gestohlen."
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Sechs Monate später:
Mir war nicht klar, dass es so viele werden würden, die wir zu besiegen hatten. Sonst wäre ich heute früh definitiv im Bett geblieben.
Ich gab jetzt schon dem gefühlten tausendsten Soldaten einen Kopfschuss.
„War's das erstmal?", bat ich, steckte meine Pistole wieder in meinen Halfter. „Mich kotzt das hier an", sagte ich.
„Ich denke", ertönte Steves Stimme.
„Du denk-", ich keuchte als mich ein schrecklicher Schmerz durchzuckte und mir die Luft bei meinem Aufprall aus den Lungen wich. Aufstöhnend drehte ich mich auf die Seite. „W-was?" Ich keuchte nochmal, hielt mir meine Seite, ehe an mir ein junger Mann mit Dreitagebart und hellblondem Haar vorbeilief. Ich zog meine Augenbrauen zusammen, sah ihn mir an.
„Was?" Ich zog die Brauen noch mehr zusammen. „Hast du das nicht kommen sehen?", fragte er mit russischem Akzent. Und dann verschwand er eigentlich auch schon superschnell aus meinem Blickfeld.
Ich versuchte aufzustehen, stöhnte aber nur wieder auf, presste mir die Hand auf die Seite. Und als ich sie hob, sah ich, wie Blut daran klebte. Mein Blut. „Ah, fuck."
„Vika!", hörte ich Nat rufen. Und einige Sekunden später tauchte sie über mir auf – und versuchte, irgendwas zu stoppen. Mein Blut, stimmt. Ich blutete. Wie ich es eben gesehen hatte. „Kann mal jemand bitte den Bunker ausschalten?", fragte Tasha in unsere Kommunikationsgeräte genervt hinein. Im nächsten Moment flogen Brocken durch die Luft – als der Hulk hindurchraste, schätzte ich. „Dankeschön", rief sie dem Hulk erleichtert zu, der schnaufend wieder verschwand – und mir damit bewies, dass er's war.
Dann versuchte sie mich hochzuheben, doch kam ihr der Captain zuvor – wobei ich aufkeuchte. „Au", gab ich leise von mir.
„Entschuldigung", seufzte er, sah meine Schwester an – wie ich auch. „Ich bring sie schnell mit dir zum Jet", merkte er an. „Sorg dafür, dass sie nicht stirbt."
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Dieser Schmerz in meiner Seite raubte mir fast schon den Atem – und so rasselte er unregelmäßig durch meinen Hals.
„Warum musst du dich auf jeder Mission, auf der du mitkommst, verletzen? In Peru vor drei Wochen bist du durch ein zweistöckiges Hochhaus gesprungen und jetzt schon wieder-", ich schrie vor Schmerz auf, haute ihr mit meiner linken Hand gegen ihren Arm. „Oh, das sieht übel aus", schimpfte sie und ich zog scharf die Luft ein als sie mir einen Druckverband aufdrückte. „Ja, das passiert halt, wenn man nicht hören will. Man muss fühlen." Ich zog die Augenbrauen an und sah sie böse an als sie plötzlich einen Infusionsbeutel mit einer Metallstange zu uns heranzog.
„Nein", jammerte ich, zappelte leicht mit meinem Arm als sie mir den Ärmel hochkrempelte.
„Victoria, du brauchst Flüssigkeit", stellte sie seufzend klar und ich hustete, kniff die Augen zusammen und sah weg.
Wie konnte ich mit der Zeit solch ein Weichei geworden sein, wenn's um diese kleine Pikser ging? Es war nur ein kleiner Stich, verflucht nochmal!
Ich hörte Schritte – schwere Schritte. „Da kommt jemand", warnte ich meine Schwester vor und zuckte zusammen als sie mir die Kanüle setzte.
„Ich bin gleich fertig", seufzte sie, ehe sie mich an die Infusion anschloss.
„Zeit für eine Gutenachtgeschichte, Natasha", meinte Thor, der an uns vorbeilief, während sie ihren Kopf hob.
Sie seufzte nochmal, nickte. „Stirb nicht", warf sie mir noch einen letzten Blick zu, ehe sie aus dem Jet verschwand.
„Geht's?", fragte er mich kurz angebunden.
„Ja", nickte ich, ehe er auf den Druckverband drückte und ich mich verkrampfte, aufschrie. „Nein!", korrigierte ich mich.
Er schmunzelte. „Sorry, ich kann dir das Heilen nicht beibringen, Victoria."
„Leck mich", murmelte ich, presste die Lippen zusammen.
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Wir sprachen nicht viel miteinander, da ich mehr mit meinen Schmerzen beschäftigt war.
Doch nur zehn Minuten später tauchte Natasha – gefolgt von Bruce – wieder auf, der Thors Platz sofort einnahm. Nachdem er sich etwas Neues angezogen hatte.
„Victoria hat's schwer erwischt, Leute." Ich zuckte zusammen als er meinen Overall an der Seite komplett aufzog und meinen Sport-BH freilegte. Entblößt hier zu Liegen hatte heute nicht auf meiner To-Do Liste gestanden. Obwohl... angeschossen zu werden auch nicht. „Wir sollten umgehend zum Tower zurückkehren", teilte er meiner Schwester und dem Donnergott mit, ehe Natasha nickte und die Antwort an die anderen weiterleitete, während er kurz eine weitere Infusion an den Ständer hängte.
„Was machst du da?", fragte ich schmerzverzerrt.
„Dir ein Sedativum verabreichen", merkte er an. „Du solltest dich etwas ausruhen", lächelte er leicht. „Nachher musst du wieder fit sein." Ich zuckte zusammen als er mir ein paar gelöste Haarsträhnen – die sich aus meinem Zopf gelöst hatten – aus meinem Gesicht strich.
„Danke", sagte ich leise, seufzte und sah zu, wie er die Infusion mit meiner anderen austauschte.
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Als wir ankamen war ich keine halbe Stunde erst wieder wach – und ich fühlte mich wie gerädert. Es kam gleich Doktor Cho an, nahm mich auf der Trage mit, während Natasha stets an meiner Seite blieb. Ich hatte momentan so gut wie keine Schmerzen. Durch die Schmerzmittel, mit denen man mich zugebombt hatte.
Während meine Schwester Cho schon mal meine Verletzung schilderte – und wie ich sie mir zugezogen hatte –, gestikulierte sie, doch Charlie unterbrach sie als diese aus dem Fahrstuhl trat bevor wir hineinkonnten.
„Vika", rief sie entsetzt, ließ ihr Tablet fallen. „Oh, Gott, was ist passiert?", fragte sie, machte uns Platz, ehe sie gleich wieder mit in den Fahrstuhl stieg.
„Sie hat's drauf angelegt", stellte Natasha kurzgebunden klar.
Was war so schlimm daran, dass ich mich mal wieder verletzt hatte? Sie und Nate hatten vorhin noch gewettet, ob ich verletzt wiedergekommen wäre oder nicht.
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„Glauben Sie, sie schafft es?" Ich horchte auf, sah hoch zu ihr. „So zu tun, als sei sie wichtig, ist gut für den Teamgeist", scherzte Tasha und ich warf ihr einen grimmigen Blick zu.
„Oh, nein!" Ich unterdrückte bei Tonys Tonfall ein Zusammenzucken. „Sie stirbt!", rief er theatralisch. „Uhrzeit? Zeugen?" Gefolgt von Bruce betrat er den Raum und stellte etwas außerhalb meiner Sichtweite hin.
„Nein, nein", lachte ich benommen auf. „Ich besteh bald nur noch aus Plastik", sagte ich ihm, schielte sicherlich vor mich hin. „Du wirst sehen", entgegnete ich.
„Hier, dein Gebräu." Ich seufzte. Und schon wieder hatte ich einen Chlorophyllbecher im Mund, der widerlich schmeckte. Doch ich trank durch den Strohhalm brav weiter.
„Sie bestehen aus sich selbst, Miss Romanoff", brachte mir Cho entgegen. „Nicht einmal Ihr Freund wird den Unterschied bemerken." Sie lächelte mir zu.
„Ich habe gar keinen Freund", nuschelte ich über den Rand meines Bechers – wohlwissend, dass es alle verstanden hatten.
„Das kann ich nicht reparieren", fügte sie schnell hinzu.
Ich seufzte. Das konnte keiner reparieren. Ich hatte eine Allergie gegen Männer entwickelt, die ich nicht kannte.
„Ich hoffe, Sie kommen am Samstag auch zu meiner Party, Helen", lenkte Tony dann jedoch plötzlich ab, wollte somit wahrscheinlich die bedrückende Stimmung überbrücken. Ich stöhnte genervt auf.
„Haben wir nicht schon beim letzten Mal gelernt, was passiert?", murmelte ich, sah gegen die Decke. „Ich mag nicht noch mehr meiner Schuhe und Klamotten ruinieren." Bei der letzten Party war ich sturz betrunken hinter der Bar gelandet und hatte mich am Ende der Party aus Versehen mit einem Cocktail bekleckert. Die Farbe des Cocktails war nicht mehr aus meinem weißen Kleid herausgegangen – und als ich mir so heftig erschrocken hatte, hatte ich mir einen Absatz meines Schuhs abgebrochen.
„Ich habe nicht so viel Zeit für Partys wie Sie, Mr. Stark", verneinte Cho erst. „Wird Thor... auch da sein?", fügte sie murmelnd hinzu und ich musste ungewollt lächeln, dann jedoch beinahe mein Lachen unterdrücken.
>Da scheint sich jemand verguckt zu haben.
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Nachdem ich entlassen worden war – mit der Bemerkung, mich langsam zu bewegen – fuhr ich hoch in mein Zimmer und schnappte mir meine Schlüssel, ehe ich runter in die Garage fuhr. Ich brauchte eine Auszeit, auch wenn ich mir selbst anderes einredete.
„Wohin?", haute Nate raus, der mit einem Rucksack gerade aus seinem Auto stieg.
„Ach, ich fahr ein bisschen durch die Gegend", erzählte ich. „Bin spätestens zum Abendessen wieder da", sagte ich ihm.
„Gut, richte ich aus, wenn jemand fragt", schmunzelte er, trat in den Fahrstuhl.
Wenn Samstag – übermorgen – eine Party stattfand, brauchte ich das passende Kleid und die dazu passenden Schuhe.
Wissend, dass ich dies in meiner Wohnung finden würde, fuhr ich also mit meinem Auto durch den vollen Nachmittagsverkehr nach Hause. Und eine Dreiviertelstunde später dort angekommen, hatte ich sofort ein eigenartiges Gefühl, wenn ich das Haus anstarrte, in dem ich wohnte. Als hätte sich etwas verändert. Aber das hatte ich irgendwie immer. Ich kam in letzter Zeit immerhin so selten her.
Und mir wurde dieses Gefühl gleich wieder geraubt als mich jemand anrempelte und sein Ellbogen in meiner Seite landete.
„Au!" Ich zog die Augenbraue zusammen und sah ihn an. „Kannst du nicht aufpassen?!", fragte ich angesäuert. „Verdammt", grummelte ich leise, rieb mir über meine eben geflickte Wunde, ehe ich auf meinen Autoschlüsselknopf drückte und sich mein Auto endlich abschloss.
Ohne dann noch länger über mein seltsames Gefühl im Magen nachzudenken, ging ich über die Straße.
Doch spätestens als ich meine Wohnung aufschloss, wusste ich dann plötzlich, dass mich mein Gefühl hier nicht getäuscht hatte. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Und damit erinnerte ich mich auch daran, dass meine Knarre unten in meiner Karre gut verwahrt im Handschuhfach hockte. Aber woher ich genau wusste, dass ich mit meinem Gefühl nicht unrecht hatte? Das Bild von Natasha und mir stand auf der anderen Seite des Tisches, der im Flur stand. Als ich das letzte Mal hier war stand das Bild noch auf der rechten Seite. Nun stand es auf der Linken.
Da ich momentan keine Waffe besaß, suchte ich mir den erstbesten Gegenstand, mit dem man zuschlagen konnte. Einen Kerzenständer aus dem Wohnzimmer. Und so suchte ich jeden Raum ab – konnte aber letztendlich niemanden finden. Bis ich bei den letzten beiden Räumen ankam. Meinem Schlafzimmer und mein Badezimmer. Denn mein Schlafzimmer war abgeschlossen.
Dumm war ich ja aber nicht – und holte so einen Ersatzschlüssel aus der Kommode im Flur.
Damit auch noch „bewaffnet" ging ich zurück zu meiner Tür und schloss diese leise, schob die Türen beiseite – immer meine „Waffe" in der Hand, bereit zum Zuschlagen. Doch auch hier war keiner.
„Was?" Mit zusammengezogenen Augenbrauen suchte ich auch schnell das Bad ab. Aber nichts war zu finden – oder eher niemand. Irritiert setzte ich mich auf mein Bett, fing zu grübeln an, was hier denn so falsch war. Abgesehen davon, dass ich mein Schlafzimmer nie abschloss – und Natasha ebenso nicht.
Nach langem Grübeln kam ich aber nur dazu, den Gedanken an einen Einbruch zu verdrängen und mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. Vielleicht hatte ich das letzte Mal tatsächlich meine und Nats Zimmertür abgeschlossen und auch das Bild verstellt.
<Ja, wie oft kam das denn schon vor?
Seufzend machte ich mir danach schnell eine Dosensuppe und ging duschen. Nur völlig erschöpft vom heutigen Tag fiel ich noch ins Bett, bevor ich zum Abendbrot im Tower erschien.
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Datum der Veröffentlichung: 25.09.2019 19:31 Uhr
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