Twenty-one
Twenty-one:
Unglauben
Sunnas Perspektive:
Als ich durch das Portal stürzte – ich Idiotin musste ja direkt durchfliegen – überkam mich das Gefühl, als würde ich gleich erblinden.
Ich konnte natürlich nicht geblendet werden, wegen meiner viel zu guten Sehstärke. Jedoch war es verdammt hell. Ich sah nur weiß, nichts weiter. Es war, als ob ich zurück im Apfel war. Und dieses Gefühl war kein Gutes. Ich fragte mich, ob ich im Limbus gelandet war. Oder ob ich nun in Niflheim landete.
Doch als ich dann hinausflog, sah ich als erstes auch nicht viel mehr. Naja, schon. Aber nichts mehr als Schnee und Eis. Ich landete in einer Schneelandschaft? Wo war ich?
„Verdammt, ist das kalt!", beschwerte sich Alex hinter mir und ich sah mich irritiert um, drehte mich um meine eigene Achse. Wenigstens wusste ich so, dass wenn ich nun in der Hölle oder so war, nicht alleine zu sein.
„Ich glaube, wir sind auf Jotunheim", sagte ich verblüfft, war mehr als irritiert. Es hatte nie etwas davon irgendwo gestanden, dass Jotunheim ein Ort des spirituellem war oder das sich dort das Tor zum Reich der Toten befand.
„Auf was für einen, was?", fragte der blonde Heini.
„Wie heißen Sie?", zog ich eine Augenbraue hoch. Ich hätte dies schon eher fragen sollen.
Er schnaubte belustigt, doch stützte sich kurz danach mit den Armen im Schnee ab und stemmte sich hoch, während Alex wegen der eiskalten Temperaturen hier schon stand.
„Pietro", meinte er, lachte und atmete einmal tief ein. „Pietro Maximoff."
Über uns ertönte lauter Donner. „Heimdall muss uns sehen", sah ich in den Himmel, sah zurück in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Dort war jedoch nur eine Eiswand. In der Eiswand war zwar ein Durchgang, allerdings eingefroren. Und er schien zerstört – völlig zerstört. Das bedeutete, jemand in der Vergangenheit musste dies gefunden haben und entweder es für kein gutes Omen gehalten haben oder gewusst haben, was er da tat. „Wie kann es noch immer funktionieren?", fragte ich, legte den Kopf schief. „Und wo sind Victoria und Arabella?"
„Keine Ahnung", stöhnte Alex. „Müssten sie nicht direkt hinter uns gewesen sein?"
Ich öffnete meinen Mund leicht, doch kam kein Ton heraus, sekundenlang. Denn mir war es endlich aufgefallen. Sein Nachname. „Sie sind Wandas... Bruder?" Er nickte leicht. Ich mochte Wanda. Wanda war toll. Also musste auch Pietro toll sein. Schlussfolgerte ich einfach mal. Alex zitterte vor Kälte. Weichei. Gut, mir konnten Temperaturen aber auch nichts anhaben. „Arabella!", hob ich beide Hände. „Victoria! Beeilt euch!"
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Als Arabella letztendlich durch das Portal stürzte, landete sie zwar im Schnee, doch neben ihr nichts weiter. Wo war sie, verflucht noch eins?
„Wo ist Vika?", fragte ich, lief zu ihr und half ihr auf.
Doch irritiert blickte sie sich um. „Sie war direkt neben mir", teilte sie uns mit, ehe sie ihre Augenbrauen zusammenzog, auf ihre gebildete Faust sah, die... eine Kette umschloss.
„Ist das ein Medaillon?"?", hakte Pietro nach, deutete mit dem Finger darauf.
Ich zog meine Augenbrauen zusammen, hob die Hand und fuhr damit dann über das kleine Schwert, indem ein kleiner Stein steckte, der lilafarben war. Er schimmerte. „Ich glaube, ich weiß, wo Victoria ist."
„Und wo?", fragte Arabella nach, sah darauf.
„Naja", hob ich eine Augenbraue an, deutete aufs Medaillon. „Niemand sagt, dass sie nicht auch in sowas verschwinden kann. Vielleicht ist es eine Adaption zum Schwert."
„Aber das ergibt doch keinen Sinn", widersprach Alex mir. „Sie besitzt einen eigenständigen Körper. Sie müsste-", ich hob den Kopf.
„Du hast Recht."
„Hä?", machte Arabella.
„Nein, er hat wirklich Recht", zeigte ich auf ihn. „Victoria hat einen Körper."
„Ja", nickte Pietro irritiert. „Ist uns allen bewusst", sagte er. „Wir wissen auch, wie sie-"
„Nein, ihr versteht nicht", schüttelte ich den Kopf. „Einen Körper in dieser Welt", zeigte ich auf den Boden. „Es kann doch sein, dass ihr Leichnam noch intakt ist und genau deswegen ihre Seele sich keinen Körper schaffen konnte, als sie hierdurch ist."
„Leichen haben ein Verfallsdatum?", hakte Pietro nach.
„Ja", merkte Alex an. „Haben sie." Er zeigte auf mich. „Und vielleicht stimmt das."
„Vielleicht aber auch nicht", sagte Arabella. „Was machen wir jetzt?"
„Aus dieser Kälte verschwinden?", schlug Alex vor, rieb sich die Arme. „Denn langsam wird sogar mir Eisbrocken kalt."
Ich rollte mit den Augen. „Stimmt", seufzte ich. „Vielleicht stoßen wir in Asgard auf Antworten."
„Asgard?", merkte Arabella an. „Ohne mich", schüttelte sie den Kopf, hielt mir das Medaillon hin. „Dort wurde ich getötet."
„Shiva ist aber nicht-"
„Ich wurde hingerichtet. Und ich habe nichts verbrochen", sagte sie. „Ich werde da garantiert nicht hinreisen."
„Ich habe Pandora allerdings versprochen, bei dir zu bleiben."
„Tja", grinste sie kurz. „Dann hat sich das ja erledigt. Kein Asgard."
Ich zog eine Augenbraue hoch und sah nach oben. „Heimdall? Du musst uns aus dieser Hölle beamen." Ich sah Arabella an. „Bitte", sagte ich leise.
„Und wohin stattdessen?", hob Arabella die Arme. „Midgard? Vanaheim? Wie wär's mit Nidavellir?"
Ich grinste kurz. „Glaub mir, Arabella. Der Ort ist magisch."
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Sobald er sich wieder auflöste, standen wir fünf in der goldenen Kuppel. Und vor uns Heimdall – in goldener Rüstung und mit goldenen Augen. Wie immer.
„Willkommen in Asgard, Sunna", grüßte er mich und meine Mundwinkel zuckten.
„Ich wusste, ich hätte im Portal links abbiegen sollen", haute Arabella resigniert raus. „Sunna!" Ich hob den Finger.
„Gib mir fünf Minuten", bat ich, wandte mich an Heimdall. „Heimdall", sagte ich. „Wir müssen sofort zu Victoria." Ich lief näher zu ihm.
„Und warum sollte ich euch zu ihr lassen?" Er hob eine Augenbraue an.
Ich seufzte, legte das Schwert in beide Hände und hob es an, um es Heimdall zu zeigen. „Eine Kette." Er sah hoch. „Wie interessant", sagte er monoton. „Wollt ihr Victoria es schenken, Sunna?" Er schien belustigt, denn seine Mundwinkel zuckten. Spielte er gerade mit uns?
„Heimdall, Victoria ist darin gefangen", mischte sich Arabella ein. „Komische Wortwahl", fügte sie hinzu.
„Arabella, bei Themen, von denen Ihr keinerlei Ahnung hast, solltet Ihr niemals anfangen, Eure Zunge zu lockern", konterte er, sah mich jedoch an. „Und wieso sollte ich euch dabei helfen?"
„Heimdall, du kennst mich", legte ich mir eine Hand aufs Herz. „Ich will niemandem etwas Böses und diene Victoria", versicherte ich ihm. „Victoria muss lediglich in ihren Körper zurück. Leben." Der Stein im kleinen Miniaturschwert leuchtete plötzlich auf.
„Ich kann nicht", sagte Heimdall und ich seufzte. „Ich habe meine Befehle, niemanden heute nach Midgard reisen zu lassen."
„Heimdall, bitte", bat ich.
„Ich meine, ich kann euch wirklich nicht zu Victoria bringen, so sehr ich es auch möchte", meinte er, drehte sich um.
„Heimdall?"
„Ehm, Leute?" Pietro deutete auf Heimdalls Schwert und ich drehte mich vom Wächter des Bifrösts sofort weg, sah das Schwert an.
„Ich werde den Allvater rufen lassen", ertönte seine Stimme. „Das müsst ihr mit ihm bereden." Er zuckte mit den Schultern.
„Was sollte denn der Scheiß?", hakte Alex nach. „Das ist ein Wächter Asgards? Unfreundlicher als ein Russe."
Ich sah irritiert auf Victoria, die leuchtete. „Super", meinte ich resigniert. „Und wir sind keinen Deut schlauer."
„Warte!", hob Pietro die Hand. „Vielleicht möchte sie uns etwas mitteilen?", zeigte er vom Schwert zum Medaillon.
Ich seufzte, hob das Medaillon. „Victoria, wir spielen jetzt kalt oder heiß", sagte ich. „Leuchte heller, wenn ich da bin, wo du hinwolltest." Ich kam mir bescheuert vor. Und es sah höchstwahrscheinlich auch so bescheuert aus, wie ich mich verhielt.
Ich streckte meinen Schützling von mir und lief etwas durch die Halle. Und beim Schwert blieben wir stehen.
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„Eh, aber wenn ihr das Portal öffnet, dann gibt es ein Problem", sagte Alex als ich das Schwert im Schlitz drehte, sich die Kuppel langsam zu drehen begann.
„Wenn keiner hierbleibt, dann wird der Bifröst nicht gestoppt", vollendete Arabella es nickend und auf einmal ertönte Pferdegetrappel.
„Los, vors Tor", sagte ich schnell. Das sollte wohl meine dämlichste Idee werden, die ich je hatte. Aber hey, ich war erst vier Tage alt – und war dann gestorben. „Arabella, du passt jetzt verdammt nochmal auf Victoria auf", befahl ich und sie drehte sich zu mir um.
„Was machst du?"
„Ich öffne es", sagte ich, sah aufs Schwert als ich es mit beiden Händen umfasste. „Ich beame euch nach Midgard", erklärte ich hinterher. „Pass auf sie auf. Verstanden?", stellte ich klar. Sie nickte, wenn auch zögerlich. Seufzend steckte ich das Schwert tiefer in die Schneide, ehe es zischte und Funken sprühten. „Willst du mir die Fingerkuppen ansenken?", sprach ich mit dem Schwert. Die Kuppel begann sich schneller zu drehen, wurde dunkler – und es blitzte an der Decke der Kuppel.
„Ist das normal?!", rief Alex, sah zu mir und deutete gen Decke.
„Bei den Göttern, bitte sagt mir, dass es klappt." Kurz darauf begann sich die Halle in noch schnellerer Geschwindigkeit zu drehen. Der Strahl in den Weltraum öffnete sich.
Und als ich ihn für hell und schnell genug hielt, zog ich das Schwert leicht nach oben. Pietro schnappte sich die drei, ehe sie durchs Portal stürzten.
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„Mensch, es hat geklappt", sagte ich erleichtert und die Halle kam langsam wieder zum Stehen. „Jetzt sollte ich nur-"
„Sunna!" Ich verzog die Miene. Super. Ich wurde erwischt. Auch noch direkt vom Allvater war peinlich. „Was hat dies zu bedeuten?!", fuhr er mich an und ich senkte meinen Blick als ich mich umdrehte.
„Es tut mir leid, mein Allvater", nuschelte ich hervor. „Jedoch blieb mir keine Wahl", entschuldigte ich mich, Heimdall hinter ihm, dessen Miene unlesbar war. Aber seine Augen leuchteten grün auf.
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Arabellas Perspektive:
Als wir erneut auf einem Planeten ankamen, keuchte ich erst einmal los. Denn ich war unangenehm auf irgendetwas gelandet.
„Du bist auf mir gelandet", beschwerte sich Alex murrend und ich verdrehte meine Augen, ehe ich mich von ihm rollte. „Warum sind manche Frauen so-"
„Sag bloß nichts Falsches", unterbrach ich ihn, hob das Medaillon danach an, welches im Tageslicht silbern schimmerte. Obwohl, es schimmerte die gesamte Zeit über. „Leute, wo sind wir?", fragte ich zögerlich als ich mich aufrichtete.
„Eh." Pietro kratzte sich am Hinterkopf. „Spontan würde ich jetzt die Erde antworten", zuckte er mit den Schultern. „Nur habe ich keine Ahnung, wo auf der Erde."
„Und warm ist es auch noch", beschwerte sich Alex, wurde seine Bomberjacke los.
„Du bist mit eigenartiger Kleidung verstorben", sagte ich, verzog die Miene.
„Sagt die Frau im Mittelalterkleid", rollte er mit den Augen.
Ich hob kurz eine Augenbraue an. „Ist halt meine Lieblingsfarbe gewesen", sah ich auf mein grünes Kleid. Aber selbst als ich die Natur hier betrachtete, kam ich mir overdressed vor. „Eigentlich ist es nicht so warm", zuckte ich mit den Schultern als Wind aufkam und mir die Haare aus dem Gesicht wehte. Kurz schloss ich die Augen, atmete tief ein. „Frische Luft, hm", zuckten meine Mundwinkel.
„Himmel, Hilfe, sie ist ein Naturkind", seufzte Alex.
„Das fällt dir erst jetzt auf?"
„Im Krieg ist die einzige Frage wichtig, ob man auf selber Seite steht oder nicht."
Victoria begann wie verrückt zu leuchten. „Ich glaube, sie kriegt eine Panikattacke", meinte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Oder aber wir werden uns in einigen Minuten prügeln müssen", korrigierte mich Pietro und sah um die Ecke eines großen Gebäudes. „Ich sehe Victorias Leichnam", teilte er uns mit und ich marschierte los.
„Wieso sagst du es nicht gleich?", hakte ich nach. Doch er hielt mich am Arm auf – noch bevor ich überhaupt um die Ecke war.
„Du kannst nicht einfach hingehen", zischte er, zog mich zurück.
„Wieso?", fragte ich nach, zeigte dorthin. Und dann sah ich dahin. „Oh", machte ich.
„Es ist eine Beerdigung."
„Ja", nickte Alex, lehnte sich gegen die Hausmauer. „Und versuch mal, das Medaillon an ihren Körper zu bekommen oder sonst wie, wenn sie erst unter der Erde liegt", haute er raus.
„Wir müssen dabei allerdings besser vorgehen", entgegnete Pietro angepisst. „Wir brauchen einen Plan." Er zeigte dorthin.
„Jungs, ich-"
„Dort sind Götter und Avengers und wahrscheinlich eine Menge Russen, die bereit sind, zu töten." Was waren Russen?
„Und?"
„Und die Bratwa!"
„Ich hatte selbst Freunde bei der Bratwa", rollte Alex mit den Augen. „Also mach dir nicht in die Hosen."
„Tu ich nicht", sagte Pietro. „Ich bin nur der Meinung, dass wir einen Plan haben sollten, bevor wir losmarschieren."
„Leute, ich mein's ernst, ich kann-"
„Ja, aber in welcher Situation", hob Alex die Hände, „Und bitte klär mich auf, Maximoff", fügte er hinzu, „Endet es nicht darin, dass wir uns prügeln?"
Ich seufzte als Pietro entgegensetzte, um wieder loszusprechen. „Na, schön", hob ich kurz beide Hände samt Medaillon an. „Dann halt nicht."
Ich drehte mich auf dem Absatz um und schlich mich um die Ecke, weg von beiden.
„Oh, echt jetzt?" Ich sah resigniert auf die Kette. „Das sind gut fünfzig Menschen, mit denen ich mich wegen dir anlegen muss, Victoria", murrte ich. „Und einige davon sind Götter", fügte ich leise und etwas angepisst hinzu. Schon von weitem konnte ich ein leises schniefen hören. Ich verdrehte nur meine Augen.
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„Und möge sie immer-", ich pfiff laut durch die Reihen und die Anwesenden zuckten zusammen.
„Darf ich die Party platzen lassen?", fragte ich laut nach. Victoria leuchtete mehrfach auf. Mehrere fuhren lediglich in der hinteren Reihe zu mir herum. „Entschuldigung?", schrie ich laut, um mir Gehör zu verschaffen. „Ich habe gehört, dies sei die Beerdigung von Victoria Romanoff?" Ich kam die letzten Meter vor allen Anwesenden zum Stehen.
„Unmöglich." Irritiert sah ich zur Seite.
„T-Tyr?" Wow, dieser Mistkerl lebte noch? Wer hatte diesen Dummbatzen leben lassen? Mutternatur?
„Wow, ich glaube, ich sehe Geister."
Ich räusperte mich, hob den Finger und lachte leicht. „Ja, also, ich kann das erklären", merkte ich an. „Wieso ich hier so dazustoße." Ich sah zur Seite. „Und dann auch noch unpünktlich." Ich blinzelte leicht, presste die Lippen zusammen als Tyr die Hand zur Faust ballte, neben sich griff. Wollte er gleich schon eine Waffe ziehen? Weil ich sprach?
„Er meinte doch nicht, du solltest in die Offensive gehen!", brüllte Alex mir nach. Ich schloss kurz die Augen, verzog die Miene. Nun war meine Bitte, die ich äußern wollte, sowieso dahin. Vor allem als er binnen einiger Sekunden bei mir war. „Bist du eigentlich bescheuert?!", ergriff er mich grob am Oberarm.
„Ich sehe auch Geister", hörte ich jemanden sagen. Allerdings stand dieser ganz vorne, in der ersten Reihe. Und ich konnte ihn nicht sehen. Aber die Schritte hören, die daraufhin zu uns unterwegs waren.
„Wozu solch ein Scheiß, wenn man sich eigentlich vom Dach hätte anschleichen können?" Ich schlug mir mit meiner freien Hand gegen die Stirn. „Es wäre weitaus einfacher von dort aus gewesen, sie sich zu schnappen."
Dies, was er eben gesagt hatte, musste für alle Anwesenden skeptisch und misstrauisch rübergekommen sein. Und wenn nicht, dann hatten die einen an der Waffel.
Aber ich sollte Recht behalten. Denn nur wenige Sekunden später hörte ich ein keuchen neben mir und Alex verschwand, tauchte aber gleich darauf auf dem Boden vor mir auf.
Nur sofort – eher war es ein Reflex – hob ich meine Hände an und ließ sie rot aufleuchten. Ich richtete sie direkt auf den jungen Mann, der ihn umgerannt hatte. Danke an Avalon, das mir in einem grauenvollen Zustand noch das Kämpfen beigebracht hatte.
„Finger weg", drohte ich ruhig, ignorierte die Blicke der anderen, die ihre eigenen Waffen zückten – Tyr allem voran.
„Man, es ist eine Beerdigung. Ehrlich jetzt?", fragte irgendeine Mädchenstimme ganz vorne – Victoria ganz nah.
Als das Medaillon anfing, nun auch noch zu vibrieren ließ ich die Hände sinken. „Ja, schon gut. Ich tu ihm nichts", seufzte ich, erntete verwirrte Blicke von anderen. Um das zu vertuschen, half ich Alex auf die Beine und schubste den Kerl beiseite. „Das nächste Mal warnst du mich vor, bevor wir in feindliches Gebiet gehen, wo du unerwünscht bist, Alex", raunte ich ihm zu. „Denn ich wollte hier die Show des Jahrtausends hinlegen."
„Er kann mich nicht leiden, sagen wir es so", erklärte er abwinkend.
„Nicht leiden?!", spottete ein Mädchen, lief in einem dunkelblauen Kleid auf uns zu. Das Kleid war eindeutig zu kurz für meinen Geschmack. Sie half dem Kerl auf, der Alex zu Boden gerannt hatte.
„Ich verabscheue dich, Vorti", sagte dieser Typ verachtungsvoll.
„Hast du ihn umgebracht?", fragte ich neugierig, zeigte auf ihn und dann auf Alex. Er zog eine Braue hoch, nickte. „Nächste Mal, mach es bitte richtig. Der Typ nervt wirklich wahnsinnig", kommentierte ich es und fing an, zu lächeln. „Nur hätten wir kein gemeinsames Abenteuer, würde ich auch nicht mit ihm hier sein."
„Ja, stimmt. Nur kenn ich noch jemanden, der nerven tut", meinte Loki und tauchte plötzlich neben mir auf, sodass ich aufschrie und mich an Alex klammerte. Mein Herz schlug schnell los – und für einen Moment lauschte ich diesem gebannt. Denn es war anders. Gruselig. „Arabella", nickte Loki und meine Wangen wurden heiß. Dieser Typ machte mich einfach fertig wie kein anderer. Und ich wusste nicht, ob dies gut war.
„Arabella", äffte Alex ihn nach als ich mich löste und ich schlug ihm gegen die Schulter. „Au", rief er und boxte zurück. Ich haute nochmal.
„Hau mich nicht", sagte ich. Er haute zurück.
„Dann hau du mich nicht", stellte er klar.
Und dies ging so lange weiter, bis Loki mir plötzlich die Kette entriss.
„Das ist mit Magie getränkt", meinte er und hielt es gegens Sonnenlicht, während ich losstürmte und auf seinen Rücken sprang. Reflexe und so. Ich war seit jeher unfassbar impulsiv.
„Loki, gib sie her!", rief ich. Meine Umklammerung brachte allerdings nichts bei ihm.
„Das du mit Ketten sprichst ist neu", sagte er. „Sagen sie dir denn auch wirklich etwas?", spottete er und sah mich kurz mit hochgezogener Augenbraue an.
„Du mieser kleine Wicht." Ich stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf. „Gib sie mir sofort wieder", forderte ich. „Oder ich schwöre, du siehst Avalon gleich wieder."
Er drehte mir nur unbeeindruckt seinen Kopf zu. „Versuchs mal, Liebes."
Ich grinste ihn kurz ironisch an, hob meine Hand und ließ sie erneut rot aufleuchten. Allerdings überschritt ich damit wohl nun eine Grenze.
„Hand runternehmen!", schrie Tyr, trat mit erhobenem Dolch vor. „Sofort, Arabella", stellte er klar.
Er wusste, ich würde ihn niemals töten. Verdammt auch. „Loki, gib sie mir wieder, bitte!", meinte ich verzweifelt, ließ eine Hand sinken und streckte die andere aus. Doch brauchte er seine nur strecken und ich kam nicht mehr heran.
„Loki, ärgerst du sie ehrlich schon wieder?", seufzte Anna und mein Kopf fuhr hoch.
„Anna!", rief ich erleichtert. „Zum Glück, du lebst tatsächlich wieder", sagte ich. „Du glaubst nicht, was für tausend Vorwürfe sich Dimitri gemacht hat."
„Arabella." Sie schüttelte ihren Kopf, trat näher an uns heran. „Ich weiß nicht, was du vorhast." Hatte denn jemand außer Alex, Pietro und mir gerade eine Ahnung? Apropos, wo war der eigentlich? „Doch bitte lass es."
„W-wie bitte?" In Ordnung, jetzt war ich verletzt. Ich hätte hier doch wirklich niemandem etwas getan. Nicht einmal solch einem Dummbatzen wie Tyr.
„Du kannst unmöglich Avalon ohne dunkelste Magie verlassen haben", meinte sie. „Und ich möchte nicht, dass dies meiner Tochter zuteilwird", sagte sie kopfschüttelnd. Sie schien seit ein oder zwei Tagen nicht geschlafen zu haben, klang müde.
Ich runzelte meine Stirn. „Ihr versteht doch nicht", schüttelte ich schnell den Kopf. Oh, das Gespräch ging in eine völlig falsche Richtung. „Sie muss-", mit einem Ruck flog ich mit Loki über die Wiese und landete auf ihm.
„Was zum...?" Ich richtete mich irritiert auf, stützte mich mit meinen Händen auf Lokis Brustkorb ab, sah aber sofort auf seine Hände. Und er hielt keine Kette mehr darin.
„Oh, Scheiße", fluchte ich, erhob mich und strich mein Kleid nach unten.
„Ha! Ich kann ihrer Fee sagen, ich war nicht schuld", meinte Alex triumphierend.
„Halt die Schnauze, Vorti!", blaffte ich, suchte die Wiese auf der wir standen energisch ab, ehe ich an einem Denkmal hängenblieb. „Das darf nicht wahr sein", glättete sich meine Miene ruckartig. Pietro Maximoff. „Wanda Maximoff?", rief ich laut, doch keiner regte sich. Das konnte gerade nur einer sein. „Wanda, sage deinem Bruder verdammt nochmal, er sollte nichts Falsches machen", rief ich wütend und stampfte mit dem Fuß nochmal auf dem Boden auf.
„M-meinem Bruder?", trat eine Blondine vor. „Ich weiß ja nicht, von welchem Stern Sie kommen, Miss, aber er ist tot."
Ich rollte mit den Augen. „Das versuche ich gerade klarzustellen!", rief ich verzweifelt und streckte meine Hände von mir, ehe Tyr sein Schwert plötzlich gegen meine Kehle drückte. Von hinten. Richtig hinterhältig.
„Ruhe jetzt, Arabella."
„Tyr." Loki hob die Hände. „Sie tut wirklich niemandem-"
„Von dir nehme ich keinerlei Befehle an."
„Was?" Ich zuckte zusammen, sah ruckartig wieder nach vorne. „Habt ihr das nicht kommen sehen?", ertönte weit vorne eine Stimme und einige sprangen vom Grab hinfort. Und auch dahinter stand ein Denkmal. Allerdings mit dem Namen Victoria Romanoff drauf.
„Pietro?!", rief jemand laut. Und in diesem Moment hatte ich gute Sicht aufs Grab, woneben sich ein kleines Podest befand. Victoria im Sarg darin. Der Sarg war ja mal ziemlich unspektakulär. Nicht dem Standard eines Totenkinds entsprechend. Eine Schande.
„Wisst ihr, der Scheiß dauerte mir zu lange", zuckte er mit den Schultern. „Bis du mal fertig bist mit Diskutieren, Arabella", deutete er auf mich, „Und Alex seinen Arsch bewegt, erledige ich es selbst", haute er raus und schritt auf das Grab zu. Doch ein Kerl mit blonden Haaren und Bart trat ihm in den Weg.
„Pietro, nein."
Er lachte. „Was?" Er legte den Kopf schief. „Hast du dir einen Bart wachsen lassen?", wies er auf sein eigenes Kinn. „Steht dir."
„Pietro, lenk nicht ab."
„Bin ich ein Hund, Rogers?", fragte er ihn. „Ich muss nicht auf dich hören. Du bist nicht meine Mutter."
„Kriegt er gerade einen Nervenzusammenbruch?"
Die Frau vor mir schluchzte laut auf. „P-pietro?"
„Nein, die bekommt einen Nervenzusammenbruch", zeigte Loki auf sie.
Ich sah Loki von der Seite an. „Hast du eine neue Frisur?"
„Das macht der Menschenanzug aus", sagte er.
„Ah", machte ich. „Siehst vornehm aus."
„Danke", entgegnete er. „Und du in diesem Kleid noch immer grottenschlecht."
Ich verzog die Miene. „Charmeur."
„Zu dir jederzeit, Mylady."
„Ach", zuckte Pietro mit den Schultern. „Was soll's. das wollte ich schon immer einmal tun." Er holte aus und mit einem Schlag flog der Typ erstmal von der Bühne. Doch das hellfarbige Mädchen von eben hielt seinen Arm letztendlich fest, wobei er heftig zusammenzuckte als er den Sarg aufstieß. Wow. Victoria war wirklich wunderschön zurechtgemacht – und trotzdessen sah man ihre eingefallenen Wangen. Es wunderte mich überhaupt, dass man sie nicht schon längst beerdigt hatte.
„Pietro, b-bitte." Ich runzelte die Stirn. „D-das bist nicht du."
„Сестра, это всегда было мне." Was war dies für eine Sprache? Ich konnte zwar sehr viele Sprachen, jedoch diese nicht.
Allerdings kam mir dank ihm gerade eine Idee in den Sinn. So flüsterte ich Loki den Deal ins Ohr. „Loki, Victoria ist in dem Medaillon. Wenn du mich zu ihr bringst, dann bring ich dir den Zauber bei, den du noch nie erlernen konntest. Den Totenzauber." Er sah mich an, bis ich meinen besten Hundeblick aufsetzte und er seufzte, dann nickte und meine Hand nahm. Mit einem Schlag standen wir neben ihnen und ich entriss Pietro Victoria. „Weißt du, jetzt brauchst du mir zu lange", grinste ich ihn ironisch an. „Und schön, dass wir das alle geklärt haben." Ich machte einen Knicks. „Um mich erstmal vorzustellen." Ich räusperte mich. „Arabella, erstes erwähltes Totenkind."
„Ich werd' heut nicht mehr", stöhnte jemand auf.
„Loki!", beschwerten sich viele, darunter eine Frau mit blonden Haaren, der es anscheinend in den Fingern juckte. Denn sie sah mich ziemlich skeptisch an.
„Hab mal gehört, das kann so bleiben", meinte ich und zeigte in Richtung ihres Gesichtes. „Ach, Nathan und Charlie." Ich hob die Hand. „Wer auch immer ihr zwei seid", sagte ich hinterher. „Ihr habt nicht auf Mary aufgepasst", beschwerte ich mich. Das musste noch sein. „Ihr solltet euch echt entschuldigen", stellte ich klar. „Hat Stunden gedauert, sie zu beruhigen! Wer will auch ertränkt werden?!", fragte ich das Universum. Naja, wer wollte wie ich geköpft werden? Niemand. Victoria leuchtete in meinen Händen auf. „Ja, schon gut." Ich schritt zum Podest, wandte mich ans Medaillon. „Einfach anfassen?", raunte ich ihr zu und sie leuchte heller. „Oder was muss ich tun?"
„Machen wir es wie das Dornrösschenmärchen." Ich zog eine Braue hoch, sah Loki an. „War es nicht das ‚ich gib ihr ein Geschenk'?", grinste ich ihn an.
Anscheinend ja. Denn plötzlich landete ein Pfeil vor meinen Füßen und die Menge teilte sich.
„Arabella, hör auf", befahl Anna, mit Bogen in der Hand.
„Du willst dich echt mit mir anlegen?", hakte ich nach. „Ich hatte heute schon mehr als einen Nervenzusammenbruch. Noch mehr Stress sollte ich vermeiden." Ich hob beide Hände samt Medaillon über Victorias Körper. „Ich habe seit eineinhalbtausend Jahren meine Kräfte nicht nutzen können. Wäre scheiße, die jetzt unkontrolliert einsetzen zu müssen." Ich musterte sie und ihr dunkles Kleid. „Und dann auch noch ausgerechnet gegen dich, Anastasia."
Ihre Mundwinkel zuckten, doch der Bogen spannte sich mit dem Pfeil erneut. „Runter mit dieser Kette", bat sie nochmal.
Ich legte nur den Kopf schief, senkte das Medaillon in Richtung von Victorias Hals und öffnete die Enden. Ich runzelte aber die Stirn, blickte auf ihren Körper, welcher anfing, sich zu verfärben. Irritiert blickte ich dort hin. Ihre Haut wurde noch bleicher, fing leicht zu schimmern an. „Also diese Kette hat's ja echt in sich", meinte ich erstaunt als sich ihre Haare zu färben anfingen und sie wuchsen.
„Joah, seh ich auch so", stimmte Loki irritiert zu. „Das Ding ist selbst eine Nummer für mich zu groß."
„Arabella!"
„Ich glaube nicht, dass du deine beste Freundin tötest", entgegnete ich. „Also lass die Drohung und wir können alle gleich nach Hause."
„Sei dir nicht so sicher", meinte sie, doch ernst. Wenn sie dies immer tat, wusste ich nicht, ob sie bluffte oder die Wahrheit sagte. Doch das Risiko einzugehen war es mir eindeutig wert. Was sollte sonst noch passieren? Ich landete wieder in Avalon. Mehr nicht. Ich hatte kein großes Gesetz Hels gebrochen. Glaubte ich zumindest.
Ich zuckte mit meinen Schultern. „Bitte, deine Wahl." Ich band so schnell ich konnte, Victoria das Medaillon um. Und in dem Moment, wo es ihre Haut richtig berührte, sprühten Funken und ihre Hand schoss ruckartig hervor, umklammerte meine Hand kräftiger als ich in dem Moment erhofft hatte. Sie wurde noch schneller blasser, wie in Avalon. Ihre Lippen wirkten im Kontrast zu ihrer Haut dunkel – beinahe rot. Und dann öffnete sie ruckartig die Augen, ehe ich sie Luft schnappen hörte.
Nur dann, im wiederrum nächsten Moment, wurde ich, als eine Explosion ertönte, von jemanden von der Bühne geworfen. Oder eher gezogen? Naja, jedenfalls krachte ich mit demjenigen gen Boden.
„Verdammter Mist", keuchte ich in dem dichten Rauch der aufzog und richtete mich auf, was schwer war. Der Typ hielt mich noch immer fest. „Lass mich bitte los", bat ich, da verschwanden die Hände und ich zogen mich hoch. Langsam richtete sich aus diesem Rauch, der in der Luft hing, eine Person auf, und ausnahmsweise wusste ich genau, wer es war. Meine Mundwinkel begannen zu zucken, ehe ich mir einen kleinen Witz erlaubte. „Shiva, ich hoffe, dir gefällt der Körper."
„Arabella!", schrie Anna einmal quer über die Wiese, ließ den Pfeil los.
Ich zuckte heftig zusammen, schloss die Augen. Doch der Pfeil kam nie an, da Pietro neben mir zum Stehen kam, den Pfeil in der Hand.
„Sind wir im Mittelalter?", fragte er nach, hob den Pfeil an.
„Sie macht eigentlich nur Witze, die nicht witzig sind", keuchte Victoria auf. Und ich hörte ein Klatschen auf der Wiese.
„Ist gerade jemand umgekippt?", fragte ich nach. „Zu viel Dramatik, Kumpel?", rief ich laut.
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Datum der Veröffentlichung: 31.10.2019 17:50 Uhr
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