Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Nineteen

Nineteen:
Transformation

Victorias Perspektive:

Es vergingen nur wenige Stunden, als es bereits heller wurde. Ich konnte nicht schlafen. Anscheinend konnte dies niemand hier. Denn man wurde einfach nicht müde. Zumindest ich wurde nicht müde.

„Warum ich wohl kein Loch mehr im Bauch habe?", dachte ich laut nach, murmelte es mir selbst zu. Es war eigentlich auch vollkommen egal, doch irgendwie verwirrte es mich. Es war in den letzten vergangenen Stunden komplett zugewachsen.

„Alle Verletzungen, Narben und ähnliches verschwinden, wenn man stirbt, du Vogel", sagte ein Mädchen in meinem Alter schnippisch und schnaubte. „Wie primitiv."

„Sag", zog ich meine Augenbrauen zusammen, „Habe ich Euch etwas getan, dass Ihr so reagierst?", fragte ich.

„Es reicht, dass du noch ein weiteres Totenkind bist", sagte sie schlagfertig und ließ sich etwas entfernt von mir nieder. „Wegen einer von euch musste ich meine Schwester in diesem Alter zurücklassen", klagte sie und zeigte auf ihren Körper. Die war doch bereits erwachsen. Also sollte sie nicht meckern.

„Ist nicht meine schuld gewesen", meinte ich schulterzuckend. „Also müsst Ihr mir gegenüber nicht mit solch einem Ton reagieren." Ich rollte mit den Augen als sie nur wieder schnaubte. „Aber wie hieß sie denn?"

Sie kam mir bekannt vor. Naja, als ob sie Ähnlichkeit mit jemanden hatte. Doch ich hielt es als für zu gering. „Sif." Und ich irrte mich. Super. „Warum fragst du?", meinte sie, zog eine Augenbrauen hoch. Stimmt, sie hatte denselben Muttermal.

Meine Mundwinkel zuckten leicht. „Ich würde meinen, Sif geht es gut", zuckte ich mit den Schultern. „Sie ist eine Freundin von mir", erklärte ich ihr.

„Bezweifle ich", verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Sie mag Totenkinder genauso wenig wie ich sie leiden kann."

„Sie ist erwachsen geworden und die beste Kriegerin Asgards", teilte ich ihr mit, doch verzog sie keine Miene. „Und sie ist meine Freundin", wiederholte ich mich etwas trotzig.

>Muss wohl in der Familie liegen, nie zu lächeln.
<Sif hätte es auch nicht getan.
>Eben, mein ich doch, du Vogel.
<Ich dachte, du wärst der Vogel?
>Ach, Schnauze.

--------

Ich hatte kein Bock mehr, herumzusitzen. Oder auf den Arsch zu fallen, wie eben. Es war jetzt schon fast ein Monat her, das ich hier hockte und das kotzte mich an! Außer weiterer Planungen mit meiner Familie und vereinzelten Totenkindern hatte ich gar nichts getan. Und außer zu trainieren – ohne jegliche magische Kräfte, weil diese mir ja versagt wurden.

„Deine Konditionen sind überaus gut", merkte Arabella an. „Auch deine Reflexe sind hervorragend."

Mit verzogener Miene rieb ich mir den Hintern, stand auf. „Danke."

„Aber es kann alles noch verbessert werden."

„Warum?", jammerte ich. „Wir trainieren länger als überhaupt nötig."

„Nur, weil du gut bist, Victoria", schmunzelte sie, „Heißt es nicht, dass du es nicht verbessern kannst."

„Wieso erwarten alle immer von mir, dass ich perfekt bin?", murmelte ich, seufzte und strich mir mein Haar nach hinten.

„Ich möchte nicht, dass du perfekt bist", sagte sie mir, hob den Zeigefinger und schüttelte ihren Kopf. „Nur, dass du nicht in Niflheim landest."

„Super", verdrehte ich meine Augen.

-----------

„Liv", hielt sie mir die Hand hin, grinste.

Meine Mundwinkel zuckten leicht. „Ehm, Victoria", ergriff ich ihre Hand.

„Ich hörte, du kommst auch von der Erde", nickte sie eifrig mit ihren knallgrünen Augen. Die waren greller als meine.

Ich nickte, legte den Kopf schief. „Du auch?"

„Ja, aber ich habe zu Zeiten der irren Mary gelebt." Wieso nannte Mary auch wirklich jeder irre?

„Ja." Ich rieb mir leicht und kurz den Nacken. „Ich habe bis vor kurzem gelebt."

„Ja, davon hörte ich", nickte sie. „Darf ich dir dazu ein paar Fragen stellen?", hakte sie neugierig nach. „Denn nicht jeder, der hier ist, lebte auch in diesem Zeitalter mit diesen Metallsachen."

„Metallsachen?", zog ich leicht eine Augenbraue hoch. „Meinst du... Autos? Computer? Oder Besteck?"

Sie lachte, schüttelte ihren Kopf. „Nein, wir hatten auch Besteck, Victoria. Wie Urmenschen haben wir nicht gelebt."

„Naja..."

-----------

„Victoria?" Ich drehte mich seufzend um als ich gerade den selbstgebauten Becher von Arabella hingehalten bekam.

„Ja, Dad?", entgegnete ich, nahm den Becher entgegen und legte ihn an meinen Lippen an.

„Dich möchte, eh, jemand sprechen", erklärte er und ich seufzte gleich nochmal. Noch so ein Totenkind mit zu vielen Fragen?

Heute wurde ich anscheinend auch nicht mehr in Ruhe gelassen.

„Und warum kommt derjenige dann nicht von selbst an?"

„Dimitri!" Ich sah hinter Dad, zu Nikolaus.

„Da hat's jemand eilig", merkte ich an und sah zurück zu Dad. „Also? Was ist los?"

„Du wirkst nervös, Romanoff", haute Arabella raus als Dad nichts hervorbrachte. „Ist denn etwas nicht in Ordnung?"

„Ja." Er schüttelte kurz den Kopf. „Komm am besten einfach mit."

-------

Als wir vor dem Lager ankamen, zeigte Dad lediglich nach oben. Und ich blickte auf. Zu Phors, wenn ich mich nicht irrte.

„Was machst du hier?", fragte ich überrascht. „Ich dachte, ihr nähert euch nicht auf dreißig Meter."

Kainsta möchte dich um etwas bitten, da du in seiner Schuld stehst", sagte er ungerührt und zuckte mit seinen Schultern, was ein grollendes Geräusch verursachte und mich zusammenzucken ließ.

„Und wieso überbringt er mir die Nachricht dann nicht selbst?", erwiderte ich und hob beide Arme an. „Er hat zwei Füße." Ich seufzte. „Aber zurück zum Wesentlichen", meinte ich, schüttelte kurz den Kopf. „Von was reden wir?" Ich zog eine Augenbraue hoch.

Es gibt eine Weissagung." Das klang ja super. Für die anderen. Es hieß bisher immer, dass das letzte Totenkind in der Lage sei, das Schwert des Schicksals zu führen." Ich wusste es. Super für die anderen. Und weniger super für mich. „Er möchte, dass du es versuchst."

„Und sollte ich mich weigern?", fragte ich nach, zuckte mit den Schultern. „Großer, ich will nichts führen. Sei es nun ein Schwert oder auch ein Stab des Schicksals", zuckte ich nochmal mit den Schultern.

Ich könnte Kainsta überreden, dass wir euch bei Tag als auch Nacht helfen, das Tor zu verteidigen", schlug er vor.

„Verdammt, tu es", meinte Arabella voreilig. „Ich habe keinen Bock, noch ein weiteres Mal den Kopf zu verlieren."

„Bella", mahnte Nikolaus sie, trat neben mich, ehe er zu Phors aufsah. „Ich kenne diese Weissagung", meinte er. „Das ist zu riskant und es auf keinen Fall wert", fügte er hinzu. „Es heißt, man verliere einen Teil seiner Seele, wenn man nicht der oder die Auserwählte wäre."

Jetzt hatte ich Blut geleckt. Riskant und nicht wert? War doch mein Gebiet, sowas zu erforschen. Aber wirklich Lust, einen Teil meiner Seele zu verlieren, hatte ich nicht.

„Was muss ich machen?", meinte ich stirnrunzelnd und sah zwischen ihnen hin und her.

Phors lächelte, was mir Gänsehaut bereitete. „Nun", er hob den knochigen und blauen Zeigefinger, „Kennst du dich mit den Himmelsrichtungen aus?"

-------

Clints Perspektive:

Seit Stunden wartete ich, dass es hell wurde. Mal wieder. Ich konnte nicht schlafen. Und auch nichts runterwürgen. Vor mir stand noch immer ein Tablett voll Essen. Wenigstens hatte ich etwas getrunken.

„Mr., ehm, Barton, Ihr habt Besuch."

Ich holte tief Luft, blickte in den dunklen Himmel hinauf. „Ja, in Ordnung." Ich war anhand dieser zwei Mädchen mehr als verwirrt. Sie passten irgendwie gar nicht zu den Mädchen, mit denen Victoria ihre Zeit verbracht hätte. Und dennoch hatte man mir das Gegenteil genannt.

„Clint?" Ich seufzte.

„Ja, Nat?", entgegnete ich, drehte mich zu ihr um. Sie setzte sich auf Vikas Bett, legte sich hin und sah gegen die Zimmerdecke.

„Wieso bist du wach?", murmelte sie, drehte sich im Bett herum.

„Ich konnte nicht schlafen", sah ich vom Balkon. „Aber du solltest dich noch etwas ausruhen." Sie seufzte. „Möchtest du hier schlafen?"

„Hm... okay." War sie überhaupt wirklich wach?

Ich seufzte, sah zu den Mädchen. „Könnt ihr einfach... ehm-", ich runzelte die Stirn. Wie sagte man denen eigentlich, das sie gehen sollten?

„Wir haben schon verstanden, Mr. Barton", nickte die Brünette. Sie war hübsch – und vielleicht hätte ich sie, wenn ich in besser Verfassung gewesen wäre, angemacht. Aber... ich wollte gar niemanden mehr anmachen. „Fyda, komm, lass uns schlafen gehen." Sie nahm sich die Hand der anderen, die jedoch noch einen Moment stehenblieb.

„Sir?" Ich zog leicht eine Augenbraue hoch. „Victoria hat nie über Euch gesprochen, weil es ihr wehtat, wenn sie daran zurückdachte, Euch auf der Erde zurückgelassen zu haben." Ich zog leicht meine Augenbrauen nun eher zusammen. „Ich denke, sie hat Euch mehr geliebt als sie Euch je mitgeteilt hat."

Mein einer Mundwinkel zuckte leicht. „Danke."

-------

Als es klopfte sah ich auf. Ihre Mutter stand in der Tür, lächelte leicht, als sie mich auf dem Bett sitzen sah, mit verknoteten Händen im Schoß.

„Mr. Barton", sagte sie, nickte mir zu und betrat das Zimmer.

„Mrs. Romanoff", entgegnete ich mit krächzender Stimme. Ich fühlte mich miserabel. Sie hingegen sah nicht so aus. Eher gefasst. Abgesehen von diesem irreführenden Kleid. Als eine verheiratete Frau hätte ich es nie getragen – oder es meiner Frau erlaubt. Es war verdammt freizügig und ich glaubte lediglich der Umhang, den sie trug, ließ das Kleid etwas... geschlossener wirken.

„Mr. Barton, ich weiß nicht, wie oft ich es Natasha schon gesagt habe, doch vielleicht haben Sie da mehr Erfolg", seufzte sie und kniete sich vor dem Bett in ihrem dunkelblauen Kleid hin. „Könnten Sie sie bitte fragen, ob sie die Beerdigung Victorias verschieben könnte?"

Ich zog meine Augenbrauen zusammen, ehe ich mich räusperte. „Wieso?", fragte ich nach. „Der Zerfall setzt bereits seit Tagen ein. Bald sollte es sonst nichts mehr zu beerdigen geben."

„Es gibt einiges, was noch geregelt werden muss", seufzte sie. „Und Natasha weigert sich, die Beerdigung dafür aufzuschieben." Ich legte den Kopf schief, betrachtete sie. Sie hatte dieselbe Nase wie Vika. Und dasselbe wunderschöne Haar. „Doch könnte gerade dies von großer Bedeutung sein", erklärte sie knapp und ich sah aus den Fenstern. „Ich möchte den Menschen, die in Avalon sind, inklusive Victoria, mehr Zeit geben."

„Mrs. Romanoff, ich möchte nicht unhöflich klingen", meinte ich. „Aber Natasha hat ihren eigenen Kopf", sagte ich leise, ohne Gefühl in der Stimme. Und ich hielt es auch für gut, wenn die Beerdigung nur endlich hinter uns gebracht wurde. Es belastete mich beinahe mehr als bei Laura. Vielleicht lag es allerdings daran, dass ich damals während ihrer Schwangerschaft ständig mit ihrem Tod gerechnet hatte – auch wenn er plötzlich eingetreten war.

„Der Tod ist alltäglich und nicht das Ende, Mr. Barton." Das sollte man mal meinen Gefühlen erklären. „Deswegen soll sie noch nicht beerdigt werden. Sollte dies nämlich passieren-", ich sah verwundert zu Vikas Mutter auf. „Sprechen wir drüber, wenn's soweit kommt."

Danach lief sie bis zur Tür und ich runzelte meine Stirn. „Ich habe Ihnen gar keine Antwort gegeben", entgegnete ich.

„Ich brauche sie auch nicht, Mr. Barton. Ich weiß, dass Sie mit ihr reden werden. So oder so." Konnte sie meine Gedanken etwa lesen? Ich war doch noch immer dagegen.

Etwas lächelnd verschwand sie aus meinem Zimmer. Oder eher Victorias Zimmer. Ihre Bettwäsche roch nach ihr und ich hatte sie vermisst. Hinzu war Natasha vorhin zickig gewesen und hatte einen Blumentopf nach mir geworfen, weswegen ich mich hierher verzogen hatte. Ich fühlte mich wie ein Feigling.

Ich würde nie wieder ihr Lächeln sehen können. Und ihre wunderschönen grünen Augen erfüllten auch nicht mehr die Welt. Es war immer faszinierend gewesen, wie sie etwas betrachtet hatte, wenn sie neugierig gewesen war. Oder ihr Lachen. Ihr Lachen hatte sich zwar immer wie das eines verreckenden Frosches angehört, allerdings war es genau das, was man an ihr ebenso so sehr geliebt hatte. Es hatte sie damit ausgezeichnet. Oder diese verdammten Lippen. Ihre vollen Lippen, die immer gewirkt hatten, als hätte sie Lippenstift drauf, weil sie sich so oft darauf biss, dass diese ständig durchblutet waren. Sie hatte mich damit so verrückt gemacht. Alles an dieser Frau war einfach... perfekt gewesen. Aber sie atmen zu sehen war wohl eins der wichtigsten Sachen, die man an ihr geliebt hatte. Denn das hatte bedeutet, dass sie lebte.

Und nun? Überhaupt nichts. Keine Neugier in ihren Augen, kein Lachen, welches ihre wunderschönen Lippen verließ. Und keine Atemzüge mehr.

Ich fühlte mich leer, als ob mein Herz nicht existieren würde. Als ob ich bereits mit Victoria gestorben war. Und ich fragte mich, wann dieses dämliche Gefühl endlich abnahm.

Als mein Handy vibrierte zuckte ich zusammen. Dann seufzte ich, hob ab.

„Ich habe eigentlich gerade nicht wirklich Lust, zu quatschen", fuhr ich mir übers Gesicht. „Ist etwas passiert, Leyla?"

„Ja, und zwar mache ich mir Sorgen um meinen großen Bruder, der seit einen Angriff auf Wakanda mich nicht mehr angerufen hat und dort gewesen war", stänkerte sie ins Telefon und ich seufzte gleich nochmal.

„Das ist kompliziert", sagte ich ihr.

„Ach, kompliziert, ja? Mark und ich machen uns verfluchte Gedanken, dass sonst was passiert sein könnte und du meldest dich fast zwei Wochen nicht. Clint, was zur Hölle ist falsch bei dir?"

Ich presste meine Lippen zusammen. „Das ist kein guter Zeitpunkt, um mit mir darüber ins Detail zu gehen, Leyla."

„Wieso?", stänkerte sie noch immer.

„Hey, Leyla, lass gut sein, wir haben ihn doch-", ertönte Marks Stimme im Hintergrund. Leyla unterbrach ihn.

„Ist wer tot?" Sie stänkerte noch immer herum. „Clint, was zur Hölle ist passiert, dass du dich Wochen bei deiner Familie nicht meldest, huh? Ich bin hier fast gestorben, weil ich dachte, du wärst tot!"

„Victoria ist in Wakanda getötet worden", entfuhr es mir ruhig, nur, damit sie endlich die Klappe hielt. „Victoria ist gestorben und ich war verdammt nochmal damit beschäftigt, Natasha zu trösten oder mich selbst zu überreden, nicht vom nächsten Gebäude zu springen, Leyla. Waren dir das nun genug Gründe, weswegen ich es nicht geschafft habe, mich bei meiner Familie zu melden? Verdammt, die Frau, die ich liebe, ist tot." Ich presste meine Lippen zusammen als am anderen Ende Stille herrschte. „Und ihr denkt als nächstes, ich müsste mich bei euch melden?!" Meine Sicht verschwamm. „Nein, verfickt nochmal, ich melde mich dann, wenn's mir passt, Leyla! Nicht, wenn Victoria tot in Wandas Armen liegt, weil keiner von uns verflucht nochmal wusste, was abging!"

„Clint, sie meinte es so nicht", haute Mark ruhig raus, ehe Leyla ein zitterndes Aufatmen von sich gab, was mir bewies – auch schon als Kind – das sie weinte.

„Clint, e-es tut mir leid, d-das wusste ic-ch nicht", stotterte sie und ich seufzte, strich mir übers Gesicht.

„Mein Beileid, Clint", sagte Mark noch immer so ruhig.

„Dein Beileid wird sie mir auch nicht zurückbringen", entgegnete ich und schniefte kurz, wischte mir unter der Nase entlang, ehe ich zusammenzuckte als ich plötzlich umarmte wurde und mir mein Handy aufs Bett fiel. Ich blickte perplex und erschrocken hinter mich, ehe ich dunkle Locken im Gesicht hatte. „Charlie, was tust du hier?", hackte ich nach als sie ihren Kopf gegen meine Schulter drückte, mich an sich drückte.

„Dich fragen, ob ich dir was zu essen mitbringen soll, aber die Frage ist unwichtig", murmelte sie, drückte mich noch kräftiger an sich. „Ich mag dich jetzt einfach nur im Arm halten."

------------

Victorias Perspektive:

„Und wie soll ich das erreichen?", fragte ich ungläubig und sah mit großen Augen zwischen allen Anwesenden hin und her. „Das ist unmöglich."

>Der spinnt doch!

„Nichts ist unmöglich." Ich sah Arabella resigniert an. Das konnte sie nicht ernsthaft gerade gesagt haben.

Mehr hat er nicht gesagt", meinte Phors lediglich und ich schnaubte. „Niemand von uns anderen kennt diese Prophezeiung. Ich soll hier nur auf dich warten. Und wenn du zurückkehren solltest, werden wir euch unterstützen."

Das war das Wort. „Solltest". Sollte ich zurückkehren. Ich war schon tot, klar, nur dies war ein Himmelfahrtskommando auf ganz neuer Ebene. Und wenn ich keinen Erfolg hatte, dann würden sie den anderen auch nicht helfen.

Ich schüttelte den Kopf. „Da wäre es leichter, ein Schwert aus dem Stein zu ziehen", beschwerte sich mein Dad zustimmend zu meinem Kopfschütteln. „Sie ist dreiundzwanzig, wie soll sie das hinkriegen? Mit Regenbogeneinhornponys?"

„Sie war dreiundzwanzig, Dimitri", stellte Arabella klar, verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Und auch, wenn ich diese Weissagung für absoluten Humbug halte, sollte sie es vielleicht versuchen." Das war ein Widerspruch an sich, den sie aussprach.

<Dein Vater hat Recht.
>Wie soll ich denn bitte das Artefakt holen, wenn Shiva mir vor der Nase herumtanzt?
<Tanze mit.
>Du bist behindert.
<Ich liebe dich, Vika.
>Ach, halt doch die Fresse.

„Na, gut", hob ich beide Hände an. Ich war verrückt, eindeutig. „Ich werde es tun", seufzte ich nach einigen Sekunden und mein Urgroßvater schnaubte. „Aber ich habe noch mehr Bedingungen, wenn ich's schaffen sollte."

„Ich halte es für keine gute Idee, es zu tun", merkte er an.

Dad deutete hektisch auf ihn. „Genau!" Er streckte seine Hände nach mir aus. „Wenn du nicht zurückkommst, kann das für uns nämlich vielerlei Gründe haben."

„Entweder wird sie in Niflheim landen, von Shiva bis auf die Grundstücke zerschnitten werden oder sie stürzt mehrfach ein paar Klippen hinunter", haute Arabella trocken raus. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah sie resigniert an. „Ich zähle nur die Möglichkeiten auf."

Deine Bedingungen bereden wir, wenn du wiederkommen solltest. Und bis dahin würde ich meinen, dann sehen wir uns bei Morgengrauen vielleicht wieder", sagte Phors und setzte sich eiskalt auf den Boden, wobei es laut von der Landschaft wiederhallte.

„Und wenn ich es bis Morgengrauen nicht packe?", hakte ich nach.

Mehr Zeit hat er dir nicht gewährt."

>Ach, so war das, ja?! Wie behindert ist dieser Geröllhaufen eigentlich?!

Der Boden wackelte und ich schwankte mit, genauso wie meine Begleiter.

„Sunna wird mich umbringen", sah ich in die Dunkelheit hinauf. „Mich umbringen", murmelte ich. „Nochmal."

„Ich kann sie beschäftigen", meinte Dad abwinkend und murrend.

„Ich halte es für keine gute Idee", warf Nikolaus nochmal ein.

„Was sollte schon passieren?", entgegnete ich, lief los, in die Richtung, die Phors mir vor einigen Minuten gewiesen hatte. „Soll ich erneut sterben?" Und so machte ich mich auf den Weg, den man mir wies.

Mit nicht mal einer einzigen Waffe. Weil es verboten war. Sagte zumindest Phors. So eine Arschgeige. Dann nahm ich meine nicht geschnittenen Nägel und kratzte meinem Gegner einfach die Augen aus.

>Ich werde mir für diese Dummheit nachher noch in den Arsch treten.
<Aber hey, eine gute Sache hat die ganze Sache. Du bist Sunna erstmal los.
>Nein, ich kann nicht sterben. Das ist ein Vorteil dabei. Sunna hätte hilfreich sein können.
<Sie ist eine Last.
>Ist sie nicht. Zumindest nicht mehr.

---------

Ich schlich den ganzen Weg entlang, aus Angst, mir könnte irgendjemand entgegenkommen. Und dieser Weg nahm auch kein Ende.

Doch das gute war, das mir wirklich keiner entgegenkam. Ich war ein paar Mal an eine Art Dörfern vorbeigelaufen, hatte einen Bogen darum gemacht. Doch je näher ich meinem Ziel kam, desto weniger Zivilisation bemerkte ich. Sogar die Pflanzen in diesem Reich wurden weniger. Es wurde dürrer, gefühlt tatsächlich kälter als noch möglich.

Und irgendwann – endlich – kam das andere Lager am Ende eines Hügels in Sicht.

Ich kniete mich Richtung Boden, um mich nicht zu verraten.

>Toll. Und was jetzt?

Ich sah zur Seite. Und hätte mich für meine nächste Idee Ohrfeigen können, die mir in den Sinn kam.

<Ah, ja, da ist eine Bergklippe. Und jetzt?

Ich ignorierte Pookie, schlich drauf zu und fing an, zu klettern, sobald ich dort war und nicht mehr vom Lager aus richtig zu sehen war. Sollte mich ja nicht jeder gleich sehen können.

Ich musste nach einigen Minuten an einen anderen Anhang hüpfen, wobei ich das Gleichgewicht verlor und kurz abrutschte. Doch zum Glück passierte nichts, da ich mich etwas tiefer noch hatte festhalten können.

>Ein Fuß dahin, die rechte Hand dahin. Nein! Nicht den linken Fuß auf diese Stelle. Böser Fuß!
<Du bist doch auch bescheuert. Also nicht nur ich.
>Schnauze! Ich muss mich konzentrieren.

Es erwies sich als verdammt schwierig, nicht aufzufallen, weil alles sehr brüchig war und Geräusche bei nur der kleinsten Bewegung verursachte.

----------

„Euer Hochwohlgeboren, wir haben Annahme, dass sich jemand auf dem Weg ins Lager befindet." Er verbeugte sich tief.

„Wer?", fragte sie nach.

„Wir wissen es nicht", schluckte er. „Aber es kommen Geräusche von den Klippen, die nicht natürlichen Ursprungs sein können."

Sie schmunzelte. „Dann lasst sie kommen", sagte sie. „Bereiten wir ihnen einen gebührenden Empfang." Sie sah zu ihrer linken, in die Ecke. „Süße, weißt du durch sie, wer es ist?"

Ihre Dienerin schluckte. „N-nein."

„Lügst du mich gerade an?"

Das innerste der Dienerin begann zu kochen, sie zuckte verkrampft. „J-ja."

Sie fing zu grinsen an. „Ist das etwa die Kleine?"

Die Lippen der Dienerin fingen zu beben an. Sie zuckte verkrampft, versuchte, ihre Worte nicht laut auszusprechen. „J-j-j-"

„Jey!", klatschte sie in ihre Hände. „Ich lerne endlich meine beste Freundin kennen!" Sie jubelte, lachte und erhob sich vom alten massiven Thron. „Lasst sie doch bitte durch, wenn sie angekommen ist", wandte sie sich an den Herren. „Ich möchte niemanden mehr auf dem Hofe sehen."

„Ja, natürlich, Euer Majestät", verbeugte er sich nochmal tief vor ihr.

Sie grinste, strich sich ihre wirre rote Lockenpracht zurück. „Du darfst aufhören, mit dem, was du tätigst."

------------------

Victorias Perspektive:

Als ich es endlich geschafft hatte – ohne einen Schweißausbruch zu bekommen –, schlich ich mich zu einem Klippenanhang, von dem ich aus das ganze Lager im Überblick hatte.

Und es verwirrte mich. Dieses Lager – nicht wie unseres – besaß keine Zelte. Eher Pavillons. Doch es gab in der Nähe einen kleinen Wasserfall. Eigentlich wunderschön, wie die blaue Farbe grundlegend schimmerte. Der Wasserfall teilte sich sehr weit unten, weil es einen Felsvorsprung gab, der dafür sorgte. Was dahinterlag, erkannte ich jedoch nicht.

Nur als ich den Blick weiter schwenken ließ, erkannte ich direkt schon vom weitem, wo Vortis hässliche Visage auszumachen war. Denn diese Visage hätte ich echt überall erkannt. Allerdings sprach Vorti mit einer jungen Frau, die ich nicht kannte.

Dachte ich auf den ersten Blick hin. Denn auf den zweiten Blick hin, dachte ich, sie schon zu kennen. Sie schon mal gesehen zu haben. Nur wusste ich nicht, wo.

Sie hatte eine gelbliche Haut, trug ein grünes zerfleddertes Kleid, was geradeso alles wichtige bedeckte. Und es passte zu ihrem grünen Haar hervorragend. Sie sah aber einzigartig aus. Als gäbe es sie nicht zweimal. Demnach vermutete ich, dass sie eine Fee war.

>Das muss eine Fee sein, da bin ich mir sicher.
<Als ob. Die sieht zu schön dafür aus.
>Bist du auf meiner oder deren Seite, Pookie?
<Auf deiner, was sonst?
>Dann sag, diese Fee sieht hässlich aus und Sunna schön.
<Niemals. Da kannst du deinen Schädel bitte mit Säure spalten und mich loswerden.
>Du bist so ein Miststück.
<Und du benimmst dich manchmal wie eine richtige Schlampe.
>Okay, ich kann mich jetzt nicht auf zwei Sachen gleichzeitig konzentrieren. Also muss unser Streit warten.
<Nein! Streite dich lieber mit mir weiter. Bitte.
>Och, du bist so behindert, Mädchen.

--------

Gefühlt hockte ich schon eine Ewigkeit hier. Ich hatte jeden Punkt versucht, auszumachen, wo ich hindurchschlüpfen konnte, ohne gesehen zu werden. Aber es gab keinen. Absolut keinen. Wieso nicht?!

Als plötzlich diese grünhaarige Frau jedoch etwas herumbrüllte, wurden alle still, richteten sich auf oder standen auf. Und so horchte ich auf. Denn bis dato hatte ich sonst noch niemanden sprechen oder brüllen gehört. Gelächter. Vereinzelt hatte ich etwas Gelächter bis hier oben vernehmen können. Und nun konnte ich auch nur mit Mühe verstehen, was sie sagte.

„Victoria Romanoff ist tot!"

>Danke, dass ich tot bin, ist mir gar nicht aufgefallen.
<Gern geschehen.
>Hä?
<Nichts, vergiss es einfach.
>Welches dämliche Vögelchen hatte es denen eigentlich zugeflüstert?
<Vielleicht ein hübsches?
>Pookie! Ich versuche mich wirklich, zu konzentrieren. Halt die Fresse! Du lenkst mich eigentlich nur ab.

„Im Morgengrauen werden wir vortreten und sie überrennen."

„Das klingt gar nicht gut", nuschelte ich und schüttelte leicht den Kopf.

„Thanos wartet bereits auf unsere Meisterin!", brüllte dieser grüne Frosch und ich rollte mit meinen Augen.

„Wie behindert war diese Idee eigentlich?" Im Grunde wollte ich jetzt dafür sorgen, dass sich mein Arsch wieder in Richtung meiner Familie bewegte. Denn diese gesamte Idee war zum Scheitern verurteilt und ein dämlicher Versuch meiner selbst, vielleicht einen Weg aus dieser Hölle zu finden. Tja, klappte nicht, nun hatte ich es wenigstens versucht.

<Was?! Du willst einfach so aufgeben?! Nein! Kommt nicht in die Tüte!
>Pookie, ich sagte-
<Du bist die Victoria Romanoff. Du bist nicht der Typ Mensch, der einfach aufgibt, Fräulein! Beweg also deinen Arsch nicht rückwärts, sondern vorwärts!
>Gibt's denn noch eine andere Victoria Romanoff?
<Nein, aber das ist jetzt doch auch völlig unwichtig.

Ich schnaubte, wollte mich trotz Pookies Einwende abwenden. Allerdings lenkte sich meine Aufmerksamkeit auf einmal auf eine junge Frau. Sie trat aus dem Wasserfall hervor. Und ihre leichenblasse Haut erinnerte mich eigentlich sofort an meine eigene. Ihr dunkelblaues Gewand schmiegte sich vielleicht etwas zu sehr an ihre Rundungen, die sie so gut wie nicht besaß. Denn das war ein Kind. Vielleicht fünfzehn oder so, wenn ich mich nicht irrte. Und ein rotes krauses Haar umspielte sie bis zu den Hüften. Mit schwarzen Strähnen vereinzelt darin. Das erkannte ich aber auch nur, weil sie sich durchs Haar fuhr.

<Wenn das Shiva ist, dann kotze ich.
>Wieso, Pookie?
<Weil sie scheiße aussieht. So! Jetzt hab ich's endlich mal ausgesprochen!
>Naja, etwas Makeup könnte ihr schon stehen... nur-

Ich legte den Kopf schief, betrachte den Teenager nochmal so.

>Ja, okay, ne, hast Recht. Sie ist eigentlich potthässlich.

Eigentlich fand ich sie schön. Nur irgendetwas stimmte hier nicht.

Sie schien im Moment etwas zu sagen, aber ich verstand es nicht. Als sie hinter dem Wasserfall wieder verschwand, hielt ich das aber für mein Stichwort und schlich los. Denn entweder jetzt oder nie. Sonst würde ich hier ewig noch versauern.

-----

Ich hätte auf mich selbst hören sollen. Und nicht auf Pookie.

Ich war doch nicht in Richtung meiner Familie zurückgelatscht. Ich war in diesen Wasserfall geklettert. Wie? Ich hatte nicht die geringste Ahnung.

Aber hinter dem Wasserfall war es unglaublich. Wie in einer alten Ruine. Wie in... Tiwanaku. Es war als ob ich eine riesige alte Stadt entdeckt hätte. Und in einer Art Höhle steckte. Darin prangte an den Wänden, schräg vom Wasserfall, ein großer Palast, eingebaut in die Felswände, Klippen und Anhänge. Unglaublich. So breit wie er war, konnte ich ihn nicht auf einmal wahrnehmen. Und ich war hier definitiv schon mal gewesen. Ich erinnerte mich daran. An diesen Traum, indem Kainsta mich erschreckt hatte, mir erzählte, dass nie jemand hierher kommen würde.

Das sich Shiva dieses Stück Land unter den Nagel gerissen hatte, war klar gewesen. Es war der prunkvollste und zugleich schönste Ort in ganz Avalon. Zumindest von dem, was ich bis jetzt gesehen hatte.

----------

Und tatsächlich war ich noch dümmer als ich dachte. Ich dachte, es war schon eine dumme Idee gewesen, auf Pookie zu hören und es hinter den Wasserfall zu schaffen. Allerdings ging ich noch weiter und lief über den Hof, der voll mit Ständen, Pavillons war – alle verlassen.

Ich fand es eigenartig, dass mich keiner bemerkte – auch wenn niemand gerade hier war. Nirgend brannte etwas, rauchte etwas, war etwas oder jemand. Ich fand es faul. Aber nun war es sowieso zu spät. Ich war dumm genug gewesen, mich in die Höhle des Löwen zu wagen, nun musste ich das durchziehen.

Und so schaffte ich es auch noch in ihr Versteck – den Palast. Er war ähnlich wie der Palast in Asgard, schien nur äußerlich komplizierter aufgebaut zu sein. Denn ich schaffte es eigentlich sehr schnell in den Thronsaal. Und dort prangte wahrscheinlich der Thron der Throne. Denn er war silbern. Aus purem Silber. Die Verzierungen ließen sich, so klein dort hineinmanövriert, kaum unterscheiden. Und die Runen konnte ich nicht lesen. Diese Sprache hatte ich weder auf der Erde noch in Asgard gelernt.

Neben dem Thron, auf einer Art kleinem Podest prangte auch noch eine große Krone. Die war doch viel zu prunkvoll – und nur dazu da, um klarzustellen, wer der Größte im Stall war. Mir lief es bei diesem Gedanken kalt den Rücken hinunter. Denn selbst in Avalon sollte man das Wahlrecht eigentlich beibehalten. Sonst wäre es unfair gewesen.

Vor dem Thorn – eigentlich gute zehn Meter – war eine Kruste auszumachen, und diese umfasste ein Schwert, auch silbern. Mit einem klaren Kristall in seinem Stiel. Ich fand auch dieses viel zu prunkvoll.

Nur was mich hier am meisten verwirrte, war, dass hier noch ein Bett stand. Ein Bett mit... roter Seide? Neben dem verranzten Teppich auf diesem Boden wirkte alles glanzvoll und frisch aufgebaut, wenn ich mich nicht irrte.

Neben dem Bett stand ein Nachttisch. Und neben dem Nachttisch führte direkt eine Tür irgendwo hin. Wohin? Wusste ich nicht.

Wofür auch das Bett war, wusste ich nicht ganz. Denn wenn Tote nicht schliefen, wofür brauchten sie es dann? Naja, für so manches konnte ich es mir vorstellen, allerdings... glaubte ich nicht, dass Shiva oder sonst hier jemand so etwas vollzog. Denn es war ein „Akt der Liebe". Keiner hier, glaubte ich, konnte Liebe empfinden. Zumindest nicht diese Art von Liebe, die ich für meinen Geschmack Charlie, Nathan oder Tasha gegenüber empfand. Oder auch Clint.

Und das wichtigste hier war, dass keine Shiva zu sehen war. Oder der grüne Frosch. Eigentlich war niemand zu sehen. Denn niemand war hier.

Ich wandte mich wieder dem Schwert zu, lief langsam und bedacht an es heran. Als ich den Kopf schieflegte, das Artefakt betrachtete, irritierte es mich. Es erinnerte mich stark an die „King Arthur"-Legende. Ein Schwert im Stein.

<Ehrlich jetzt?! Das assoziiere ich gar nicht damit.
>Ich bin aber auch nicht du.
<Sei glücklich, dass du nicht ich bist.

Pookie und ich dachten anscheinend ehrlich, dass die uns verarschen wollten. Wegen einem dämlichen Schwert begab ich mich in die Höhle des Löwen? Klar, warum nicht? Ich war ja schon tot. Mit mir konnte man diesen Scherz abziehen.

Langsam, darauf Bedacht, keinen Mucks zu erzeugen, ging ich auf das Schwert zu, streckte meine Hand zögerlich aus. Ich zog die Augenbraue zusammen als ich auf meine Hand sah und sie lila aufzuleuchten schien. Ich zog die Hand ruckartig zurück. Doch überrascht stellte ich fest, dass meine Hand dadurch wieder heller wurde. So wiederholte ich meine Geste, streckte die Hand nach dem silbernen Artefakt aus. Sie wurde dunkler, lilafarbener. Ich zog sie nochmal zurück, trat aber einen Schritt näher. Und sie veränderte sich nicht, blieb lila. Obwohl ich sie angezogen hatte.

Es schien mich magisch anzuziehen. Kam mir zumindest so vor.

Doch als ich kurz davor war, es zu berühren, ertönte eine kindliche Stimme, die mich zusammenzucken und perplex zurückweichen ließ.

„Na, los. Versuche dein Glück." Ich sah erschrocken auf. „Du bist sowieso nicht würdig." Seit wann saß die auf dem Thron? Die ganze Zeit?

<Ja, vielleicht.
>Du bist keine sehr große Hilfe.

Der grüne Frosch und das Mädchen.

„Hast du da schon die ganze Zeit gesessen?", fragte ich verwirrt als ich den Frosch auf dem Bett sitzen sah.

„Ich würde eher gerne wissen, wer du bist." Sie legte den Kopf schief, wandte sich an den Frosch. „Lyane, wer ist das?", fragte sie sie und sah mit fragender Miene zur... Fee. Dies war eindeutig eine Fee.

„Victoria Romanoff." Sie hob eine Augenbraue und lächelte leicht, womit ihre Zähne zum Vorschein kamen. Wie man so spitze Zähne haben konnte, war mir ein Rätsel. War dies denn überhaupt noch eine Fee? Sie war so... verunstaltet. Feen wurden in den Büchern Asgards immer als absolut wunderhübsche Wesen beschrieben. Und bisher waren die Feen auch so hübsch gewesen, die ich getroffen hatte – trotz mancher Hautirritationen, wie die Farbe Blau.

„Oh", rief sie und schwang sich vom Thron, ehe sie zu mir lief und mir ihren Arm hinstreckte. „Ich bin Shiva, Victoria", sagte sie, lächelte mich an. „Du musst schon viel von mir gehört haben."

„Eh", brachte ich hervor. Sie verwirrte mich, war klüger als ich tatsächlich dachte. „Ah", war das nächste.

„Bist du nicht sprachlich so weit entwickelt, wie wir?", fragte sie irritiert nach.

„Ehm, doch", nickte ich. „Ich habe viel von dir gehört."

„Oh." Sie lächelte breit. „Das ist schön", sagte sie nickend. „Dann muss ich mich nicht wirklich vorstellen." Sie verdrehte ihre Augen, kicherte. Und dann zeigte sie auf ihre Fee. „Im Übrigen." Sie schnipste in ihre Richtung. „Lyane mag es nicht, wenn du sie Pookie nennst."

„Wie bitte?", brachte ich hervor und sah zum grünen Frosch und zu Shiva zurück.

>Nein, ernsthaft jetzt. Was? Ich hab's nicht verstanden.

„W-woher weißt du von diesem Namen?", hakte ich nach. „Ich habe ihm nie jemanden mitgeteilt."

„Aber Lyane mir, Victoria", schmunzelte sie. „Es ist ja doch ein ziemlich lästiger Name", merkte sie an, verzog die Miene. „Und zudem hatte ich ihr schon einen Namen gegeben", fügte sie hinzu. „Nicht gewusst, dass man anderen Feen keine weiteren Namen zu geben hat?" Ich schüttelte den Kopf. „Naja." Sie zuckte mit den Schultern, musterte mich auffällig. „Dumm scheinst du mir nicht wirklich, Vika." Wer sagte, dass sie mich bei meinem Spitznamen nennen durfte? „Nur etwas... unterbemittelt", erklärte sie, setzte sich seufzend aufs Bett und strich ihr Kleid glatt, ehe Lyane sich aufrichtete, sich neben ihr Bett stellte, die Hände vor sich verkrampft zusammenfaltete.

>Ist es wahr?

Ich zog eine Augenbraue hoch, musterte Lyane. Und diese schlug den Blick nieder. Sie zuckte mit ihren Schultern.

„Hey!" Wir beide zuckten zusammen. „Ich weiß nicht, was ihr gerade bespricht, okay? Wäre nett, wenn ihr mich einweisen würdet", sagte Shiva.

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Ich fragte sie, ob es wahr ist." Wieso klärte ich sie noch auf?

„Ah", machte sie und zuckte mit den Schultern. Und danach war es einige Sekunden ruhig, während sie mich wieder betrachtete. „Weißt du, du bist echt hübsch", schmeichelte sie mir. „In einem anderen Leben wären wir bestimmt Freunde geworden." Sie hob ihren Zeigefinger und ihr Kopf schnellte vor. „Wir können sogar noch Freunde werden!" Ich runzelte meine Stirn. „Schließ dich uns doch an. Wird bestimmt lustig."

„Du findest es lustig-"

„Die Galaxie zu unterjochen?", unterbrach mich Fröschlein. „Ja, findet sie." Ich sah zu ihr. „Glaub mir, ich bin schon lange ihre Dienerin und habe schon so manches erlebt."

„Schnauze, Pookie!", rief Shiva und Lyane schloss ihren Mund. „Ich ärgere sie damit immer, macht so ziemlich Spaß", kicherte sie, sah zu mir. „Und eine Meinungsfreiheit hatte ich ihr nicht erlaubt."

>Ich hasse sie.
<Ich hasse sie seit mehr als tausendfünfhundert Jahren, Victoria. Ich habe einfach keine Wahl. Ich muss ihr dienen und sie beschützen. Das ist kein Leben.
>Du bist eine scheiß Verräterin, Pook! Verpiss dich aus meinem Schädel!
<Ich darf nicht. Und kann nicht.

Lyane seufzte.

„Achso, um auf deine Frage von vorhin zurückzukommen." Ich runzelte meine Stirn. „Ich weiß mich anzupassen, du nicht."

„Wer sagt denn das?", entgegnete ich pikiert.

„Na los, zieh", zeigte sie auf das Schwert. „Ich würde gerne sehen, ob du es schaffst."

Sie schien lebhaft, freundlich, verspielt. Doch ich sah an ihren Augen, dass sie das pure Böse war. Sie waren von keinem freundlichen braun oder schönen grün. Nicht mal ein himmlisches blau war darin zu erkennen. Nein, sie waren feuerrot. Ihre Pupille war weiß, nicht schwarz. Ekelerregend. Hatte sie ihr Glück am Schwert bereits versucht? Hatte sie einen Teil ihrer Seele bereits opfern müssen? Wenn ja, es wäre niemandem aufgefallen, wie es mir erschien.

„Wieso sollte ich an dem Schwert ziehen?", fragte ich skeptisch, entfernte mich einen Schritt davon und somit auch von Shiva.

„Oh, Victoria, vor mir brauchst du dich nicht zu fürchten", lachte sie auf. „Vor dir selbst solltest du das", kicherte sie plötzlich hinter mir und schubste mich vor, sodass ich stolperte. Ich sah hinter mich, danach nochmal zum Thron. Was? Wie war sie so schnell hinter mich gelangt? „Na, los. Zieh", forderte sie erneut und ich schluckte.

<Ich würde nicht ziehen, Victoria. Das ist es nicht wert.
>Wieso sollte ich dir trauen?
<Weil jeder bisher daran scheiterte. Was glaubst du, warum Shiva so aussieht? Sie sah früher nicht so aus, vor ihrem Ausbruch.
>Vor deinem Ausbruch hat du mein Gewissen also auch schon beeinflusst?
<Nein. Ich bin Pookie seit deiner Anerkennung der Gabe. Du hast etwas freigesetzt.
>Ach, mir egal, was du nun meinst. Tu ich es halt.
<Victoria, nicht-

Ich zog. Und zuerst passierte nichts. Außer, dass es im Raum kühler wurde, gefühlt ein Wind aufzog. Dann zog ich etwas kräftiger und der Stein fing an, zu wackeln, dann zu bröckeln. Bis ich ein glänzendes Schwert in der Hand hielt, von dem ein magischer silberner Schimmer ausging.

<Du Idiotin! Ich wusste, dass du würdig bist.
>Wie bitte?
<Hau ab, sie wird dich töten!

Dieser Schimmer ging auf mich über. Hä? Wieso? Er lähmte mich und schien mich auszufüllen – für kurze Zeit zumindest. Und mir wurde warm. Unglaublich warm. Bis ich merkte, wie ich zu Kräften kam. Es war, als ob ich meine Magie wieder benutzen könnte – so ein Gefühl war es. Wie das erste Mal, als ich, nachdem mir mitgeteilt worden war, dass ich ein Totenkind war, jemanden tötete – Loki.

>Was passiert hier?
<Scheiße man, hör doch einmal in deinem Leben auf mich, Victoria. Bitte!
>Nein, Lyane.

Als er vorbei war, sah ich an mir herab, total irritiert. Meine Hände, sie schimmerten silbern, wie das Mondlicht. Doch es war nicht die einzige Veränderung an mir.

-----------------

„Was ist los?" Irritiert sah Dimitri auf.

„Vika", sprach Sunna aus. „Irgendetwas stimmt nicht", sah sie hinaus. „Ich spüre, dass etwas ganz und gar nicht stimmt."

------

Victorias Perspektive:

Mit einem Mal durchzuckte mich etwas, als ob sich jemand in meinen Geist zwängte. Und zuerst wusste ich nicht, was es war. Doch dann sah ich plötzlich die Umgebung durch andere Augen. Zumindest einen Moment. Denn ich sah durch Lyanes Augen. Sie zwängte sich anscheinend in meinen Geist hinein, sodass ich durch ihre Augen für einen kurzen Moment sehen konnte.

Sie waren auf mich gerichtet. Und als ich mich sah, stockte mir selbst der Atem.

Ich hatte noch immer meinen Anzug an. Nur meine Haut, die zum Vorschein kam, egal wo, selbst in meinem Gesicht, war weiß, wirkte gräulich – wie der Mond. Sie schien Silber zu schimmern.

Meine Augen. Sie waren nicht mehr grün, sondern lila – und sie leuchteten. Sie blinzelten irritiert durch die Gegend. Nur beim Anblick meiner Haarfarbe wollte ich sie am liebsten gegen meine komisch aussehende Augenfarbe austauschen! Sie waren feuerrot, wie Arielles Haare. Nicht mehr das schöne rotblond, das ich noch vor wenigen Minuten gehabt hatte. Was war das?!

„Oh, nein, wie niedlich", rief Shiva, klatschte in ihre Hände, lief um mich herum. „Du bist also doch würdig. Habe ich mich wohl geirrt." Sie verzog kurz ihre Miene. „Naja, passiert mal", winkte sie es dann mit ihrer Hand ab und ich besah mir neugierig meine Nägel.

Weiß schimmerten sie. Eigenartig. „Was war das?", fragte ich.

„Das, meine Liebe, war deine vollständige Transformation zum Totenkind. Dies ist dein wahres Ich."

„Wie bitte?"

„Naja, das Schwert hat dir dein vollständiges Ich als Totenkind offenbart."

Tja, das war es also. Das, was alle meinten.

----------

<Hau verdammt nochmal ab, Victoria!
>Nein, auf dich höre ich nicht mehr.
<Bitte, Vika! Ich mein es doch nur gut mit dir.

„Warum bist du die Auserwählte?", fragte sie, schien traurig als sie den Kopf schieflegte. „Und warum nicht ich?"

„Ich weiß es nicht", entgegnete ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Schade", schob sie leicht die Unterlippe vor, ehe sie im nächsten Moment mit den Schultern zuckte und es mit der Hand abwinkte. „Aber naja, du stehst sowieso auf unserer Seite, von daher-"

„Nein", unterbrach ich sie ruhig.

„Wie bitte?", kicherte sie, hielt sich ihre Hand vor Mund.

„Ich sagte, nein", schüttelte ich meinen Kopf. „Ich stehe nicht auf deiner Seite", stellte ich klar. „Du fügst anderen Schaden zu. Ich werde das nicht tun."

<Vika, bitte geh einfach. Los. Sonst wird deine Überlebenschance immer kleiner.
>Pookie, halt dein Maul, du nervst.
<Ich nerv dich gleich noch viel mehr, wenn du nicht sofort verschwindest.
>Boah! Halt die Fresse! Was willst du eigentlich?! Du tust jahrelang so, als seist du mit mir befreundet, nachdem ich erst dachte, den Verstand zu verlieren und nun tust du mir das an? Du weißt alles! Von meinen Gefühlen jedem Gegenüber, von jedem Gedanken, den ich hegte, einfach alles!

„Aber wieso? Das macht doch Spaß", haute sie traurig und enttäuscht raus.

„Shiva, es ist nicht richtig", sagte ich und sie zog ihre Augenbrauen zusammen.

„Nicht richtig?"

„Ja, nicht richtig", merkte ich an. „Menschen oder andere Lebensformen auszulöschen, zu töten, das ist nicht richtig. Nicht fair." Sie rollte mit ihren Augen. „Was du machst, ist nicht fair."

„Du klingst wie Hel. ‚Wir müssen andere Lebensformen respektieren und mit ihnen im Einklang leben'."

„Weil sie Recht besaß", meinte ich, ehe sie ruckartig aufsprang.

„Gut, wie du willst", seufzte sie, sah zur Seite. „Gib mir das Schwert oder ich töte dich", zog sie einen Mundwinkel nach oben, sah mich wieder an.

„Ich bin schon tot, da brauchst du keinen Finger mehr krümmen", konterte ich abwinkend.

Sie lachte schallend los, was mich zusammenzucken ließ. Zudem ließ ihr Lachen meine Haut in Gänsehaut aufgehen.

„Du verstehst es nicht", rief sie und formte ihre Hände leicht zu einer Kralle. Und aus dieser schwang ein weißer Leuchtball hervor. „Das war keine Bitte", sagte sie. „Ich verlange dieses Schwert."

Ich sah aufs Schwert. „Wozu? Willst du dich mit es vermählen?"

<Wie dumm bist du eigentlich wirklich, Romanoff?

Ich tat es Shiva nach, formte einen lilafarbenen Ball. Wobei er flackernd wieder auf meiner Hand erlosch.

<Ich hatte gesagt, hau ab, du willst auch echt nie hören.

Sie deutete auf meine Hand. „Da hat wohl jemand nicht ganz aufgepasst, im Unterricht."

Ich hob eine Augenbraue an. „Ich bin keine Streberin."

Shiva ließ ihre Bälle mit einem Platschen verschwinden. Sie lösten sich in Rauch auf. „Naja", sie zuckte mal wieder nichtssagend mit ihren Schultern, „Wenn du das nicht kannst, dann begebe ich mich mal auf dein Niveau."

>Alter, mein Niveau? Ich hau dich gleich.
<Das bezweifle ich.

„Boah, verschwinde aus meinem Kopf!", schrie ich Lyane an. „Du hast darin nichts verloren!"

Shiva schmunzelte. „Mir ist gerade die ideale Idee eingefallen." Ich sah wieder zum Totenkind.

„Mich von ihr trennen?", zeigte ich auf ihre Fee. „Glaub mir, damit tust du mir eher den Gefallen als das es eine Bestrafung wäre."

„Nein", lachte sie. „Ich bestrafe Lyane", zeigte sie auf ihre Fee.

„Wie bitte?", ertönte ihre Stimme und ihre Unterlippe löste sich von der Oberlippe.

„Ja", stellte Shiva ruhig klar, zog eine Augenbraue hoch und sah mich an. „Denn du kommunizierst mit ihr, ohne meine ausdrückliche Erlaubnis."

<Wenn sie wirklich wüsste.
>Ach, halt die Fresse, ernsthaft jetzt.

„Lyane, schnapp sie dir", meinte sie und Lyane sah mich an.

„W-was?" Ich sah kurz hinter mich. Wie lange müsste ich nochmal bis „nach Hause" rennen? Ewig?

„Du hast mich schon verstanden", sagte sie. „Ich möchte, dass du sie dir schnappst." Ihre Mundwinkel zuckten. „Und hol dir das Schwert."

<Vika?
>Was?
<Lauf. Ich mein's ernst. Lauf. Ich bin verdammt schnell!

Ich zögerte zwar ein paar Sekunden, doch als Lyane aufkeuchte und einen Schritt zitternd vorlief, rannte ich doch los.

---------

Ich hätte mir einen Fluchtplan ausdenken sollen. Denn direkt durch den Wasserfall und hinein ins Getümmel zu sprinten, hielt ich für keine so gute Idee mehr, nachdem mich jemand erkannte.

„Romanoff?!", schrie Vorti mir hinterher.

„Keine Zeit", scherzte ich und rannte noch schneller voran. Meine Lunge fing, was mich verblüffte, an, zu schmerzen. Nach nur wenigen Minuten. Was war schief? „Scheiße", fluchte ich mit Blick hinter mich und sah, dass mir Lyane hinterherflog.

<Vika, du musst schneller sein, ich darf dich nicht verschonen!
>Wieso bist du überhaupt auf ihrer Seite?!
<Bin ich nicht, wie oft noch?! Eine Fee kann sich ihrem Schützling nicht entziehen. Das ist magisches Gesetz. Ich muss ihr dienen, ob's mir passt oder nicht.
>Deswegen magst du Sunna nicht.
<Nein, sie hätte schon viel früher auf dich aufpassen müssen, damit dies nie geschehen wäre. Deswegen hasse ich sie. Und jetzt renn schneller, verdammte Scheiße nochmal!

Ich nahm an Geschwindigkeit zu, doch es reichte nicht aus.

Als ich Rauch sah, der gerade von einem auslöschenden Feuer kam, rannte ich direkt hinein und versuchte, an den schwarzen Umrissen vorbeizukommen, wobei dies jedoch die schlechteste Idee war, die ich gerade noch haben konnte.

Denn etwas am Bein erwischte mich. So stolperte ich und krachte der Länge nach auf die Fresse, das Schwert an meinen Körper gepresst.

Ich keuchte, als ich aufkam. Meine Lunge brannte – und ich hatte Seitenstechen. Wie war dies als Leiche möglich?

Als ich mich aufrichtete, landete Lyane.

<Tut mir leid, Victoria.

Sie verzog eine Miene. Und waren das... Tränen?

Als sie mich auf die Füße zog, zog sie mich an meinen Haaren auf die Beine und ich schrie auf.

<Es tut mir wirklich so leid. Ich will das nicht.

„Lass mich los", knurrte ich als sie ihre Hand tiefer in meinen Locken vergrub und mich herunterdrückte.

„Kann nicht", quetschte sie hervor, schliff mich einfach mit sich, sodass ich ihr hinterherstolperte – das Schwert in der Hand. Einige im Umkreis lachten höhnisch als wir aus dem Rauch herauskamen. „Du wolltest nicht hören", murrte Lyane leise.

>Sag mir, wie ich wegkomme und ich vertraue dir!

War ich eigentlich bescheuert? Naja, ich war bereits mehr als verzweifelt. Denn ich wusste nicht, was Shiva für Foltermethoden draufhatte.

<Grausame, vertrau mir einfach.
>Pookie!
<Gut.

Sie seufzte.

<Ich habe eine Schwachstellte am rechten Oberschenkel. Shiva hat mir dort mal das Wort maidservant eingeritzt. Es ist magisch.
>Und das bedeutet?
<Es ist immerzu offen, ich kann es nur mit einem Verband verdecken. Doch es bringt nicht viel, weswegen ich hauptsächlich fliege. Wenn du mir dagegen haust, wird es mir höchstwahrscheinlich extrem wehtun. Und du schaffst es, über den Wasserfall zu verschwinden.

Ich blinzelte die Schmerzenstränen fort, kniff die Augen zusammen als sie ihre Nägel noch stärker in meiner Kopfhaut vergrub. Ich wusste nicht, ob es der Wahrheit entsprach. Doch ich glaubte ihr jetzt einfach mal – denn schlimmer konnte es für mich gerade nicht werden.

>Wenn es der Wahrheit entspricht, Lyane, dann... tut mir leid.

Mit einem Ruck riss ich das Schwert hoch und haute ihr den Griff gegen den Oberschenkel, woraufhin sie aber wirklich aufschrie und zu Boden flog.

„Scheiße!", brüllte sie, versuchte mich zu halten, doch ihre Hand ließ locker, weswegen ich mich aufrappelte und erneut losrannte.

„Schnappt sie euch!", kreischte Shiva plötzlich los, doch als ich einen Tisch sah sprang ich hinauf und entdeckte eine Art Torte.

„Besser spät als nie", seufzte ich, grub meine Schuhe unter den Teller und trat ihn von mir, in die Richtung des mir am nächststehenden Gegners – der diese Torte nun ins Gesicht bekam.

Mit einem Salto sprang ich hinunter und drückte meine Füße an der Kante des Tischs ab, sodass er hinter mir umkrachte und dem nächsten Gegner ins Gesicht.

<Das ist die falsche Richtung, du Idiotin!
>Du sagtest Wasserfall!
<Damit meinte ich nicht den dort hintern, sondern Shivas Chihuahuadurchgang!
>Oh.

Okay, ich rannte in die falsche Richtung – was auch nur mir passieren konnte.

>Gibt es einen Fluchtweg von hier?
<Nein, es endet in einer Sackgasse. Hast du echt so fest zuhauen müssen? Mein Bein ist taub, du blöde Kuh!

Ich verdrehte meine Augen.

„Hey, brauchst du Hilfe?", fragte plötzlich jemand und ich sah von meinem Weg aus nach links.

„What the...?" Ich schreckte zurück, lief gegen einen Holzbalken, der einen Pavillon einstürzen ließ und strauchelte selbst für einen Moment weiter. „Wo kommst du her?"

„Naja, du siehst aus, als wenn du Hilfe gebrauchen könntest", sagte er und ich nickte eifrig.

„Bitte!", bat ich und im nächsten Moment hob er mich hoch – samt Schwert.

„Tschüss, ihr Pisser!", winkte er Shiva dann provokant zu und rannte los.

Und ich sah alles nur noch an meiner Umgebung verschwimmen.

<Wenigstens zu einem ist er gut.
>Du musst aus meinem Kopf verschwinden.
<Ich kann wirklich nicht. Sobald Shiva merkt, ich hätte die Verbindung gebrochen oder ich würde dir helfen, wird sie alles niedertrampeln und Ragnarök verkünden.
>Wir sprechen später.
<Wenn ich dann noch kann, Victoria.
>Ach, Lyane?
<Ja?
>Danke. Für eben.
<Hatte ich denn eine Wahl?

---------

Als er hielt, rollten wir beide einen Fluss entlang. Und kamen irgendwann auch endlich zum Stoppen.

Mir fiel das Schwert aus der Hand. Doch die Menschen – oder eher Wesen – hier am Fluss schenkten uns kaum Aufmerksamkeit.

„Danke, du warst echt meine Rettung", sagte ich leise, krabbelte zu ihm, ehe er sich auf den Bauch drehte und heftig ein- und ausatmete.

„Ich brauch 'ne Pause", keuchte er, sah zu mir auf. Er sah noch immer so aus, wie ich ihn zuletzt lebend in Erinnerung behalten hatte. Und an ihn hatte ich tatsächlich nicht einen Gedanken verschwendet, seit ich hier festsaß.

„Gönn sie dir. Gönn sie dir." Ich klopfte ihm auf die Schulter. „Hast du dir echt verdient."

„Das Schwert!", schrie jemand auf und ich sah auf, ehe ich es an mich riss.

>Meins.

Lyane gab ihren Senf nicht dazu.

„Schnauze, ihr Affen!", schrie er entgegen und ich zuckte zusammen.

„Wer sind die, Pietro?" fragte ich irritiert.

„Ruhende." Er seufzte, hustete kurz und setzte sich mir gegenüber auf. „Sie gehören weder Shivas Armee, noch der deines Vaters an. Sie ruhen eigentlich in Frieden, lassen die Vergangenheit hinter sich." Ich hätte das nicht gekonnt. Aber vielleicht waren diese hier auch schon zu lange tot.

„Majestät", sagte ein alter Mann, hielt die Hand eines kleinen Mädchens und lief weiter.

„Eh", brachte ich hervor. „Hat der was von dem Wasser getrunken?", zeigte ich auf den Fluss. „Denn das sieht nicht mehr gut aus."

„Ein Totenkind", sagte er. „Er ruht aber in Frieden", erklärte Pietro und stemmte sich endlich mal auf die Knie.

„Ich habe dich im Lager nicht gesehen, wieso?", fragte ich nach und er lachte leise, ehe er zu mir aufsah.

„Ich ruhe, Victoria. Ich kämpfe nicht", schüttelte er den Kopf. „Dafür habe ich keinen Nerv." Als er stand, hielt er mir die Hand hin, die ich verwirrt ergriff, ehe er mich hochzog und sich kurz umsah. „Hör mal, diesen Krieg wird keiner von euch gewinnen", sagte er. „Es wird nur Zerstörung bringen."

„Ach, und das weißt du mit deinen jungen Jahren schon?", entgegnete ich und verschränkte samt Schwert die Arme vor der Brust. „Du bist gerade mal zweieinhalb Jahre tot und denkst, du weißt, worum es hier geht?"

„Avalon ist anders als du denken magst." Er schüttelte den Kopf. „Es ist nicht nur dieser kleine Abschnitt, Victoria", sagte er mir. „Es ist nicht der Abschnitt, den ihr besitzt und den, den Shiva besitzt." Er zeigte in Richtung Osten und Westen. „Es ist weitaus größer, mehr. Avalon ist riesig. Ich kam bisher nicht einmal dazu, alles abzurennen", sagte er und zog mich ruckartig an der Hand mit sich, den Fluss entlang.

„Wieso hast du mich dann gerettet, wenn du nicht kämpfst, Pietro?" Ich stolperte ihm hinterher. „Ich stehe eher in deiner Schuld als du in meiner."

„Ich stehe in der Schuld meiner Schwester, Victoria. Und ich möchte nur, dass man sie beschützt."

>Immer diese großen Brüder und Schwestern, die damit angekrochen kommen.

„Sie kann auf sich selbst aufpassen", sagte ich. „Immerhin hat sie gerade erst ihren Freund getötet."

„Wie lange hat sie es schon ohne Verletzung ausgehalten?", überging er mein Kommentar.

„Drei Wochen", antwortete ich automatisch.

Als wir unsere erste Mission hatten, hatte sie sich ihr Bein angeknackst.

„Siehst du?", erwiderte er. „Man muss immer auf sie achten, weil sie sonst wie du nur Mist baut." Er seufzte.

„Hey! Ich baue keinen Mist", entzog ich ihm meine Hand, blieb ruckartig stehen.

„Wegen dir bin ich mausetot", zog er eine Augenbraue hoch, deutete auf seine Klamotten. „Siehst du die Einschusslöcher?"

„Nein", schüttelte ich den Kopf und sah kurz nach oben. „Ich sehe sie nicht." Er ergriff erneut meine Hand, zog mich wieder weiter.

„Das sind dreiundvierzig Einschusslöcher", sagte er.

„Hättest dich ja nicht vor mich werfen müssen", zuckte ich mit den Schultern.

„Hatte gerade Lust dazu, weißt du?"

„Du-", mit einem Ruck blieb er stehen und ich krachte gegen ihn, ehe er sich umdrehte.

„Ich, was?!", schrie er. „Romanoff, ich möchte, dass es meiner Schwester gut geht. Das ist alles", hob er beide Hände. „Doch ich kämpfe nicht. Sei doch wenigstens froh, dass ich dich gerade gesehen und erkannt habe." Ich rollte mit den Augen. „Sonst hätte ich dich da verrecken lassen", sagte er wütend und lief danach weiter.

„Du hast einfach aufgegeben", schüttelte ich den Kopf.

„Na, und?!", hob er beide Arme. „Ich liebe die Rente!"

„Man lässt Familie nicht im Stich!", rief ich ihm auf Russisch nach, doch er lief weiter.

„Da geht's lang!", brüllte er und zeigte gen Osten.

„Fick dich, Maximoff", grummelte ich, lief danach aber kopfschüttelnd weiter. „So ein Arsch."

-----------

Datum der Veröffentlichung: 31.10.2019 17:40 Uhr

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro