Fourty-five
Fourty-five:
es war wohl doch nur die Ruhe vor dem neuen Sturm
Natashas Perspektive:
„Das musst du mir genauer erklären", seufzte ich als ich das Omelett in der Pfanne wendete, es mir kaputt ging. Verdammt. Kurzerhand entschied ich dann, Rührei zu machen.
„Er dachte, nur weil ich gleich mit ihm unter die Dusche wollte, wollte ich Sex", murmelte Charlie, strich sich ihre Locken aus dem Gesicht.
Ich zog die Brauen zusammen. „Habt ihr schon mal zusammengeduscht?", fragte ich sie.
„Nein", schüttelte sie ihren Kopf. „I-ich habe nur gedacht, ich kann ihm damit ein Lächeln entlocken", gestand sie mir. „Ich habe seine Anmerkungen früher immer gehasst", sagte sie mir. „Wie viele Anspielungen darauf gemacht wurden, wie oft er masturbieren muss, damit dieser Druck, den er hat, verschwindet. Nur seit wir das eine Mal miteinander geschlafen hatten und ... naja seit er wieder da ist... ehm... ja", druckste sie am Ende herum. „Ich dachte einfach, ich tu ihm damit einen Gefallen."
„Glaub mir, für einen Mann kann kein Sex schmerzhaft sein", meinte ich kurz dazwischen.
„Ich habe ihn noch nicht einmal lächeln sehen, seit er wieder am Leben ist."
Ich seufzte, strich mir eine rotblonde Haarsträhne hinters Ohr. „Char, vielleicht hätte er tot bleiben sollen", sagte ich ihr.
„Aber wieso ist Pietro nicht so?", hob sie ihre Hände als ich mein Rührei aus der Pfanne hinein in eine Schüssel neben mir kippte, die gerade frisch abgewaschen aussah. „Er hat anscheinend keine Probleme."
„Aus ihm wurde experimentell aber auch ein Inhuman gemacht, Lebedow", stellte ich ruhig klar, zog die Schublade mit dem Besteck auf, um mir eine Gabel zu nehmen. Es gab keine mehr, also nahm ich einen kleinen Löffel. „Nathan ist ein Mensch, kein Inhuman oder eine andere Spezies", drehte ich mich um. „Du kannst nicht erwarten, dass er gleich so wie vorher ist."
Ein Räuspern ertönte und der Grund unserer Unterhaltung trat näher. „Als kleine Vorwarnung." Er lief an mir vorbei, zum Kühlschrank. „Nicht, dass ich bei was wichtigem störe."
„N-nein", schüttelte Charlie auf dem Barhocker an der Kücheninsel sitzend ihren kleinen Kopf, richtete ihr Rückgrat gerade. „Du störst nicht."
„Hm", kam nur von ihm.
Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Nathan, hast du gut geschlafen?" Wieso gingen die Augenringe nicht weg?
„Ich habe gar nicht geschlafen", sagte er, seufzte und holte sich Saft aus dem Kühlschrank, den er beim Vorbeigehen gleich mitnahm. „Ich bin bei Dr. Cho", teilte er uns mit. „Ich hole mir aufgrund dessen Schlaftabletten."
Charlie seufzte, sah auf die Tischplatte und sank wie ein nasser Sack Kartoffeln zusammen. „Siehst du?", nuschelte sie nach ein paar Sekunden.
„Habt ihr euch bisher geküsst?", fragte ich ruhig.
Sie schüttelte stumm ihren Kopf. „Ich habe sechsmal eine Andeutung darauf gemacht, dass ich es wollte", gab sie verlegen preis, lief feuerrot an. „Beim letzten Mal hat er mir seine Hand auf den Mund gedrückt und gesagt, er will mich nicht küssen."
Ich kratzte mich am Kinn, schob ihr mein Abendessen zu. „Er muss in Therapie", sagte ich ihr, deutete auf mein Essen. „Iss du lieber was. Ich weiß nämlich nicht, wann du das letzte Mal gegessen hast."
„Wie hältst du das aus? Ohne irre zu werden?"
Ich strich mir mein Haar zurück. „Das war Vorti, Charlie", stellte ich trocken klar. „Sie hat mich dazu ausgebildet, rational zu denken, wenn ich nichts fühlen möchte. Und das ist mein Segen im Moment."
Ich seufzte, stützte mein Kinn auf meiner Hand ab und drehte es zur Seite. „Natasha?"
Ich lächelte matt. „Ich bin jedenfalls keine Illusion, Barton", sagte ich, zog meine Augenbrauen zusammen als ich auf seine rangelnden Hände blickte. „Ist etwas mit Vika nicht in Ordnung?", richtete ich mich sofort auf.
„Nein, alles gut", nickte er, strich sich durchs Haar und deutete auf mich. „Können wir mal unter vier Augen reden?"
Ich runzelte die Stirn, nickte. Dann sah ich zu Charlie, die schnaubte und die Schüssel Rührei zu sich heranzog. „Rational, huh?"
Ich seufzte. „Halt die Klappe", lief ich danach Clint hinterher.
--------
Victorias Perspektive:
Von einem leisen Fluchen wurde ich mitten in der Nacht wach.
Mein Kopf war zur Decke gelegt, weswegen ich ihn wenigstens etwas – wenn auch total angestrengt – anheben konnte.
Clint tigerte in seinem Zimmer auf und ab, schien sich gestoßen zu haben. Ja, heute schliefen wir in seinem Zimmer. Meins wurde von Dummy heute Nacht geputzt.
„Clint?", murmelte ich müde und sein Kopf fuhr hoch.
„Entschuldige, Victoria", seufzte er. „Ich wollte dich nicht wecken", meinte er und ließ sein Bein wieder zu Boden, ehe er zu mir ans Bett trat.
„Was machst du denn mitten in der Nacht?", nuschelte ich und ließ den Kopf wieder sinken als er sich zu mir setzte und meinen Oberkörper anhob.
„Es ist nichts", schüttelte er den Kopf.
Als er mich gegen das Bettgestell lehnte und sich neben mich setzte, zog ich müde meine Augenbrauen zusammen als ich einen dunklen Haufen an der Tür entdeckte.
„Du scheinst wütend", merkte ich ruhig an.
Im Halbdunkel, weil die Vorhänge offen waren und er die Fenster geöffnet hatte, nahm er meine rechte Hand und streichelte mir über den Handrücken, ehe er matt lächelte.
„Es tut mir leid", murmelte er und lehnte sich mit dem Kopf gegen meine taube Schulter, ehe ich ein Kussgeräusch hörte und meinen Kopf in seine Richtung drehte. Er hatte mein Schlüsselbein geküsst.
„Was tut dir leid?", hakte ich misstrauisch nach als er plötzlich hickste.
„Ich glaube, ich bin betrunken", seufzte er. „Oder angetrunken...keine Ahnung."
Ich schnupperte, roch aber keinen Alkohol. „Und wenn schon", ging ich auf die Lüge ein, die ich glaubte, gerade statt des Alkohols zu riechen. „Wär ich auch gerne", entgegnete ich und er lachte kurz. „Gibst du mir was ab?"
„Darf ich dir mal was sagen?", erwiderte er direkt und ich nickte. Einige Sekunden war es still, ehe er zu sprechen begann. „Am liebsten würde ich nun nach Vegas."
Ich runzelte meine Stirn. „Warum das denn, Barton?"
Er zuckte mit den Schultern. „Ich möchte endlich, dass es offiziell ist", zuckte er mit seinen Schultern. „Kein Kerl auf der Welt sollte nicht wissen, dass du für ihn tabu bist", erklärte er und meine Mundwinkel zuckten.
„Clint?" Er sah auf und da sah ich im leichten Mondlicht, das seine Pupillen klein waren. Also hatte er anscheinend wirklich etwas getrunken. „Ich bin sogar für dich tabu."
Er lachte los und ich sah auf unsere Hände. „Ja, aber das gilt nicht für immer, Baby", konterte er.
„Wer weiß", seufzte ich und ließ den Kopf hängen, ehe er ihn mit der anderen Hand anhob.
„Vika, du wirst wieder gehen und dich bewegen können, versprochen", meinte er ernst und ich seufzte erneut, ehe ich zur Seite sah.
„Das ist nicht sicher", murmelte ich. „Immerhin haben die Diagnosen selbst ergeben, dass ich Probleme mit allem haben werde."
„Und wenn", winkte er es ab. „Die Chance, dass du ein halbwegs normales Leben führen kannst, ist doch besser, als die Niederlage, für immer so bleiben zu müssen."
„Du hast Recht", stimmte ich zu und er seufzte, ehe er mein Gesicht zu sich drehte, nahe seiner Lippen festhielt.
„Du solltest schlafen", kommentierte er.
„Du hast mich nur versucht, abzulenken", erwiderte ich, runzelte meine Stirn. „Ich möchte noch immer wissen, warum du nicht schläfst, und was mit dir los ist."
Er seufzte wieder, löste sich komplett von mir und fuhr sich übers Gesicht. „Ich möchte nicht, dass du dich für diese Operation entscheidest."
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. „Das habe ich doch noch gar nicht entschieden."
„Aber ich weiß, dass du es in Erwägung gezogen hast", entgegnete er. „Schon mehrfach, die letzten Tage."
„Clint", seufzte ich und hätte mich nun gerne besser aufgerichtet. „Du weißt, was das für eine einmalige Chance ist, dir mir Tony anbietet." Auch er seufzte nochmal. „Und hinzu sind die besten Chirurgen der Welt darunter. Und Dr. Cho."
„Dennoch", widersprach er mir, „Ist mir das Risiko zu hoch." Er hielt kurz inne. „Und das sollte auch dir bewusst sein, Victoria."
„Mir ist es bewusst", meinte ich als er wieder aufstand. „Aber ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich mich operieren lassen möchte", lachte ich leicht.
„Du solltest es gar nicht erst möchten, Victoria", sagte er leise und stellte sich ans Fenster. „Denn die Chance ist einfach zu hoch, dass du stirbst."
„Der Tod war noch niemals das Ende", konterte ich. „Und wann war mir dieses ‚ich kann sterben' schon jemals wirklich im Weg?" Er schaute resigniert. „Gut, letzteres nehme ich zurück", nickte ich leicht.
„Es ist das Ende von etwas völlig anderem", machte er mir weis und ich verdrehte meine Augen.
„Über den Tod weiß ich mehr Bescheid, als du wissen möchtest", erklärte ich ihm. „Immerhin bin ich dieser reintheoretisch persönlich."
Er schnaubte. „Ein kleines hilfloses Mädchen, welches denkt, es könnte eine Operation überleben, bei der es nur die Chance von siebzehn Prozent hat." Redete er sich selbst zu?
Beim Sprechen wurde er immer leiser, sodass ich ihn kaum noch verstehen konnte. „Du sprichst gerade, wie ein Kind, Barton", merkte ich an. „Als ob du dein Spielzeug nicht verlieren möchtest."
„Ich möchte dich nicht verlieren", erwiderte er und sah mich kurz an als er beide Arme am Rahmen des Fensters festhielt und mit dem Kopf nach unten kurz tief einatmete. „Zumindest nicht schon wieder."
Ich zog meine Augenbrauen zusammen. „Clint, ich habe mich doch noch nicht einmal-"
„Du wirst dich so entscheiden, wie immer", unterbrach er mich und stieß sich vom Fenster ab. „Nur, weil du dir der Risiken nie bewusst sein möchtest und deine Handlungen nicht überdenkst."
>Da kenn ich noch jemanden.
<Was?! Ich bin beschäftigt, Vika!
>Ich mag nicht wissen, mit was.
<Ach, halt doch den Mund.
Ich lachte leise. „Ich überdenke meine Handlungen immer, Barton."
Er lachte leise und schüttelte den Kopf. „Nein, nein, tust du nicht", sagte er als er vorm Bett zum Stehen kam und ich meine Augenbrauen zusammenzog. Noch mehr als vorher.
„Natürlich, tu ich-"
„Du denkst meistens nicht nach, Victoria, das ist so", unterbrach er mich erneut. „Und das wissen wir beide."
Ich seufzte, hätte mir jetzt gerne an die Nasenwurzel gefasst. „Natürlich denke ich nach. Sonst hätte ich ja niemals gesagt, ich müsse erst darüber nachdenken", widersprach ich.
„Und? Hast du darüber nachgedacht?", spottete er. Wieso wollte er denn nun einen Streit anzetteln? Ich hatte ihm doch nichts getan.
Einige Sekunden war es ruhig. „Ja, habe ich", gab ich zu.
„Und", er schmunzelte leise und fuhr sich mit dem Finger kurz an der Unterlippe entlang, „Wirst du die Operation machen?"
Wieder war es für einige Sekunden ruhig – was nur an mir lag. „Nein", antwortete ich und er lachte leise.
„Mit Lähmung bist du eine noch schlechtere Lügnerin als sonst."
Super, wir stritten wieder. Gut hatten wir das hinbekommen, oder?
<Fällt dir aber spät auf.
>Ach ne, ne ist mir vorher nicht aufgefallen, dass unsere Diskussion immer hitziger wird, Dumpfbacke.
„Ich lüge nicht", erwiderte ich leise und seine Mundwinkel zuckten.
„Doch, tust du", widersprach er mir kopfschüttelnd. „Wie immer."
„Wie schön, dass du denkst, ich würde immer lügen", meinte ich als meine Augen etwas feucht wurden. Ich blinzelte die Tränen weg.
„Das ist einfach eine Feststellung, Victoria", zuckte er mit seinen Schultern. „Du lügst bei den meisten Fragen." Autsch. „Hast du Hunger? Nein. Geht's dir gut? Ja. Bist du müde? Nein. Hast du gut geschlafen? Ja, sehr sogar. Wie viele Stunden hast du geschlafen? Mehr als notwendig", zählte er auf, äffte mich nach und hob seine Finger dabei an, die er mir hinhielt. „Du lügst bei fast allem, Victoria", meinte er am Ende und meine Stirn runzelte sich.
„Nicht bei allem", gab ich zu.
„Ach, ja? Bei was lügst du denn nicht?"
„Wenn ich sage, dass ich dich liebe oder mich mit euch normal unterhalte", merkte ich an.
„Selbst da lügst du." Aua.
„Tu ich nicht", widersprach ich leise und sah zur Seite.
„Vika, selbst wenn du mit mir zusammen sein möchtest, weißt du, dass immer alles was passiert ist, hinter uns stehen wird und wir uns immer streiten werden? Zwischen uns gibt es doch keinerlei Beziehung mehr. Wir lügen uns hier beide etwas vor."
<Soll ich kommen?
>Nein, bitte nicht.
<Sag, wenn was ist.
„Ich möchte mich doch nicht mit dir streiten", sagte ich. „Und was hat das mit uns zu tun? Kannst du nicht darauf bauen, dass ich dir verzeihe?"
Er fuhr sich kurz durchs Haar. „Ich habe es Laura versprochen, aber-", er schüttelte seinen Kopf und ich runzelte meine Stirn. „Ich kann mir nicht einmal selbst verzeihen."
„Was hast du ihr versprochen?", fragte ich leise nach.
Ich hatte Angst vor seiner Antwort. „Naja, alles wieder geradezubiegen", erzählte er. „Und das kann ich einfach nicht. Niemals."
„Du gibst dir die Schuld an meiner Lage", meinte ich und sah nach oben zur Decke.
„Hätte ich dich nie geschlagen und auf dich gehört, als du meintest, ich solle gehen, dann wäre Shiva vielleicht nicht an dich gelangt und alles wäre noch-"
„Es wäre so oder so im hier und jetzt geendet, Clint", unterbrach ich ihn und sah, dass ein Tropfen auf der Bettdecke landete. „Du willst das alles nämlich nicht so, wie ich es möchte", stellte ich fest. Jetzt war ich wütend. Eindeutig. Er seufzte. „Du möchtest mich doch eigentlich gar nicht heiraten, Clint", sprach ich weiter als er nichts sagte. „Du möchtest eigentlich nur deine Schuld begleichen, weil du dir die Schuld an meiner misslichen Lage gibst. Nicht, weil du mich so sehr liebst, wie ich dich liebe."
„Victoria, ich liebe dich mehr als irgendetwas sonst!", sagte er laut. „Aber ich kann nicht-"
„Es ist jedes Mal dasselbe", unterbrach ich ihn erneut. „Es läuft relativ gut und dann wird einer von uns zickig und ein Streit bricht vom Zaun, weil einer Scheiße baut oder gerade Bock hat, wieder Single zu sein, wie es scheint."
„In jeder Beziehung gibt es Meinungsverschiedenheiten", konterte er und meine Mundwinkel zuckten leicht. „Doch das hier ist etwas völlig anderes!", gestikulierte er wild herum.
„Das hier sind keine Meinungsverschiedenheiten, Barton, da hast du Recht", schüttelte ich etwas meinen Kopf. „Das sind Schuldzuweisungen für dein und mein Versagen."
„Ich gebe dir doch nicht die Schuld an-"
„Genau. Du gibst mir nicht die Schuld." Ich sah auf. „Aber dir selbst gibst du sie." Er sah zur Seite, was sowas von vorhersehbar gewesen war.
„Weil ich doch auch daran schuld bin!", sagte er laut und mein Kopf zuckte. Das passierte immer, wenn ich zusammenzucken wollte. Mein Kopf zuckte zusammen, weil der Rest dazu nicht mehr in der Lage war. „Sieh dich doch an", meinte er gequält. „Du bist nichts weiter, als eine Puppe. Eine lebendige Puppe." Das tat wieder weh. „Man muss dich putzen, Sauberhalten, füttern, anziehen, mit sich herumtragen, dir die Zähne putzen, die Haare bürsten." Er lachte sarkastisch auf. „Weißt du eigentlich, wie anstrengend der ganze Scheiß ist?!"
Meine Sicht verschwamm. „Und was passiert, wenn ich die OP machen lasse und sterbe, huh?", hakte ich nach. „Dann gibst du dir daran auch die Schuld oder was und wir diskutieren in siebzig Jahren darüber oder was?!" Ich schnaubte. „Dann geh doch", sagte ich in meiner Wut. „Wenn du dich nicht um mich kümmern möchtest, dann geh!" Ich wurde lauter, weil ich aufgeregt war. „Niemand hat dir vorgeschrieben, dass du dich um mich kümmern sollst. Niemand!" Er schloss seinen Mund wieder. „Du hast nur Angst, mich zu verlieren, wegen dieser Operation?!", spottete ich und ließ meinen Blick einmal über seinen Körper schweifen, der angespannt wirkte. „Du verlierst mich, weil du einfach Stimmungsschwankungen wie eine schwangere Frau hast!"
„Ach, so wie du schwanger warst?", lachte er leise und ich schloss meinen Mund, hob meine Augenbrauen perplex an. Mein Herz schlug so schnell.
„Überleg dir nun gut, was du sagst", fuhr ich ihn mit emotionsloser Stimme an. „Ich habe dir schon gesagt, ich habe es nicht gewusst."
„Und ich habe es dir bestimmt fünfzig Mal gesagt, dass bei uns irgendetwas immer schiefgeht", hob er lachend beide Arme an.
„Es geht immer alles schief?", spottete ich und hob meine Augenbrauen an. „Ich sitz doch hier. Wo ist bitte etwas-"
„Du bist querschnittsgelähmt!", schrie er los und mein Kopf zuckte erneut. „Vika, die Chancen, dass du eines Tages auch nur einen kleinen Finger krümmen kannst, liegen bei fünf fucking Prozent!" Er lief zum Schreibtisch und zog die oberste Schublade auf, ehe er ein Schreiben herausholte und es mir auf den Schoß klatschte. „Das ist der aktuelle Bericht über deine Heilungschancen", sagte er. „Natasha hat ihn kopiert und verändert, weil sie es dir noch nicht sagen wollte."
Mein Blick wanderte in meinen Schoß als ich anfing, das Schreiben zu überfliegen.
Und je mehr ich von den Buchstaben und Wörtern in mich aufnahm, je mehr ich verstand, was dort stand, was das hier für eine Diagnose war. Und desto mehr sackte ich eigentlich nur noch tiefer in die Scheiße.
------
„Das ist die Diagnose von letzter Woche, Victoria", meinte er leise als ich meinen Blick auf die Badezimmertür heftete und er mir den Brief wieder aus dem Schoß nahm. „Es wird nicht besser. Cho sagt deutlich, du bleibst gelähmt. Es gibt keine Heilungschance mehr. Deine Nerven sterben ab." Er seufzte, sein Blick war absolut wild. „Was glaubst du, wieso Tony an einem Versuch der Heilung arbeitet? Er fühlt sich schlecht." Meine Sicht verschwamm als er mit dem Schreiben vor meinem Gesicht herumwedelte und ich zu ihm aufsah. „Du weißt, dass du so bleiben wirst. Und früher oder später hättest du dich dann für die OP entschieden."
So viel zu, er wollte liebevoll sein, sich um mich kümmern. „Du willst nicht mitansehen, was mit mir passiert", sagte ich leise.
„Weil nicht mehr viel passieren wird, Romanoff", erwiderte er schulterzuckend, grub die Hände in die Hosentaschen. „Du wirst tagtäglich so leben müssen, bis du irgendwann stirbst."
„Dann schmeiß mich doch gleich vom nächsten Gebäude!", schrie ich los und die Tränen begannen zu rollen. „Oder verpiss dich doch! So wie jedes verfickte Mal, wenn du mit der Situation nicht umzugehen weißt!"
„Ich gehe aber nicht, weil-"
„Weil du dich schuldig fühlst", unterbrach ich ihn. „Aber das musst du nicht." Er schloss seinen Mund wieder. „Weil du mir rein gar nichts schuldest." Mein Blick wanderte zu den Fenstern. „Also geh einfach. Ich hab kein Bock mehr." Er schwieg, ging aber auch nicht. „Los", sagte ich nach knapp zehn Minuten und sah wieder zu ihm hoch. Die Stille war kaum zu ertragen. „Geh." Er schüttelte seinen Kopf ganz leicht und ich lachte, ehe ich zur Seite sah. „Gut, dann wirst du mich wahrscheinlich auch noch den Rest der Nacht nerven und beleidigen."
„Tut mir-"
„Sag bloß nicht schon wieder", zischte ich und sah zu ihm hoch, „Dass es dir leidtut." Wieso verzieh ich ihm eigentlich immer und immer wieder? Wieso?! Er seufzte. „Gib's doch einfach zu", er sah wieder auf, „Dass du es einfach amüsant findest, mich leiden zu sehen. Du machst dich gern über mich lustig, wie mir scheint." Sein Kiefer spannte sich an. „Du sagst jedes Scheißmal, du willst es andersmachen, du willst ein besserer Mensch werden, mich nicht verletzen oder sonst was." Ich lachte. „Das sagst du echt jedes Mal!" Ich holte kurz tief Luft. „Aber weder änderst du etwas." Ich holte erneut kurz tief Luft und sah dann erneut zur Seite. „Noch meinst du deine Entschuldigungen ernst, Barton."
Die Stille war einfach super unangenehm. Ich wollte am liebsten genau jetzt zu Nate und Charlie, bei denen ich mich immer ausgeheult hatte.
Ich sah aus dem Augenwinkel, wie er sich seine Lederjacke schnappte und dann wieder zu mir lief, wo er sich hinkniete.
Ich sah jedoch konkret weg, gab nicht auf und kämpfte einfach gegen meine Tränen noch stärker an.
„Guck mich an", bat er, doch ich behielt meinen Kopf genau da, wo er gerade war. Also drehte er meinen Kopf mal wieder zu sich – wie immer. Obwohl ich ihn, wenn ich wütend auf ihn war, nicht ansehen mochte. Ich sah auf sein Shirt. „Victoria, guck mich bitte an", bat er erneut und ich seufzte, ehe ich hochsah. „Ich weiß nicht, was ich tun soll, außer mich immer zu entschuldigen."
„Verpiss dich doch einfach und komm nie wieder, wie es eigentlich abgesprochen war", meinte ich als ich schneller sprach als nachzudenken.
Er zuckte zusammen. „Möchtest du das?", fragte er halberstickt.
Ich schluckte. „Möchtest du denn lieber abhauen und allem entfliehen?"
Er schluckte. „Ja", antwortete er nach wenigen Minuten ernst und nun flossen meine Tränen wieder.
„Dann geh, bitte", bat ich. „Ich möchte dich zu nichts zwingen."
Er seufzte, ließ dann mein Kinn zögerlich los, ehe er seine Hände an beiden meiner Seiten abstützte und sich zu mir beugte.
„Ich will eigentlich allem entfliehen, Victoria, aber ich möchte auch bei dir bleiben."
>Und mir weiter wehtun.
„Ich möchte es aber nicht. Also geh, bitte. Geh und komm einfach nicht mehr wieder", bat ich leise und sah zur Seite. „Dann hätten wir das geklärt."
Nach knapp einer Minute beugte er sich vor, gab mir einen kurzen Kuss und zog sich dann seine Jacke über.
Die Tür schlug einfach nur noch zu, ehe eine weitere Tür im Flur draußen zuschlug.
------------
Schon wieder weinte ich.
Es würde einfach niemals enden, unser Streit. Wie konnte es so weit gekommen sein, dass ich so abhängig von diesem Kerl geworden war, ihn aber dennoch nicht ertragen konnte? Wie?!
Ich hasste mein Leben.
Vor allem, weil ich gerade saß und lieber auf Klo wollte, weil ich pissen musste. Und das wurde immer kräftiger, das Bedürfnis, sich zu entleeren.
„Friday, könntest du meine Schwester rufen?"
„Selbstverständlich."
---------
„Was hast du getan?" Irritiert zog Leyla ihre Augenbrauen zusammen als Clint sich neben sie auf den Beifahrersitz setzte.
„Ich habe mit Natasha eine Taktik entwickelt, die Victoria dazu bringt, dass sie die Operation durchzieht", lachte er, schnallte sich an. „Und jetzt fahr, verdammt nochmal, bevor ich's mir anders überlege."
----------
Datum der Veröffentlichung: 02.01.2020 20:59 Uhr
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro