Eight
Eight:
Perfektion in einer Frau
Stöhnend versuchte ich, mich wieder aufzurichten.
„Das sieht... sehr schmerzhaft aus", sagte Sarah, die vor einigen Minuten erstmal zum Zuschauen mit Sunna dazugestoßen war. An ihr solch eines der Kleider zu entdecken, welche ich jeden Tag trug, warf mich einfach in meinem Selbstbewusstsein gleich mal dreitausend zurück. An ihr sah wohl alles großartig aus.
„Es sieht nicht nur so aus", keuchte ich, stemmte mich vor ihren Füßen hoch. „Sie will mich jedes Mal im insgeheimen umbringen", murrte ich, ehe ich stand und ihr den Rücken zukehrte.
Doch mir kam eine Idee als Sif mich nur mit ihrem Finger heranwinkte. Sie war vielleicht zwar fies – und auch anstrengend – doch es konnte funktionieren, wenn ich mich nur genug konzentrierte. Und schummeln, wenn ich mit der besten Kriegerin Asgards trainierte, ging wohl klar.
Konzentriert schloss ich für einen Moment meine Augen, hörte sie näher an mich herantreten. Doch dann stoppte sie.
„Victoria, das ist nicht witzig", sagte Sif als ich kicherte und meine Stimme gleich fünfmal ertönte. Ich öffnete meine Augen, nur um zu sehen, wie Sif mit dem Schwert ausholte.
Ich bückte mich mit einem spitzen Aufschrei, ehe meine anderen Ichs auch schon geköpft wurden. Sie verschwanden in einem dunkellilafarbenen Rauch.
„Wolltest du mich töten?", meinte ich laut, richtete mich auf.
„Hätte ich es gewollt, wärst du schon längst tot und dein Kopf würde hier herumrollen", entgegnete sie trocken, lief zu Sunna und redete mit ihr kurz so leise, dass ich es nicht hören konnte. Sunna verzog für einen Moment das Gesicht, nickte jedoch.
„Aber nicht töten", befahl sie und Sif nickte. Ich zog eine Augenbraue hoch, sah Sarah kurz an, ehe sich die Kriegerin mir wieder zuwandte.
„Los, Schwerttraining." Ich zog verblüfft meine Augenbrauen hoch.
„Das hast du mit mir noch nie-"
„Los!", rief Sif und ich zuckte zusammen, lief dann aber mit ihr bis zur Mitte des runden Trainingsplatzes.
„Und welches Schwert sollte ich-", ich stoppte, schrie auf und versuchte, auszuweichen.
„Mal sehen, wie lange du brauchst, bis du dein Schwert bei dir hast", schmunzelte Sif.
„Sif, ich sollte es nur in Notfäll-", ich konnte nicht weitersprechen, weil ich ihrem Hieb erneut ausweichen musste. „Sif", warnte ich als sie erneut ausholte und ich zur Seite rollte.
„Wehr dich doch", zuckte sie mit ihren Schultern und schlug auf die Stelle zu, auf der ich gerade kniete. Ich sprang beiseite, ehe ich auch schon mit der Bewegung stoppte, weil ich die Spitze vor der Nase hatte. „Du bist zu langsam." Schien sie gerade ernsthaft amüsiert, als sie ausholte und ich aufsprang?
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Ich versuchte minutenlang auszuweichen. Weil ich das Schwert nicht hatte rufen können. Allerdings steckte ich dann doch einen Schlag mit der flachen Seite des Schwertes ein und flog unangenehm gen Boden, wo ich in binnen von weniger als drei Sekunden die Spitze an den Hals gesteckt bekam.
„Du brauchst mehr Anreiz", überlegte Sif, legte den Kopf schief.
„Sif, langsam reicht es doch", mischte sich Sunna ein. Ihre Tonlage klang besorgt – wie immer.
„Ich gab dir mein Wort, sie nicht zu töten", erwiderte Sif ungerührt. „Dieses muss ich wohl leider brechen." Im nächsten Moment holte sie aus und ich hob meine Hände, ehe ein aufeinander krachen von Metall zu vernehmen war und ich meine Augen etwas öffnete. „Na, geht doch", seufzte sie erleichtert und stand auf, während ich aufs Schwert sah. Wie hatte ich das gerade nochmal gemacht? „Los, Arsch bewegen, Schwertraining."
Ich zog eine Braue hoch. „Sif, du wolltest mich gerade umbringen."
Sie rollte mit den Augen. „Denkst du wirklich, ich hätte dich umgebracht?" Sie zeigte mir wie ein Mensch der Erde den Vogel. „So dumm bin nicht mal ich."
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Das Schwerttraining mit ihr war noch anstrengender als mit Thor. Um Längen anstrengender.
Doch ich fand es amüsant als Sarah sich am Ende entschloss, noch etwas mit zu trainieren. Naja, wie sie mich fragte, ob ich ihr einiges beibringen würde. Das war doch sowieso abgemacht, wieso fragte sie dann?
„Also, ihr habt noch zwei Stunden", schmiss Sif das Schwert zum Waffenstand, ohne es richtig wegzupacken. „Dann beginnt das Fest, Victoria", nickte sie mir zu und ich nickte zurück, ehe sie ins Schlossinnere lief. „Zwei Stunden!", ermahnte sie mich nochmal.
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„Du bist aber nicht so brutal, wie Sif, oder?", hakte Sarah zweifelnd nach als sie mir gegenüberstand und ich meinen Kopf schieflegte.
„Hm", überlegte ich, tippte mir kurz gegens Kinn, schüttelte dann aber meinen Kopf. „So kannst du nicht kämpfen." Sie sah an sich hinunter.
„Ein Kleid?"
„Ja, so kannst du nicht kämpfen", stellte ich klar.
„Du hast einen Rock an", erwiderte sie irritiert und ich seufzte.
„Sunna, kriegst du ihr Kleid auf die Schnelle gekürzt?" Ich zeigte zur Demonstration auf meinen Rock.
Sie seufzte, nickte. „Gib mir ein paar Sekunden", hob sie einen Finger.
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„Also", fing ich an. „Als erstes, aufwärmen. Dehnübungen", erklärte ich ihr ruhig.
Ich zeigte ihr erst einmal, wie man die Dehnübungen dann auch richtig machte.
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„Wer hat dir das vorher beigebracht?"
„Toby", verzog sie die Miene.
„Dann macht er irgendwas falsch", seufzte ich.
„Und jetzt?", sagte sie und verzog schon wieder etwas ihre Miene.
„Nathan hat's gehasst", lachte ich leise als eine Erinnerung mir ins Hirn geflogen kam, ich sie aber schnell wegschießen musste.
„Was hat er gehasst?", riss sie mich aus meinen Gedanken und Erinnerungen. Ich lächelte, ehe ich kleiner und kleiner vor ihr wurde und letztendlich auf dem Boden saß, im Spagat. „Vergiss es", schüttelte sie ihren Kopf und lachte.
„Sarah, Spagat, los", befahl ich und zeigte mit dem Finger auf sie und den Boden.
„Ich kann keinen", widersprach sie mir. „Und was ist, wenn ich mir was zerre oder breche?", hakte sie nach.
„Wenn du dich richtig aufgewärmt hast, dann passiert auch nichts", sagte ich ihr.
„Hi-hilfst du mir?", fragte sie und ich schmunzelte, nickte aber, ehe ich mich mit den Armen hochdrückte und wieder hinstellte.
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„So, ich halte deine Arme fest und du sagst mir, ab wann es wehtut." Sie nickte, ehe ich ihre Arme umgriff und sie ihre Beine anfing, zu spreizen.
Immer weiter rutschte sie runter. Und kurz bevor sie den Boden berührte schrie sie schmerzerfüllt auf und ich zog sie augenblicklich wieder hoch.
„Au", sagte sie und ihre Hand wanderte zu ihrer Intimstelle, während ich lachte.
„Naja, bei meinem ersten Spagat wurde ich gezwungen in die Knie förmlich zu springen", lachte ich etwas, verstummte dann aber. „Aber das zeigt", meinte ich, zeigte auf ihre Statue, „Dass du noch nicht aufgewärmt genug bist, Sarah."
„Bitte?!", spottete sie mit großen Augen.
„Sarah", sagte ich. „Wenn du gedehnt bist, dann tut es nicht weh und du zerrst dir auch nichts", erklärte ich ihr. Dabei musste sie das doch wissen. Das war wie das Einmaleins. „Das eben hat lediglich gezeigt, dass du noch nicht genug gedehnt bist und deine Muskulatur sich noch nicht richtig gelockert hat." Sie schaute skeptisch drein. „Und solange sie nicht gelockert ist, werde ich mit dir auch nicht trainieren können." Sie schaute mich noch immer so an. „Das wird niemand können."
Nun seufzte sie, nickte dann etwas grummelnd – wie ich immer –, ehe sie sich wieder zu dehnen begann und ich – weil es komisch aussah, wenn ich hier nur rumstand – mitmachte.
Nach einigen Minuten wiederholten wir das Ganze, doch sie schrie, diesmal noch näher am Boden, erneut los. Also kamen weitere Dehnübungen dazu, ehe sie beim dritten Mal endlich den Boden berührte.
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„Und nun?", hakte sie nach als ich sie vorsichtig losließ und sie wankte.
„Versuch erst einmal, dein Gleichgewicht zu finden", sagte ich schmunzelnd und setzte mich neben ihr zu Boden. „Du solltest dich nicht zur Seite fallen lassen, sondern versuchen, dich hochzudrücken", meinte ich und sie gab einen empörten Laut von sich.
„Wie soll ich das denn bitte auf die Reihe kriegen?", entgegnete sie jammernd und ich lachte.
„Wie ich vorhin, Sarah."
Ihre Wangen wurden rot. „Ich habe nicht richtig darauf geachtet."
Meine Mundwinkel zuckten etwas nach oben. Wie Nate früher immer. „Okay, ich zeig's dir noch einmal."
Mit einer langsamen Wendung und meinen Armen, die ich an den Seiten abstützte, hievte ich mich wieder auf die Beine.
„Wieso sieht es bei dir so elegant aus?", hakte sie irritiert und mit roten Wangen nach.
„Ich bin eine Königin", scherzte ich und ein Lächeln umspielte meine Lippen als sie mich mit noch röteren Wangen ansah. „Nein, Spaß beiseite", sagte ich und ihre Stirn runzelte sich. „Ich war Ballerina."
„Oh", machte sie und sah auf ihre auseinandergespreizten Beine. „Okay, ich versuch's", nuschelte sie und stemmte ihre Hände an beiden Seiten auf dem Boden ab. Ich setzte mich entspannt im Schneidersitz auf den Boden, wartete einige Minuten, bis sie es endlich geschafft hatte, hochzukommen. Doch sie keuchte. „Meine Beine fühlen sich taub an."
„Ist bei mir manchmal auch so", zuckte ich mit meinen Schultern und stemmte mich mit einer Drehung hoch – und dass ohne die Hände und Arme zu benutzen. „Also, dann lass uns anfangen, jetzt bist du aufgewärmt", lächelte ich, lief zu ihr und stellte mich hinter sie.
„Okay, und was muss ich tun?", fragte sie nach und ich sah nach unten.
Mit einem leichten Tritt trat ich ihre Beine etwas auseinander. „Du musst ein gutes Gleichgewicht beibehalten, egal wie gut dein Gegner ist, Sarah. Immer das Gleichgewicht halten." Sie nickte, seufzte und zuckte ein paarmal mit den Schultern, ehe sie ihre Beine etwas auseinander hinstellte. Doch war die Haltung nicht richtig, also seufzte ich nur, bückte mich und stellte ihre Beine richtig hin. „Halt locker", befahl ich als sie sich verkrampfte.
„Entschuldigung."
Danach richtete ich mich wieder auf und legte meine Arme von hinten um sie. Meine Hände fuhren ihre Arme entlang.
„Nun geht es um die Haltung deiner Arme", sagte ich ihr leise ins Ohr, ballte ihr Hände zu Fäusten, wie beim Boxen, und brachte ihre Arme in Stellung.
„Ich fühl mich doof dabei", murmelte sie und ich lachte leise.
„Nathan und Charlie haben genauso wie du damals angefangen", erzählte ich ihr als ich ihr die Hand auf den Bauch legte. „Und bei mir war's niemals anders, Sarah."
„Hm", machte sie und ich lauschte einen Moment.
„Ich weiß, dass dein Herz schnell schlägt, Sarah, doch deine Atmung muss genauso wie das Gleichgewicht immer konstant bleiben", erklärte ich und drückte leicht auf ihren Bauch. „Entspann deine Muskulatur etwas und lausche einen Moment mit geschlossenen Augen dem Wind." Sie tat, was ich ihr befahl. Einige Minuten war es ruhig, bis ich vorsichtig meine Hände von ihrem Bauch nahm und einen Schritt zurücktrat. „So, und nun", ich legte ihr meine beiden Hände auf die Schultern, „Schultern straffen." Sie spannten sich etwas an. „Oh, ich merk schon, du musst noch an Muskelmasse zunehmen."
„Okay", sagte sie seufzend.
„Das ist nicht schlimm, Sarah. Ich empfehle dir nur, morgens immer etwas mehr nun zu essen. Am besten was mit einer Menge Proteinen. Zucker so wenig wie möglich und am besten trinkst du nur noch-"
„Wasser", unterbrach sie mich und ich schmunzelte.
„Genau." Ich entfernte meine Hände und trat vor ihr. „Also, normalerweise fängt man damit an, Verteidigung zu lernen", erklärte ich. „Doch ich finde, wir versuchen es mal anders."
„Wie meinst du das?", hakte sie nach – mit einer Spur Misstrauen im Tonfall –, was mich wiederrum zum Schmunzeln brachte.
„Ich zeig dir nun, wie man zuschlägt. Und verlier bloß nicht die Haltung."
„Du schlägst mich?" Ich schüttelte meinen Kopf.
„Ich zeige es dir lediglich. Ich werde dich nicht anrühren, ich verspreche es", versicherte ich ihr. Ich stellte mich mit drei Metern Entfernung vor ihr auf. „Also, zusammenzucken ist erlaubt", meinte ich. „Aber versuch mal, deine Haltung, wie sie jetzt ist, beizubehalten."
„Wieso-", meine Faust schnellte vor, machte vor ihrem Gesicht halt, doch zuckte sie nicht nur zusammen, sondern sprang mit einem Satz nach hinten, sodass ich seufzte.
„Okay, Haltung einnehmen." Sie nahm sie ein, doch ihre Haltung an den Armen und Beinen war wieder intakt, also stellte ich es wieder richtig ein. „Gut, nochmal." Ich schnellte wieder vor, diesmal zuckte sie nur zusammen. „Ich wiederhole das jetzt ein paarmal, okay?" Sie nickte und ich seufzte, stellte mich wie sie hin und schlug zu, machte immer vor ihrem Gesicht halt. Einige Minuten wiederholte ich dies nur so, ehe ich einen Schritt weiterging und mein Bein hochzog, welches vor ihren Rippen mitten in der Luft stoppte. Sie zuckte nur zusammen, sprang aber nicht zurück. „Gut. Also hast du schon mal nicht mehr allzu sehr Angst vor mir."
„Ich habe auch keine Angst vor dir." Sie presste die Lippen zusammen. „Nur davor, dass du mir vielleicht was brichst."
Ich stellte mich gerade hin. „Also, du hast gesehen, wie ich zuschlug", versuchte ich abzulenken. „Dasselbe machst du jetzt bei mir."
„Und was ist, wenn ich dich aus Versehen treffe?", fragte sie besorgt nach.
„Ich bin abgehärtet, mach dir keine Gedanken", winkte ich es mit der Hand ab und sie nickte.
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Eine geschlagene Minute hielt sie still, atmete tief ein und schloss kurz konzentriert ihre Augen, ehe sie vorschnellte und versuchte, so wie ich zuzuschlagen.
Sie übereilte sich und ihre Faust traf meine Wange, wobei mein Kopf etwas zur Seite schellte und sie aufschrie, sie sofort zurückzog und rumzappelte. Ich zuckte dabei heftig zusammen.
„Tut mir leid. Tut mir so leid", rief sie als ich meinen Kopf schüttelte und anfing, zu lachen.
„Macht doch nichts, Sarah", lachte ich und rieb mir etwas die Wange. „Du hast einen kräftigen Schlag, doch die Anspannung ist zu locker. Deinen Bauch solltest du besser anspannen."
„Sicher? Ich mag dir echt nicht wehtun", entgegnete sie sofort. „Oh, Gott, scheiße."
„Tust du nicht", winkte ich ab. Ich versuchte sie zwar zu motivieren, aber wünschte mir gerade, ich wäre alleine, um loszuweinen. Sie war also nicht nur hübsch, sie konnte auch noch hervorragend einen rechten Haken verteilen. Verfluchte Scheiße, was war an dieser Frau nicht perfekt?! „Ich habe schon schlimmeres einstecken müssen", sagte ich ihr. „Da brauchst du dir, wie schon erwähnt, keine Sorgen zu machen, ob es wehtut oder nicht." Sie nahm ihre Haltung wieder ein, diesmal sogar beinahe richtig. „Beine nochmal richten", riet ich ihr und zeigte auf diese, ehe ihr Blick dem meinen folgte und sie es gleich zweimal korrigierte, nicht, ohne dass ich sie nochmal darauf hingewiesen hatte. „Gut, zuschlagen", befahl ich und sie atmete ein, schlug zu. Diesmal war es die andere Wange. Ich taumelte etwas, doch lachte nur leise in mich hinein, um zu überspielen, wie sehr mein Herz sich dabei zusammenzog. Denn ihr linker Haken war sogar besser als der rechte. „Die Spannung im Bauch ist noch immer nicht richtig, Sarah."
„Ich krieg sie auch irgendwie nicht hin", seufzte sie schwermütig und ich seufzte ebenfalls kurz.
Danach stellte ich mich wieder hinter sie als ich zu ihr gelaufen war.
Meine Hände legten sich ein weiteres Mal um ihren Bauch. „Die Spannung in den Bauchmuskeln ist einer der wichtigsten Aspekte beim Kampfsport, Sarah. Die Bauchmuskeln und das Gleichgewicht. Alles andere kommt später." Ich fühlte, wie sich ihre Muskeln anspannten und stutzte. „Hast du Mal Sport getrieben?"
„Außer in der Schule, nein", antwortete sie peinlich berührt.
Und dann war sie so kräftig? Wow.
„Okay, mach deine Muskeln mal noch etwas lockerer." Sie tat, worum ich sie gebeten hatte und ich legte meine eine Hand um ihren linken Arm. „So, ich schlag mit dir jetzt zusammen zu, okay?"
„Okay", stimmte sie zu.
„Muskeln im Bauch anspannen." Meine Hand lag noch immer auf ihrem Bauch und nun spannte sie sich wieder an. „Wenn du mit links zuschlägst, trittst du mit dem rechten Fuß vor. Bei rechts ist es andersherum."
„In Ordnung."
„Gut, los geht's." Ich schlug mit ihr zu und ihre Faust schnellte einmal langsam durch die Luft. „Okay, wir wiederholen dies ein paarmal", erklärte ich und tat dies mit ihr auch gleich. Nach fast zehn Minuten stellte ich mich neben sie und stellte mich genauso hin. „Sehe mich an", befahl ich und ihr Blick schwenkte zu mir. „Ich mach es nun einmal langsam und dann schneller vor. Du machst es nach", sagte ich und machte die Bewegungen einmal langsam vor. Sie tat es mir nach, sogar richtig. „Gut", lobte ich sie und ein Hauch von Rosa überzog wieder ihre Wangen.
„Danke", bedankte sie sich.
„Gut, jetzt einmal schneller." Ich schnellte in die Luft vor.
Sie tat es mir nach, wenn auch wieder mit einem kleinen Fehler. „Naja, nobody is perfect", seufzte ich und sie runzelte ihre Stirn. „Die Anspannung in den Schultern hast du vergessen."
„Verzeihung", entschuldigte sie sich sofort und ich lachte.
„Entschuldige dich nicht ständig, Sarah. Es ist normal, Fehler zu machen. Sogar ich mache noch heute welche."
„Das ist leider wahr", haute Charlie raus und kam über den Platz zu uns gelaufen. „Lasst euch nicht stören, ich mag nur joggen", erzählte sie und ich nickte.
„Ignorier sie einfach", winkte ich es in Sarahs Richtung ab als sie an uns vorbeilief und ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie sie sich schön dehnte. „Gut, machen wir weiter", meinte ich und lief wieder vor sie. „Zuschlagen", befahl ich und einige Sekunden später knackte es. „Au!", rief ich und hielt mir die Wange. Diesmal tat's aber richtig weh. Verflucht.
„Oh, verdammt, tut mir leid!", entgegnete Sarah und Charlie fing an, zu lachen.
„Verdammt gut, Devin!", lobte meine beste Freundin sie. „Das hatte Romanoff mal nötig."
„Nein, schon gut", winkte ich es ab und rieb mir meine pochende Wange. „Alles klar, jetzt kannst du zuschlagen." Ich verzog die Miene. „Oh, das tat weh", jammerte ich leise.
„Ich hatte doch gesagt, ich möchte dir nicht wehtun", erwiderte sie und ließ ihre Haltung fallen.
„Sarah?", fragte Charlie und stellte sich doch zu uns.
„Ja?"
„Victoria ist das echt gewöhnt." Ich funkelte sie an, rieb mir meine Wange noch immer. „Es ist so, wenn du mit jemandem trainierst, darfst du einfach keine Schwäche zeigen. Je mehr Schwäche du zeigst, desto schneller wird dich dein Angreifer besiegen können." Sarah seufzte und auch ich seufzte – nur etwas gequält. Das war ja wirklich ein heftiger Schlag gewesen. Und normalerweise war ich keine Memme. „Stell dir Vika einfach als die Person vor, der du schaden möchtest", schlug Char vor. „Doch gleichzeitig musst du versuchen, deine Aggression unter Kontrolle zu behalten. Denn es ist ja nicht wirklich Victoria, der du Schaden zufügen möchtest, nicht wahr?" Sie lachte, schob sich ihre Lockenpracht hinter die Schultern. Und für einen Moment hätte ich schwören können, in Sarahs Gesicht zu lesen, dass ich eine Person war, der sie schaden mochte. Doch ich hielt's für ausgeschlossen. Ich überlachte das Ganze einfach, stellte mich wieder vor sie. „Na los, schlag einfach zu", ermutigte Char sie auch noch.
„Ja, ist nur mein Gesicht", rollte ich mit den Augen.
„Eben", zuckte sie mit ihren Schultern. Sunna sah von einem Buch plötzlich böse auf und strafte Char mit diesem Blick, ehe sie ihn wieder im Buch vertiefte.
„Aber ich-"
„Gib nicht viel auf das, was wir labern, Sarah", meinte ich abwinkend und stellte mich hin.
„So, Vika wird jetzt versuchen, langsam jedoch" sie sah mich warnend an, „Sich zu verteidigen und du schlägst zu, mehr nicht." Sie seufzte. „Ein bisschen weniger Schönheit in ihrem Gesicht täte ihr gut." Ich hob beide Augenbrauen. Schönheit? Ich wollte heute lediglich nicht mit blauer Wange aufs Fest. So gut war Lyrellia dann doch nicht im Überschminken einiger „Tatsachen".
Aber so ging es erstmal weiter. Sie schlug zu, ich wehrte es langsam ab. Doch so langsam, dass ich natürlich auch einsteckte. Super. Wie dumm war ich nochmal? Sehr dumm.
Zwanzig Minuten später gingen die Schläge dann auf meine Seiten, meine Hüfte und meine Schulter über.
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„Bravo!", klatschte Charlie und Sarah ließ ihre Arme sinken.
„Das kann echt anstrengend sein, die Arme ständig hochzuhalten."
„Ja, ich weiß", erwiderten Char und ich unisono.
„Jetzt kommen die Tritte", verkündete Charlie und ich sah sie mit großen Augen schockiert an.
„Die steckst du ein, Fräulein", meinte ich dann aber und sie zuckte mit ihren Schultern.
„Habe kein Problem damit." Sie stellte sich an meine Stelle und nun zeigte ich Sarah, wie man richtig zutrat.
„Und jetzt mach es selbst", sagte ich nach knapp einer halben Stunde Vorführung und sie atmete wie beim ersten Schlag einige Sekunden tief ein, ehe sie zutrat, jedoch zur Seite wankte.
„Im Übrigen habt ihr nur noch eine halbe Stunde", teilte uns meine Fee mit. „Dann musst du dich herrichten, Victoria." Ich nickte ihr zu.
Knapp nur zehn Minuten später krachte Sarah dann erschöpft auf dem Boden zusammen, während die Sonne langsam gen Süden lief, aber noch relativ nah im Osten zu sehen war. Also war's gerade mal zwölf.
„Gut, wir beide zeigen dir jetzt mal, wie es aussieht, wenn du darin dann Übung hast, okay? Es ist nur zutreten und zuschlagen", erklärte Charlie und sie nickte, stemmte sich dann schwermütig wieder hoch. „Vika, na los. Ladies First."
„Bitches next", neckte ich sie und schnellte vor. Sie wehrte ab.
„Die Abwehrhaltung und Verteidigung zeigen wir dir ein andermal, denn du bist jetzt zu erschöpft." Sie nickte.
Ich trat zu, schlug zu, sie wehrte es ab. Sie schlug zu, trat zu, ich wehrte es ab. So ging es noch zehn Minuten als Demonstration, ehe wir das Training für heute beendeten. Sogar zehn Minuten vor Ablauf der Zeit.
„Ich bin erledigt", stöhnte Sarah und ließ sich wieder auf den Boden fallen, was mich zum Lächeln brachte. „Wie soll ich heute noch von hier hochkommen?"
„Warte erst einmal auf den Muskelkater." Sie stöhnte gequält, Charlie kicherte. „Je öfter du trainierst, auch mit Muskelkater, desto weniger wirst du ihn spüren."
„Na los", unterbrach ich sie mal und half Sarah hoch. „Frühstück wartet."
Ich harkte mich bei den Mädels ein und so liefen wir zusammen wieder ins Schlossinnere hinein, auf den Weg zum Essenssaal.
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Datum der Veröffentlichung: 02.01.2020 19:51 Uhr
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