Three
Three:
ein Verhör, das sich gewaschen hat
Den ganzen Flug über herrschte eigentlich hauptsächlich ein todlangweiliges Schweigen. Ich konzentrierte mich hauptsächlich darauf, diese Romanoff zu beobachten und zu taxieren. Oder diesen Barton. Ab und an sah mich dieser auch mal an, stellte ein paar sinnlose Fragen – oder sehr unangebrachte.
„Hast du einen Freund, Kleine?" Ich seufzte, schloss kurz die Augen und sagte mir, dass, wenn ich ihm nicht antworten würde, er aufhören würde, mir solche Fragen zu stellen. „Vielleicht sollte man diesen nämlich besser anrufen und ihm sagen, dass du ausgewandert bist."
„Clint, jetzt reicht's aber", verdrehte die rothaarige Agentin ihre Augen. „Sie ist nicht zum Flirten, nicht zum Vergnügen und ganz sicher nicht zu deinem Vergnügen hier." Auch sie seufzte, verschränkte ihre Arme vor der Brust.
Barton verdrehte mit zuckenden Mundwinkeln seine Augen, ehe er mit seinem Blick mir einen ticken zu lang auf meinen Busen starrte – weswegen ich meine Augenbrauen anhob. Das war zu offensichtlich. „Wenn du mich fragst, glaube ich eher nicht, dass sie meinem gewöhnlichen Beuteschema entspricht."
Und da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. „Man sollte Menschen nicht nach ihrem Aussehen beurteilen, Sie hirnloses und schwanzgesteuertes Arschloch", stellte ich trocken klar und zog eine Augenbraue wieder hoch, während er zu lachen anfing und kurz den Kopf in den Nacken legte. „Und Sie bilden sich zu viel auf Ihr Aussehen ein", fügte ich mit ran, ehe ich die Nase rümpfte. Eigentlich bildete er sich meiner Meinung nach nicht zu viel auf sein Aussehen ein. Ich fand ihn... gutaussehend. Aber es musste gesagt werden – einfach aus Prinzip. „Und eine Frau wie ich braucht keinen Freund", sagte ich ihm. „Sie kommt nämlich gut alleine zurecht."
Schmunzelnd verschränkte Romanoff ihre Arme vor der Brust und sah Barton an. „Können wir sie behalten? Sie gefällt mir."
„Nein", antwortete Barton ruckartig und sah mich an, ehe er den Kopf schieflegte, dann zu mir lief und sich auf dem Platz neben mir niederließ. Er seufzte, lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen. „Ich mag eigenwillige Frauen zwar, aber bei dieser habe ich eher das Gefühl, dass ich Glatzivski doch langsam ranlassen möchte, um an Infos zu gelangen." Er drehte mir seinen Kopf zu. „Denn Frauen mit einem frechen Mundwerk fliegen öfter aufs Maul als sie glauben."
Ich lachte, schüttelte den Kopf und sah kurz gegen die Decke des Jets. „Wenn Sie mich hätten töten wollen, Barton", sah ich ihn von der Seite an. „Dann hätten Sie lediglich die Ladeluke wieder öffnen müssen."
„War das ein Vorschlag?", entgegnete er, beugte sich kurz vor. „Wie alt sind Sie, huh?", kniff er leicht die Augenbrauen zusammen.
„Für Sie auf jeden Fall immer zehn Jahre zu jung", konterte ich. „Und vielleicht sagen Sie mir erstmal ordentlich hallo und schnallen mich los. Dann könnte man gleich eine viel nettere Unterhaltung führen", hob ich meine Hand leicht an und rüttelte an meinen Handschellen.
„Ist nicht drin", schüttelte sie ihren Kopf und ich sah zu ihr, während sie uns beide betrachtete, ehe Barton wieder seufzte, sich zurücklehnte.
„Und wenn ich mal auf die Toilette müsste?"
„Pinkelst du dir halt entweder in die Hose oder hältst durch", haute Barton raus. „Ich könnte aber auch die Ladeluke öffnen und dir die Hose runterziehen", deutete er mit dem Daumen zum einen Ende des Jets.
Romanoff seufzte. „Dann begleite ich dich auf die Boardtoilette", sah sie den anderen Agenten an. „Immerhin bin ich kein Monster."
„Das sehen viele anders", kommentierte Glatzivski plötzlich, womit wir alle aufsahen. Und womit die Stimmung anscheinend kippte.
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Natashas Perspektive:
Nach mindestens neuen drei Stunden Schweigen, in denen ich mich etwas ausgeruht hatte, fühlte ich mich bereits längere Zeit schon beobachtet, was aber auch gerade am KGB hatte liegen können. Wenn ich gewusst hätte, von wem ich beobachtet wurde. Diese Victoria. Ihr Blick, als sie meinen Namen hörte, war mir nicht entgangen.
Sie wirkte irritiert, verwirrt, konzentriert. Anscheinend hatte sie ihn schon mal gehört, den Namen. Wäre nicht unüblich gewesen. Ich sah zu ihr hinüber, sie sah mich an, aber schaute dann demonstrativ weg, als ich sie beim „Anstarren" erwischte.
Ich legte den Kopf schief. Nein, Clint hatte nicht Recht. Sie war nicht minderjährig, ihre Haltung verriet sie da – oder ihr Mundwerk. Sie hatte eine ähnliche Haarfarbe wie ich, nur einen ticken heller. Dieselbe Augenfarbe wie ich hatte sie allerdings. Welch ein Zufall, dass sie Victoria hieß.
Sie war so jung gewesen, damals, als sie starb. Ich konnte Ivan dafür nur hassen. Mum und Dad hatten diesen Tod nicht verdient. Niemand hatte das.
„Müssen Sie auf Toilette?", fragte ich sie zwischendurch, allerdings schüttelte sie ihren Kopf, schloss wieder ihre Augen.
„Was vermutest du?", hakte Clint neben mir leise nach und ich seufzte, nahm den Blick von ihr, sah meinen besten Freund an.
„Ist doch auch egal", grummelte ich und fuhr mir kurz durchs Haar, ehe ich meine Hände auf meinem Knie ablegte und er seine Hand auf meine tat.
„Du weißt, du kannst mir alles erzählen", sagte er ernst und ich nickte mit etwas zuckenden Mundwinkeln.
„Das weiß ich, Clint", entgegnete ich. „Allerdings gibt's da gerade nichts zu erzählen", versicherte ich ihm. Danach trat die Stille wieder ein.
Ich ballte meine Hände, beim erneuten Gedanken an Ivan, zu Fäusten, um meine aufkochende Wut zurückzuhalten, als Clint mich daraufhin wies, dass wir da bald waren.
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„Rogers, was machen Sie hier?", fragte ich den Captain als ich ihn beim Betreten des Gebäudes erblickte, Victoria neben mir herzog. „Na, los", seufzte ich als sie zu mir aufsah, kurz stehenblieb.
So führte ich sie zu den Fahrstühlen, während sie sich mal ganz still verhielt. Mir entging es jedoch nicht, wie sie alles und jeden beobachtete, der an uns vorbeilief. Als die Fahrstühle sich öffneten, entgegneten wir einem anderen Agenten.
„Ich übernehme", erklärte er, griff vor.
„Nicht nötig", widersprach ich ruhig. „Ich kann das auch erledigen."
„Agent Romanoff, Director Fury möchte allerdings Sie und Barton sofort in seinem Büro antreffen."
Ich sah zu Rogers hoch, der seufzte.
>Bekamen wir jetzt etwa Ärger?
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„Was haben Sie sich dabei gedacht?" Ich öffnete leicht meinen Mund. „Nein, sprechen Sie erst gar nicht, Romanoff!" Okay, Fury war angepisst. „Agent, was denken Sie über sie?", wandte er sich an Glatzivski, dessen geschwollenes Handgelenk gerade verarztet wurde.
„Sie ist ein Kind", merkte er an. „Eines, das zu einer Mörderin ausgebildet wurde und weggesperrt gehört." Ich sah auf meine Füße. „Sie gehört psychisch behandelt. Wer weiß, was ihr zugestoßen ist."
„Nein", hob ich den Kopf. „Fury, bitte tun Sie mir den Gefallen und geben ihr eine Chance", bat ich. „Ich glaube, Sie wurde missbraucht", stellte ich klar. „Ihre Haltung sah der meinen kurz nach der Ausbildung unglaublich ähnlich und sie war außer den paar Aussagen, die sie tätigte sehr schweigsam in dem, was sie von sich preisgab." Ich holte kurz Luft zum Weitersprechen. „Verhören Sie sie wenigstens."
Fury presste kurz seine Lippen zusammen, sah Clint an. „Agent Barton, Sie werden den Bericht der Mission jetzt niederschreiben gehen", stellte er klar. „Glatzivski, Sie werden Ihre Aussage tätigen und danach nach Hause zu Ihrer Frau gehen."
„Verstanden", gab dieser kurz von sich, ehe Fury mich ansah.
„Sie werden sie nicht aus den Augen lassen, bis ich da bin", stellte er klar.
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Ich seufzte, öffnete die Tür, ehe ich eintrat und Victoria ihren Kopf hob.
„Haben Sie schon mal was von ‚einem einen persönlichen Raum lassen' gehört?", hob sie ihre Handgelenke an. „Nehmen Sie mir die Handschellen ab."
„Wir haben alle gesehen, was passiert, wenn", gab ich von mir, sah den Typen mir gegenüber an. „Sie können gehen", stellte ich klar.
Victoria seufzte, richtete ihren Rücken gerade und starrte geradeaus auf die verspiegelte Wand. „Nur so zur Info", murmelte sie. „Sie können auch gehen. Sie müssen mir beim Sterben nicht zusehen."
Ich schmunzelte. „Wer sagt denn, dass wir Sie töten möchten?", meinte ich dann jedoch verwirrt und lehnte mich gegen die Wand.
„Glatzivski sagte doch", befeuchtete sie ihre Lippen mit ihrer Zunge, „Dass dieser Fury mir mehr wehtun wird als ich ihm", gab sie wieder und musterte mich kurz mit ihren großen Kulleraugen.
Sie kam mir in diesem Moment wirklich wie ein Teenager vor – war bestimmt aber schon Anfang zwanzig, wenn ich mich nicht irrte.
„Wenn, dann muss ich es machen", seufzte ich. „Und ich bin schlimmer als Sie", beteuerte ich. „Was war das?", zog ich meine Augenbrauen zusammen. „Der Schrittmacher zu einer Pirouette?" Sie hob ihren Kopf. „Erbärmlich für eine KGB-Agentin unter Lucindra Vortis Fittichen, nicht wahr?"
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen. „Das war keine Pirouette", stellte sie klar. „Woher wissen Sie aber dass es diese Foltermethode gibt?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß so einiges."
„Nur, wenn Sie mal eine von Vorti waren", erwiderte sie, musterte mich.
Ich zuckte wieder mit den Schultern. „Darf selbst Black Widow nicht einmal eine Vergangenheit haben?"
„Black Widow, ja?" Sie zog eine Augenbraue nach ein paar Sekunden hoch. „Es heißt, Sie seien nur Fassade", kommentierte sie. „Ein Schatten ihrer Selbst, das nur benutzt wird, um die Barbiepuppe bei Missionen zu spielen, die zu leicht sind, um sie den großen zu überlassen."
„Dann frage ich mich", legte ich den Kopf schief. „Was Sie sind, wenn ich schon nichts draufhaben soll." Ich wollte danach noch etwas erwidern, aber da öffnete sich schon die Tür und mein Boss kam herein.
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Victorias Perspektive:
Als sich die Tür öffnete und ein dunkelhäutiger Pirat im Ledermantel mit Augenklappe hereinkam, hätte ich beinahe losgelacht. Das war... peinlich? Wen schickte Shield denn hier vor?
„Guten Tag", sagte er höflich, setzte sich mir gegenüber, während ich schnaubte, zur Seite sah und mit den Augen rollte, ehe ich ihn wieder ansah.
„Ich warte draußen, Director", teilte Romanoff ihm mit und machte Anstalten, zu gehen.
„Nein, Sie bleiben hier", forderte Pirat Einauge. Sie stellte sich augenblicklich zurück in ihre vorherige Position. Ich seufzte, verdrehte einmal wieder die Augen und wandte mich dann an diesen äußerst komisch aussehenden Piraten. „Hallo", wiederholte er. Ich zog eine Augenbraue hoch. „Ich erwarte, dass Sie dies erwidern, Agent", stellte er klar. Ich zog meine Augenbraue noch etwas höher. „Fein", gab er von sich. „Mein Name ist Director Fury", stellte er sich, lehnte sich im Stuhl zurück. „Ich bin der Leiter der Strategischen-"
„Sagen Sie einfach Shield, Director", unterbrach ich ihn. „Der lange Name nervt auf Dauer."
„Oh, sie kann also doch sprechen", sah er zur Seite und Romanoff an. „Na, schön", stimmte er nickend zu und breitete eine Akte vor sich auf dem Tisch aus, die... er aus seinem Ledermantel holte, „Ich bin der Leiter von Shield." Hatte er noch mehr Überraschungen aus seinem Mantel zu bieten? „Und Sie sind?"
„Tja, das wüssten Sie wohl gern", zuckten meine Mundwinkel, ehe ich von der Tischplatte aufsah, in seine Augen.
„Ja", nickte er. „Denn ich würde mich gerne vernünftig mit meinem Gegenüber unterhalten können."
„Sie halten mich gegen meinen Willen in Ihrem Land fest", stellte ich klar. „Das ist Entführung", kommentierte ich. „Meine Leute werden mich hier also herausholen", sagte ich „Ich muss Ihnen nichts sagen."
„Sie haben einen amerikanischen Staatsbürger und Regierungsagenten entführt, gefoltert und versucht umzubringen", zog er leicht eine Augenbraue hoch. „Ich denke, ich kann Sie solange hierbehalten, wie ich möchte", fügte er hinzu. „Und Sie können mir entweder Ihren Namen sagen oder hier drinnen verrotten", zog er eine Augenbraue nun richtig hoch. Die über der Augenklappe. „Das bleibt Ihnen überlassen." Ich tat es ihm nach. „Und Ihre Leute werden hier ganz sicher nicht aufkreuzen. Denn sie gehen bereits davon aus, dass Sie tot sind", legte er den Kopf schief. „Und, wenn Sie mir nicht schleunigst Ihren Namen nennen, dann sind Sie es auch bald", drohte Fury in ruhigem Ton.
>Also, wenn er blufft, dann ist der gut darin.
„Ihrem Akzent nach zu urteilen, sprechen Sie schon länger englisch", deutete er auf meinen Mund als ich diesen zusammenpresste. „Aber Ungarin scheinen Sie nicht zu sein." Ich hob beide Augenbrauen. „Also... Russin? Polin? Schwedin? Ihr Akzent weißt auf den osteuropäischen Raum hin." Ich verdrehte wieder meine Augen. „Wie viel Jahre alt sind Sie, Miss?" Ich antwortete nicht. Auf keine seiner Fragen. „Wer hat Sie ausgebildet?"
Ich schweifte mit meinen Gedanken lieber vollkommen ab, ließ ihn einfach schwafeln. Viel lieber dachte ich an Charlie, Nathan und mich, wie wir einen Filmmarathon von den Zurück in die Zukunft-Filmen machten und uns mit Popcorn bewarfen, eine Menge Cola tranken und einfach Spaß hatten und lachten.
„Romanoff?"
„Ja?", antworteten die Agentin und ich gemeinsam, da ich perplex aufschreckte.
>Verdammt!
<Bist du dumm?
>Ich heiße nun mal auch so. Was kann ich denn dafür?!
<Ändere deinen Namen einfach. Dann passiert dir dies auch nicht mehr.
„Wie bitte?", fragte Fury nach, sah mich an, indem er mir seinen Kopf wieder zudrehte.
Ich gab nichts von mir, sondern starrte ihm nur ins Gesicht, wie ich es gelernt hatte. Fuck, was hatte ich gerade getan?
„Ist Ihr Name Victoria Romanoff?", fragte Agent Romanoff dann jedoch... fassungslos.
Genau das brachte mich dazu, ihr blinzelnd ins Gesicht zu schauen. Und was ich sah, konnte ich nicht richtig deuten. Da war eindeutig Fassungslosigkeit. Doch die anderen gemischten Gefühle schienen sich so schnell in ihr zu zeigen, dass am Ende nur noch Wut herauskam. Und die Wut schien in ihr dann hauptsächlich die Oberhand gewonnen zu haben.
„Und wenn's so wäre?", zog ich eine Augenbraue hoch. „Eine Menge Leute können so heißen", stellte ich klar, ehe ich mich an den Director wandte. „Was auch nicht zwangsweise bedeuten müsste, dass ich so heiße." Noch vor Ende meines Vortrags stürmte sie hinaus. Und ich meinte noch, eine Träne auf ihrer Wange gesehen zu haben, als mein Kopf ihr beim Laufen folgte. „Viel Spaß beim Heulen... Black Widow."
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Datum der Veröffentlichung: 02.09.2019 15:43 Uhr
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