27. Leo
Er war am Morgen wieder sehr früh erwacht und hatte sich den Stuhl vor das Fenster gezogen, um nach draußen zu sehen. Stundenlang hatte er den Blick über die Weite schweifen lassen und nur zur Mittagszeit hatte er sich an den Tisch gesetzt um sein mageres Essen zu verspeisen und Hermione auf ihren Brief zu antworten. Als er ihre Antwort gelesen hatte, war er schockiert gewesen, denn es war nicht seine Absicht sie zu verletzen und er wollte sie auf keinen Fall aus seinem Leben raus haben.
Liebe Hermione,
es tut mir so unendlich leid dich verletzt zu haben und jetzt bin ich ganz ehrlich zu dir. Ich habe mir selbst gesagt dass ich dich nicht verletzen möchte, aber wie es bei jedem Menschen kommt an dem mir etwas liegt, habe ich es doch getan.
Ich wollte dir auf keinen Fall sagen, dass ich dich nicht in meinem Leben möchte, sondern nur dass du es ohne mich leichter hättest. Du hättest weniger Chaos und weniger Menschen die dich schief ansehen, denn das tun sie, das weiß ich.
Ich werde diesen Briefkontakt auf keinen Fall abbrechen bis du mir sagst, dass du nicht mehr mit mir schreiben willst. Erst dann werde ich das hier aufgeben. Keine Sekunde früher.
Du bist eine Konstante in meinem Leben und hältst mich fest, wenn ich hier versinke, so komisch das auch klingen mag.
Ich verspreche dir, dass du mich lachen hörst. Ich verspreche dir, dass ich alles dafür gebe, um zu leben. Ich verspreche dir, immer für dich da zu sein, wenn du mich brauchst. Ich verspreche dir, dich irgendwann einmal tatsächlich durch die Luft zu wirbeln und wenn es nur in dieser kleinen engen Zelle ist und ich verspreche dir, dass wenn ich nicht mehr in der Lage bin dich herum zu wirbeln du mich gerne umarmen darfst.
Mach dir keine Sorgen um mich, du bist wichtiger. Und noch etwas was ich verspreche: Ich werde nie aus Azkaban ausbrechen.
Mach dir nicht zu viel Stress.
Liebe Grüße,
Lucius
Er war hatte so ein seltsames Gefühl und deshalb kaum Konzentration für den Brief. Deshalb fiel dieser auch ein bisschen kürzer aus als sonst. Um sich zu beruhigen, setzte er sich wieder vor das Fenster, nachdem er den Brief aufgegeben hatte.
Es muss gegen 3 Uhr Nachmittags gewesen sein, als er das erste Mal einen kleinen Punkt am Horizont erkennen konnte. Nervosität war augenblicklich in ihm aufgestiegen und er hatte sich beunruhigt erhoben. Muggelschiffe konnte man tatsächlich ab und an am Horizont erkennen, aber sie konnten nie in Richtung Azkabans segeln. Dieses Schiff jedoch fuhr mit überraschend hoher Geschwindigkeit in genau diese Richtung.
Angst lähmte ihn für einige Minuten, aber als er das Schiff dann deutlicher erkennen konnte, wirbelte er herum und machte einen großen Sprung zur Tür. Natürlich konnte er sie nicht öffnen, also klopfte, nein hämmerte, er laut gegen die Tür.
Doch keiner öffnete. Warum nicht? Sie machten immer auf, wenn er einen Brief abgeben wollte, warum nicht jetzt?
Verzweifelt fuhr er sich durch seine Haare und klopfte weiter laut, er trat gegen die Tür, schlug seine Fäuste und Arme gegen die Tür, schrie so laut er konnte und warf seinen ganzen Körper gegen die Tür.
Hektisch lief er wieder zum Fenster und sah raus. Das Schiff war schnell näher gekommen und nun fast nur noch 80 Meter entfernt.
Seine Atmung war beschleunigt, er hatte die Augen weit aufgerissen und seine Hände zitterten unkontrolliert.
Hilflosigkeit, Wut, Angst und Verzweiflung überkamen ihn in so heftiger Intensität wie es noch nie der Fall gewesen war. Tränen traten aus seinen Augen und hinterließen brennende Spuren auf seinem bleichen Gesicht.
Lucius stolperte einige Schritte zurück, bis er direkt neben der Tür gegen die Wand sank und auf den Boden rutschte.
Nun zitterte bereits sein ganzer Körper und er weinte so hemmungslos, wie er es nie getan hatte.
Laut schrie er Wut und Verzweiflung in die stickige Luft, atmete ungewöhnlich heftig und schlug immer wieder mit der Faust auf sein Bein.
Er hörte einen donnernden Laut, als das Schiff an den Felsklippen anlegte.
Er hörte die Schreie von draußen, die der Insassen hörte er nicht, Zauber verhinderten das.
Man rief Zaubersprüche, sprengte die Außenmauer. Lucius sah Steine an seinem Fenster vorbei fliegen und drückte sich näher gegen die Wand. So wie er es mitbekommen hatte, sprengten sie jeden Meter der äußeren Mauer weg. Nun hörte er auch Schreie einiger Häftlinge, sie waren also frei. Er selbst hatte aufgehört zu schreien, saß nun komplett still und bewegungslos in dieser Ecke, an die Wand gepresst und mit weit aufgerissenen Augen auf das Fenster starrend.
Das erste Mal als er eine Hexe mit langen rotem Haar auf einem Besen vorbeifliegen sah, erschrak er fürchterlich. Sie waren weit gekommen, gleich würde auch seine Wand fallen und er würde frei sein. Seine Finger gruben sich in den Stoff seiner Hose und krallten sich dort verkrampft fest.
Als der obere Teil seiner Außenwand fiel schloss er kurz die Augen, verschloss sein Gesicht so gut es ihm gelang und sah dann zu wie Stein um Stein in die Wellen fiel.
Nun prangte ein großes Loch, dort wo einst sein Fenster war.
Er wollte nicht aufstehen und er tat es nicht, bis plötzlich direkt neben ihm die Tür aufflog. Er sah einen großen Mann in schwarzem Umhang über den langen Flur rennen und Tür um Tür aufsprengen.
Lucius drückte sich mehr in die Ecke und versuchte seine Angst unter Kontrolle zu bringen. Erinnerungen an den dunklen Lord durchfluteten ihn und er fühlte sich so hilflos.
Scheinbar hunderte Häftlinge rannten über den Flur oder kletterten an der Wand auf das Boot.
Einzig Lucius blieb in seiner Zelle sitzen und sah wie gelähmt dem ganzen Treiben zu. Nun konnte er auch erkennen warum die Wärter nichts getan hatten. Man hatte sie alle geschockt und in eine magische Blase gesteckt. Wie war das möglich?
In seinen Gedanken versunken bemerkte er nicht sofort, dass ein Mann seine Zelle von außen betreten hatte. "Na komm schon! Beweg dich bevor jemand checkt was hier läuft und die Auroren hier antanzen." brummte er verstimmt zu Lucius, doch dieser konnte nichts weiter tun als den Fremden anzusehen und den Kopf zu schütteln.
Als dieser das jedoch sah, kam er bedrohlich auf Lucius zu und richtete den Zauberstab auf ihn.
Lucius wachte erst wieder auf, als es draußen bereits dunkel war. Er spürte sein rechtes Bein kaum und hatte Schmerzen am ganzen Körper. Er spürte Blut an seiner Stirn und Nase, es spannte auf seiner Haut, war also schon wieder getrocknet.
Langsam versuchte er sich aufzurichten, aber statt dessen fiel er wieder in sich zusammen und krachte hart auf den Boden.
Er hatte doch heute erst Hermione versprochen alles zu tun, um zu leben und nun gestaltete sich das so schwer wie er es nie gedacht hätte.
Vorsichtig und mit wenig Kraft zog er sich über den Boden, bis dorthin, wo einmal die Außenmauer war, vorbei an den Trümmern seines Tisches und dem kaputten Bett.
Die salzige Luft wirbelte sein Haar nach hinten und die Wellen waren so hoch dass einzelne Spritzer, die an den Resten der Mauer abgeprallt waren, in sein Gesicht flogen und auf seinen Wunden brannten.
Draußen war niemand zu sehen, alle waren bereits weg und seine Gedanken galten nun Hermione. Er hätte mehr für ihre Sicherheit tun sollen. Wenn ihr nun etwas passierte... Er würde es sich nicht verzeihen.
Mit dem rechten Arm stemmte er sich ein bisschen nach oben, schob sich auf die am Boden liegende Matratze und die Decke, die nun einige Löcher hatte, drückte er auf seine klaffende Wunde am Bauch. Es brannte höllisch und am liebsten hätte er geschrien, aber er hatte keine Kraft.
Seine Augen waren schwer und sein Körper fühlte sich müde.
Krampfhaft versuchte er nicht einzuschlafen, doch es gelang ihm nicht lange. Bevor er von Dunkelheit umhüllt wurde flüsterte er etwas in die Luft. "Vergib mir Hermione, dass ich mein Versprechen nicht halten kann."
Wahrscheinlich sollten dies die letzten Worte des Lucius Malfoy darstellen. Wer hätte gedacht, dass er in diesen bei einer Muggelstämmigen um Verzeihung bat.
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