14. Gefährlicher Abstieg und andere Komplikationen
Astrid hat Glück. Das Loch, das am Anfang so schmal gewesen ist, dass kaum ihre Schultern hindurch gepasst haben, wird unterhalb des Einstiegs viel breiter. Vorsichtig tastet sie sich ein Stück tiefer, immer darauf konzentriert, einen Fuß neben den anderen zu setzen. Die Felssprossen in der Felswand geben ihr zwar einen guten Halt, aber sie sind doch relativ glatt.
Behutsam klettert sie an den hervorstehenden Felsvorsprüngen abwärts in die Tiefe. Die Licht- und somit auch die Sichtverhältnisse werden immer schlechter, je tiefer sie kommt, was Astrid aber nicht davon abhält, sich systematisch nach unten zu hangeln. Ihre Bewegungen werden immer sicherer und schneller.
Zu schnell.
Denn auf einmal rutscht ihr linker Fuß von einem besonders glatten Stein ab. Astrid verliert den Halt und rauscht mit einer Lavine aus Gestein, Sand und Staub in die Dunkelheit. Ihr Mund öffnet sich zu einem Schrei, doch genau in diesem Moment wird ihr Sturz jäh abgebremst. Sie schlägt auf dem harten, felsigen Boden auf und rollt sich instinktiv ab. Mit jagendem Puls und zugekniffenen Augen bleibt sie liegen.
Habe ich mich verletzt?!
Behutsam winkelt sie die Beine an.
Keine Schmerzen...!
Auch der Rest ihres Körpers sendet keine Alarmsignale.
Erleichtert schlägt sie die Augen auf, setzt sich auf und ordnet ihren blonden Pony, der sich beim Absturz etwas selbständig gemacht hat.
Doch siedend heiß fällt ihr ein, dass es ja noch die Wächter vor dem Höhleneingang gibt, von den zwei, die ihn vorher betreten haben, ganz zu schweigen!
Ob die etwas gehört haben?!
Angestrengt lauscht Astrid in die Dunkelheit, aber es ist nichts Verdächtigs zu hören.
Sie rappel sich auf und klopft den Dreck von ihrem Rock.
Teil Eins ihrer Mission hat sie erfüllt. Teil Zwei dürfte vermutlich weitaus schwieriger werden. Wo ist Zickzack, für den Fall, dass er überhaupt hier ist, und wie bekommt sie ihn hier heraus?
Darüber kann ich mir ja immer noch gedanken machen, wenn es soweit ist...
Schemenhaft erkennt sie, dass sie sich am Ende einer länglichen Höhle befindet, aus der es nur einen Weg gibt.
Sie streckt die Arme aus und tastet sich an der Wand entlang, da sich das Tageslicht schon so gut wie endgültig verabschiedet hat. Die Sichtverhälnisse, die ohnehin schon sehr schlecht sind, werden noch schlechter, je weiter sie geht. Auf einmal zögert sie. Was wäre wenn sich plötzlich ein Spalt, heimtückisch verborgen in der undurchsichtigen Dunkelheit, unter ihrern Füßen auftut? Ein heimliches Gefühl von Angst kriecht in ihr hoch, aber sie schleicht trotzdem weiter. Überlegt schiebt sie einen Fuß vor den anderen, so leise wie nur möglich, da sie nicht weiß, ob und wie laut ihre Bewegungen in den unterirdischen Gängen dieses Felsen zu hören sind.
Plötzlich hält sie inne. Hat sie da nicht Stimmen gehört?
Astrid wagt nicht mehr zu atmen.
Doch, richtig, da sind Stimmen.
Und die kennt sie.
Das sind die der zwei Männer, die die Körben voll sehr streng richendem Fisch in die Höhle getragen haben.
Die Stimmen dringen zwar nur dumpf zu ihr, aber die Tatsache, dass sie bis zu ihr dringen, zeigt, dass sie ihrem Ziel schon nah ist.
Etwas mutiger wagt sie sich weiter vorwärts. Ein tröstender Streifen Licht fällt auf den Boden, der rasch kräftiger wird. Auf Zehenspitzen schleicht sie weiter.
Auf einmal wird der Höhlengang, in dem sie sich befindet, breiter. Er endet in einer Gabelung mit einem weiteren Gang, der allerdings um einiges höher und breiter als der ihre ist, und zudem etwa alle fünf Meter von einer Fackel erhellt wird.
Astrid späht vorsichtig den großen Gang entlang.
Niemand zu sehen...
Im spährlichen Licht der Fackeln schleicht sie den höhlenargtigen Gang weiter. Ihre Augen gewöhnen sich langsam an die Lichtverhältnisse aber ihr ist irgendwie unwohl. Ruckartig dreht sie sich um und schaut sich misstrauisch um. Aber das einzige, was zu sehen ist, ist der dunkle Gang, der kalt und verlassen hinter ihr liegt. Und doch kommt es ihr so vor, als würde sie beobachtet...
So ein Blödsinn... Astrid, reiß dich zusammen!
Sie schlägt die beunruhigenden Gedanken zur Seite und geht weiter. Die Geräusche ihrer Schritte hallen an den leicht feuchten Wänden wieder und je weiter Astrid kommt, desto stickiger wird die Luft.
Auf einmal macht der Gang einem scharfen Knick. Astrid lugt vorsichtig um die Ecke. Der Gang endet hier in einer sehr großen und breiten Höhle, in deren Wände in unregelmäßigen Abständen vergitterte Türen eingelassen sind, hinter denen je ein Drache sitzt.
Astrid hätte gerne stark aufgeatmet, dass sie ihrem Ziel einen großen Schritt näher gekommen ist, aber das ist bei der stickigen Luft fast unmöglich. Zudem stinkt es hier besonders stark nach verfaulten Fisch, schimmligen Brot und...
...Drachenhinterlassenschaften...!?
Na lecker...
Sie muss sich stark beherschen, um nicht würgen zu müssen und geht sich umsehend weiter. Die eingesperrten Drachen machen keinen gesunden Eindruck und Astrid würde sie am liebsten alle frei lassen, doch sie ist sich im Klaren, dass das unmöglich ist, zumindest jetzt.
Ich komme wieder, verspro-
Pflatsch!
Astrid muss nicht nach unten sehen, um zu wissen wo sie gerade hinein getreten ist.
So ein Mist! Die Stiefel sind neu!
Mit verzogenem Gesicht streift sie die Pampe an ihrem Stiefel am Boden ab und beeilt sich, weiter zu kommen und dabei nicht auf irgendwelchen Pfützen auszurutschen, die das von der niedrigen Steindecke tropfende Wasser gebildet hat.
"Groooohar!"
Astrid schreckt hoch. Diesen Ruf kennt sie doch!
"Groooohar!", tönt es wieder, diesmal mit Nachdruck.
"Zickzack?", ruft Astrid durch die Höhle.
"Groooohar!"
Sie sprintet los, bis sie am Ende der Höhle ankommt.
In der abgeschiedenen, dunklen Ecke einer Zelle sitzt tatsächlich ein dunkler Drache.
Astrid tritt näher an das Gitter heran. In dem leichten Schummerlicht erkennt sie Zickzack, der vor einem Korb mit unangerührten Fischen sitz und sie mit funkelnden Augen mustert.
"Hi", begrüßt sie ihn, "wollen wir doch mal sehen, ob wir dich da nich raus bekommen".
Mit zwei kurzen Handgriffen entriegelt Astrid die Tür und schwingt sie auf.
"Komm schnell, weg hier, bevor uns die Wachen erwischen", flüstert sie, aber plötzlich fällt ihr eine schwere Eisenkette auf, die Zickzack um ein Bein trägt. Sie ist mit einem metallenen Ring in der Felswand befestigt.
Der Drache fängt an, zu knurren "Grrrrrrrr"
"Ganz ruhig, das bekomm ich schon irgendwie hin", meint sie und macht sich an der Kette zu schaffen.
Sie zerrt und zieht, aber was auch immer sie versucht, sie bekommt die Kette nicht los.
"Puh!", seufzt sie, "ist wohl doch nicht so einfach. Ohne Schlüssel brauche ich dafür ein Brecheisen..."
"Ganz richtig erkannt!" In diesem Moment legt sich eine raue, eiskalte Hand auf Astrids Schulter. "Was genau hast du hier verloren?!"
Eigentlich sollte dieser Teil im letzten Kapitel stehen, aber das wäre dann zu lange geworden.
Außerdem will ich den Lesemuffeln unter euch nicht zu viel zumuten ;)
#ichbinhaltsozial:)
moplop2
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