Geschenk
NACH EINEM AUSGIEBIGEN Bankett ist es schließlich Zeit für den Brauttanz. Der Tradition folgend, ist es natürlich als erstes Kaspian, der mich auf die freie Fläche inmitten der Gäste führt. Die Musikanten beginnen ihr Stück, während mich Kaspian sachte an sich zieht. Meine Hand findet auf seine Schulter und ein beständiges Lächeln auf meine Lippen. Noch immer fühlt sich all das an wie ein langer Traum, doch glücklicherweise erinnert mich mein frisch angetrauter Gemahl immer wieder daran, dass ich nicht träume und nicht plötzlich aufwachen werde.
» Worüber denkst du nach? «, fragt Kaspian leise und zieht meine abschweifende Aufmerksamkeit auf sich zurück. Ein wenig verlegen sehe ich zu ihm auf und lehne mich mit einem feinen Lachen an seine Schulter. Raunen geht durch die Menge und man hört deutlich einige Damen selig aufseufzen. Auch Kaspian lacht auf und drückt meine Hand. Das Lied klingt noch immer durch den Saal und nun trauen sich weitere Paare, uns auf der Tanzfläche Gesellschaft zu leisten. Lord Bern und Melian gehören zu den ersten sowie andere ältere Paare. Da sind Lord Clarence mit Lady Clarisse, Lord Aeglos mit Lady Selena und sogar Lord Hawendt mit Lady Eulalia. Amüsiert beobachte ich außerdem wie Lord Elmas und Lord Dandren ein wenig schüchtern Adeline und Valess um einen Tanz bitten. Beide stimmen sicher gerne – aber mindestens genauso schüchtern – zu. Auch meine übrigen Brautjungfern finden einen Tanzpartner...oder sie werden gefunden. Sanna wirkt völlig überrumpelt als sich Prinz Randrasch vor ihr verbeugt und ihr die Hand hinstreckt. Ich unterdrücke ein Kichern als Lord Oria Valanya ein wenig steif auf die Tanzfläche führt. Kaspian entgeht dies natürlich nicht und er folgt meinem Blick neugierig. Ein feines Grinsen huscht über seine Lippen, dann zieht er jedoch überrascht eine Augenbraue hoch.
» Ich habe Jared noch nie tanzen sehen «, murmelt er und weist mir mit einem Kopfnicken die Richtung. Dort entdecke ich tatsächlich meinen Nachfolger als Heerführer Narnias mit Nalenya tanzen. Wie es in der Natur der Nymphen liegt, werden ihre Schritte bald ausgelassener und damit scheint sie ihn nach und nach anzustecken. Ich freue mich, dass es ihr wieder besser geht. Nach dem Brand im Eulenwald habe ich mir öfters Sorgen um sie gemacht. Immerhin ist das so eine Sache mit Nymphen und ihrem Zuhause. Doch zumindest vorerst scheint sie in Ordnung zu sein. Bevor ich mich wieder gänzlich Kaspian zuwende, fällt mein Blick auf Rhea und ihren Verlobten Lion, die sich eigentlich kaum vom Fleck bewegen und vollkommen in den Augen des anderen verloren scheinen. Zufrieden, dass unsere Freunde versorgt sind, sehe ich Kaspian an. Sein Blick ruht bereits auf mir und sachte lehnt er seine Stirn an meine.
» Es ist schön, sie alle glücklich zu sehen «, flüstere ich,
» In letzter Zeit hatten sie es nicht leicht «. Kaspian drückt mir einen flüchtigen Kuss auf die Schläfe
» Nun, heute soll es leicht sein «, er lächelt,
» Später würde ich dir gerne etwas zeigen «. Fragend lege ich den Kopf schief, doch er lacht nur.
» Geduld, Liebste «, meint er und bringt mein Herz damit ein wenig aus dem Takt,
» Leider gehörst du momentan nicht mir allein «. In diesem Moment räuspert sich jemand hinter mir verhalten und ich wende mich in Kaspians Armen um. Dr. Cornelius deutet eine Verbeugung an
» Majestäten, darf ich mir die Braut für einen Tanz ausleihen? «. Bis zu diesem Augenblick habe ich nicht bemerkt, dass die Musikanten zu einem neuen Stück ansetzen. Ich werfe Kaspian einen überdramatischen Blick zu und reiche dem Professor meine Hand
» Aber natürlich, lieber Doktor «. Über die Schulter zwinkere ich dem König rasch zu, der bereits von Fana in ein Gespräch verwickelt wurde und die betagte Heilerin kurzerhand zum Tanz auffordert.
So zieht der Nachmittag ins Land. Es wird getanzt, gegessen, getrunken und natürlich unterhält man sich. Zwischenzeitlich führen verschiedenste Künstler sowie Nicht-Künstler kleine Kunststücke vor. Da gibt es Jongleure, Feuerspucker, Tänzer, Musiker und allerhand andere. Nach meinem Tanz mit Dr. Cornelius werde ich sprichwörtlich noch eine Weile herumgereicht – ich komme mir beinahe vor wie eine heiße Kartoffel. Nun, dies hat jedoch auch seine Vorteile. Ich komme mit allen möglichen Leuten ins Gespräch. Mit den vier Trauzeugen, ein paar Bewohnern des Eulenwaldes, mit einigen Mitgliedern der Palastwache, des Heeres und der Assassinen, nicht zuletzt mit dem ein oder anderen Lord sowie auch mit Lion und natürlich Trumpkin. Sogar Drinian kann ich überzeugen, mir einen Tanz zu gewähren. Letztendlich werde ich von Chiron aus dem Kreislauf gerettet. Dem Zentauren widerspricht niemand so schnell und als wir uns ein wenig abseits begeben, spricht mich für eine Weile auch keiner mehr an. Einige Zeit beobachten wir schweigend das muntere Treiben. Ich entdecke Janeus mit Inore tanzen, lache über Elors Gesichtsausdruck als ihn Althea auf die Tanzfläche zerrt und bewundere die überraschende Geschicklichkeit der Minotauren als Neros die zierliche Nalenya über das Parkett führt.
» Ich möchte der erste sein, der dir herzlich gratuliert «, spricht Chiron schließlich und ich wende mich ihm zu. Wie gewöhnlich hat er die Hände hinter dem stets geraden Rücken verschränkt und beobachtet mit aufmerksamen Augen sein Gegenüber.
» Es gibt kein Geschenk, das ich dir machen kann, denn als Königin wirst du alles haben, was du brauchst und was dein Herz begehrt. Allerdings... «, er fasst in die Tasche seines weiten Mantels und holt eine Schriftrolle daraus hervor. Vorsichtig nehme ich das Papier entgegen und löse die Schleife rundherum. Als ich sie schließlich aufrolle, sehe ich überrascht zu Chiron auf. Er lächelt milde.
» Es steht nichts darauf, keine Silbe «, erklärt er und legt mir eine Hand auf die Schulter als er sich ein wenig herunterbeugt,
» Schreib deine Geschichte auf, Luna. Sie ist es wert, aufgeschrieben zu werden, genauso wie deine...eure Zukunft «. Vor Verblüffung bringe ich zunächst kein Wort heraus. Sachte lasse ich meine Fingerspitzen über das etwas raue Papier gleiten und lege die Schleife wieder darum. Weiß Chiron etwas, das ich nicht sehen kann? Zumindest noch nicht jetzt? Möglicherweise, doch ich bin klug genug, nicht nachzufragen. Zentauren ist es gegeben, zu wissen und zu sehen. Niemand weiß, ob sie dies nur durch das Beobachten des Himmels tun. Wie auch immer, es wird seine Gründe haben, dass er mir eine solche Rolle schenkt.
» Danke «, sage ich schließlich und sehe meinem ehemaligen Mentor in die Augen,
» Aber ich bin keine Künstlerin, Chiron. Wie soll ich- «, er unterbricht mich sanft,
» Du weißt dich auszudrücken, mein Kind, daran habe ich keine Zweifel «. Ich kann darauf weder etwas erwidern, noch können wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Denn Valess und Adeline kommen ein wenig außer Atem auf uns zu. Ich hätte ihn gerne noch gefragt, was er von mir erwartet. Soll ich darin etwa alles enthüllen? Selbst meine wahre Herkunft? Ich hoffe nicht, dass er das erwartet, denn dieses Thema ist für mich selbst noch sehr sensibel.
» Luna «, ruft Valess fröhlich,
» Es ist Zeit für die Weisungen der Gäste an das Brautpaar «. Entschuldigend lächle ich Chiron zu, im Gegenzug neigt er den Kopf.
» König Kaspian wollte eigentlich nach dir suchen, aber einige Lords haben ihn in Beschlag genommen «, erzählt Adeline mit gesenkter Stimme, während mich die beiden mit sich ziehen.
» Möglicherweise solltest du ihn retten «, schlägt die Prinzessin vor.
Gesagt, getan. Die beiden navigieren mich erfolgreich durch die Menge und steuern auf die gegenüberliegende Seite des Saals. Dort führen hohe, noch geschlossene Flügeltüren hinüber in den Thronsaal. Ein Stück zur Linken der Türen steht Kaspian umringt von einigen Ratsmitgliedern und hochrangigen Lords. Obwohl seine Miene äußerst stoisch ist, merke ich deutlich, dass ihm das Ganze absolut nicht gefällt. Meine Begleiterinnen lassen mich los und bleiben in gebührendem Abstand zurück. Mir fällt das allerdings nur nebenbei auf. In meinem Kopf spiele ich etliche Szenarien durch wie ich auftreten könnte. Zwar bin ich dankbar für Valess' Unterricht in höfischem Benehmen – einer Lady angemessen – aber dennoch fühle ich mich in dieser Hinsicht ziemlich unsicher. Es ist neues Terrain und ein Freund von Veränderungen bin ich nicht unbedingt...
» Ich schlage vor, dass wir eine Ratssitzung einberufen. Jetzt sind schließlich alle Mitglieder hier «, höre ich Sir Menras sagen und er erntet damit zustimmendes Gemurmel sowie einige scharfe Blicke.
» Nicht heute, das versteht sich natürlich, Eure Majestät «, setzt er rasch hinzu – vermutlich wegen Lord Hawendts düsterer Miene.
» Wir sollten die Situation nicht unterschätzen, es ist lange her, dass Narnias Küste einer solchen Bedrohung ausgesetzt war «, wirft Lord Aeglos ein. Die jüngeren Lordschaften hüllen sich für den Moment in Schweigen. Währenddessen richte ich mich kerzengerade auf, streiche mein Kleid glatt und nähere mich dem Kreis der hohen Herren.
» Dem stimme ich zu, allerdings haben die Einsamen Inseln schon öfter Erfahrungen damit gemacht, deshalb- «, Lord Bern bricht ab als ich in den Kreis trete und neigt grüßend den Kopf,
» Meine Königin «. Ich schenke ihm ein Lächeln und schiebe mich zwischen Fürst Kandrach und Lord Dandren hindurch.
» Milady «, grüßt der Fürst leise, während Lord Dandren freundlich lächelt. Es ist ein warmes Lächeln, das sollte ich Valess bei Gelegenheit mitteilen. Dann finde ich mich an Kaspians Seite ein, der mir sogleich galant seinen Arm anbietet.
» Meine Herren, meine Anwesenheit soll Eure Unterhaltung nicht stören «, sage ich sanft,
» An einem Tag wie diesem wird sie sicherlich von Wichtigkeit sein, nicht wahr? «. Kaspian zieht mich bei dieser Bemerkung ein kleines bisschen näher zu sich, während Lord Dandren, Lord Elmas und Lord Hilion ihr Lachen mit Mühe unterdrücken. Lord Hawendts Mundwinkel zuckt ein wenig.
» Ich bin sicher, dass unser König die Angelegenheit versteht und sich darum kümmern wird, aber wenn dies einige Tage später stattfindet, ist das ausreichend «, meint letzterer,
» So dringlich ist das alles nun auch wieder nicht «. Sir Menras beugt sich zu Lord Hilion. Er flüstert, aber ich schnappe dennoch einige Wortfetzen auf. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er tatsächlich das Wort ‚Piraten' nützt. Mir scheint, auch Kaspian hat dies vernommen und ein seltsamer Ausdruck huscht für einen Moment über sein Gesicht. Panik? Nein, das vermutlich nicht. Vielleicht sollte ich ihn später danach fragen.
» Eure Majestät, es ist unerlässlich, dass wir etwas gegen- «, setzt Sir Menras nun an, wird jedoch von Kaspian unterbrochen,
» Genug jetzt «, sagt er und seine Stimme ist ein wenig tiefer als sonst,
» Wir werden das in der Ratssitzung innerhalb der nächsten Tage besprechen. Bis dahin steht diese Sache nicht weiter zur Diskussion «. Er legt die Hand auf meine und zwingt sich zu einem Lächeln. Ich sehe ihm in die Augen, eine stille Frage, ob alles in Ordnung ist. Doch er schüttelt nur den Kopf, während die Lords ergeben die Häupter neigen und dem König leise zustimmen. Mir geht dieses Gespräch jedoch nicht mehr aus dem Sinn. Wenn es sich tatsächlich um Piraten handelt, dann kann das nur eins bedeuten: Pug ist auf einem Rachefeldzug und damit ist er der zweite, dessen Ziel ich bin. Und das kann ich nicht so stehen lassen...
https://youtu.be/kpTG5aEHOy8
Hallo ihr Lieben,
an dieser Stelle möchte ich mich für all eure lieben Reviews, Stimmen und Abos bedanken und euch ein frohes Weihnachtsfest 2018 wünschen!
Wer von euch kennt Pinterest? Unter dem folgenden Link habe ich eine Bucket-List für Narnia entdeckt. Wer mag, ist herzlich eingeladen da einmal durchzuscrollen und natürlich auch gerne in die Kommentare zu schreiben, was euch am besten gefällt (sonstige Kommis sind selbstverständlich auch sehr gerne gesehen Gäste):
https://www.pinterest.at/abigailmohn/narnia/narnia-bucket-list/
Liebe Grüße
Lola
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