4. Die dunkle Seite des Oktopus
Während Damian unten in der Küche herumfuhrwerkte, sahen die Mädchen sich oben in den Zimmern um. Roxy beschloß, wer auch immer der Vermieter war, er hatte entweder einen phantastischen Geschmack oder den perfekten Innenausstatter. Jeder Raum war groß, hell und einfach traumhaft eingerichtet. Es gab oben und unten jeweils ein Bad mit einer riesigen Dusche und einer Badewanne! Die Mädchen brauchten nicht lange, um sich für ein Zimmer zu entscheiden.
Am Ende fand Roxy es geradezu unheimlich, wie perfekt die ganze Sache doch war.
Und das sagte sie auch laut, als sie sich in Lucias Zimmer versammelt hatten, die sich gleich zu Beginn auf ihr Bett geschmissen hatte.
"Ihr müsst zugeben, da ist echt was faul an der Sache!", schloß sie. Lucia rollte die Augen.
"Es gibt nur einen Haken!", meinte sie und lehnte den Kopf nach hinten, um sie besser zu sehen. "Der Besitzer hat gesagt, dass bald noch zwei andere Leute kommen. Aber die sollen ganz normal sein!" Roxy hatte sich stocksteif hingesetzt:
"Das sind bestimmt irgendwelche Soziopathen!!!", rief sie entsetzt. "Die warten bis wir eingeschlafen sind und dann machen die uns kalt!"
"Oder es sind einfach irgendwelche Leute, denen das Appartement einfach alleine zu teuer war.", warf Clara ein, die es sich im Sessel gemütlich gemacht hatte. "So was nennt man nämlich eine WG!"
Roxy ließ sich nicht davon abbringen. Sie war genauso auf die Soziophatentheorie versessen, wie Lucia auf die Tatsache bestand, dass der omniöse Captain ein Vampir war. Nur dass sie ihre Befürchtung für weitaus berechtigter hielt! Aber auch sie war zu müde, um weiter darüber zu streiten. Deshalb setzte sie sich kurzerhand auf Claras Schoß und fing an, von der Wohnung zu schwärmen, die Beschwerden, die unter ihr ertönten, ignorierend. Irgendwann steckte Damian den Kopf durch die Tür:
"Ladies?", er grinste unbeschwert. "Es ist angerichtet!" Er warf Lucia, die am Einnicken war, ein Geschirrtuch ins Gesicht und verschwand.
"Du bist der Beste!", rief Roxy ihm hinterher und schwang sich von Claras Schoß. Sie konnte sich ein Leben ohne Damian gar nicht vorstellen, obwohl beide durch ihren Dickschädel schon oft genug aneinander geraten waren.
Sie waren sich in zu vielen Dingen ähnlich und das führte nur allzu häufig zu lautstarken Auseinandersetzungen, die meistens mit lautem Türenknallen und eisigen Anschweigen endeten, bis ein anderes Thema relevant wurde. Allerdings war er auch der Einzige, der sie, in egal welcher Situation, zum Lachen bringen konnte.
Summend hüpfte sie in die Küche. Damian hatte sich trotz der späten Stunde Mühe gegeben und sein Resultat, eine große Auflaufform mit Lasagne, konnte sich sehen lassen. Sie durchsuchte die Schränken, bis sie das Gedeck gefunden hatte und schaufelte sich einen großen Berg auf ihren Teller. Sie überlegte kurz, ob sie auch den anderen etwas geben sollte, aber stellte ihnen dann nur ihre Teller hin.
Es lebe die Faulheit!
Mit vollen Backen setzte sie sich auf das Sofa und griff nach der Fernbedienung.
Wahllos zappte sie durch die Kanäle, bis sie schließlich bei einer ihrer Lieblingsserien stehen blieb. Aber keine zwei Sekunden später schnaubte sie empört auf:
"Igitt! Das ist ja alles Englisch!"
Von der Treppe ertönte ein Lachen. Clara rief, ans Geländer gelehnt, hinunter: "Willkommen in den USA!"
Weil Roxy auf Anhieb nichts darauf erwidern konnte, rollte sie lediglich die Augen. Damian erschien hinter Clara und zog eine verschlafene Lucia mit sich. Er redete auf die Brünette ein, wie auf ein Kind:
"Komm, du musst jetzt noch was essen! Danach kannst du meinetwegen wieder ins Bett! Ich wette, du hast heute noch gar nichts gegessen!"
Lucia schlurfte trotzig hinter ihm her.
"Ich bin müde!", maulte sie. "Wieso kann ich nicht gleich schlafen gehen? Ich bin eh viel zu fett!" Roxy musste sich das Lachen verkneifen, als sie ihre kleine Freundin wie ein Zombie herumlurchen sah.
Grinsend beobachtete sie, wie Damian sie in die Küche chauffierte und freute sich schon auf das, was danach kommen würde. Tatsächlich, keine Minute später hüpfte Lucia selig durch das Zimmer und ließ sich in den einen Sessel fallen, vor sich eine Riesenportion Lasagne.
"Ich hab Hunger!",erklärte sie und warf ihrem Essen einen verliebten Blick zu, bevor sie es in sich hineinmampfte.
Damian kam kurz darauf mit einer ähnlich großen Portion in der Hand aus der Küche und nahm im anderen Sessel Platz. Er stellte sein Essen auf dem Couchtisch ab und holte aus seiner Tasche, die er in weiser Vorausicht schon beim Hereinkommen neben seinen Platz gestellt hatte, seinen Laptop heraus: "Wenn wir eh nichts Besseres vorhaben, können wir uns auch weiter mit Captain Strumpfhose beschäftigen.", meinte er.
Roxy war sofort Feuer und Flamme und richtete sich auf. Clara, die sich neben ihr niedergelassen hatte, beugte sich vor: "Kannst du dann zwischen uns kommen?", fragte sie. Damian maß die Entfernung zwischen seinem Sitzplatz und dem Sofa mit den Augen und erhob sich schließlich wiederwillig. Offenbar hatte der Sessel es ihm angetan. Er hatte gerade noch Zeit, sein Essen abzustellen, da zog ihn Roxy schon neben sich.
Sie wusste selbst nicht genau, warum sie diesen wildfremden Mann eigentlich suchte, geschweige denn, was sie tun wollte, wenn sie ihn gefunden hätte.
Sie wünschte sich, sagen zu können, dass esnicht dasselbe wäre, wie einen heißen Schauspieler zu googlen oder Poster von ihm an die Wand zu hängen.
Das es einfach ein unbegründbares Verlangen wäre, diesen Mann zu finden. Aber um ehrlich zu sein, war das glatt gelogen! Anfangs war es noch harmlos gewesen, bis jede Information, die sie über ihn erhielt, nur noch mehr Fragen aufzuwerfen schien.
Sie war ihren Freunde, besonders Damian, unendlich dankbar, dass sie ihr dabei halfen und genauso bekloppt waren wie sie!
Plötzlich sah Damian auf. "Wie hieß dieser eine Prof nochmal, der an dem komischen Projekt beteiligt war? Erskin?"
"Ich glaube schon. Warum?"
Roxy beugte sich gespannt vor. "Naja...", Damian deutete auf den Bildschirm.
"Ich hab hier was gefunden, was mit ihm zusammenhängt! Es geht um jemanden namens Johann Schmidt!"
"Wer ist das?", Clara setzte sich verständnislos auf. "Ach, irgendeine Nazigröße!", erwiderte Damian und vertiefte sich wieder in den Text. Clara rollte genervt mit den Augen und zog die Knie an.
Roxy tätschelte aufmunternd ihre Schulter und wandte sich dem Mann am Computer wieder zu.
"Was machst du da?", fragte sie argwöhnisch, als auf dem Schirm ein Fenster mit verschiedenen Zahlen- und Buchstabenkombinationen erschien.
"Verstehst du eh nicht.", murmelte Damian ohne den Blick zu heben. "Hier gibt es viel zu viel Daten für diese kleine Website. Irgendjemand will da was verstecken!"
"Ich verstehe nur Bahnhof!" Lucia schob sich noch ein Stück Lasagne in den Mund. "Aber das ist mir egal! Du machst das super!"
"Danke Schatz!" David grinste ihr zu, dann arbeitete er konzentriert weiter. Auch wenn Roxy keine Ahnung hatte, was er da machte, hätte sie ihn am liebsten geküsst. Es bringt einfach Vorteile, wenn man ein Computergenie als Freund hat.
Noch so ein Klischee, das Damian zu hundert Prozent erfüllte.
Plötzlich sah das wandelnde Ebenbild des besten Freundes triumphierend auf: "Jackpot!"
"Hast du was entdeckt??" Auf Kommando drängten sich beide Mädchen dichter heran.
Damian grinste: "Wennn wir den Typen finden, werde ich mich bei ihm für die gute Gesellschaft bedanken!" Unabhängig voneinander verpasste die Zwei ihm eine Kopfnuss.
Er zeigte, immernoch grinsend, auf die Bildfläche.
Auf einem dunkelroten Hintergrund erschien ein Wappen mit einem Schriftzug darunter: "HYDRA".
"Ist das ein Tintenfisch?",fragte Clara und deutete stirnrunzelnd auf das Wappen.
"Hydra ist eine Schlange, du Dummi!", scholt Roxy sie freundschaftlich. "Mir musst du das nicht sagen!" Damian zuckte mit den Schultern.
"Da braucht man ein Passwort! Kannst du das Passwort knacken?", fragte Roxy aufgeregt. Passwort bedeutet wichtig, Wichtig bedeutet geheimnisvoll, geheimnisvoll bedeutet Captain!
Leider schüttelte Damian den Kopf:
"Nicht mit dem Laptop.", meinte er. "Dazu brauche ich echt gute Quali!"
"Ach was!" Roxy stieß ihn an. "Weißt du noch, als wir den Generalcode der Schule geknackt haben? Probiers mal damit!"
Damian runzelte die Stirn, tippte aber ein: 'Hydra1234'.
Fehlanzeige!
Er probierte es erst mit verschiedenen Schreibweisen, alles groß, alles klein, dann versuchte er andere Kombinationen.
Immernoch Fehlanzeige!
"Probiers mal mit 'HHydra'!", rief Lucia plötzlich dazwischen. Erschrocken drehten sich alle um und starrten sie an. Keiner von ihnen hatte bemerkt, wie sie sich hinter sie gestellt hatte.
"Hab ich was Falsches gesagt? Hattet ihr das schon?", fragte sie verwirrt. Damian schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Laptop zu. Achselzuckend gab er es ein.
Wieder falsch!
"Wäre auch zu schön gewesen.", murmelte Clara.
Roxys Schultern sackten nach unten. Jetzt waren sie so nah dran! Eine versteckte Website passte einfach perfekt dazu! Und dann scheiterten sie an einem bescheuerten Passwort!
"Moment!", rief Damian plötzlich auf. "Last, but not Least!" Er tippte eine letzte Möglichkeit ein: 'HHydra1234'
Das Wappen leuchtete kurz auf, dann erschien stattdessen eine hochmoderne Website.
Roxy und Clara stießen ein Freudengeheul aus und umarmten Lucia, die verzweifelt versuchte, ihre Lasagne vor der Bekanntschaft mit dem Boden zu bewahren.
Damian schüttelte den Kopf:
"Okay, diese Leute sind noch dümmer als Brot!"
"Verdammt!", rief Lucia. "Zu spät!"
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