16. verlorene Spur
Majikku
"Ich kann nicht mehr!", stöhnte ich.
"Natürlich kannst du.", entgegnete Nyoko, ruhig wie immer.
Entnervt stöhnte ich erneut und versuchte, blitzschnell nach dem Ast in ihrer Hand zu greifen.
Ich vergaß jedoch dabei, mich mit der zweiten Hand an den Zügeln oder Ayita's Hals abzusichern, sodass Nyoko ungerührt den Ast etwas zur Seite bewegte, ich daneben griff und im nächsten Moment zum ungezählten Male an der Seite der Stute hing, weil ich halb aus dem Sattel gefallen war.
Ohne mir aufzuhelfen behielt Nyoko das Tempo ihres Hengstes bei und Ayita hielt weiter mit ihrem Artgenossen schritt – schließlich hatte ich sie vor dieser Übung darum gebeten.
Eben genannte Übung bestand darin, beim Reiten nur eine Hand am Zügel zu haben und die zweite gezielt auf eine andere Tätigkeit zu richten – hier, nach einem mittelgroßen Ast zu greifen, der sich bewegte, wie alles, woran ich in der Praxis vorbeireiten würde.
Zwar hatte ich nicht damit gerechnet, diese Übung schnell zu meistern, doch es frustrierte mich ungemein, dass ich immer noch ‚vom Pferd fiel', ohne auch nur den Ast berührt zu haben. Die Beine hatte ich fest an den Sattel gegurtet, um nicht tatsächlich zu fallen, aber immer wieder in diese Steillage zu geraten war unangenehm und beschämend, ganz zu schweigen von der Anstrengung, sich ohne fremde Hilfe wieder in den Sattel zu hieven. Wenn schon nicht früher, wurde spätestens hier mein Defizit an Muskelkraft offensichtlich, denn ich verbrachte mehr Zeit damit, mich wiederaufzurichten, als nach dem Ast zu greifen.
Doch solange ich nicht ernsthaft an Aufgabe dachte, sondern nur murrte – so wie jetzt – war Nyoko eine erstaunlich geduldige Lehrerin und verzog keine Miene, als sie mir den Ast wieder vor meinen verschwitzten Körper hielt.
"Du schaffst das, komm. Mach einfach in deinem Kopf eine Reihenfolge, damit du nicht vergisst, dich festzuhalten. Außerdem musst du deinen Blick erweitern, du musst den Ast, aber auch meinen Arm sehen, damit du erahnst, wohin ich den Ast wegziehen werde und du ihn so greifen kannst. Wirst du dir dabei des eigenen Körpers bewusst, wirst du die Reihenfolge nicht vergessen, denn du wirst die Zügel in deiner Hand spüren, die Bewegung deiner Stute unter dir und die Gurte an deinen Beinen. So wirst du weniger Angst vor dem Fallen haben und dein Gleichgewicht besser halten können. Aber während du deinen Körper spürst, musst du trotzdem den Ast im Fokus zu behalten, um dich nicht von plötzlichen Geräuschen ablenken zu lassen. Und vor allem musst du ein wenig mehr Geduld mit dir haben."
Mit einem Gefühl, als risse ich mir die Muskeln vom Leib, zog ich mich mit einem Ruck wieder in den Sattel.
Ayita, der der Zug an den Zügeln wehgetan hatte, legte ungehalten die Ohren an.
"Ich kann nichts für deinen Zorn."
Ich ignorierte sie.
"Das musst du gerade sagen. Wer hat mich denn gleich am ersten Tag als Schwächling bezeichnet?"
Ich drückte die Beine in die Flanken der Stute, sanfter diesmal, und sie kam meiner Bitte nach nur kurzem Zögern nach.
Natürlich antwortete sie nicht, doch ich gab diesmal nicht nach und wechselte das Thema, denn dafür hatte sie mich in der kurzen Zeit schon zu oft wütend gemacht oder verwirrt.
"Wie soll ich denn Geduld mit mir haben, wenn alle hier von mir ein Wunder erwarten? Wie soll ich denn ruhig bleiben, wenn ich aus einer behinderten, angehenden Abiturientin mit keinen körperlichen Talenten eine beeindruckende Kriegerin und Magierin machen soll, eine Friedensstifterin und Retterin eures Klans? Außerdem habe ich als Unterstützung bloß ein zwielichtiges Huhn, einen begrenzt hilfreichen Anführer, einen leicht eingeschnappten Krieger, eine geheimniskrämerische Heilerin, eine blutrünstige Katze und eine geistig labile Trainerin. Die einzig vernünftige hier ist Ayita."
Da die Stute spürte, dass ich verwirrt, verärgert und ein wenig verzweifelt war, verdrängte sie ihren Unmut und richtete ihre Ohren wieder etwas auf.
"Nur, weil du dir in die Hosen machst, musst du mich nicht gleich beleidigen.", meinte Felicitas, hielt sich ansonsten aber zurück.
"Das sind immerhin sieben tatkräftige Helfer, zusätzlich zu den anderen Mitgliedern der Neko."
Während sie das sagte, sah sie mich nicht an, sondern starrte auf einen undefinierten Punkt in der Ferne. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie noch etwas hatte hinzufügen wollen, es dann jedoch unterdrückte.
Wütend schnellte ich vor, um sie eiskalt zu erwischen und den Stock zu schnappen, doch sie sah nicht einmal in meine Richtung, als sie diesen nach oben zog. Und das wirklich Frustrierende war, dass ich ihn hätte erreichen können, wäre ich ausreichend vorbereitet gewesen.
"Ach, ich vergaß, du hast es ja nicht nötig, mich anzusehen.", knurrte ich und packte keuchend den Sattel. Zum zigsten Male heute, versuchte ich, mich mit einem Ruck hochzuziehen, doch meine Muskeln gaben nach der Hälfte protestierend auf und ich fiel wieder in eine Schräglage.
"Ach, was soll dieser Unsinn denn bringen?", rief ich zu ihr hoch.
"Es stärkt deine Rumpfmuskeln, Beinmuskeln, Armmuskeln, schärft dein Bewusstsein und deine Konzentration. Das alles wirst du brauchen."
"Ach ja? Wozu? Damit du dich an meiner Demütigung weiden kannst?", fauchte ich.
"Erst wenn du das kannst, können wir das Bogenschießen auf einem Pferderücken überhaupt probieren."
Diese Frau brachte mich aber auch immer mit ihrer Ruhe zur Weißglut!
Kurzentschlossen zog ich mit einem Ruck an ihrem Fuß und versuchte sie, von ihrem Hengst herunterzuziehen.
Einen Moment später hatte ich eine ihrer Klingen an meiner Hand und ich sah nur ihren undurchdringlichen Ausdruck in den Augen, bevor die Klinge verschwand und sie halbherzig an ihrem Fuß zog, immer noch völlig gerade im Sattel.
"Was soll das? Solltest du nicht lieber deine Kräfte dafür nutzen, dich wiederaufzurichten?"
"Solltest du nicht etwas menschlicher zu mir sein?", gab ich wütend zurück.
Sie sagte nichts, taxierte mich nur, wachsam wie immer.
"Ich meine, du hast mein Leben gerettet, ich das deine und ich habe mehr von deinen Gefühlen gesehen, als die meisten der Neko. Meinst du nicht-
"Woher willst du das denn wissen?", unterbrach Nyoko mich.
Ich schnalzte ungehalten mit der Zunge.
"Jetzt tu' doch nicht so! Auch wenn du es versucht hast zu verbergen, ich habe gemerkt, dass du meinen Kontakt jedes Mal meidest, wenn dir ein Ausrutscher passiert. Und das soll Zufall sein?"
Dieses Mal schaffte ich es, trotz der Schmerzen zurück in den Sattel zu gelangen.
"Ich habe es schon mal gesagt. Es ist besser, wenn wir nicht viel voneinander wissen. Das mögliche gegenseitige Verständnis wäre im Kampf gefährlich."
Nyoko klang tonlos und beobachtete die Masse der Neko hinter uns, gerade außer Hörweite, aber immer noch nah genug, um bei einem Angriff einzugreifen. Auch wenn das bei Nyokos Fähigkeiten vermutlich überflüssig war.
"Ich habe dir auch schon mal gesagt, dass mir das egal ist. Einsamkeit kann auch gefährlich sein. Wir könnten ja damit anfangen, dass du mir gegenüber freundlich, statt kalt und zweckorientiert bist – du musst mir ja nicht gleich dein Herz ausschütten."
Ich hatte lächeln wollen, doch irgendwie bekam ich plötzlich nur noch eine Grimasse zustande.
"Vielleicht.", sagte sie ohne Regung.
"Du tust es schon wieder! Lüg' mich nicht an, bloß um mich ruhig zu-
"Mensch.", unterbrach mich Felicitas.
"Was ist?", antwortete ich genervt.
"Der Geruch der Aasfresser lässt nach."
"Was?!"
Wie vor den Kopf geschlagen, fragte ich:
"Bist du sicher? Soll ich nicht lieber die Nase des Windhundes-"
"Unsinn! Wir sollten lieber Körper tauschen, damit ich nachsehen kann, warum sie sich verliert."
"Und du wirst dich auch sicher nicht spontan auf eine Jagd begeben?", fragte ich misstrauisch.
Schwäche macht wohl oft misstrauisch.
"Wenn du nicht in deinem Kopf bleibst, überlege ich mir es vielleicht nochmal", knurrte die Raubkatze.
"Mach' bitte einmal einen Schlenker ins Unterholz, Ayita."
"Wieso?"
"Felicitas und ich müssen etwas überprüfen. Der Geruch der Karasu verschwindet."
Die Stute kam meiner Bitte nach und wechselte abrupt die Richtung.
Bevor ich auch nur den Mund aufmachen konnte, fragte Nyoko scharf:
"Wo willst du hin?"
Nur schwer konnte ich meine spitze Erwiderung herunterschlucken, als ich sagte:
"Die Spur verschwindet. Wir sollten herausfinden, warum."
"Hat dir das Felicitas gesagt?"
Ich stutzte.
Woher kannte sie den Namen der Raubkatze? Ich hatte ihn schließlich niemandem außer Ayita genannt – und eine kurze Nachfrage bestätigte, dass die Stute nicht mit Nyoko gesprochen hatte.
"Ja, auch wenn du mir vermutlich mal wieder nicht sagst, woher du den Namen kennst...? Und deshalb muss ich die Spur auch mit ihr wiederaufnehmen, dieses Maß an Respekt bin ich ihr nach dem Hinweis schuldig."
"In der Tat.", schnurrte Felicitas.
"Warte hier.", sagte sie nur und ignorierte meine Frage.
"Habe ich nicht gerade gesagt-", fing ich an, doch Nyoko unterbrach mich.
"Die Neko sollen dir doch nicht folgen, wenn du dich verwandelst – oder? Ich werde sie über die neue Situation informieren und sie so zum Halten bringen. Und ohne mich gehst du nicht in ihr die Spur suchen."
Sie klang entschieden wie immer und sah mich nicht nochmal an, bevor sie ihren Hengst herumriss und zu den Neko zurückkehrte.
"Sonst noch was?", fragte ich gereizt, doch sie hörte mich nicht mehr oder ignorierte mich.
"Lass uns tiefer ins Unterholz gehen."
Zwar konnte Ayita der menschlichen Sprache nicht gut folgen, begriff aber auch dank meinen Gefühlen ausgezeichnet.
"Sollten wir nicht auf sie warten?"
"Nein, ich brauche sowieso länger für das Ausziehen als Nyoko für die Erklärung.", winkte ich ab und das war nicht einmal gelogen.
In Gedanken war ich schon wieder bei der ersten Jagd, als die Stute sagte:
"Hier sollte genügen. Ich höre sie nicht mehr."
"Danke, Ayita."
Sie schnaubte lediglich aus ihren Nüstern und kniete sich hin.
Kaum lag das letzte Kleidungsstück auf dem Rücken der Stute, zerrte Felicitas auch schon an meinen Knochen, Muskeln und Sehnen und die Stute machte mit angelegten Ohren einen Satz von mir weg, denn sonst hätten sie die scharfen Krallen erwischt.
"Warte gefälligst, bis ich mich von der Stute entfernt habe!", fauchte ich Felicitas an.
Das Pumaweibchen bleckte lediglich die Zähne und ich konnte ihre Erheiterung spüren.
"Ich meine es ernst! Noch so eine Situation und ich werde Nyoko bitten, sich ein wenig um dich zu kümmern!"
Schon bevor ich den Satz beendet hatte, wusste ich, dass ich einen gewaltigen Fehler gemacht hatte.
"Wie kannst du es wagen...! Aber nur zu, lass' die Brudermörderin kommen, dann erhalte ich doch noch das Vergnügen, sie zerfleischen zu dürfen!"
Heiß glühender Zorn schwappte in Wellen zu mir herüber, vermischt mit Sehnsucht und Trauer.
"Brudermörderin? Was hat sie getan?"
"Das geht dich nichts an!"
Ihr Sturm an Gefühlen drängte mich immer weiter zurück, ihr Wunsch zu verletzen, foltern und schlachten war so allgegenwärtig, dass meine Persönlichkeit kleiner zu werden schien.
Doch dieses Mal kannte ich die Gefahr und wusste, was ich tun musste.
"Nein! Beruhig' dich wieder! Hast du schon vergessen, warum ich dich herausgelassen habe?"
Das Menschlein muss wirklich naiv sein, wenn es einen solchen Zorn nicht versteht.
"Ich verstehe deinen Zorn besser, als du glauben magst, aber ich habe ein Ziel, das gerade das wichtigste ist!"
"Bleib' in deinem Kopf!"
Ich ignorierte sie – sie wusste genau, dass das ein Versehen war – und tapste los. Fast sofort stieg mir der metallene, schwere Geruch in die Nase und ich folgte ihm.
Plötzlich schien jemand an mir zu schieben, denn meine Beine bewegten sich schneller, als ich es ihnen befohlen hatte. Entschlossen schluckte ich mein Missfallen herunter, denn Felicitas war von uns mehr mit dem Fährtenlesen vertraut und kannte ihren Körper am besten. Für sie musste ich laut und ungeschickt wie ein Junges sein. Trotzdem nahm ich mir vor, sie später auf diese taktlose Art, die Führung zu übernehmen, anzusprechen.
Während wir immer weiter gingen, hätte ich am liebsten den immer aufdringlicheren Geruch von Blut ignoriert, doch genau diesem Geruch mussten wir folgen. Nach einer Weile bemerkte ich jedoch ebenso wie Felicitas, dass der Geruch verblasste. Ich als Anfänger hätte meinen können, dass wir der Spur in der falschen Richtung folgten, doch die Raubkatze wusste es besser – das machte die Sache allerdings noch verwirrender.
Hatte Taurus sich die Wunde verbinden können? Warum dann erst jetzt?
Nach einem oder zwei Dutzend weiterer Schritte, hörte der Geruch plötzlich auf.
Irritiert machten wir kehrt und gingen zurück. An der Stelle, wo der Geruch als letztes haften geblieben war, gab es keine Erklärung, wohin und wie Taurus verschwunden war.
Wobei, dass stimmte nicht ganz: Nach wiederholtem Suchen fanden wir eine einzelne, schwarze Feder.
"Verdammt, daran hätte ich denken müssen! Taurus ist fortgeflogen!"
Felicitas schwieg einen Moment, dann sagte sie:
"Mit einem Flügel? So eine verlockende Beute will ich sehen."
In ihren Gedanken mühte sich ein Vogel ab, mit einem nutzlosen Stummel an einer Seite.
Ich zuckte zusammen.
"Na wunderbar! Noch eine, die einfach so meine Erinnerungen durchforscht! Soll ich mich einmal für diese Nettigkeit revanchieren?", fragte ich sarkastisch.
"Wag' es ja nicht."
"Na also! Dann lass' meine Erinnerungen in Ruhe – frag mich doch einfach!"
Immer diese heißblütigen Menschen.
Ich lachte hohl.
"Ich?! Du hast definitiv mehr Temperament!"
"Verschwinde aus meinem-
"Jaja, lass stecken. Mich würde eher interessieren, ob das bedeutet, dass er Hilfe bekommen hat."
"Wie wäre es mit diesem Aurelius?"
"Du-"
"Das habe ich schon gesehen, bevor du dich beschwert hast.", unterbrach sie mich spitz.
"Meinst du, er ist mit ihm weggeflogen?"
"Ich kann jedenfalls keinen weiteren Menschen riechen."
"Aber auf diese Weise können beide doch unmöglich weit kommen."
"Das ist wahr. Wenn wir schon spekulieren, würde ich sagen, dass der zweite Aasfresser zurückkommen wird."
"Rache?", meinte ich zweifelnd.
"Vielleicht.", antwortete sie und knurrte leise.
"Was ist?"
"Mir gefällt ihr Geruch nicht.", sagte sie knapp.
"Lass' uns zurückkehren."
"Warum?"
"Ich muss den Beratern und dem Anführer das hier erzählen, damit sie einen Plan ausarbeiten können.", antwortete ich etwas irritiert und ungeduldig.
"Kannst du dir das denn nicht selbst denken, Mensch?", meinte das Pumaweibchen verächtlich.
"Du solltest ein Lager in der Nähe aufschlagen und so lange an der Spur nach einem Hinweis suchen, bis du einen findest."
Ich war nicht überzeugt.
"Dadurch vergrößert sich doch nur unser Abstand..."
"Und du hältst es für klüger, ins Blaue hinein weiterzugehen, in der Hoffnung, dass dir die Beiden zufällig über den Weg laufen?"
"Nein, aber-"
"Hast du denn einen besseren Plan?"
"...Nein, aber-"
"Na also, wenn du deine Beute nicht verlieren willst, wirst du wohl machen müssen, was eine Meisterin der Jagd dir empfiehlt.", schnurrte sie selbstgefällig.
Ich sagte nichts mehr und ließ mich von Felicitas zu meiner treuen Stute führen.
"Und ich darf wirklich nicht-"
"Nein!", unterbrach ich die Raubkatze sofort, denn ich hatte das Bild der blutüberströmten Ayita bereits gesehen.
"Meinetwegen.", sagte sie gutgelaunt.
Unsere Schwierigkeiten schienen ihr zu gefallen, denn sie zog sich erstaunlich freiwillig in meinen Geist zurück.
Grimmig keimte in mir der Verdacht auf, dass sie mir zeigen wollte, wie hilflos ich ohne sie war, da sie meine Anatomie ein Dutzend Schritte vor der Stute veränderte und ich den Abstand durch krabbeln verringern musste.
Ohne Ayita zu begrüßen sandte ich meine Erinnerungen zu ihr, doch bevor sie das Gesehene kommentieren konnte, hörte ich eine angespannte Stimme:
"Und? Wie ist es gelaufen?"
"Schlecht. Die Spur verschwindet ganz plötzlich. Wir nehmen an, dass Taurus mit Hilfe fortgeflogen sein könnte, schließlich fehlt ihm ein Arm..."
"Noch wissen wir nicht, ob die Tiergestalt in physischem Zusammenhang mit dem eigenen Körper steht – schließlich wachsen dir mehr Wirbel, wenn du Felicitas wirst, während ihr Schwanz bei deiner Rückverwandlung verschwindet."
Niedergeschlagen meinte ich:
"Daran habe ich gar nicht gedacht. Felicitas hat mir jedenfalls vorgeschlagen, in der Nähe der Stelle zu rasten und dort nach neuen Anhaltspunkten zu suchen."
Nach kurzem Überlegen sagte sie:
"Eine gute Idee. Führ uns bitte."
Erst nach einem Moment begriff ich, dass sie Felicitas direkt ansprach.
"So viel Respekt im Ton würde ich mir von ihr auch wünschen.", murrte ich, doch Felicitas wischte das Kompliment wortlos beiseite.
"Sie soll ihre Krallen eingezogen lassen, sonst kann ich für Nichts garantieren.", knurrte sie gepresst und ich spürte den erneut aufwallenden Zorn.
"Schön, wir warten hier. Aber-"
Ich sprach automatisch leiser, auch wenn es nichts brachte.
"Halte ein wenig Abstand zu uns. Felicitas scheint dich zu hassen."
Nyoko schien nicht überrascht, sondern nickte knapp.
"Das weiß ich, spätestens nach dem Gespräch mit Aadil und Elias."
"Wieso?", fragte ich neugierig, doch Nyoko antwortete nicht, sondern verschwand schon auf ihrem schwarzen Rappen zwischen den Bäumen.
Meine Güte, man sollte meinen, ich hätte mich bereits an ihre Art gewöhnt.
Mürrisch stellte ich mir vor, als Puma durch die Wälder zu streifen, da Felicitas keine Anstalten machte, sich zu rühren.
"Ist ja gut, ich führe dich hin. Du hast ja wirklich überhaupt keinen Orientierungssinn.", fauchte sie, immer noch wütend.
Die Sonne berührte schon den Horizont, als wir einsahen, dass wir heute nichts mehr finden würden. Der Vertrautenkreis hatte als einziges mit mir gesucht, aus gutem Grund:
Felicitas hatte es sich zum Spaß gemacht, sie regelmäßig anzuknurren, sodass sie – sogar Nyoko – rückwärts sprangen, obwohl sie vorgewarnt waren. Sie ignorierte meinen Tadel, da alle wussten, dass wir sie brauchten, bevor ich nicht das Verhältnis mit der verstorbenen Seele des Windhundes geklärt hatte.
Ich war sehr erleichtert, als wir die Suche abbrachen, denn ich war zum Umfallen müde. Sogar Felicitas wirkte erschöpft – wenn auch nicht so sehr wie ich – und bestand auf keine Jagd, die ihr laut Vertrag sowieso nicht zustand.
Nach einer kurzen Vorwarnung seitens Aadil trottete ich als Puma ins Lager, das sich in der Nähe eines Wasserfalls befand, und verschwand mit einem dankbaren Blick in die ehrfürchtige Runde der Schaulustigen in dem für mich errichteten Zelt.
Für die Neugierigen draußen mochte es seltsam aussehen, dass das Zelt von innen heraus strahlte, doch auch das war mir herzlich egal. Ich schlug vor Müdigkeit härter auf dem Boden auf und robbte das letzte Stück zu einem kleinen Feldbett, dass mir dank des harten Trainings und der nervenaufreibenden Suche wie das weichste Himmelbett vorkam und als ich noch darüber nachdenken wollte, was wir morgen tun würden, war ich schon eingeschlafen.
Das hereinfallende Licht weckte mich. Blinzelnd versuchte ich, mich aufzurichten und durch die Schlaftrunkenheit die vor meinem Bett stehende Person zu erkennen.
"Nyoko...? Was-", murmelte ich und bevor ich weitersprechen konnte, bekam ich einen harten Schlag auf den Hinterkopf.
Bevor ich auch nur Schreien konnte, verlor ich das Bewusstsein.
---
Nach Ewigkeiten mal wieder ein neues Kapitel. Viel Spaß!
Nuoli
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