Wünsche sind der Atem der Zeit – ohne sie ist alles tot.

Das leise Ticken kommt von der gegenüberliegenden Seite. Und doch von überall. Die niedrige, gewölbte Decke und die dicht beieinanderstehenden Steinmauern fangen den Ton und werfen ihn zurück; in einer Unnachgiebigkeit, die an schiere Brutalität grenzt. Nicht so, dass er an Kraft gewinnt. Aber so, dass er nie verstummt.

Lucian liebt es, in Symbolen zu sprechen. Das ist eines.

Seine Maske war sie losgeworden – doch ihm wird sie nie entkommen.

Die Uhr steht im Schatten, dicker Staub bedeckt das Ziffernblatt; verhüllt die Zeiger, die irgendwo darunter ihre Kreise drehen.
Lucian herrscht über die Ewigkeit. Doch wie viel Zeit ihr vergönnt ist, bleibt ein Rätsel, eingeschlossen hinter dicken Mauern.

Kanalwasser klatscht von außen an den Stein und das spärlich hereinfallende Licht lässt die Wände bläulich schimmern. An den Geruch von brackigem Wasser und Schimmel hat sie sich gewöhnt, doch die Spinnengewebe, die nach ihren Haaren greifen, lassen ihr jedes Mal einen Schauer über den Rücken laufen.

Ob jemand nach ihr sucht?

 Doch selbst wenn, könnte sie Lucian überhaupt entkommen?

Du gehörst mir. Mit Haut und Haar. Oh, wie Recht er hat! Er war lange nicht hier, doch selbst in ihrer Erinnerung klingt seine Stimme weich und fest zugleich; wie dunkelblauer Samt.

Dennoch; statt an zartem Stoff reibt ihre Haut an Eisen. Und ihr bleibt nichts, außer zu warten. Auf ihn oder den Tod? Sie weiß es selbst nicht mehr; über das ewige Ticken der Uhr hat sie es vergessen. Doch es ist einerlei.

Denn da pocht etwas, tief in ihr verborgen, wie ein gleichmäßiger Herzschlag, der sie nährt und am Leben hält - ein Wunsch.

Der Wunsch, hier irgendwann rauszukommen.