Kapitel 6
Kapitel 6
Erschrocken darüber zog sie scharf die Luft ein und kniff die Augen zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dasshier solche Gefahren auf sie lauern würden.
Wie stark Damian sein musste, wenn er das Tier so einfach mit dem Schwert abhalten konnte! Was war das überhaupt für eines?
Durch den Schreck ging sie noch einen weiteren Schritt auf den Rand zu, ohne es zu bemerken.
"Fall bloß nicht runter", rief Elias, der Freyas Arm packte und sie zu sich zog. Weg vom Rand.
Das schien Damian als Zeichen zu sehen und er drehte sich etwas, so dass er das Tier in den Abgrund schieben konnte. Man sah ihm an, dass es nicht so einfach war, denn Schweiß trat in seine Stirn. "Macht doch was", knurrte er, weil er es einfach nicht schaffte das Tier in den Abgrund zu schieben. Stattdessen handelte er sich einen Hieb ein, der ihn zum Schwanken brachte.
„Hilf ihm", bat Freya flüsternd, weil sie sich selbst nicht bewegen konnte. Ihr Körper zitterte vor Schock und aufgeregt befeuchtete sie sich ihre Lippen. So etwas hatte sie noch nie gesehen!
Wenn sie nur etwas tun konnte! Aber sie hatte weder Ahnung vom Kämpfen noch von Magie.
Elias schien es ähnlich zu gehen und er schien seinen Gürtel nach hilfreichen Dingen zu durchsuchen, doch er wurde nicht fündig.
"Ich weiß nicht wie", meinte Elias genau so überfordert wie Freya, was Damian wütend knurren ließ.
"Nutzt eure Magie, ihr verdammten Nichtsnutze", fauchte er, weil er sich erneut einen Prankenhieb einfing, der ihn quer über die Brust traf, aber zum Glück nicht sein Oberteil zerriss.
Elias betrachtete seinen Stab und dann das Tier, was wie eine Mischung aus Wolf und Nashorn aussah. Zum Glück war es nicht so groß.
Er bewegte den Stab nach vorn und eine Art Druckwelle wurde ausgeschickt, die nicht nur das Tier, sondern auch Damian traf. Beide wurden umgeworfen, wobei nur Glück dafür sorgte, dass Damian nicht den Abhang hinabfiel, an dem sie standen.
Das seltsame Tier hingegen rutschte den Abhang etwas hinunter, doch es krallte sich mit seinen Krallen in die Erde und kam langsam wieder nach oben. Seine Pranken griffen nach vorn, versuchten sich hochzuziehen und rutschte wieder nach unten. Leider aber nicht ganz, so dass es das Wesen immer wieder versuchen konnte.
Dieses Mal stand Freya bereit, weil sie nicht als Einzige nichts tun wollte. Wie hatte Elias das gemacht? Er hatte nur den Stab nach vorne gerichtet. Genau das tat Freya nun auch, aber nur auf das Tier.
Es geschah jedoch nichts, bis auf die Tatsache, dass der Kristall am oberen Ende leicht leuchtete.
Damian stöhnte genervt und schlug sich auf die Stirn, reagierte aber nicht weiter. Im Moment war das Tier noch darin begriffen, wieder zu rutschen und keine sonderliche Gefahr. Sie hatten also Zeit.
„Jetzt geh doch endlich", rief Freya verzweifelt und ließ den Zauberstab mehrmals nach vorne schwenken, damit das Tier nicht näherkam. Warum hatte es bei Elias funktioniert, aber jetzt nicht bei ihr?
War sie in Wahrheit keine Magierin? Sonst müsste es doch funktionieren.
Damian seufzte, kam zu ihr und packte ihre Hand, die den Stab hielt. "So wird das nichts", sagte er und hielt sie fest. Damit nahm er sie zwischen seine Arme und war ihr plötzlich ganz nah. Sein Griff über ihre Hände an ihrem Zauberstab verunsicherte Freya sehr.
Die plötzliche Wärme, die von ihm ausging, verwirrte sie deutlich und im ersten Moment reagierte sie auch nicht.
Die muskulösen Arme, die unter der Uniform gut zu erkennen waren, hielten sie an Ort und Stelle, und Damians Geruch war sehr präsent. Sie wollte nicht, dass er sie weiterhin so grob anfasste, aber es schien, als konnte sie allein nichts bewirken.
Gemeinsam hielten sie den Zauberstab noch in die Höhe und nur das Knurren des Raubtieres holte sie wieder in die Gegenwart zurück.
"Und jetzt fixiere den Punkt, den du treffen willst", erklärte ihr Damian nah an ihrem Ohr. "Leite die Magie durch deinen Körper, bündle sie an der Spitze des Stabes und dann lass sie los", flüsterte er, wobei sein warmer Atem ihr Ohr streifte.
Ein Zittern ging durch ihren Körper und es fühlte sich so an, als würde sie den Boden unter den Füßen verlieren. Noch nie war ihr ein Mann so nahe gewesen und sie wollte ihn schon von sich schieben, doch ihre Angst lähmte sie.
Damians Worte hallten in ihrem Kopf wieder und mischten sich unter das Rauschen des Blutes. „Wie leite ich Magie durch den Körper?", fragte sie mit piepsiger Stimme. Sie hatte doch keine Ahnung, wie sie das tun musste. Freya spürte nicht einmal, woher die Magie kam oder ob sie überhaupt welche besaß.
Damians Seufzen ließ sie erschaudern und plötzlich spürte sie ein seltsames Gefühl in ihrem Körper. Es ging eindeutig von Damians Händen aus.
Ihr war bewusst, das nicht sie es war, die Magie durch ihren Körper leitete, sondern er. "So", sagte er, wobei es leicht belustigt klang. Dann machte er eine leichte Bewegung mit dem Stab, zog ihre Arme mit und sie spürte, wie die Magie kribbelnd durch ihren Körper floss und zur Spitze des Stabs geleitet und schließlich auf das Tier geschleudert wurde.
Kaum war das geschehen, ließ Damian von ihr ab.
Das Raubtier rutschte den Abhang hinab und war bald darauf nicht mehr zu sehen oder zu hören.
Was war geschehen und wie hatte Damian es geschafft, Magie durch ihren Körper fließen zulassen?
Dass er sich über ihre Unfähigkeit amüsiert hatte, war ihr klar und sie war froh, dass er ihr nicht mehr so nahe war.
Zitternd blieb Freya stehen und konnte gar nicht so schnell reagieren. Ihr Herz klopfte schnell und unregelmäßig.
Damian raunzte Elias an, ob dieser endlich das Heilmittel gefunden hatte, was diesen zucken ließ.
Erst Damians ungeduldige Stimme riss sie aus ihrer Starre und schnell drehte sie sich zu ihm um. Er war verletzt worden und sie fragte mit atemloser Stimme, ob sie ihm helfen konnte. Freya wollte sich irgendwie dafür bedanken, dass er ihr geholfen und sie beschützt hatte.
Der Mann begann bereits sein Oberteil auszuziehen und dabei wurden Wunden an seiner Brust und teilweise auch an seinem Rücken sichtbar.
Elias, der sich gerade durch die Fläschchen an Heiltränken wühlte, reichte eines davon Freya. "Auf ein Tuch tropfen und dann damit die Wunden am Rücken desinfizieren", erklärte er ihr und hielt ihr auch noch das Tuch hin.
Gerade wollte sie protestieren, hielt aber inne und nahm es stattdessen wortlos. Ihr war klar, dass sie sich gegenseitig unterstützen mussten, wenn sie hier wegkommen wollten.
Allerdings behagte es ihr nicht, Damian mit einem Tuch abzutupfen. Bestimmt würde er sich erneut über sie lustig machen und sie tadeln, dass sie nichts konnte.
So wie Elias es aufgetragen hatte, tropfte sie die Flüssigkeit auf das Tuch und trat denn mit gesenktem und hochrotem Kopf vor Damian, bevor sie begann, seine Wunden abzutupfen.
Dieser ließ sich von ihnen versorgen, als kenne er nichts anderes. Er stand stumm und geduldig da, während Freya und auch Elias seine Wunden behandelten.
Erst reinigten sie diese, dann trugen sie Salbe auf und am Ende verbanden sie seinen Oberkörper.
Wenigstens war er jemand, der solche Dinge mit Fassung trug und Freya bewunderte ihn, weil er sich nichts anmerken ließ.
„Fertig", sagte sie leise und trat einen Schritt zurück. Noch immer war Ihre Gesichtsfarbe rot und es war ihr unangenehm, was passiert war. „Es tut mir leid", nuschelte Freya undeutlich.
"Wenigstens hast du dich nicht die Schlucht hinuntergestürzt", seufzte er und begann damit, sich wieder anzuziehen. "Was sagt der Kompass?", wollte er wissen und zuckte mehrmals zusammen.
Wortlos hielt sie ihm ihren Arm hin, nachdem sie ihren Handschuh ausgezogen hatte. Ihr entging nicht, dass er Schmerzen hatte.
Dagegen konnte sie jedoch nichts tun.
Statt sich viel zu bewegen, warf Damian nur einen Blick auf ihren Arm, bevor er seufzte. "Kannst du auch keinen Kompass lesen?", fragte er und erklärte dann, dass die Nadel eigentlich in Richtung der Steine zeigen sollte. Es war daher nicht schwer diesem zu folgen.
Also war dieser Kompass nicht das, für was sie ihn gehalten hatte. Sie kannte nur die, die ständig Richtung Norden zeigten. Aber zuhause hatten sie das nicht gehabt, sondern mussten sich am Stand der Sonne orientieren. "Ich kann Karten und den Stand der Sonne lesen ...", murmelte Freya undeutlich.
"Ah ja", murrte Damian und zog sein Oberteil noch einmal nach oben, um seinen Rücken zu entblößen. "Auf der Karte kann man sicherlich nicht mehr viel lesen", meinte er nüchtern und Freya konnte erkennen, dass auf seiner Haut schwarze Linien entstanden. Doch da sein Oberkörper fast vollständig verbunden war, erkannte man kaum etwas.
Also hatte Damian die Karte bekommen. Das war für Freya ein Unglück, denn sie verspürte nicht die geringste Lust, sich ständig von ihm aufziehen zu lassen.
"Dann müsst ihr euch eben auf den Kompass verlassen", meinte sie schulterzuckend und riss ihren Blick von seinem Rücken los, bevor sie zu der schwebenden Insel, die sie erreichen sollten, blickte. Noch immer war ihnen keine Lösung eingefallen, wie sie diese erreichen konnten.
Damian zog sich wieder an und Elias schien seine Stimme wiedergefunden zu haben, denn er räusperte sich.
"Wir könnten versuchen uns mit den Lianen hinüberzuschwingen", meinte er mit einem schiefen Lächeln.
Verwundert warf sie ihm einen Blick zu und musterte die Lianen dann nachdenklich. "Sind die denn lang genug? Die Insel wirkt ... so weit entfernt", murmelte Freya unsicher.
Elias bewegte seinen Stab und löste damit eine der dicken Lianen von der anderen Seite. Dort gab es sehr viele, sehr große Bäume und es schien sehr praktisch.
Allerdings konnte sich Freya kaum vorstellen, wie das gehen sollte.
Elias nahm die Ranke und sogar Damian betrachtete ihn nachdenklich, als er daran zog.
"Wir werden gegen die Wand schlagen", bemerkte er, was Elias zum Nicken brachte.
"Ja, wir müssen dann die Wand hochgehen."
Bei dieser Aussicht wich Freya ein paar Schritte zurück. "Könnt ihr allein gehen und mir einen Stein mitbringen?", fragte sie mit piepsiger Stimme. Sie war nicht kräftig genug, um eine Wand hochzugehen, geschweige denn sich an der Ranke festzuhalten und sich hinüberzuschwingen.
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