Kap. 82 Unter Tage (oder Nacht?)
Eragon pov
Wir schlichen durch die Dunkelheit über leere Hügel. Man sah nur in der Ferne zwei Lichtergruppen, eine waren die Varden, unsere Verbündeten, und die anderen lagen als unsere Feinde verschanzt hinter den Mauern. Wir hatten Glück gehabt, dass Dorn gerade am anderen Ende der Stadtmauern lag. Der rote Riese hatte die für uns unangenehme Fähigkeit, die alle seiner Art besaßen, natürlich auch weitergegeben bekommen. Er konnte selbst in tiefster Finsternis fast so gut wie am helllichten Tag sehen. Hätte er in der Nähe der Fläche, auf der wir gerade entlang schlichen, gelegen, wären wir höchstwahrscheinlich sehr schnell entdeckt worden. Hazel hatte die gesamte Umgebung in einen sehr schwachen, goldenen Schimmer geworfen, da der Mond uns, verborgen hinter den Wolken wie er war, kein Licht spenden konnte. Es war so blass, dass ich trotzdem nicht darum herum kam, über mehr als nur einen Stein zu stolpern, aber immerhin konnte ich so im Nachhinein erkennen, ob es ein Stock, ein Erdloch, ein Dachs oder eine Giftschlange war, die mich zu Fall gebracht hatte. Nein, der Teil mit dem Stock ist tatsächlich nicht passiert und wurde von mir nur der Möglichkeit halber erwähnt.
Von der Ferne wären wir wohl kaum mit menschlichem Auge zu erkennen. Die Laternen der Wachen auf den Stadtmauern konnte ich hinter den wenigen Lichtern in der Stadt noch erahnen, aber meine Sicht war ja bereits um ein Vielfaches besser als die jedes Menschen. Unsere einzigen beiden Risiken, entdeckt zu werden, bestanden aus einem Drachen und seinem Reiter.
Hazel, die uns zur Zeit noch anführte, hob einen Arm und flüsterte: „Hier vor uns beginnt der Gang. Haltet ein bisschen Abstand, während ich den Boden einsacken lasse. Die Magie, die mich am Auskundschaften der unterirdischen Anlagen der Stadt hindert, ist zwar nur bis zu den Mauern aktiv am Wirken, aber leider hat sie auch darüber hinaus leichte Nebenwirkungen. Wer auch immer dafür verantwortlich gewesen sein mag, hat definitiv kein Gespür für Feinheiten der Magie. Deshalb ist es möglich, dass ich einen Moment brauche, um hier etwas auszurichten. Sicher, es ist hier schwach genug, dass das möglich ist, aber wenn hier so mächtige Magie am Werk ist, möchte ich es nicht schon jetzt riskieren, mehr Kraft als nötig zu verbrauchen." Ich nickte verstehend und sah aus dem Augenwinkel, dass auch der Rest der Reisegruppe es mir gleich tat.
Daraufhin folgte für einige Minuten Schweigen, in denen ich mich fragte, was wohl gerade in der Stadt passierte. Laut Nasuada war mein Halbbruder um diese Zeit nicht mehr auf den Beinen und wenn wir Glück hätten, könnten wir vielleicht noch während seines Schlafes in den Straßen sein und die Tore öffnen. Er mochte von seinem dunklen Meister die selben übermenschlichen körperlichen Fähigkeiten bekommen haben, wie Arya und ich sie haben, aber schlafen tat er meines Wissens nach noch wie ein Mensch. Menschen brauchen täglich Schlaf und können in sehr schlechter Verfassung sein, wenn man sie daraus aufweckt. Keine gerechte Taktik, aber Dutzende oder hunderte Sklaven zu haben, die einen mit Energie versorgen, ist auch nicht fair.
Ich erinnerte mich zurück an den Zeitpunkt des Sonnenuntergangs. Hazel hatte uns bereits an der äußeren Befestigung erwartet und Nasuada stand an ihrer Seite. Ich hatte geglaubt, dass sie doch nochmal diskutieren würde, selbst wenn sie wusste, dass die Autoritätsquelle etwas höher gestellt war als sie. Mit etwas mürrischem Gesicht hatte sie erklärt, dass die Truppen in Bereitschaft gesetzt werden würden und auf Signal binnen zehn Minuten abmarschbereit wären. Wir sollen ihr einfach, sobald wir hinter den Mauern wären, ein Signal zukommen lassen, woraufhin sie den Angriff starten würde. Ihre Miene war wohl nur so übellaunig, weil sie wusste, dass für sie als nächstes ein Gespräch mit König Orrin auf dem Plan stand, in denen sie ihm klarmachen musste, dass sie sich doch für die Tunnel entschieden hatte. Erzwungener Maßen, denn Idee und durchschlagen der Umsetzung waren beide eher von Hazel gekommen. An diesem Punkt war ich persönlich dankbar, damals unter Farthen Dûr entschieden zu haben, dass ich nicht als Anführer geeignet wäre.
In dem Moment war ich jedenfalls ziemlich erleichtert, um eine weitere Diskussion herumzukommen. Bevor ich mein Schwert umgeschnallt und eine kleine Feldflasche eingepackt hatte, hatte ich den Plan in einer längeren Diskussion vor Saphira rechtfertigen müssen, da sie diese unterirdischen Gänge allgemein, aber vor allem in Feindesgebiet, missbilligte. Wohl auch wegen meinem Fiasko am Helgrind. Sie hatte sehr eindeutig klar gemacht, dass sie mich nur gehen ließ, weil sie Hazel zutraute, uns im Notfall zu verteidigen. Leider wusste ich nur zu gut, dass sie zum einen Recht hatte bezüglich der Gefahr, die dort unten lauern könnte, und zum anderen sehr wohl bereit wäre, ihre Drohung in die Tat umzusetzen.
Leider hatte sie nämlich auch noch eine ultimative Bedingung an mein Fortgehen gekoppelt. Wenn wir nicht binnen zwei Tagen wieder aus den potentiellen Katakomben entkommen wären oder uns zumindest gemeldet hätten, würde sie die Stadt in Schutt und Asche legen. Es war natürlich auch möglich, dass der Gang direkt in irgendeinen Keller führen würde, aber das kam uns eher unwahrscheinlich vor. Ich wusste, dass sie es nur gut meinte und zum Teil freute ich mich auch, dass sie sich so sehr um mich sorgte, schließlich war es umgekehrt genauso, aber es war leider ein Fakt, dass Krieg gefährlich ist und man dabei nicht immer in der Sicherheit agieren kann, in der man sich gerne wiegen würde.
Ich wurde von einem Rauschen zurück in die Realität gerissen. Der Boden vor mir sackte wie prophezeit ein und legte tatsächlich, soweit ich das in der Finsternis sehen konnte, eine Öffnung frei. „Möchte jemand freiwillig voran gehen?", wollte Hazel wissen. Nachdem ein paar Sekunden schweigen vorüber gingen, ohne dass sich bei irgendjemandem eine Reaktion abzeichnete, erhob Angela schließlich ihre Stimme. „Doch nicht alle auf einmal, dieses Gedränge ist ja nicht auszuhalten. Wenn ihr mal wieder eure Entscheidungsunfähigkeit zur Schau stellen wollt, führe ich diese Gruppe eben." Es war ihre klassische Art, jemandem einen Vorwurf zu machen und ihm gleichzeitig nicht die Möglichkeit zu machen, selbigen augenblicklich zu entkräften.
Auch wenn ich nicht vollends sicher war, konnte ich mir vorstellen, warum sie das tat. Auf diese Weise konnte niemand so etwas wie ‚tut mir leid' sagen. Entweder man merkte sich, was sie sagte, und macht es beim nächsten Mal besser oder man vergisst es wieder und bestätigt sie darin. Diese Theorie würde zumindest dazu passen, wie sehr sie ihre Werte auf das Tun verlagerte. Mit dem richtigen Willen konnte man vielleicht vermeiden, sie als Feindin zu bekommen, aber eine Freundin wurde sie nur dann, wenn man auch das richtige tat oder es wenigstens versuchte.
Nach diesem kleinen Exkurs über meine Vermutungen zu Angelas Psyche zurück zur Realität. Angela stieg uns allen voran hinab. Sie bewältigte den verbleibenden Höhenunterschied zwischen der unten liegenden Erde und der Erde, auf der sie stand, indem sie sprang. Leider schien das Erdreich bei Hazels magischer Einwirkung so stark aufgerüttelt worden zu sein, dass der Boden unten nicht mehr fest war. Sie sank ein Stück ein, aber da sie logischerweise eine gewisse Vorwärtsbewegung hatte, drohte sie aus diesem Schwung heraus umzukippen. Sie rettete sich jedoch vor einer solchen Bruchlandung noch vor Beginn unserer eigentlichen Aufgabe, indem sie sich mit einer eleganten Vorwärtsrolle abfing und am Ende des abgerutschten Sediments weitestgehend sicher auf die Beine kam. Hinter ihr taten es ihr Hazel und Arya gleich, auch wenn Hazel ruhig und gelassen hinab schwebte und es auf diese Weise geschafft hatte, sich jeglichen Scherereien mit potentiell instabilem Untergrund zu entziehen. Arya wählte einen weitaus pragmatischeren Weg. Sie sprang schlichtweg hinab und federte den gesamten Fall bis zum eigentlichen Grund des Tunnels ab. Es schien zu funktionieren und so tat ich es ihr gleich.
Ich musste feststellen, was im Nachhinein selbstverständlich erschien. Sie hatte mehr Übung in sowas und sich so perfekt abzurollen lag noch nicht so ganz in meinen Fähigkeiten. Ich gelangte an den Boden, ohne mir etwas zu brechen, aber trotzdem spürte ich, dass ich nur einen Bruchteil meines Schwunges wirklich in die Rolle leitete und diese obendrein noch schief war. Zugegebenermaßen keine große Katastrophe, aber ich würde es vielleicht einmal brauchen und für diese Eventualität wollte ich schließlich irgendwann gewappnet sein, also musste ich meine Schlüsse aus dem Geschehenen ziehen. Ich hatte definitiv zu früh meine Beine angespannt, sodass ich am Anfang eher versucht hatte, im rechten Winkel zum Boden Stand zu halten, was weder meinen Knien noch allem in meinem Körper, was in irgendeiner Form anfällig auf Erschütterungen ist, gut tat. Die Frage, ob eine Rolle gerade ist, hängt alleine von Schwung und Haltung ab. Meinen Schwung würde ich verbessern, wenn ich nun noch die fehlerhafte Körperspannung aufbringen könnte, die mich eine gerade Position beibehalten lassen können.
Ich würde nicht jetzt noch einmal versuchen, diese Rolle zu probieren, aber die nächste Möglichkeit würde ich in aller technischen Korrektheit zur Übung nehmen. Nun jedoch hatte es sich erstmal ausgerollt. Die Fackeln von der Stadt und unserem Lager schienen nicht bis hier zu reichen, welch eine Überraschung, also mussten wir uns in der Dunkelheit abfinden. Oder mussten wir? Auf einmal wurde ein Teil der Decke hell und ich sah, dass sich Glas bis zur Oberfläche zog. Es war nur ein kleiner Kreis, dessen Mittelpunkt ich mit ziemlicher Sicherheit über Hazels Kopf fand. Ich hätte es ihr auch am ehesten zugeschrieben. Auch wenn der Rest unserer Gruppe ebenfalls nicht schlecht war, war sie wohl bei weitem die mächtigste von uns.
Nichtsdestotrotz schien sie nicht zufrieden. Ich hörte sie einige unfreundliche Dinge sagen, darunter einen Namen und eine Beschwerde über unbefugte Eingriffe. Ich war nicht sicher, über wen oder was sie sich warum beschwerte, aber es schien auszureichen, um sie freiwillig oder unfreiwillig, man konnte das von außen schwer sagen, aus ihrer für gewöhnlich gegenwärtigen Gelassenheit herauszubringen. Es war aber auch nicht unwahrscheinlich, dass sie das nur zeigte, weil sie wollte. Ich glaubte nicht, dass sie zu den Wesen gehörte, die Ärger oder ähnliches nicht runterschlucken können, wenn sie wollen. Viel eher war es so, dass sie keine Lust hatte, diese herunterzuschlucken, weil es lustiger war.
Der Gang lag nun jedenfalls etwas heller vor uns. So finster es eben noch gewesen sein mochte, so hell schien nun der Mond. Anscheinend hatte er sich genau in dem Moment, in dem wir nach unten unter die Erde gegangen waren, gedacht, dass er uns nun ja nicht mehr helfen würde und er sich somit wieder in seiner vollen Pracht präsentieren könnte. Tja, falsch gedacht. Rein vom Gefühl her machte das kalte Licht den schmalen, unterirdischen Gang jedoch noch gruseliger, als er in vollständiger Finsternis gewesen wäre.
Da ich als Letzter lief, war ich schon nicht mehr direkt unter dem Fenster nach oben. Ich sah vermutlich nicht schlechter als die anderen, aber nach hinten wäre ich halt blind. Für den Anfang sah ich jedoch nicht nach hinten sondern blickte auf Aryas in diesem Licht fast geisterhafte Silhouette, die sie irgendwie fast wieder zu einem Abbild meiner ersten Phantasien von ihr machte, als ich noch so viel weniger über sie wusste und mir alles fehlende eingebildet und zusammengedichtet hatte. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen meiner damaligen Wahrnehmung, die sich schon fast als Anbetung beschreiben lässt, und dem, wie ich sie jetzt wahrnahm, war meine Bewunderung ihr gegenüber. Auch wenn diese damals mehr meinen imaginären Bildern von ihr galt, nicht der Elfe, die sie eigentlich war.
Ein klein wenig hatte ich Angst, sie würde sich umdrehen und meinen höchstwahrscheinlich reichlich bescheuerten Blick sehen, während ich so darüber nachdachte, wie dumm ich gewesen war und ob ich sie damals oder heute höher schätzte. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, glaubte ich tatsächlich, dass es mein gegenwärtiges Bild von ihr war. Selbst wenn ich damals ein von Verliebtheit verzerrtes Bild hatte, war die Realität für mich in meinen Augen noch beeindruckender, auf eine komische Art und Weise.
Ich schätzte sie nicht mehr als engelsgleiches Wesen mit einem perfekten Charakter, perfekten Aussehen und grundsätzlich allem perfekt, ich schätzte sie, weil sie nicht perfekt war und doch, trotz all der schrecklichen Dinge, die ihr widerfahren waren, noch viel schlimmer als die meinen, riss sie sich zusammen, machte weiter und hatte sich nahezu immer unter Kontrolle. Die wenigen Momente, in denen sie ihr Inneres durch ihre stählerne Fassade blicken ließ, waren nahezu immer von ihr und nur von ihr gewählt. Das mag jetzt fast schon wieder wie eine solche Verherrlichung klingen, aber ich glaube nicht, dass ich es übertrieb. Selbst Glaedr, der wirklich ausgesprochen selten Komplimente verteilte, hatte es sich nicht nehmen lassen, Arya zu ihrer Selbstbeherrschung zu gratulieren.
Um so mehr war ich dankbar, mich zu den wenigen Wesen zählen zu können, in deren Gegenwart sie tatsächlich schon bereit war, zumindest Teile, vielleicht sogar mehr, ihrer immensen Beherrschung fallen zu lassen. Dieses Vertrauen ist ein Geschenk, was man sich in Tropfen verdienen muss, aber wenn man es einmal enttäuscht, verliert man es in Fässern oder sogar alles auf ewig. Keine schöne Vorstellung, aber ich hatte ja auch nicht vor, einen solchen Verrat zu begehen. Dass es mit ziemlicher Sicherheit mein Tod wäre, lasse ich in diesem Moment mal außen vor, da es nicht der eigentliche Grund ist, aus dem ich so handle. Es wäre ein Grund, wenn ich keine anderen hätte, wie zum Beispiel ein Ehrgefühl.
Für einen Moment lenkte ich meine Aufmerksamkeit zurück auf die Realität. Vor mir lief unverändert Arya entlang, scheinbar hatte sie sich entweder nicht umgedreht oder mein Gesichtsausdruck war garnicht so schlimm wie ich dachte. Dann drehte ich mich nach hinten, da das ja wohl auch in die Verantwortung von mir als Schlusslicht fiel. Zuerst sah ich nichts doch dann änderte sich das schlagartig und ich wäre vor Schreck fast aus der Haut gefahren.
Zum Glück nur fast und meine Haut kam mit, als ich einen kleinen Sprung in die Luft machte, der meiner Schädeldecke ganz und garnicht gut bekam. Zumindest war es laut genug um die anderen zu alarmieren. Ich sah zwar immernoch in die andere Richtung, aber ich konnte drei mal das Schleifen von Schwertern hören. Ich konnte nicht leugnen, dass es mich etwas beruhigte, drei gut geführte Schwerter hinter mir zu wissen. Ich selbst zog nun mit pochendem Hinterkopf ebenfalls meins und starrte auf das Paar leuchtend gelber Augen, welches mich eben so aus der Fassung gebracht hatte.
Es wirkte wild, als würde es auf nichts und niemanden hören, aber irgendwie nicht direkt feindselig. Obwohl ich mein Schwert in die entsprechende Richtung hielt, kamen die Augen weiter auf mich zu. Was auch immer das Wesen dort war, es war entweder sehr sehr gefährlich oder sehr sehr dreist... oder natürlich beides. „Nimm deine Klinge aus dem Weg Schattentöter, wenn ich dir etwas tun wollte, hätte ich es die letzten Minuten ohne weiteres tun können." Nicht beruhigt sondern eher noch verschreckter stellte ich fest, dass mein geistiger Schutzwall wohl nicht von sich aus richtig stand. Gruselig. Schnell errichtete ich wieder meine Verteidigung. Nichtsdestotrotz hatte ich das Gefühl, die Stimme, die eben im Geiste mit mir gesprochen hatte, zu kennen. Leider wusste ich nicht sofort, woher. Es war, als hätte man ein Wort vergessen, aber es läge einem auf der Zunge.
Bevor ich jedoch darauf hätte kommen können, war das Augenpaar bereits noch näher gekommen, so weit, dass es zumindest teilweise von dem Licht, das durch die Decke fiel, erreicht wurde. Dort, im fahlen Mondlicht, sah man, dass es sich nur um eine recht große Katze handelte. ‚Nur' ist natürlich keine sinnvolle Art, es zu beschreiben. Da sie in meinen Gedanken gesprochen hatte, war klar, dass es eine Werkatze war und damit erinnerte ich mich natürlich auch, von wem ich diese Stimme kannte. „Solembum", flüsterte ich. Der Kater fauchte und ich merkte, dass es für den Augenblick vielleicht ganz gut gewesen war, dass ich vor Schreck nur auf meinen Körper und nicht auf den Schutz meines Geistes geachtet hatte. Werkatzen sprachen in Gedanken.
Ich ließ mein Schwert sinken, was bedeutet, ich ließ die Spitze auf den Boden gleiten, da sie ja schon auf Augenhöhe einer Katze war. Es war gruselig, wie lange er uns nun wohl schon gefolgt sein musste. Seit wir hinab gestiegen waren? Seit wir das Lager verlassen hatten? Seit wir wieder bei den Varden angekommen waren? Es ist unmöglich, irgendwas davon zu bestätigen oder zu widerlegen. Es hat mehr als einen Grund, dass ich bis Teirm nicht geglaubt hatte, dass die Werkatzen existierten. Sie waren zwar schon grundsätzlich eine der seltensten Arten in ganz Alagaësia, aber da sie sich noch dazu nur selten und wenn dann Auserwählten zeigten, hatten die meisten außer Angela und den Elfen Ellesméra bis zu unserem Bündnis vermutlich nie eine zu Gesicht bekommen.
Das konnte uns natürlich auch zum Vorteil werden, denn da wir nun einen fast nicht zu sehenden und unter garkeinen Umständen zu hörenden Begleiter hinter uns hatten, war ein Überraschungsangriff von hinten wirklich ausgesprochen unwahrscheinlich. Von diesem Gedanken beruhigt steckte ich mein Schwert in die Scheide und drehte mich wieder in die Richtung, in die wir eigentlich wollten. Ich stellte fest, dass die Anderen diesen Einfall wohl schon einen Augenblick vor mir gehabt hatten, denn sie hatten ihre Hände bestenfalls noch am Schwert, Angela war bereits drauf und dran, weiterzugehen.
Wie immer, Angela ließ sich nicht ablenken und kehrte nach eigenem Ermessen zu einer Tätigkeit zurück. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass die Kräuterhexe ungefähr so fest auf ihren Ansichten beharrte, wie König Orrin es tat, vielleicht noch mehr. Die Grundlage ihrer Ansichten war allerdings deutlich angenehmer, weshalb ich auch mit ihr besser klar kam als mit ihm.
Der in meinen Augen gravierende Unterschied war nämlich, dass Angelas Einstellung für gewöhnlich auf Logik oder Erfahrung beruhte, während Orrin und ich oft schon aneinander geriet, wenn ich vor ihm sagte, was ich dachte. Dazu kam, dass ich als Drachenreiter immer politisch neutral und respektvoll sein sollte, ganz im Gegensatz zu den Göttern oder Angela. Nun gut, diese beiden sollten das eigentlich auch, taten es aber aus unterschiedlichen Gründen selten bis nie.
Wir liefen eine gefühlte Ewigkeit, bei der es sich wohl kaum um mehr als ein paar Minuten handeln konnte, durch den selben Gang geradeaus, nur durch das Licht des Mondes unsere eigenen Füße sehend. Mit der Zeit nahm dieses jedoch mit ziemlicher Sicherheit ab. Ich vermute, Hazels Magie wurde immer weiter von derselben Kraft geschwächt, die auch das Aufspüren der Tunnel aus der Ferne unmöglich machte. Irgendwann war es dann so schwach, dass man auch von dem verbleibenden Licht nicht mehr wirklich sehen konnte. An diesem Punkt hielten wir alle einmal an und die Decke wurde wieder vollkommen normal. Es blieb jedoch nicht lange stockdunkel, denn kurz danach glühte Hazel in einem goldenen Licht, welches alles viel wärmer, aber genauso geheimnisvoll erscheinen ließ.
So liefen wir schweigend weiter und wieder hatte ich absolut kein als realistisch einschätzbares Zeitgefühl. Wir liefen immer den gleichen schnurgeraden Gang entlang doch schließlich hörte ich, wie jemand vor mir scharf die Luft einsog und wäre dabei fast in Arya gelaufen. Sie war langsamer geworden und vor ihr sah ich auch den Grund. Der Gang öffnete sich in eine Höhle, deren Ende dem Hall zufolge nicht weit weg sein konnte, ich jedoch von meinem Standpunkt aus noch nicht sehen konnte.
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3175 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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