Kap. 14 Aller anfang ist... verdammt anstrengend
Percy pov
Hätte ich nicht einen vollständigen Lageplan der Gänge von Hogwarts in meinem Kopf, wäre ich mir ziemlich sicher, dass ich mehrere Nächte hätte alleine draußen schlafen müssen. Dieses Schloss war verwinkelt und alles schien immer im Wandel zu sein. Gänge, Treppen, Bilder. Keiner dieser Teile war mir vollkommen neu, fünf Jahre in einer Welt voller Götter konfrontiert einen, nicht nur freiwillig, mit so einigem. Meine neuen Freunde vom Esstisch führten uns zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum und erklärten uns die wenigen grundlegenden Regeln, die es hier gab.
Effektiv zusammengefasst konnte man einfach sagen, dass kein Schüler nach zweiundzwanzig Uhr noch auf den Gängen sein durfte, im Raum war erlaubt, und dass anscheinend Jungen nicht in die Räume der Mädchen durften, andersrum aber schon? Dieser letzte Teil machte für mich nicht wirklich Sinn, aber vermutlich kam das aus der Zeit der Gründung, wo solche Rollen eben sehr klar verteilt waren.
Ich war mit Will, Frank, Nicolái, Micah und einem weiteren Jungen, den ich erst hier im Zimmer kennengelernt hatte, Vesper, zusammen in einem Zimmer und zumindest Frank und Will wussten über meine Träume. Leider war das etwas, wo auch meine Unsterblichkeit mir nicht half. Es war keine Krankheit in dem Sinne, dass man sie heilen konnte. Es waren Erinnerungen, die immer und immer wieder hoch kamen und ohne sie zu löschen, was nicht zur Diskussion stand, gab es keinen solchen Weg davon weg.
Wie auch meine Gedanken ab und an noch auf die Muster der halbgöttlichen Hyperaktivität zurück sprangen, war das auch mit dem Schlafen. Ich konnte vielleicht irgendwie darauf verzichten, aber es wäre völlig kontraintuitiv und außerdem müsste ich dann acht oder zehn Stunden lang an die Decke meines Himmelbettes starren. Himmelbett ist unzutreffend. Für meinen Himmel fehlte etwas. Jemand. Annabeth.
Nico pov
Und damit ist von jetzt an der Sumpf der Perspektiven eröffnet.
Viele meiner Zimmergenossen waren laut. Laut genug, um durchaus einen Teil von mir zum Herbeirufen von ein paar Skeletten anzustiften, die sie etwas zur Ruhe bringen würden. Vor allem ein Duo, Goyle und Nott, soweit ich ihre Namen verstanden hatte, Ich glaube, es waren aber nur ihre Nachnamen, das war hier irgendwie nicht so klar, wollten einfach keine Sekunde die Klappe halten. Aber wenn ich mich nicht mehr beherrschte, dann müsste ich mir wieder Wills Vorträge über gewaltfreie Lösungen und Unauffälligkeit anhören. Nicht gerade etwas, worauf ich scharf war.
Trotzdem, es staute sich immer weiter auf und kam meiner Toleranzgrenze näher und näher. Kurz bevor ich explodiert wäre, rief plötzlich jemand: „Könntet ihr vielleicht mal für ein paar Sekunden leise sein?" Ich sah mich um. Ein Junge mit blonden Haaren starrte die beiden fast so wütend an, wie ich mich fühlte. Sofort drehten sich die beiden Schränke, obwohl, wenn man es so genauer betrachtete, vielleicht waren sie eher griechische Tempelsäulen, zu dem vergleichsweise mickrigen Jungen um.
„Draco, erst redest du kein Wort mit uns und dann das? Was ist mit dir passiert?" Der Junge, Draco, schaute sie an, als wären sie bescheuert. Also vermutlich waren sie das, aber dieser Blick war sich da nochmal um einiges sicherer. „Das hat euch garnichts zu interessieren. Seid einfach leise!"
Die beiden sahen sich verwirrt an, dann lachten sie. Spätestens damit war ich mir ziemlich sicher, dass Dracos Blick sie eben recht praktisch eingeschätzt hatte. Ganz klar nicht die hellsten leuchten im Kranz und es ließ mich echt nachdenken, wie sie inzwischen sechs Jahre lang die Prüfungen am Jahresende durchgestanden hatten, denn insbesondere die zwischenzeitlichen Abschlüsse nach dem fünften Jahr sollten vergleichsweise kompliziert sein. Es war erst mein erster Eindruck, aber die eine Gehirnzelle, die die beiden sich offenkundig teilten, schien nicht die Kompetenzen für das bewältigen komplexer Aufgaben zu beinhalten.
Sie begannen gerade genauso laut wie zuvor über genauso unwichtige Dinge wie zuvor zu sprechen, wie schon die ganze Zeit, seit wir das Zimmer betreten hatten, und zusammen damit, dass sie den Jungen einfach ignoriert hatten, brachte das für mich das Fass zum überlaufen. Also nicht so sehr, dass ich die Kontrolle verlor und Wut ans Steuer ließ, wie damals bei Bryce, aber genug, dass ich es nicht mehr einfach ignorierte.
„Ruhe!" In diesem Moment war sogar ich selbst davon überrascht, wie kalt meine Stimme klingen konnte. Das gab mir die Zuversicht, dass ich trotzdem noch meine Gefühle unter Kontrolle hatte. Anders als in der Vergangenheit, wo meine Stimme durch Zorn an Kraft gewonnen hatte.
Nun fuhren die beiden zu mir herum. Sie waren offensichtlich überrascht, als ihr gegenüber zwei Jahre jünger und fünfzehn Jahre weniger breit als sie war, aber sie hatten keine nennenswerten Fähigkeiten. Ich musste aktiv nach ihrer Aura suchen, um irgendetwas zu finden. Nicht genug, um es diesen Aufwand wert zu machen.
„Was hast du gesagt, Kleiner?", wollten sie wissen? Bei jedem anderen wäre ich von einer rhetorischen Frage ausgegangen, aber nach meinem bisherigen Eindruck von ihnen war es durchaus möglich, dass die tatsächlich zu blöd gewesen waren, mich zu verstehen. „Ich hab gesagt, dass ihr leise sein sollt." - „Und warum sollten wir auf dich hören?", stellte Nott eine der dümmsten Fragen, die man an einen Sohn des Hades richten sollte.
Ich lächelte sie auf eine Art an, die durchaus als Morddrohung aufgefasst werden könnte, und antwortete im dazugehörigen Tonfall: „Weil die Krankenschwester hier vermutlich nicht so erfreut wäre, gleich am ersten Abend zwei Patienten abzubekommen." Dieses Mal beeindruckte uns wieder Goyle mit seiner unfassbaren Eloquenz. „Hä?"
Einer der beiden anderen Jungen, die mit in meinem Raum waren, übersetzte auf einer für Orks angepassten Version unserer Sprache: „Er sagt, er verhaut euch, wenn ihr nicht die Klappe haltet." Ich hatte zwar effizientere Wege als verhauen von zwei Fettpolstern, aber mit dieser Art des Dolmetschens konnte ich arbeiten.
Man konnte förmlich sehen, wie in ihren Augen ganz langsam Erkenntnis wuchs. Es war wirklich, als würde man mit jemandem reden, der mit einer anderen Geschwindigkeit der Zeit lebte. Als dann auch in seiner Welt genug Zeit zum verstehen vergangen war, rief Goyle, schon wieder unnötig laut, „Du drohst uns?" Ich zuckte mit den Schultern und tat so, als würde ich vorsichtig mit meiner Antwort sein. „Ja... Das ist ziemlich genau das, was ich gerade gesagt habe."
„Komm, Nott, lass uns dem Kleinen Respekt beibringen", rief er. „Du weißt doch garnicht, was das heißt!", kommentierte Malfoy von der Seite. Offenbar hatte er jetzt doch wieder Mut gefasst.
Ich lachte nur, während die beiden Riesen wütend auf mich zu liefen, was sie sichtlich verwirrte. Riesen waren sie vielleicht im Vergleich zu mir, aber im Vergleich zu den Feinden, die ich gewohnt war, waren sie doch irgendwie langweilig. Außerdem reagierten die hirnlosen und denkunfähigen Erdgeborenen von Gaia meistens schneller und durchdachterer.
Sie versuchten beide gleichzeitig mich zu schlagen, was bei einem gewöhnlichen Schüler von meinem Alter und meiner Statur vielleicht in einem grauenvollen Albtraum hätte enden können, aber in diesem Fall ihr zweiter Fehler war. So konnte ich ihre Arme gleichzeitig greifen, daran ziehen, mich nach hinten fallen lassen und sie dank göttlicher Stärke über mich hinüber schleudern. Ihr erster Fehler war offensichtlich, sich mir auf einen Abstand von weniger als zwei Meter zu nähern.
Sie rutschten hinter mir über den Boden, was aufgrund von sowohl Material und dem Abstand zwischen den einzelnen Steinen vermutlich nicht besonders angenehm war, und schlugen mit genug Schwung für eine ordentliche Beule mit dem Kopf gegen die Bettpfosten von Malfoys Bett. Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass diese nicht wegbrachen. Der klügere gibt eben nicht immer nach.
Das Krachen war aber offensichtlich laut genug gewesen, um die beiden, die uns vorher weitestgehend ignoriert hatten, dazu zu bringen, in unsere Richtung aufzuschauen und sich dann ganz schnell wieder abzuwenden, als hätten sie nichts gesehen. Ob mir das jetzt sympathisch war, wusste ich nicht, aber es kam mir gelegen.
„Wie hast du das...?", begann Malfoy eine Frage, die er nicht beenden brauchte, um ihre Bedeutung zu vermitteln. Ich zuckte locker mit den Schultern. „Je schwerer die Gegner, desto weiter fliegen sie", stellte ich fest. Das war in keiner Hinsicht eine auf die Frage passende Antwort, aber er akzeptierte sie trotzdem so, wie sie war, und sah mich nur verwirrt an.
„Draco, richtig?" Er nickte. „Warum haben die beiden Halbtrolle im Rahmen ihrer Fähigkeiten so überrascht getan, dass du nicht mit ihnen redest?" Er zog eine Grimasse. „Das geht dich nichts..." - „Ich habe auch nicht nach einer Antwort verlangt, ich habe dich lediglich gefragt. Wenn du nicht antworten willst, dann musst du nicht."
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie unsere beiden anderen Rauminsassen versuchten, unauffällig aber neugierig über ihre Bettränder zu gucken, um zu sehen, wie das Gespräch weitergehen würde.
Ich konnte Dracos Gesicht ansehen, dass er mit sich Rang. Ich kannte diesen Ausdruck. Ich hatte ihn schon oft genug im Spiegel gesehen. Schließlich schien er sich aber doch überwinden können. „Sie waren mal meine Freunde." Ich zog schon bei diesem Einsatz meine Augenbrauen hoch. Er klang ganz und garnicht nach Freunden. Das gab er dann auch zu. „Gut, Lakai trifft es in Goyles Fall eher. Und Nott war ein Freund, weil mein mit unseren Eltern keine wirkliche Alternative hat. Wir waren im letzten Jahr alle auf der Seite von du-weißt-schon-wem und an dem Tag, an dem alles zu Ende ging, sind einige Dinge geschehen, die mich ins Nachdenken gebracht haben. Potter hat mir und Goyle das Leben gerettet und das obwohl wir für sieben Jahre verfeindet waren. Jetzt will ich versuchen, neu anzufangen, und auf einen Schlägertrupp, von dem die andere Hälfte, Crabbe, gestorben ist, zu verzichten war da der erste Schritt."
Man, das Leute immer erst Nahtoderfahrungen brauchen, um auf den richtigen Weg zu kommen. Wirklich, da müsste man mal in Betracht ziehen, jedes kleine Kind einmal fast umzubringen, wenn das so effektiv ist. Aber gut, wenn er sich jetzt für die richtige Seite entschieden hatte, dann konnte ich da vielleicht Sorge tragen, dass er sich daran hielt. Viel besseres würde ich sowieso nach Beginn der Nachtruhe nicht zu tun haben.
„Na, das ist mal ein Vorhaben. Wenn dein halber ex-Schlägertrupp und sein anderer Kumpel dich doch mal stören sollte, viele Leute sind überrascht, wie wenig Hemmungen ich beim Einsatz von Gewalt gegen Idioten habe", bot ich ihm an. Er war definitiv überrascht. Vielleicht hielt er mich auch für verrückt, ob er damit richtig oder falsch lag, würde ich mir nicht herausnehmen festzulegen, aber nachdem er offenbar kurz nachgedacht hatte, streckte er seine Hand aus. „Draco, auch wenn mich einige nur mit meinem Nachnamen Malfoy ansprechen."
Ich erwiderte nach einem kurzen, instinktiven Augenblick des Zögerns den Händedruck und antwortete: „Nico, mein Nachname, DiAngelo, ist den Leuten zu lang." Darüber lachte er und ich hatte das Gefühl, hier hatte ich jemanden, der zumindest die Chance bot, über die Monate langsam zu einem Freund zu werden. Mit allen weiterreichenden Aussagen war ich noch immer sehr zurückhaltend.
Will pov
Ich hatte grundsätzlich, wie die meisten in meiner Hütte, einen leichten Schlaf. Ein Teil davon lag sicherlich am Dasein als Halbgott, aber Nico im Schlaf zu stören war ebenso unmöglich wie lebensgefährlich, deshalb waren wir uns weitestgehend einig, dass es irgendetwas in uns gab, das immer hoffte, die nächste Unterbrechung des Schlafs würde die Sonne zurück bringen. Das wäre dann die Begründung durch Dads Eitelkeit.
So oder so, als ich hörte, dass sich jemand, schmerzerfüllte laute von sich gebend, im Bett herum warf, war ich sofort hellwach. Ich war ich auch sofort fast sicher, dass dieser jemand Percy war und der schnelle Blick, den ich in seine Richtung warf, diente eigentlich nur der Bestätigung. Wir hatten am Vorabend durchgesprochen, wie man sich in dem Fall am besten organisieren würde. Auch wenn die anderen uns komisch angeschaut hatten, in Altgriechisch. So waren wir vor potentiellem Lauschen sicher.
Entsprechend sprang ich sofort auf und rüttelte Frank wach. Ich hatte das Glück gehabt, dass die Moiren nicht mir die Reise ins antike Griechenland angetan hatten, aber dafür hatte ich eben auch nicht die Belohnung der anderen bekommen und konnte mich entsprechend auch nicht teleportieren.
Es brauchte zu lange, aber Frank wurde irgendwie langsam wach und als er mich verwirrt anstarrte, deutete ich mit Nachdruck auf Percy. Frank sah aus, als habe ihm jemand einen Eimer kaltes Wasser übers Gesicht gekippt. Er richtete sich senkrecht im Bett auf und sah mich fragend an. Als ich ihm mit einem Nicken bestätigte, dass er seinen Teil umsetzen sollte, verschwand er direkt vor meiner Nase. Derweil gab ich mir Mühe, das nunmehr zweitmächtigste Wesen des Universums aus seinem Albtraum zu reißen.
Annabeth pov
Ich wurde dadurch wach, dass jemand hektisch an meiner Schulter ruckelte. Keine gute Idee. Noch bevor ich meine Augen öffnen konnte, hatten meine alt antrainierten Impulse die Kontrolle über meinen Körper übernommen. Ich griff nach dem Arm, wirbelte herum und hatte den Verantwortlichen eine Sekunde später mit auf den Rücken gedrehtem Arm im Schwitzkasten. Erst dann guckte ich mir mein Opfer an und stellte fest, dass es Frank war, der gerade versuchte, seine Zähne zusammenzubeißen, um nicht laut aufzuwimmern. Schnell ließ ich ihn los.
Er richtete sich hastig auf und flüsterte, noch bevor ich fragen konnte, „Percy hat Albträume!" Mehr brauchte er nicht zu sagen, um alle Alarmglocken in meinem Kopf um die Wette klingeln zu lassen. Im nächsten Augenblick hatte ich mein Wissen nach der genauen Position des Hufflepuff-Gemeinschaftsraumes durchsucht, Franks Arm gegriffen und in einem Regen aus schwarzen Funken verschwanden wir. Ich hatte mir garnicht erst die Mühe gemacht, zu überprüfen, ob vielleicht jemand aus meinem Schlafsaal aufgewacht war. Es gab in diesem Moment wichtigeres.
Das blau um mich herum war verschwunden und jetzt schien alles in einem matten Gelb behängt zu sein. Hektisch drehte ich meinen Kopf in alle Richtungen, bevor meine Augen das fanden, was meine Ohren schon längst wussten. Percy, der sich im Bett herum wälzte, so sehr, dass es ein Wunder war, dass er noch nicht heraus gefallen war.
Ich sprintete durch den Raum zu ihm, schüttelte ihn heftig mit einer Hand und streichelte mit der anderen Hand seine Wange. Letzteres war wirklich nicht leicht, während er sich so herum warf. „Percy, wach auf! Wir sind nicht mehr da. Wir sind draußen. Lebend. Glücklich!", flüsterte ich. Ich müsste es eigentlich besser wissen, aber ich hoffte noch immer, dass wir diese Nacht irgendwie ungesehen von den anderen Schülern unter den Tisch kehren könnten.
Tatsächlich wurde er bei meinen Worten ruhiger, aber sein Gesicht war noch immer verzerrt und seine Atmung unregelmäßig. „Keinen... Sinn!", hörte ich ihn murmeln. Die selben Worte, zu denen er sich im Kokytos fast hätte ertrinken lassen. „Nein!", rief ich. „Nein, sag das nicht, Percy. Es hatte Sinn, wir haben es raus geschafft. Zusammen." Ich wusste nicht, wie viel davon ihn erreichte, aber mehr konnte ich nicht tun, weniger würde ich nicht tun und es schien irgendwie Einfluss auf ihn zu haben.
Und dann kam der vielleicht schlimmste Teil. Der schlimmste oder der zweitschlimmste, eins von beiden. „Annabeth, nein, nein, nein ... Bob, wir brauchen dich... Hilf ihr!" Ich sah die Szene bildlich vor mir, auch wenn ich ihn dabei damals nicht gehört hatte. Den grauen, nebligen Wald. Die Arai, die all unser Glück und alle unsere Siege aus den gesamten Jahren davor auf uns zurück schossen. Was Percy an diesem Tag auf sich genommen hatte, ließ mir auch jetzt noch einen Schauer über den Rücken jagen.
Er hatte unter hunderten Flüchen gelitten, hatte Todesqualen ertragen, und doch war das, worum er Bob bat, nicht Linderung für ihn, sondern mich zu retten. Es brach mich, ihn so zu sehn. Und damit konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich legte mich neben ihn, zog ihn mit meinen Armen ganz fest an mich heran und vergrub meinen Kopf in seinem Shirt. „Percy, wach auf! Komm zu uns zurück!"
Ich konnte im Nachhinein nicht mehr rekapitulieren, ob ich das geflüstert, geschrieen oder geschluchzt hatte, ich konnte mich nur noch an den Moment danach erinnern. Behutsam, als könnte er damit etwas zerbrechen, legte er seine Arme um mich, vermutlich sogar noch im Schlaf, und ich hörte ihn stotternd flüstern: „A... Annabeth?"
Ich hätte vor Erleichterung aufschreien können. Stattdessen antwortete ich genauso behutsam: „Ja, Algenhirn, ich bin es." Ich spürte, wie er zitterte und dann murmelte: „Ich war wieder da unten. Wieder..." Weiter kam er nicht. Ich legte ihm schnell den Zeigefinger auf den Mund. „Pst, Percy, es ist vorbei. Das war nur ein Traum. Es ist vorbei und wenn es nochmal passieren würde, würde es dieses Mal anders ausgehen. Wir haben es geschafft und wir sind immernoch zusammen. Es wird alles gut", versprach ich ihm und zum vielleicht ersten Mal in meinem Leben glaubte ich tatsächlich auch daran, dass es jetzt dauerhaft wäre.
Nach der Schlacht um Manhattan hatte ich gehofft, aber meine Halbgottlogik hatte mich immer wieder daran erinnert, dass Halbblute kein glückliches und ruhiges Ende bekommen sollten. „Bist du sicher?", fragte er unsicher. „Versprochen!", antwortete ich ohne Zögern. Seine Umarmung wurde etwas fester, sicherer und nachdrücklicher und ich folgte diesem Beispiel.
Erst dann ließ ich wieder die äußeren Eindrücke zu, die ich zuvor verdrängt hatte. Frank und Will lagen wieder in ihren Betten, waren aber eindeutig noch wach. Wie durch ein Wunder hatten alle anderen einen so tiefen Schlaf, dass sie noch immer nichts bemerkt hatten. Ob das bei meinen Mitschülern in meinem eigenen Schlafsaal genauso war, wusste ich nicht, es war allerdings ein Problem, um das ich mich am nächsten Morgen kümmern würde.
Ein weiterer Zwischenfall dieser Art, hätte den Nerven von uns allen nicht gut getan. Deshalb hatte ich entschlossen, ich würde diese Nacht da bleiben. Ich würde vermutlich sowieso aus alter Gewohnheit früher wach werden und so könnte das unbemerkt bleiben.
„Frank, Will!", flüsterte ich laut genau, damit die beiden mich verstehen konnten. Sie reckten die Köpfe in die Höhe. „Danke!" Sie lächelten beide, ich erwiderte und sie drehten sich wieder um. Ich kuschelte mich fest an Percy, sodass ich sein noch immer zu schnell schlagendes Herz spüren konnte. Er zog mich noch ein wenig mehr an sich und so schliefen wir beide langsam gemeinsam ein. Sein sich mit der Zeit wieder der Norm annähernder, davon abgesehen aber gleichmäßiger Herzschlag hatte genug beruhigendes an sich, dass auch meine Alarmglocken von zuvor in die Nachtruhe wechselten.
Gute Nacht. Einmal blinzeln und es ist früh am nächsten Morgen
Ich gab Percy einen sanfte Kuss, um ihn aufzuwecken. Das funktionierte normalerweise nur soweit, dass er wach wurde. Um ihn aus dem Bett zu bekommen brauchte man viel härtere Geschütze, aber in diesem Fall musste er nur wach werden. Die anderen würden frühestens in einer Viertelstunde aufwachen, bis dahin wollte ich jedoch nicht mehr im Raum sein.
„Wir sehen uns gleich beim Frühstück, Algenhirn, komm ja nicht zu spät." Seine Mundwinkel gingen etwas nach oben und er gab mir einen Kuss auf den Scheitel. Es war immernoch ungerecht, dass er so groß war, dass er das ohne weiteres tun konnte. Zugegebenermaßen, erstens lagen wir beide, es war also keine Kunst, und zweitens konnte ich meine Größe in der Theorie selbst verändern. Das würde jedoch erfordern, dass ich mich an einen neuen Körper gewöhnen müsste und darauf hatte ich keine Lust. Ich war zufrieden mit dem Körper von Annabeth Chase, da brauchte ich nicht Annabeth Chase zwei Punkt null. „Komm mir nicht abhanden", flüsterte Percy zurück und ich schmunzelte, ehe ich mich in dem gleichen mysteriösen Funkenregen verschwand, durch den ich am Vorabend hergekommen war.
Ich landete wieder auf meinem Bett im Ravenclaw-Saal. Das war die gute Nachricht. Die schlechte war, dass ich vergessen hatte, dass viele Mädchen morgens länger brauchten als Jungen, und wenn die Jungen erst in fünfzehn Minuten aufstehen würden, die Chancen groß waren, dass bei uns bereits seit einiger Zeit Gewusel herrschte.
So sollte es sein. Und nicht nur irgendwelches Gewusel. Nein, die Befürchtung, die ich in der Nacht noch als unwichtig weggeschoben hatte, war präzise wahr geworden. Sie hatten offenbar alle gerade erst mitbekommen, dass ich weg war. Wie das aber gerne mal so war, bei Leuten, die diese Art von Intelligenz hatten, die man als Ravenclaw meistens aufzuweisen hatte, nämlich von der Sorte, die einem in der Schule den Ruf eines Strebers und Nerds einbringt, hatten sie gerade offenbar Probleme mit dem sehr offensichtlichen gehabt. Ich war nicht, wo ich sein sollte, obwohl meine Sachen für den Tag noch neben dem Bett lagen, und so standen sie alle um mein Bett herum. Hätte ich einen unpassenderen Zeitpunkt abbekommen können? Schwierig.
Ich hörte überraschte Ausrufe, die von „Was war das?" über „Wo warst du?" bis hin zu „Man kann doch in Hogwarts garnicht Apparieren" reichten. Ich seufzte. Das würde eine Menge Erklärungen brauchen.
Ich hob eine Hand, um sie zu unterbrechen. Solange sie alle durcheinander redeten, würde ich garnicht erst versuchen, irgendetwas zu sagen. Erstaunlich schnell brachen sie alle ihre Einwürfe ab. „Danke", murmelte ich. „Erstens, wenn morgen die ganze Schule weiß, dass ich in Hogwarts auftauchen und wieder verschwinden kann, könnte das sehr unschön für die Verantwortliche werden. Zweitens, je mehr Fragen ihr auf einmal stellt, desto weniger werde ich beantworten. Verstanden?"
Sie hatten am Abend zuvor alle einen mehr oder wenig guten Eindruck gemacht, in keinem Fall aber so schlecht, dass ich das Gefühl hatte, mich mit ihnen nicht verstehen zu können. Aber ich hatte auch nicht vor, mich von allen Richtungen mit Fragen bombardieren zu lassen. Die kleine Drohung war notwendig, ich brauchte keine Gerüchte schon am ersten Tag.
Sie nickten alle, bis auf Ophelia. Wäre auch zu einfach gewesen. „Warum glaubst du, solche Forderungen stellen zu können?", wollte sie wissen. Ich seufzte. „Weil ich keine einzige Frage beantworten werde, wenn ich das nicht für eine gute Idee halte, weil ihr diejenigen seid, die etwas wissen wollen, und weil ich das sage." Ich hielt den Blick, den sie mir zuwarf. Als sie sich schließlich geschlagen gab, fragte ich: „Noch weitere Fragen zu diesen Bedingungen?" Niemand sagte etwas.
„Sehr schön, also, das war kein apparieren, sondern ein anderer Kunstgriff, und selbst wenn es das wäre, ist das auch hier nur eine Frage vom richtigen Trick. Mit den Zaubern von Hogwarts kriegt ihr mich jedenfalls nicht aufgehalten. Wo ich war, geht hier denke ich niemanden genauer etwas an, man kann aber vielleicht sagen, ich habe jemandem geholfen. Jemandem, dem nur ich helfen konnte. Noch weitere Fragen?"
Ein anderes Mädchen, das mir seines verträumten Blicks wegen schon aufgefallen war, hob die Hand. Luna. Ich blickte sie fragend an. „Wer ist dieser jemand?" Ich dachte kurz nach, hoffte dann aber, dass ich vielleicht mit mehr Informationen eher dafür sorgen würde, dass sie dicht hielten. „Meinem Freund." - „Wer ist er?", kam kaum hatte ich das gesagt, die Rückfrage. War ja klar. „Das", antwortete ich lächelnd, „werdet ihr noch früh genug erfahren."
Ich blickte nochmal fragend in die Runde. „Gibt es noch weitere Dinge, die du kannst, die aber an dieser Schule nicht möglich sein sollten?", wollte Magnolia mit hochgezogener Augenbraue wissen. Ich kicherte leise vor mich hin. „Mehr als ihr alle zusammen euch vorstellen könnt, glaubt mir das." Eine solche Ankündigung brachte natürlich auch sofort zweifelnde Blicke mit sich. „Zeig her!", rief Dahlia. Und bekam dafür ein Augenrollen. Ich konnte allerdings nicht leugnen, dass meine alt eintrainierte Hybris und das damit verbundene verlangen, allen zu zeigen, was ich konnte, mich garnicht erst überlegen ließen, ob ich darauf einsteigen würde.
Ich zückte blitzschnell meinen Zauberstab und deutete damit auf eine Wand. „Patronus Lapidis!" Es krachte und aus der Wand brach eine drei Meter große, steinerne Eule hervor und flog eine Runde durch den Raum, bevor ich einmal mit meinem Zauberstab durch die Luft wischte und sie daraufhin zu feinstem Sand zerbarst.
Jetzt starrten mich vier offene Münder an, und eine Luna, deren Blick mich sehr an den elfjährigen Nico erinnerte, als er uns im Kampf gegen den Manticore gesehen hatte. „Wow, kannst du mir das beibringen?", wollte sie mit glitzernden Augen wissen. Ich lachte laut darüber. „Vielleicht ein ander Mal, hört erstmal auf mich anzuglotzen als hätte ich mich in Medusa verwandelt, und lasst uns hier fertig werden. Ich möchte nicht schon am ersten Tag zu spät kommen. Das wird auch so noch oft genug geschehen."
Eine von ihnen schüttelte sich, zwei guckten betreten, Luna grinste und Saylor grinste, während sie bemerkte: „Da spricht eine wahre Ravenclaw." Ich schenkte ihr ein leichtes Schmunzeln, ehe ich aufsprang und ins anliegende Bad ging, um mich fertig für den Tag zu machen, ohne den anderen zu zeigen, dass ich das ganz einfach mit Magie machen konnte.
Bevor wir schließlich den Raum verlassen wollten, um runter erst in den Gemeinschaftsraum und dann in die große Halle zu kommen, drehte ich mich noch einmal zu den anderen um. „Egal wer euch fragt, ihr habt nichts davon gesehen, richtig?" Sie nickten alle, außer Luna, hastig. Letztere diese hatte ihren gewöhnlich verträumten Blick aufgesetzt und flüsterte, „Natürlich", als wäre sie in einer vollkommen anderen Welt. Mehr konnte ich aber nicht tun, um sie zur Geheimhaltung zu verpflichten, ohne ihnen bleibende körperliche Schäden oder Traumata auf Lebenszeit zuzufügen. Nichts davon lag in meinen Absichten und so verzichtete ich einsichtig.
Obwohl ich darauf keinen bewussten Einfluss genommen hatte, kamen wir fast zur selben Zeit, wie eines der Jungenzimmer unten im Gemeinschaftsraum an, das, das sich am Vorabend zum Einschlafen von Leo hatte in vielfacher Ausführung bespaßen lassen dürfen beziehungsweise müssen. Ob das jetzt für sie Fluch oder Segen war, war schwer zu sagen, aber ich war froh, zumindest jemanden zu kennen, während wir hinunter in die Halle liefen.
Wir tauschten ein wenig unsere bisherigen Erfahrungen aus und ich erklärte ihm auf Altgriechisch, wie die anderen aus meinem Raum mitbekommen hatten, dass ich mich nicht an Hogwarts Einschränkungen der Magie halten musste. „Soll ich ihre Umhänge ankokeln, wenn sie etwas sagen, was sie nicht sagen sollten?", schlug er vor. Er kannte meine Antwort schon bevor ich sie gab, aber ich würde ihm nicht den Freiraum dabei geben, mein schweigen als das Gegenteil von der Reaktion, die ich eigentlich geben würde, zu interpretieren.
Ich wechselte dafür sogar wieder zurück und hörte auf, in längst toten Sprachen zu reden, damit niemand uns verstehen könnte. „Nein, Leo Valdez, du zündest niemanden aus meinem Zimmer an und du zündest auch nichts und niemanden sonst an, solange Percy und ich es dir nicht beide erlauben."
Es war fragwürdig, ob unser Gespräch von da an sinnvolleren und schulbezogeneren Inhalt bekam, aber immerhin redeten wir von da an den restlichen Weg zur großen Halle nicht mehr darüber, unsere Mitschüler in Brand zu stecken.
Das größte Ereignis beim Frühstück waren Percy, der am Hufflepuff-Tisch Pancakes in Sirup ertränkte, und Professor Flitwick, der uns unsere Stundenpläne aushändigte. Sofort hatte ich meinen überflogen und mich im Anschluss mit Percy darüber ausgetauscht.
Ich hätte vor Freude fast einen Luftsprung gemacht, als wir festgestellt hatten, dass an dieser Schule offenbar in den meisten Fächern die gleichen Häuser zusammen hatten. Ravenclaw und Hufflepuff waren als die beiden Häuser, die in Rowlings Kopf Kollektiv eine ähnlich wichtige Rolle gespielt haben, wie Phoebe in der Percy Jackson und Helden des Olymp Reihe fast in jedem Fach zusammen. Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass wir genau die selben Kurse ausgewählt hatten, aber meinem Wissen nach gab es in den meisten Fällen mehr als einen Kurs pro Fach pro Jahrgang und der wurde nur gemischt, wenn einer zu voll und der andere zu leer war. Tatsächlich waren wir nur in Verteidigung gegen die dunklen Künste nicht zusammen.
Die schlechte Nachricht bestand darin, dass es gleich das nächste Fach war. Zuvor gab es aber noch etwas, was wir tun mussten und obwohl wir uns nicht dazu ausgetauscht hatten, wusste ich, dass Percy sich ebenfalls darüber im Klaren war.
Ich aß also recht zügig auf und warf Percy einen erwartungsvollen Blick zu. Er blickte traurig auf die vor ihm liegenden Pancakes, bevor er mit übertrieben hängenden Schultern aufstand. Ich schüttelte nur amüsiert den Kopf. Ich wusste genau, dass er in der Zeit schon irgendetwas zwischen zehn und zwanzig gegessen hatte und das bereits mehr war, als in irgendeinen menschlichen Magen passen würde. Wir liefen zum Ausgang der Halle und steuerten von dort aus auf das gigantische, magische Treppenhaus zu. Als ich es das erste mal gesehen hatte, hatten sich als erstes zwei Fragen in meinen Kopf geschlichen.
Zuerst einmal die Frage, wie und wieso sich die Treppen so oft bewegten. Ich hatte sehr schnell Muster darin erkannt, aber ich hatte so meine Zweifel, dass das von selbst so geschah. So genau hatte ich dann aber doch nicht darüber nachgedacht und stattdessen gleich meinen neuen Mitschülern die zweite Frage laut gestellt. „Wie viele Schüler sind eigentlich schon gedankenverloren bei diesem Treppenhaus angekommen, haben nicht richtig aufgepasst und sind über die Kante in den Tod gestürzt?"
Das hatte mir einen Haufen verwirrter Blicke eingebracht. Offenbar waren die meisten noch garnicht auf die Idee gekommen, dass sie jeden Tag dieses buchstäbliche Minenfeld überquerten. Und dann gab es Luna. „Laut Aufzeichnungen des Ministeriums gab es nur zwanzig Abstürze, von denen elf von schnell reagierenden Schülern gerettet worden sind, sich drei schwer verletzt haben und es den Rest erwischt hat. Vater meint aber, dass es mindestens fünfzig über die Jahre hinweg gewesen sein müssten."
Woher sie dieses Wissen nahm, fragte ich garnicht erst. Es war jedoch ein erstes Indiz, dass diese Schule doch auch ihre Gefahren barg. Als Halbblut wurde man im Kampf gegen Monster schwer verletzt und starb nicht selten deshalb. Hier war die Schule voll mit tödlichen Fallen. Langsam war ich mir garnicht mal so sicher, ob es wirklich die
Halbblute waren, deren Jugendalter aus einer einzigen tödlichen Gefahr bestand.
Das Ganze störte uns natürlich auf unseren Weg in den siebten Stock nicht. Wir könnten theoretisch einfach hoch in den siebten Stock fliegen und taten es nur wegen den Stalker-Gemälden nicht.
Schlussendlich standen wir vor dem Wasserspeier, hinter dem unseren grundsätzlich richtigen Informationen nach der Eingang liegen sollte. Ich sah mir das magische Konstrukt an und mir fielen viele Dinge daran auf. Es war klug gelegt. Es war extrem umfangreich und kompliziert. Es ließ sich einfach umgehen, wenn man sich zwei Meter in die Wand teleportieren würde. Gedacht getan, im nächsten Moment standen wir auf einer vollkommen dunklen Wendeltreppe, die wir mit den Augen, die wir als Halbgötter besessen hatten und die wir vom Aufbau her immernoch verwendeten, absolut nicht erkennen konnten.
Zumindest so lange, bis Percy ein gut erkennbares magisches Leuchten aus sich heraus dringen ließ, welches unseren Aufstieg in einem anmutigen, dunklen Blau färbte. Wir liefen bis ans Ende der Treppe und stießen dort auf ein kleines Problem. Die Treppe endete auf der falschen Seite, da wir ja nicht den Zauber benutzt hatten, der sie in die richtige Position bringen würde. Unser Weg zum Schulleiterbüro endete also mit einem Sprung über drei Meter.
Aus Höflichkeit klopften wir an die Tür, statt auch dieses Mal einfach auf der anderen Seite aufzutauchen. Wie von Geisterhand, also durch Magie, schwang die Tür selbstständig auf und es offenbarte sich uns ein riesiger Raum mit allen möglichen alten Artefakten. Die Sammlung an Büchern war umwerfend und schon beim ersten Blick über die Auswahl der Titel konnte ich sehen, dass sich damit einiges Unheil anrichten ließe. Eines fiel mir jedoch besonders ins Auge. Ein königsblauer Einband, der nicht ansatzweise so verstaubt war, wie all die Bücher um ihn herum, fast als wäre es kürzlich herausgezogen worden, mit Schrift und Mustern aus Blattgold darauf. „Leben und Taten des Merlin", flüsterte ich und dabei regte sich etwas in meinem Kopf.
Merlin, so fand ich heraus, war eine Gestalt, die vor mehreren Jahrhunderten in der Zaubererwelt gelebt hatte. Es schien, als sei er unbezwingbar, als sei sein Verhalten unberechenbar und als könne niemand auch nur verstehen, was für Magie er benutzte. Er hatte den Zauberern durch viele Kriege in dieser Zeit geholfen und war, wie ich ganz zum Schluss feststellte, das einzige Mal in der Geschichte der Erde, dass Chaos in einer physischen Gestalt die Erde mit eigenen Füßen betreten hatte. Merlin war sein Deckname gewesen und das einzige Mal, dass Gold zu seinen Erkennungsfarben zählte.
Meine Aufmerksamkeit wurde wieder auf das zurück gezogen, was uns ursprünglich her geführt hatte, indem der Schulleiter selbst uns begrüßte und mit einem gütigen Lächeln: „Willkommen in meinem Büro, ihr zwei, und das zu so früher Stunde. Gefällt euch unsere Schule?" Diese Frage war sehr einfach. „Jep!", antworteten wir beide gleichzeitig, bevor ich ergänzte: „Nur die strikte Teilung der Schüler in Häuser hat in meinen Augen zu mehr Problemen geführt, als sie Vorteile gebracht hat."
Er sah mich nicht überrascht, aber neugierig an. „Und was, meine Liebe, hat dir diesen Eindruck verschafft?" - „Nun, zum einen scheint es so, als ob die Freundschaft mit Leuten aus anderen Häusern in den meisten Fällen als schlecht angesehen wird, weil diese oft als Konkurrenz gesehen werden, und zum anderen scheinen Schüler alleine wegen der Zugehörigkeit zu einem Haus als gute oder schlechte Menschen zu gelten." Er nickte verstehend. „Ja, dieser Umstand ist mir bekannt. Grundlegende Reformen lassen sich unglücklicherweise nicht so einfach umsetzen und so stehen diese Traditionen seit der Gründung der Schule."
Er setzte eine kurze Pause und alleine in dieser setzte ich mir das Ziel, in diesem Schuljahr ein wenig bei der Durchmischung und Anfreundung der Schüler aus unterschiedlichen Häusern nachzuhelfen. Als ich Percy von dieser Idee erzählte, stimmte er sofort zu. Wir hatten gerade bei uns zuhause die Probleme zwischen Griechen und Römern gelöst, warum also nicht auch hier.
„Ich bezweifle, dass ihr deshalb hergekommen seid. Was kann ich sonst für euch tun?", wollte Dumbledore wissen. Wir tauschten einen Blick aus, bevor Percy zögerlich begann zu erklären: „Es gab da letzte Nacht einen kleinen Zwischenfall..." Dafür erntete er natürlich einen neugierigen Blick. Vermutlich hatte der Schulleiter nach dieser Art von Anmoderation schon alles von einem Mädchen, das abends versehentlich die falsche Treppe zum Schlafsaal genommen hatte, bis hin zu fünf Schwerverletzten auf einmal bei einem nächtlichen Kampf auf den Gängen gehört.
Wohl wissend, wie schwer es sein konnte, darüber zu reden, insbesondere mit so frischen Erinnerungen, griff ich nach Percys Hand und drückte sie leicht, um ihm zu signalisieren, dass er dabei nicht alleine war. Sofort kam mindestens der selbe Druck zurück und er warf mir ein schnelles, dankbares Lächeln zu.
„Nun, es ist so, wir beiden haben eine schwierige Vergangenheit hinter uns und die hat Spuren hinterlassen, bei denen wir noch keinen Weg gefunden haben, sie wieder zu beseitigen..." Auch als er wieder eine Pause ließ, wartete der Professor weiterhin aufmerksam, wie es weitergehen würde. Er schien unter anderem ein guter Zuhörer zu sein und das war gut so, denn das Gespräch war schon so nicht einfach für uns. Wir sprachen nicht gerne darüber, aber wenn wir es nicht tun würden, hätte das noch schlimmere Probleme zur Folge.
„Nachts bekommen wir, in den meisten Fällen ich, grauenvolle Albträume, aus denen wir nicht von selbst aufwachen, und aus denen uns niemand außer der jeweils andere retten kann. Nun ist es aber sowohl durch die unterschiedlichen Häuser, als auch die hiesigen Regeln über jungen und Mädchen nachts in einem Raum nicht möglich, dass wir einander auf konventionellem Weg zu Hilfe kommen können." Er sah den älteren Mann fragend an und dieser nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
Der Griff um meine Hand wurde nochmal etwas fester, als er fortfuhr: „Das war der Zwischenfall. Ich hatte genau einen solchen Albtraum. Wir haben dafür zwar im Voraus Notfallpläne zusammengeschustert, aber nur weil alle Teile davon rechtzeitig funktioniert haben, waren wir so schnell, dass ich niemanden mit einem gequälten Schrei im Schlaf aufgeweckt habe. Aber das dürfte mehr eine glückliche Ausnahme als die Regel sein."
Als Percy die Erzählung beendet hatte, ergänzte ich noch: „Bei mir im Turm haben die Mädchen es mitbekommen, als ich zurück gekommen bin. Ich habe ihnen aufgetragen zu schweigen, aber ich kenne sie noch nicht gut genug, um sagen zu können, wie viele von ihnen sich wirklich daran halten werden."
Dumbledores Gesicht verzog sich zu einer unglücklichen Grimasse und er presste die Lippen aufeinander. „Zuerst einmal tut es mir leid zu hören, dass bereits so junge Leute wie sie", wenn der wüsste, „Geschichten mit so traumatischen Folgen erlebt haben. Sind sie sich beide sicher, dass diese Albträume wiederkehrend sind?" Wir nickten beide ohne zu zögern. Es war schon auf der Argo zu oft passiert, um sich der naiven Hoffnung hinzugeben, dass das das letzte Mal gewesen war.
Er seufzte. „Wir hatten noch nie einen derartigen Fall. An sich sind die Regeln der Schule zu deutlich, um einen Jungen im Mädchenschlafsaal oder ein Mädchen im Jungenschlafsaal schlafen zu lassen. Auch der Wechsel eines Hauses ist noch nie vorgekommen und dem Hut selbst zufolge auch kaum wahrscheinlich, da sich dazu der Charakter so grundlegend ändern müsste."
„Bitte, Professor, gibt es nicht irgendetwas, das sie tun können?" Der alte Zauberer legte die Stirn in Falten und schien nachzudenken. „Es gibt einen komplizierten Fall, der vermutlich so lange funktionieren wird, bis Professor Umbridge davon Wind bekommen würde. Sie legt Regeln grundsätzlich gerne anders aus, als ich das tue. Aber solange ihr nicht vor ihrer Nase damit angebt, könnte es funktionieren."
Hätte er nicht uns angesprochen, hätte er auch genauso gut mit sich selbst reden können. Es schien, als sei er noch in irgendwelchen Gedanken stecken geblieben. „Professor, von was für einem Fall sprechen sie?"
Er schüttelte sich, vermutlich war er wirklich tief in Gedanken gewesen. „Der Raum der Wünsche, meine Liebe. Er ist immer das, was ihr gerade braucht. Wenn ihr für die Augen der Lehrer einen allen Regeln entsprechend getrennten Raum braucht, ist er ein allen Regeln entsprechender Raum. Wenn ihr einen Raum braucht, in dem ihr aufeinander aufpassen könnt, ist er genau das." Ich sah, wie Percy neben mir breit zu grinsen begann und auch wenn es mich ebenfalls erheiterte, hieb ich ihm den Ellenbogen in die Seite. Nicht so doll, dass es wehtun würde, aber doch fest genug, dass er darauf aufmerksam wurde.
„Was denn? Ich hätte nie gedacht, dass der Schulleiter einer Schule mir mal hilft, die Regeln von der Schule zu umgehen, wegen denen ich für gewöhnlich von selbiger geworfen werde." Ich verdrehte die Augen und wandte mich wieder Dumbledore zu.
„Das wäre wundervoll, Professor, wenn sich das einrichten ließe." Er nickte. „Es freut mich, euch helfen zu können. Der Raum befindet sich auf dieser Etage und bedarf einer gewissen, kurzen Prozedur, um ihn zu betreten. Ich bin sicher, die werdet ihr euch schnell einprägen. Es ist nicht all zu kompliziert." Er erklärte sie uns nicht, vermutlich aus Versehen, aber wir hatten zum Glück unseren Zugang zu Informationen.
„Bevor ihr geht, möchte ich ich gerne noch zwei kleine Bedingungen an die Nutzung des Raums koppeln." Er blickte uns beide Zustimmung erwartend an und fuhr erst fort, als wir ihm diese beide mit einem Nicken gaben. Er war bisher nett gewesen , also würde es schon nicht zu schlimm werden. „Nummer eins, ihr werdet euren Zimmerkameraden selbstständig erklären, warum ihr nach einem Tag wieder aus den Zimmern raus seid."
Wir nickten beide. Diesen Teil hätte ich sogar als selbstverständlich angenommen. Dumbledore scheinbar nicht. Auch das ließ mich darüber nachdenken, was ihm in seiner Laufbahn an dieser Schule schon so alles unter gekommen sein musste.
Und dann brachte er den anderen Teil vor. „Nummer zwei, ihr wisst warum die Schlafsäle getrennt sind. Ihr seid für dieses Jahr Schüler an unserer Schule, also gilt dieser Teil auch für euch." Ich biss die Zähne zusammen und versuchte nicht rot zu werden. Warum mussten Erwachsene das jedes Mal extra erwähnen?
Ich versuchte also, keine Mine zu verziehen, als ich erwiderte: „Natürlich, Professor." Seinem Gesicht nach zu urteilen war ich fabelhaft gescheitert. Er kommentierte das aber nicht weiter, sondern sagte nur: „Ausgezeichnet."
Für einen Augenblick herrschte schweigen, bis er auf die an einer Wand hängende Uhr blickte und dabei feststellte, wie spät es bereits war. Der Unterricht würde in einer Minute beginnen. Er machte uns darauf aufmerksam und so verabschiedeten wir uns schnell, natürlich nachdem wir uns bedankt hatten, und liefen schnell zur Tür.
Als wir gerade raus rennen wollten, rief er uns hinterher: „Ach, Mister Jackson, Miss Chase, wenn ich fragen darf, darf ich davon ausgehen, dass ihr vorgefertigter Plan für die letzte Nacht das selbe Element beinhaltet, was sie unten ohne Passwort am Wasserspeier vorbei gelassen hat?"
Ich blieb wie angewurzelt stehen. Vermutlich war das Antwort genug gewesen, denn als ich mich nochmal zu ihm umdrehte, er zwinkerte mir zu und verschwand dann selbst in einem kleinen Wirbel. Offensichtlich zählten die Regeln für Hogwarts für alle Schüler außer uns Austauschschüler und für alles Personal außer dem Schulleiter.
Dann bemerkte ich durch einen lauten Glockenschlag, dass wir spätestens jetzt zu spät zum Unterricht waren. Ich gab Percy einen schnellen Kuss, bevor ich mich zu meinen Sachen in den Schlafsaal teleportierte und anschließend durch die Gänge rannte, um schnellstmöglich zum Unterricht zu kommen. Das mein unendliches Wissen diese Wege einschloss, war in diesem Fall wohl ein entscheidender Faktor. Ich wollte nicht direkt vor dem Raum erscheinen, denn da hätte ich gesehen werden können.
Percy pov
Nachdem Annabeth verschwunden war, bemerkte ich dann auch, dass es langsam Zeit wurde. Insbesondere da schon Hermine entsetzt von dem bloßen Anblick dieser Lehrerin gewesen war, mit der ich jetzt Unterricht haben würde. Sie hatte offenbar wirklich keinen guten Ruf.
Ich tat es Annabeth gleich, holte meine Sachen und sprintete mit ihnen über die Schulter geworfen durch die Gänge, rannte mehrmals fast eine Statue über den Haufen und verursachte vermutlich Schockstarre bei mehreren der Gestalten in den Gemälden.
Schlitternd hielt ich vor den bereits geschlossenen Türen des Raumes und klopfte noch in der Bewegung an. Es war wirklich praktisch, trotz dieses Bewegungsaktes nicht außer Atem zu sein.
Ein Fiepsen von innen tönte zu mir durch, von dem ich zuerst glaubte, mein physischer Körper hätte Tinnitus, aber dann erinnerte ich mich, dass das die Stimme der Lehrerin war und mit viel Mühe konnte ich die Nachricht schließlich entschlüsseln. „Herein!"
Nach einer alten Weisheit, die Mom mir beigebracht hatte, „Lächeln, umdrehen, Augenrollen", tat ich letzteres in diesem einen Fall, bevor ich den Raum betrat. Vermutlich war das eine gute Idee gewesen, denn sobald die Hexe, in beiden Bedeutungen des Wortes, mich sah, informierte sie mich mit einem Tonfall, der genauso hochnäsig klang wie ihr Gesichtsausdruck, „Mister Jackson, sie sind über eine Minute zu spät zum Unterricht."
Ich hatte weit mehr Erfahrung mit solchen Gesprächen, als ein normaler Schüler haben sollte, und so wusste ich, egal was man sagte, es würde nicht wirklich besser werden. „Ja Ma'am", murmelte ich. Offenbar hatte ich sie unterschätzt. Selbst bei Alecto in Form meiner alten Mathelehrerin war ich mit sowas davon gekommen.
„Hat ihnen nie jemand Manieren bei gebracht? Wir sind eine hoch angesehene Schule für Hexerei und Zauberei. Hier wird nicht zu spät gekommen und hier werden Lehrkräfte mit vollem Titel angeredet. Es heißt: ‚Ich bitte um Verzeihung für meine unverantwortliche Verspätung und dreiste Unterbrechung des Unterrichts, Professor Umbridge.' Haben sie mich verstanden?", keifte sie los. Schon jetzt konnte ich sie weniger leiden als Miss Dodds und das ist wirklich eine Errungenschaft.
Am liebsten hätte ich einfach zurückgekeift, aber das würde es vermutlich noch schlimmer machen. Es gab an dieser Schule nachsitzen als gängige Bestrafung und ich musste mir ja nicht unbedingt schon am ersten Tag welches einbocken.
Ich zuckte also zur Antwort auf ihre Frage mit den Schultern, was im Nachhinein auch nicht besonders versöhnlich war, und ließ mich auf einen freien Platz in der letzten Reihe fallen. Dort saß ich immer und dort fühlte ich mich wohl.
Die gute Nachricht war, dass sie dass von meiner vorangegangenen, wohlgemerkt angemessenen, Respektlosigkeit ablenkte. Die schlechte, dass ich ihr dafür offenbar zu weit weg zum misshandeln saß. „Nix da, Mister Jackson. Sie werden für den Rest des Jahres hier vorne neben Miss Granger sitzen." Ich seufzte und erhob mich absolut übertrieben dramatisch. Wenn sie mich schon nicht da sitzen ließ, wo ich ursprünglich sitzen wollte, dann würde ich zumindest eine ordentliche Szene daraus machen.
Aber immerhin wusste ich bei Hermine, dass sie in Ordnung war, und vielleicht konnte ich mit ihr ein Abkommen machen, dass sie mich ihre Sachen abschreiben ließ, denn Texte schreiben, insbesondere alleine, fiel mir aus alter Gewohnheit noch sehr schwer. Ich wusste leider noch nicht genau, was ich ihr als Gegenleistung anbieten konnte.
Ich wollte sie nicht direkt ansprechen, denn wenn Umbi... Umbridge sehen würde, dass wir uns verstanden, wäre ich vermutlich als nächstes auf einem Platz neben Ron oder so. Er und Harry saßen in zwei Reihe hinter einander und starrten beide griesgrämig drein. Leider schienen sie die Auffassung zu vertreten, in meine Richtung käme ihre Stimmung am besten an und so bekam ich von ihnen böse Blicke ab. Zumindest dachte ich zu dem Zeitpunkt, dass das der Grund war.
Aber zum Glück gab es auch bei den Zauberern eine Möglichkeit, über Gedanken zu kommunizieren, sodass ich nicht von der Lehrerin, deren Namen ich von jetzt an nur noch in der beleidigenden Abwandlung denken würde, erwischt und weggesetzt werden würde. „Hi", grüßte ich, während ich starr nach vorne starrte.
Sie zuckte zusammen und kam damit nur gerade so durch, weil unsere geschätzte Lehrerin gerade zurück nach vorne zu ihrer Tafel lief. „Was...?", rief sie aus. Überraschenderweise tatsächlich selbst schon in Gedanken. Sie schien wirklich begabt zu sein und sich gut anpassen zu können. Was hätte man auch erwarten sollen? Sie hatte mich schließlich von Anfang an an Annabeth erinnert.
Ich erlaubte mir, ein ganz leichtes Schmunzeln über meinen Mund wandern zu lassen. „Legilimentik. Wenn ich dich normal begrüßt hätte, würde ich doch jetzt schon wieder am anderen Ende des Raumes sitzen." Ich konnte sehen, wie sie die Zähne zusammenbiss um nicht laut zu lachen oder zu grinsen. „Du kannst das?", wollte sie wissen. „Offenbar, und du hast es gerade allem Anschein nach intuitiv gelernt", gab ich zurück. Vielleicht hatte meine Anwesenheit und Aura da auch etwas begünstigt, aber der meiste Teil lag an ihr.
„Hab ich das?" - „Du tust es doch gerade." Sie zuckte nochmals zusammen. Offenbar hatte sie es garnicht gemerkt. Bevor wir uns weiter über dieses Thema unterhalten konnten, hörte ich schon wieder diesen Tinnitus-Ton. Dieses Mal war es allerdings ein Räuspern.
„Wie ich erklären wollte, bevor Mister Jackson entschieden hat, meinen Unterricht zu stören, werden wir dieses Jahr gemeinsam das Vergnügen haben, den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu absolvieren." So viel Heuchelei hatte ich sonst nur bei den Göttern gesehen, wenn die Höflichkeit es von ihnen verlangte, so zu tun, als würden sie sich für jemanden anderes als sich selbst freuen.
„Die Zauberstäbe könnt ihr wegpacken..." Ihr Satz klang, als würde er noch nicht zu Ende sein, aber weiter kam sie nicht. Von überall kam Protest und der lauteste war der von Hermine. Harry und Ron waren tatsächlich die einzigen, die seelenruhig nach vorne an die Tafel starrten. „Ruhe!", kreischte sie in einer Fusion aus Steinsäge und Zahnarztbohrer.
„Der dunkle Lord wurde getötet, es gibt keinen Grund mehr, Kindern solche gefährlichen Praxen beizubringen. Da draußen ist nichts!" Und auf einmal drehte sich die Rollenverteilung vollständig auf den Kopf. Harry, der die Situation vorher vollständig ignoriert hatte, schrie nun die Frau an, die anstelle einer Lehrerin vorne stand. Mit diesen Worten hatte sie nämlich in meinen Augen alles recht auf dieses Amt verloren.
„Sie haben sie doch wohl nicht mehr alle. Das selbe haben sie uns vor drei Jahren schon erzählt. Was machen sie überhaupt in dieser Schule, wenn sie uns sowieso nur Texte schreiben lassen und die Hände aufschneiden? Voldemort mag tot sein, aber versuchen sie nicht, uns zu erzählen, niemand würde hilflose Kinder angreifen. Wir haben es im letzten Jahr alle gesehen und unser Feind war nicht nur Voldemort selbst. Er hat nicht alleine gekämpft, da waren tausende andere. Zauberer wie magische Wesen, die nicht tot sind", rief der Junge mit der Blitznarbe auf der Stirn, die ihn berühmt gemacht hatte.
Ich konnte spontan nicht viele dieser beschriebenen Sachen zuordnen, aber Harrys Stimme und Gesicht sprachen für sich. Wut und Abscheu. „So war er eigentlich immer. Bis zu diesem einen Tag in den Ferien. Er hat versucht, anderen zu helfen." Und dabei klang sie so traurig, dass es mir das Herz brach, auch wenn ich sie noch nicht besonders lange kannte.
Und in diesem Moment machte etwas in mir klick. Die Zeit um uns herum lief hundertfach langsamer und mein Kopf wirbelte zu Hermine herum. „Du hast gesagt, ihr gesamtes Verhalten habe sich von einem Moment auf den nächsten vollkommen umgekrempelt?", fragte ich alarmiert. Sie nickte verwirrt. „Ja, aber was passiert hier?" - „Fragen später. Wenn dich die Antwort wirklich interessiert, dann sag es niemandem sonst und komm heute Abend zum Raum der Wünsche. In Ordnung?"
Sie guckte immernoch verwirrt. „Ja, aber was..." - „Nicht jetzt!", bestimmte ich. Während sie sich noch ungläubig umschaute, ließ ich die Zeit wieder schneller laufen, bis sie wieder im normalen Fluss war.
„Da! Draußen! Ist! Nichts!", kreischte die pinke Kröte und inzwischen wäre selbst der ranzigste Bohrer eines Zahnarztes, der statt Metall Schiefer an der Spitze befestigt hatte, neidisch auf diese Töne gewesen.
Vollkommen locker, trotz der Erkenntnis , die ich gerade gewonnen hatte, stand ich auf und rief in ihre Richtung, „Ich habe selten solchen Unsinn gehört. Und wie da draußen etwas ist. Mehr als sie sich je vorstellen können und mehr als irgendjemand von dieser Schule bekämpfen könnte. Was sie hier tun ist schon fast mit Mord gleichzusetzen. Geben sie ihnen doch wenigstens Mittel für die einfachen Kreaturen, gegen die sie etwas ausrichten können. Dementoren und Ähnliches." Ich ignorierte die überraschten Blicke meiner Mitschüler. Ob die daher kamen, dass ich ihr widersprach oder daher, dass ich Dementoren einfach nannte, war mir dabei nicht wichtig.
Die Kröte blies sich auf und lief rot an. Mit etwas Glück, so dachte ich mir, würde sie vielleicht explodieren. Ich würde die Schweinerei jedenfalls nicht weg machen. Leider tat sie es jedoch nur mit Worten. „Nachsitzen! Alle beide, jeden Abend um fünf in meinem Büro für einen Monat. Wenn ich noch eine Lüge mehr höre, werden es vier."
Und an dem Punkt standen drei Dinge fest. Erstens, mit ihr konnte man nicht reden, also musste man um sie rum kommen. Zweitens brauchten die Schüler Hilfe. Genau das, weshalb uns Dumbledore an die Schule eingeladen hatte. Drittens war ich gescheitert. Ich hatte mir schon am ersten Tag nachsitzen eingebrockt.
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8317 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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