Kap. 114 Eine bessere Welt
Nasuada pov
Seit Tagen schon wurde jede nur erdenkliche Tätigkeit völlig ohne Vorwarnung von Murtagh unterbrochen und anschließend von allen möglichen Visionen gestört. Die harmlosesten bestanden einfach nur aus Schmerz und Gewalt. In diesen trat zum Glück auch Lunas Schutz ein, denn offenbar unterschied sich Schmerz, der durch Magie ausgelöst wurde, nicht grundsätzlich von jeder Art natürlichen Schmerzes. Schön waren die Dinge nicht mit anzusehen, aber ich war nicht hier, um Urlaub zu machen. Obwohl ein Urlaub natürlich nicht zu verachten wäre, aber das könnte ich mir selbst niemals gestatten, solange die Macht so verteilt war, wie es bis zum aktuellen Tag stand.
Schlimmer waren die Wahnvorstellungen, in denen er mir Dinge vorgaukelte, die mich tatsächlich irgendwie persönlich trafen. Der Tod meines Vaters, eine zukünftige Niederlage der Varden, Schuldzuweisungen auf mich, mein eigenes Versagen und der endgültige Triumph waren die am häufigsten vertretenen Elemente. Ich spürte sehr deutlich, dass er bereits verstanden hatte, dass ich ihm niemals folgen würde, weil ich an seine Vision glaubte. Ein rational denkender und beurteilender Mensch hätte das wohl an dem Punkt eingesehen, an dem ich Anführerin der Varden geworden war. Vielleicht auch erst als ich mich mit der Probe der langen Messer freiwillig einer Tortur unterzog, nur um meine Autorität als Anführerin gegen das Imperium zu stärken, es gab so viele eindeutige Beispiele in meinem Verhalten, aber er hatte es wohl wirklich erst verstanden, als ich mehrfach das glühende Eisen in Kauf genommen hatte, nur um ihn und sein Reich zu verspotten.
Diese Erkenntnis hatte lange gebraucht, aber inzwischen versuchte er wirklich nicht mehr meinen grundsätzlichen Vorstellungen einer guten Welt zu schrauben. Stattdessen schien er diese untergraben zu wollen. Er zeigte mir die Schwächen dieser Welt, wie unterlegen unsere Armee selbst als Bündnis war und wie schlecht unsere Erfolgschancen standen.
Dazu kam, dass er sich offensichtlich von keinem kalten Blick und von keiner ablehnende Körperhaltung mehr davon überzeugen ließ, dass Murtagh mir egal war. Seit dem ersten Mal war mir meine Beherrschung nie wieder durch die Finger geglitten. Aber er schien zu glauben, dass ich nur inzwischen gelernt hatte, meine Gefühle zu beherrschen und dass dieses eine Versagen die Wahrheit gezeigt hatte. Das Problem war, dass er möglicherweise garnicht so falsch lag. Dadurch wurde es aber nicht weniger frustrierend. Stattdessen machte es mir die schon sonst schwere Aufgabe, mir selbst Fehler zu verzeihen, noch um weiten schwerer.
Und genau nach diesem Muster streckte sich auch diese Illusion, in die er mich nun verwob. Vor mir erstreckte sich ein kleines Feld voll bewachsen mit strahlendem, gelben Getreide. Direkt dahinter wuchs ein Wald aus Bäumen, die ich noch nie von Nahem aus gesehen hatte. Sie waren von viel dunklerem grün und an einem, der etwas näher stand, so dass ich auch wirklich etwas erkennen konnte, schienen keine Blätter im eigentlichen Sinne zu wachsen. Stattdessen waren es dunkelgrüne Nadeln. Ich wusste, dass weiter oben an den Hängen im Beor Gebirge auch solche Blätter an den Bäumen wuchsen, aber ich hatte nie einen Grund gesehen, so weit nach oben zu steigen.
Als ich mich anschließend umschauen wollte, möglicherweise wäre der eigentliche Kern der Szenerie ja wieder hinter mir, stellte ich fest, dass ich schon wieder auf einer Terrasse stand. Wirklich, bewährt oder nicht, aber konnte er sich nicht endlich mal was neues einfallen lassen?
Die Antwort war offensichtlich nein, denn nun hörte ich auch eine sehr bekannte Stimme hinter mir rufen. Murtagh! Ich ließ mir nichts anmerken, aber innerlich fluchte ich lautstark, während mein Herz den einen oder anderen extra Hüpfer unternahm. Warum konnte mir nicht wenigstens diese eine Sache erspart bleiben?
Ich bemerkte, dass ich garnicht auf die Worte selbst gehört hatte, weshalb ich nicht wusste, ob es eine Frage, eine Feststellung, eine Bitte oder sonst etwas gewesen war. Ich hoffte, er nahm mir das nicht übel. Nein, halt, ich hoffte, er nahm mir das übel denn, und daran musste ich mich jetzt schon immer wieder selbst erinnern, es war nicht die Realität. Es war ein Hirngespinst aufgrund von Einschätzungen eines bösen Königs. Wenn er glaubte, ich wollte Murtagh nicht zuhören wollen, weil es mich nicht interessiere, was er sprach, dann würde er mich vielleicht endlich damit in Ruhe lassen. Natürlich war es nicht so einfach, aber diese Hoffnung wollte ich nicht aufgeben.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich wollte sie wegschlagen, einfach nur um ihm diese verfluchte Vorstellung auszutreiben, Galbatorix nicht Murtagh, der war ja garnicht wirklich da, aber mein Arm gehorchte mir nicht. Es war mit Sicherheit keine innere Blockade daran schuld, die mich davon abhielt, ihn zu schlagen. Stattdessen war ich mir überaus sicher, dass Galbatorix einen Verlauf für diese Szene vorgesehen hatte, der durch meinen Ausfall nicht mehr realistisch rübergebracht werden könnte. Deshalb ließ er mich einfach nicht mehr selbstbestimmt in diese Welt eingreifen.
Vielleicht hatte er meinen Muskeln einfach für den Moment den Dienst untersagt oder vielleicht hatte er ihnen wirklich nur nicht erlaubt, mir das Gefühl zu vermitteln, sie würden sich bewegen, obwohl ich eigentlich an den Stein gebunden war. Ich wusste noch immer nicht so ganz, wie er das machte, denn meinen Geist berührte er nicht, ich konnte jedoch spüren, wenn er das täte. Anders als bei Percy und Annabeth glaubte ich hier nicht, dass er eindringen konnte, ohne dass ich das merken würde. Vielleicht hatte er auch eine grundlegend andere Methode gefunden. Ich wusste es nicht und solange das so war, konnte ich nichts dagegen tun.
Ich konnte mir eigentlich sogar vorstellen, dass sein Eingriff keine schlechte Idee gewesen wäre, wenn ich tatsächlich geglaubt hätte, dass ich selbst mich von diesem Schlag abgehalten hatte. Für mich war es jedoch eher die Bestätigung, dass das hier alles nur in meinem Kopf geschah und ich in Wirklichkeit immernoch an einen Stein festgekettet in der sogenannten Halle der Wahrsagerin lag. Es gab mir mein Gefühl für Wirklichkeit und Fälschung zurück, dessen mangelhafte Präsenz sich in der letzten Zeit zunehmend in die lange Liste meiner Probleme einreihte.
„Wie geht es dir?", hörte ich ihn fragen. Ich war allerdings so sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, dass es mir nichteinmal aufgefallen wäre, wenn er garnicht gesprochen hätte, sondern ich nur die Geräusche gehört hätte, ohne eine Bewegung seines Mundes. „Warum willst du das wissen?", wollte ich wissen. Ich hatte vorgehabt, meine Stimme kalt klingen zu lassen, aber das war mir entweder nicht gelungen, oder Galbatorix hatte wieder eingegriffen, damit ich ihm nicht seine Geschichte kaputt machte. Ich wollte ihm aber überaus gerne seine Geschichte kaputt machen. Leider war ich mir in dem Augenblick tatsächlich nicht so sicher, ob es an mir oder ihm lag.
So lachte er nämlich nur über die Frage. „Es ist alles gut, Nasuada. Es ist alles vorbei, du musst nicht mehr hinter jeder Frage eine Falle vermuten. Ich wollte lediglich wissen, wie es dir geht. Normalerweise stehst du nicht, während du dir die wundervolle Landschaft ansiehst." Ich konnte spüren, wie sehr diese Antwort, die ich nicht hatte bekommen wollen, an mir zerrte. Ich hatte noch immer den festen Vorsatz, mir nichts anmerken zu lassen, aber er traf wirklich mit erstaunlicher Präzision weiche und verwundbare Punkte bei mir.
Ich konnte schon bei den Varden nur wenigen wirklich vertrauen. Schon bei Orrins Hofstaat musste ich immer davon ausgehen, dass hinter allem möglicherweise der Versuch bestand, von politischer Macht über mich zu kommen. Ich verabscheute diese Art zu arbeiten, aber manchmal war sie nötig, wenn man... „Ich weiß es nicht, ich verstehe nicht was hier passiert, warum ich hier bin, warum du auch hier bist. Ich weiß garnichts mehr von allem hier um mich herum. Ich habe das noch nie gesehen", hörte ich meine Gedanken plötzlich unterbrochen werden. Nicht jedoch von einem Fremden, sondern von mir selbst. Von meiner eigenen Stimme. Und das Schlimmste war, dass es sich nichtmal anfühlte, als hätte jemand anderes diese Worte aus mir heraus gezwungen oder als sei es eine Imitation. Mein Geist war noch immer verschlossen, also konnte er mich sowieso nicht dazu gezwungen haben.
Hatte ich eben behauptet, dass es mir helfen würde, meine Grenze zwischen eigenen Gedanken und Gefühlen und einer Illusion zu ziehen? Vergesst das alles, in diesem Moment zweifelte ich wirklich direkt an meinem Verstand. Hatte er gerade einfach nur mein Gesicht bewegt und den Ton dazu erzeugt und ich konnte mich tief in mir tatsächlich dabei ertappen, wie ich das gerne auch gesagt hätte, oder war es mir wirklich einfach rausgerutscht, weil mir diese Antwort lieber gewesen wäre, wenn ich auf nichts achten müsste?
Er lächelte mitleidig, trat neben mich und legte dabei seinen Arm vollständig um meine Schultern. „Wir sind frei. Uns wurde die Freiheit gewährt, solange wir nicht gebraucht werden, uns hier in diesem Haus, nur ein paar Meilen westlich von Du Weldenvarden und ebenso weit östlich vom endlosen Ozean entfernt, niederzulassen. Es hat kaum ein Jahr gedauert, bis der König gemerkt hat, dass er weder Armee noch Generäle oder Reiter, die für ihn kämpfen braucht, wenn es keine unzufriedenen Umstürzler gibt, die das Reich und seine Bewohner bedrohen. Seit diesem Tag dürfen wir hier auf den Kosten der königlichen Schatzkammer tun was wir wollen und nur dann und wann einmal an einer Besprechung teilnehmen oder an einer Notfallübung teilnehmen, für den Fall, dass der Frieden wieder bedroht werden sollte. Ansonsten haben wir hier unser freies Leben, frei von uns vererbten Aufgaben und frei von der Last der Rolle unserer Eltern." Seine Begeisterung war ihm anzusehen und im Nachhinein unglücklicherweise sprang sie über.
Mir gefiel diese Welt so sehr, dass ich weder fragte, wer denn besagter König wäre, noch daran dachte, dass er nicht von zum Beispiel Eragon, Saphira und Arya gesprochen hatte. Beides fatale Fehler, wie es schien. Denn, obwohl ich mir geschworen hatte, dass es mir nicht passieren würde, ließ ich bereits das Gefühl zu, dass diese Welt real wäre und hatte alle Zweifel bereits bis an die Grenze meiner Aufmerksamkeit abgeschoben. Ich stand kurz davor, mich wieder dieser Lüge hinzugeben. Das vielleicht schlimmste dabei war, dass diese Illusion nunmal keine auffälligen Fehler abgesehen von meinem Gedächtnis hatte und alle ihrer Art eigentlich immer, außer wenn er mich bestrafen wollte, viel schöner als das normale, wirkliche Leben erschien, als die Realität. Genau das war der Zweck all dieser Visionen der Welt. Sie sollten mir zeigen, wie viel besser er die Welt doch machen würde, und ich war drauf und dran zu vergessen, dass er daraus nicht zwangsläufig die Zukunft gestalten würde.
Und dann stellte ich die nächste Frage, bei der ich mir noch unsicherer als zuvor war, von wem sie eigentlich angetrieben worden war, „Wer bist du für mich geworden?"
Eigentlich hätte ich in diesem Wissen müssen, dass ich nicht richtig bei Verstand war. Ich hätte diese Frage nie so unverblümt heraus gestellt. Ich hätte niemals, wenn ich mich nicht von der Welt um mich herum verführen lassen hätte, mir einfach so von jemandem anders meine vermeintliche Geschichte erzählen lassen. Erst recht nicht wenn ich gerade sowieso wissen sollte, dass ich eigentlich wachsamer sein sollte. Noch weniger, wenn ich sowieso gerade von meiner Umgebung überfordert war. Vor allem aber, und dass ich das nicht bemerkt hatte, kommt mir im Nachhinein fast so surreal wie alle Hirngespinste zusammen vor, hätte ich niemals so einfach hingenommen, dass ich mich anscheinend nicht mehr an meine Vergangenheit erinnerte.
Es konnte ja passieren, dass einige Erinnerungen verloren gingen. Ich hatte mit Sicherheit kein perfektes Gedächtnis, aber irgendetwas wäre ja wohl immernoch da. So wie ich mich an den Geruch der blühenden Bäume bei den Zwergen erinnerte, obwohl es fast zehn Jahre her war, hätte es doch wohl die eine oder andere Erinnerungen gegeben, die mir geblieben wäre. Also ganz egal, wie sehr ich es mir gewünscht haben könnte, ich konnte im Nachhinein nicht mehr verstehen, wie ich so leichtgläubig all dem auf den Leim gegangen war.
Ganz als wäre es etwas normales, dass ich anscheinend einen vollständigen Gedächtnisschwund hatte, antwortete Murtagh: „Wir leben zusammen. Das haben wir an dem Tag gemeinsam entschieden, an dem uns die Freiheit geschenkt wurde. Wir wollten mit dem Heiraten noch etwas warten, aber wir sind verlobt." Und ich hörte ihm zu und glaubte ihm. Wie ein kleines Kind, das den Märchen seiner Amme lauscht und sich dabei so sehr wünscht und vorstellt, dass es real ist, dass es die Antwort bis zum Erwachsenenalter nicht in Frage stellte. Ich glaubte ihm und das war der größte Fehler des Tages. Überraschung.
Sein Arm glitt langsam von meiner Schulter, über meinen Rücken und er ergriff meine Hand. Und ich tat nichts dagegen. Nichteinmal der Impuls, sie wegzuziehen, bestand mehr in mir. Es gab nichts, was Galbatorix unterdrücken müsste. Wir blickten eine Weile in die Ferne, über die Felder und zu dem tiefgrünen Geäst, das wohl vielleicht schon die Anfänge des großen Waldes markierten, der den gesamten Norden bedeckte.
Und dann stellte er die Frage. Ich dachte von seiner Anmoderation her, dass er tatsächlich die letzte Frage vor der Ehe stellen wollte, und wie ich so in dem Wunschtraum lebte, der mir vorgegaukelt wurde, hätte ich fast sofort „Ha" gerufen, ohne auf den genauen Wortlaut zu hören. „Nasuada. Wir leben jetzt hier seit einem Jahr zusammen. Glücklich, unsere Vergangenheit hinter uns lassend. Möchtest du mir folgen, egal wohin? Möchtest du alle meine Wünsche und Aufträge erfüllen?"
Erst im allerletzten Moment, als mein Mund bereits offen stand, bereit das ja-Wort zu geben, schaltete sich mein anscheinend vorher benebeltes Hirn wieder ein und ich dachte über die Worte nach, bevor ich mein Bauchgefühl antworten ließ. Und in einem Anflug von Enttäuschung über meine eigene gescheiterte Leistung rief ich: „Nein, niemals! Ich werde mich niemals von Euch versklaven lassen. Ihr seid nicht der, der Ihr mir vorgaukelt. Galbatorix, Ihr seid ein Lügner und Ihr belügt mich hier, an dem Ort, an dem Ihr noch zuvor geschworen habt, mich nicht zu belügen!"
Ich rezitierte mehrmals laut das Gedicht vom Mann mit den gelben Augen, bevor ich mich vollkommen auf meine Wut und meinen Abscheu gegen den König konzentrierte. Niemals würde ich ihn in meine Gedanken lassen.
So in meine eigenen negativen Gefühle, zu der Wut kam nämlich sehr schnell auch Enttäuschung auf zwei Ebenen, eingeigelt verharrte ich sehr lange. Meine Augen waren geschlossen und ich blendete alles um mich herum aus. Solange bis ich weiches Fell über mein Gesicht streichen fühlte. Ich öffnete vorsichtig die Augen und sah, das Lunas Schweif über mein Gesicht fuhr. Als sie sah, dass ich meine Augen geöffnet hatte, rollte sie sich wieder auf meinem Bauch ein und sprach mir durch ihre Gefühle und durch das übermitteln von Emotionen Trost zu. Trost für die geplatzte Wunschvorstellung und Trost für mein Scheitern, mich selbst und meine Reaktion zu beherrschen.
Es dauerte einige Zeit, aber irgendwie gelang es ihr tatsächlich, mich aus meinem Loch der Selbstkritik und Selbstzweifel herauszutreiben. Ich nahm mir wieder vor, mich nicht nochmal von einem Trugbild verführen zu lassen, denn dieses eine Mal hatte mir nur zu deutlich vor Augen geführt, dass der Schmerz der Realität, der darauf folgte, um ein Vielfaches schlimmer war als alles Glück, was ich während der Traumwelt erfuhr.
Aber all diese Dinge konnte eine große Niederlage nicht verhindern. Ich hatte zu viele Gefühle gezeigt und zugelassen. Galbatorix hatte das alles gesehen und er würde auf genau dieser Ebene weitermachen. Ich hatte keine Chance mehr, ihn vom Gegenteil zu überzeugen und ich hatte erst recht keine Chance mehr, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Ich konnte nicht verleugnen, auf welche Reize ich so sehr angesprungen war. Es war das Bild von genau dieser Beziehung, was meine Gefühle stärker als meinen Verstand gemacht hatte.
Eragon pov
Wir glitten durch die Finsternis dahin. Percy und Annabeth hatten sich in dem Moment verabschiedet, in dem wir weit genug von der Insel entfernt waren, um außerhalb des Radius ihrer störenden Magie zu sein. „Ihr seid in guter und sicherer Gesellschaft, wir treffen euch später auf eurem Flug wieder. Bis dahin müssen wir einige Nachforschungen anstellen, zu den verschiedenen Dingen auf dieser Insel", hatte Percy erklärt. Dann waren Adler und Eule ineinander geflogen, es hatte einen grellen Blitz gegeben und alles, was noch von ihnen übrig geblieben war, war ein schwarzer Ring in der Luft gewesen, der immer wieder aus dem Nichts silbern funkelte. Er war langsam verblasst, während wir weiter in die Richtung von Urû'baen flogen. Wir wussten, dass die Varden dort vor etwa einem Tag angekommen sein sollten. Zum Glück wussten die Eldunarí sehr genau, welchen Weg man nach Ilirea fliegen musste. Sie weigerten sich verständlicherweise strikt, den Namen anzuerkennen, den Galbatorix der damaligen Hauptstadt des Reiches nach seinem Sieg aufgezwungen hatte.
Den gesamten Flug lang hatten sie eine sehr eigene Lehrmethode ausgewählt. „Vielleicht werdet ihr das meiste vergessen, aber vielleicht wird die eine Sache, die ihr euch merkt, die eine sein, die für euren Sieg entscheidend sein wird." Und nach dieser Logik wurden uns im Sekundentakt neue tiefgründige Denkansätze und Weisheiten geliefert, Neues, bevor das Alte verarbeitet war. Es half definitiv nicht, dass einige in Gefühlen, andere in Worten und wieder andere in einer Mischung aus beiden übermittelt wurden.
Viel merkte ich mir nicht. Jedoch, hauptsächlich weil sie so oft vorkam und weil ich sie schon so oft gehört hatte, am ehesten Sätze wie „Erwarte Erfolg, aber sei immer auf einen Fehlschlag vorbereitet", „Verloren hast du erst dann, wenn du aufgibst" oder „Du lebst nicht nur einmal. Du stirbst nur einmal, aber leben tust du jeden Tag wieder!" Viele dieser Weisheiten hatte ich schon von einigen meiner Lehrmeister gelernt. Da wunderte es mich nicht, dass auch die Drachen der alten Zeit sie als wichtig anerkannten.
Dann war da aber auch noch etwas anderes, was sich ebenfalls besonders gut einprägte. Vielleicht weil ich diesem Denkanstoß aufgrund seines Urhebers besonders viel Aufmerksamkeit zugestand. Valdr war der Älteste, also schien es mir logisch, dass seine Worte, oder eben nicht Worte sondern Bilder, besonders wichtig und gut durchdacht waren. Noch dazu war es das einzige, was ich von ihm bekam.
Es zeigte eine Igelmutter, die verzweifelt versuchte, mit ihren Stacheln den gesamten Eingang zu ihrem Bau zu blockieren, um zu verhindern, dass ein Marder hinein käme und ihre Jungen damit in tödliche Gefahr geraten würden. Dieses Bild wurde immer größer, bis ich sah, dass der Bau des Igels auf der Rückseite einer riesigen Burg lag. Vor der Burg stand eine riesige Armee, bewaffnet und anscheinend zum Angriff bereit. Auf der obersten begehbaren Ebene des höchsten Turms der Burg stand ein Mann mit einer goldenen Krone. Ich spürte, wie der König sich sorgte, ob seine Residenz vor dem Angriff verteidigt werden könnte. Das Bild der Igelfamilie wurde immer größer, bis ihr Bau die gesamte Burganlage überragte.
Ich konnte mir kein Reim auf die Bedeutung dieser Vision machen. Ich behielt sie Detailgetreu in Erinnerung, aber was sie bedeuten mochte, konnte ich mir nicht vorstellen. Vielleicht würde ich es ja später, in einer passenden Situation verstehen.
Unter uns zog die Landschaft vorbei, auch wenn ich wenig davon mitbekam, weil meine Gedanken voll mit den Lehren der Drachen waren. Ich sah in der Ferne eine Stadt, die vermutlich Narda war, denn sie lag an der Küste und dahinter erhoben sich die Berge des Buckels. Einmal sah ich im Buckel ein Dorf. Ich fragte mich, ob dort einer der Stämme der Urgals lebte. Bevor ich jedoch fragen konnte, wurde meine Aufmerksamkeit wieder vom weisen Wort von eines der älteren Drachen beansprucht.
Irgendwann über dem weiten Grasland, was fast die gesamte Fläche zwischen dem Palancar Tal, Urû'baen und Dras Leona ausfüllte, stießen Percy und Annabeth wieder zu uns, aber sie machten nicht besonders auf sich aufmerksam.
Der Himmel wurde langsam heller, die Sonne ging auf und stieg immer höher, sank wieder zum Horizont und der Himmel wurde wieder dunkel. Ein voller Kreislauf der Sonne war über unseren Flug hinweg zu beobachten. Wir flogen ununterbrochen, denn Saphira machte sich die Kraft der Drachen zunutze, und so kam tatsächlich nach nur gut einem Tag im frühen Morgen Urû'baen in Sicht. Unsere letzte und größte Prüfung.
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3301 Wörter
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, es hat euch gefallen. Unabhängig davon freue ich mich über jeden Vorschlag zur Verbesserung.
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