16. Dezember - Punkt für Team Sirius
Regulus hatte keinen Plan, was sein Bruder jetzt wieder getan hatte, aber sein Name war in aller Munde. Er und Sirius hatten grundsätzlich kein schlechtes Verhältnis zueinander. Sie hatten auch kein gutes. Eigentlich hatten sie gar keins. Was sie hatten, war eine enge Beziehung aus der Kindheit, an die sie sich beide gern zurück erinnerten und ein gegenseitiges Verständnis, dass diese Beziehung in der Vergangenheit lag und mit ihren jeweiligen Lebensentscheidungen nicht kompatibel war.
Das bedeutete ja aber nicht, dass Regulus seinen Bruder nicht immer noch mochte und zumindest mit halbem Ohr verfolgte, was er so tat.
Als Kinder hatten sie nur einander und ihre Cousinen gehabt. Regulus war sich ziemlich sicher, dass er acht Jahre alt gewesen war, als er zum ersten Mal ein Kind getroffen hatte, mit dem er nicht (eng) verwandt war. Und Bellatrix, Andromeda und Narzissa waren alle drei wesentlich älter als sie und dementsprechend schnell nach Hogwarts verschwunden.
Regulus hatte verdammt wenige Kindheitserinnerungen, in denen Sirius nicht vorkam. Die guten und die schlechten, es waren immer sie beide gegen alles andere gewesen. Das verschwand nicht, nur weil Sirius nach Hogwarts gegangen, nach Gryffindor eingeteilt und aus der Familie ausgeschlossen worden war. Oder weil Regulus beschlossen hatte, diesem Beispiel nicht zu folgen.
Also, in einer kurzen Zusammenfassung: Regulus interessierte sich für das Leben von Sirius und war sehr dankbar, dass der Klatsch und Tratsch in Hogwarts einen Narren an seinem Bruder gefressen hatte und ihm diese Aufgabe erheblich erleichterte.
Aus dem Wirrwarr an Informationen, die sich über den Freitag wie ein Lauffeuer ausbreiteten, konnte er allerdings keinen logischen Zusammenhang schließen.
Dies waren die Dinge, die er gehört hatte:
1. Team Sirius hatte einen gewaltigen Vorsprung vor dem Rest entwickelt.
Und dies waren die Fragen, die sich ihm daraus ergaben:
1. Was war Team Sirius?
2. Welche Teams gab es noch?
3. Worin hatte er einen Vorsprung entwickelt?
Kurzum: Was zur Hölle hatte sein idiotischer Bruder jetzt wieder angestellt?
"Alissa", forderte er also, als er sich zum Abendessen an den Slytherintisch setzte: "bitte klär mich auf, was Team Sirius bedeutet. Was zur Hölle ist passiert?"
Alissa, Eloise und Florence unterbrachen ihre Diskussion darüber, ob Alissas oder Florences Nagellack den schöneren Blauton hatte (Regulus verstand die Frage nicht, die Farben sahen für ihn exakt gleich aus).
"Man sagt sich, Sirius Black hat gestern Abend im Gemeinschaftsraum der Gryffindors mit Lily Evans geknutscht und seitdem gehen die Wetteinsätze auf ihn in der Weihnachtswette durch die Decke", erklärte Florence unbekümmert.
Regulus starrte sie an. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder, öffnete ihn wieder, aber er hatte so viele Fragen und wusste nicht, welche er zuerst stellen sollte.
"Welche Weihnachtswette?", fragte er dann. "Warum hat mein Bruder mit Lily geknutscht? Woher wissen das alle?"
Eloise zuckte mit den Schultern.
"Auch der Gryffindorturm hat Ohren", meinte sie trocken.
"Und Augen." Alissa schmunzelte. "Ich gebe zu, ich habe auch kurz überlegt, meine Wette nochmal neu abzuschließen. Aber keine Sorge," sie tätschelte Regulus' Arm, "ich bleibe dir treu."
"Ich hab auf Sirius gesetzt", meinte Florence selbstbewusst. "Aber schon von Anfang an. Sirius ist eine Zuckerschnecke, Evans wäre blöd, ihn sich durch die Lappen gehen zu lassen."
Regulus verzog das Gesicht, denn dass sein Bruder in seiner Gegenwart als "Zuckerschnecke" bezeichnet worden war, wollte er gerne schnellstmöglich wieder vergessen.
"Ich wiederhole mich nur ungern", lenkte er also das Thema davon weg, "aber was für eine Wette?"
"Die Lily-Evans-Weihnachtswette", erklärte Alissa grinsend. "Meine Güte, ihr seid alle wirklich blind, Potter wusste auch nichts davon."
"Größtes Hogwarts-Event des Jahres und die Hauptakteure ahnen nicht einmal etwas", seufzte Eloise etwas mitleidig.
Eine dumpfe Ahnung beschlich Regulus, während sich in seinem Kopf langsam eine Theorie zusammensetzte.
"Warte", sagte er, "ganz Hogwarts wettet darauf, ob ich oder James am Ende mit Lily zusammenkommen?" Er sah die drei Mädchen entsetzt an.
"Es gibt noch eine große Portion Leute, die sie für schlau halten und glauben, dass sie euch beide abblitzen lässt", wandte Eloise ein und winkte. "Hi!"
Regulus musste für einige Momente verarbeiten, dass das wirklich passierte.
"Aber was hat Sirius damit zu tun?", fragte er dann verwirrt. Florence zuckte mit den Schultern.
"Die beiden hängen viel gemeinsam rum", sagte sie unschuldig. "Sie spielen jede Woche Schach in der Bibliothek und essen oft zusammen. Da liegt die Vermutung nicht fern, dass da was läuft, oder?"
Regulus starrte sie an, versuchte zu verstehen, ob das wirklich denkbar war.
"Keine Chance", entschied er dann. "Sirius hat mir als Kind mehrfach die Verwandtschaft gekündigt, wenn ich Anstalten gemacht habe, mit ihm um irgendwas zu konkurrieren. Mein Bruder ist körperlich nicht in der Lage, im ernsthaften Wettstreit mit jemandem zu sein und ihn gleichzeitig zivilisiert zu behandeln." Er lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. "Es gibt absolut keine Möglichkeit, dass er und James beste Freunde sind und gleichzeitig beide Interesse an Lily haben. Ausgeschlossen."
Die drei Mädchen tauschten einen fragenden Blick.
"Nun, es gilt als ziemlich wasserdicht, dass die beiden sich geküsst haben", sagte Alissa dann vorsichtig. "Warum würden sie das tun, wenn er nicht tatsächlich Interesse an ihr hätte - und sie an ihm?"
Regulus blinzelte, dann stand er auf. Sein Magen knurrte protestierend - richtig, eigentlich hatte er etwas essen wollen. Er schnappte sich zwei Sandwiches von einem Teller, bevor er sich auf den Weg zum Gryffindortisch machte, die neugierigen Blicke und Proteste von Nott und Avery ignorierend. Im Nachhinein wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, das Gespräch später zu suchen, wenn nicht alle zusahen, aber jetzt war es zu spät, ein Black stand zu seinen Entscheidungen und jetzt umzudrehen wäre eine größere Peinlichkeit gewesen, als es durchzuziehen je werden konnte.
Zu seinem Pech konnte er Sirius nirgendwo entdecken. Oder vielleicht auch zu seinem Glück, schließlich hatten sie immer noch ihre Nicht-Kommunizieren-Politik. Stattdessen entdeckte er ein Stück den Gryffindortisch hinunter, James. Er saß zusammen mit Remus Lupin, Marlene McKinnon und einem Mädchen, das Regulus nicht kannte und schien noch nicht bemerkt zu haben, dass er auf sie zu steuerte - im Gegensatz zu den beiden Mädchen.
"Mr Regulus Black", sagte McKinnon, als er nahe genug dran war, und stieß einen leisen Pfiff aus. "Solltest du nicht in Flammen aufgehen, so nahe am Feind?"
James' Kopf schoss herum, so schnell, dass Regulus beeindruckt war, dass er kein Schleudertrauma entwickelte. Er kniff ein bisschen die Augen zusammen - wurde er ein wenig rot? Warum?
"Regulus", sagte er und räusperte sich dann. "Was gibt's?"
Regulus entschied, dass die Schülerschaft eh schon über ihn redete und es jetzt auch nicht mehr drauf ankam und setzte sich neben ihn an den Tisch, wenn auch mit den Beinen nach außen, sodass klar war, dass er nicht vorhatte, länger zu bleiben.
"Wusstest du, dass es Wetten gibt, für wen von uns sich Lily am Ende entscheidet?", fragte er leise, aber eindringlich.
"Oh ja." McKinnon grinste und stieß das andere Mädchen an. "Und ich hoffe, sie trifft die weise Entscheidung und bleibt single, sonst verlieren wir eine Menge Geld, nicht wahr, Dorcas?"
Die Andere, Dorcas anscheinend, schmunzelte, sagte aber nichts.
"Deine reizenden Freundinnen haben mich darüber vor einigen Tagen aufgeklärt", erklärte James und sah über Regulus' Schulter rüber zu den Slytherins. Regulus folgte seinem Blick und sah, wie Alissa, Eloise und Florence kicherten und winkten. "Wieso?"
Regulus kniff die Augen zusammen.
"Warum hat ausgerechnet Sirius auch einen ziemlich großen Wettenpool?", zischte er. James zuckte mit den Schultern.
"Die beiden sind gute Freunde", meinte er, ganz offensichtlich ahnungslos über die Ereignisse des Vortags. "Und weil jeder weiß, dass Mädchen und Jungen nicht einfach nur gute Freunde sein können, gibt es natürlich Spekulation." Er grinste. "Du hast doch sicher auch einen Harem mit den drei Hühnern da drüben."
Regulus verdrehte die Augen. Ja, Hühner war ein prima Wort für seine Freundinnen. Er mochte sie wirklich gerne, aber diesen Spitznamen hatten sie sich einfach verdient.
"Ich meine, bisher gibt es noch keine Berichte davon, dass ich eine von ihnen im Gemeinschaftsraum leidenschaftlich geküsst habe", sagte er trocken. "Ganz im Gegensatz zu Sirius und Lily."
James runzelte verwirrt die Stirn und auch den beiden Mädchen klappte verblüfft die Kinnlade herunter. Alle drei wandten sich an Lupin, ganz als wäre er der lokale Siriusexperte.
"Remus...", sagte Dorcas vorsichtig. "Ich bin mir sicher, das stimmt nicht. Sirius würde nie..."
Remus unterbrach sie mit einem amüsierten Lächeln.
"Oh, doch", sagte er, "es stimmt." Er legte sorgfältig seine Gabel zur Seite. "Lily kam, hat gefragt, ob sie ihn küssen darf, als Experiment, er war einverstanden, ich war einverstanden, sie haben sich geküsst und Lily hatte ihr Ergebnis." Er schielte zu Regulus und James hinüber. "Dass sie kein romantisches Interesse am ihm hat. Und er an ihr ja sowieso nicht."
Regulus hob irritiert die Augenbrauen.
"Warte, wieso 'sowieso nicht'?", fragte er. "Und warum brauchte sie deine Erlaubnis?" Er starrte Remus an, der schwieg, ihn aber mit einem Blick ansah, als würde er darauf warten, dass Regulus etwas begriff. McKinnon und Dorcas wirkten, als müssten sie ein Lachen zurückhalten. Er sah James an, der sich leise räusperte.
"Äh, Regulus", sagte er leise, "Sirius und Remus sind...naja..." Er ließ den Satz in der Luft hängen. Regulus brauchte noch einen kurzen Moment, dann ging ihm ein Licht auf. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung.
"Was?", fragte er schockiert und seine Stimme war sicher eine Oktave höher als sonst. "Oh. Oh! Oh, ähm." Er räusperte sich und nickte. Sah noch einmal zu Lupin hinüber. Er war sich ziemlich sicher, dass er rot wie eine Tomate war. Dann griff er eilig nach seinen Sandwiches, stand auf und beeilte sich, zu verschwinden.
Manchmal tut mir Regulus ein bisschen leid, wenn ich ehrlich bin.
Morgen gibt es mehr James-und-Regulus-Time :D
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