Zum Tode des Dichters
Zum Tode des Dichters
Im Herbst, Starkregen, eis'ger Wind.
Unterwegs kein' Frau, Mann, Kind.
Rüttelt an jed' Dach ein's Haus.
Frühling, Sommer, vorbei, aus.
Und traut sich doch mal einer raus
und geht ein Stück, sieht dann, oh Graus
am Marktesplatz ein' Leichgestalt
von ei'm, der nicht werden wollt alt.
Voll Schrecken scharren sich Angstgesichter:
„Seht: Da hängt doch unser Dorfesdichter!"
Auf dass ein jeder panisch glotze
hoch zu des Todes lüsternd' Grinsefratze.
Und all gut' Mutter ruft zum Kind:
„Lauf heim. 's ist nicht für dich bestimmt!"
Und wie der kalkbleich' Leich so taumelt,
an dem knarzend' Galgen baumelt,
hört man, wie zart' Musik erklingt,
Wie es im Windesrauschen flüsternd singt:
„Lieb' Dorfesleut', seid nicht erböst.
Gevatter Tod hat mich erlöst
von all der Qual, Freud, und auch Leid,
die in mir brannt zu Lebenszeit,
von Frühling zu Winter, jedes Jahr,
kein Licht, nur Dunkel, so ist's wahr.
Und ja, ich habe mit der Lyrik Macht,
so manchem von Euch Glück gebracht.
Und den Andern oder Einen,
bracht' ich vor Rührung auch zum Weinen.
Manch Krieg bracht' ich zu Ende.
Manch Mobbing fand durch mich die Wende.
Auf dass dieses für immer bliebe:
Dass ein jed' von Euch den Andern liebe.
Drum bitte ich durch dies' Gedicht:
Seid fröhlich, trauert nicht um mich.
Reicht einander euch die Hand.
Geht vereint durch Welt und Land.
Verbreitet Wärm' und Freud statt Schmerzen.
Tragt Poesie in euren Herzen.
Was ich im Leben euch gebracht,
war für mich einfach nicht erdacht.
Die Lieb', Lebglück, ich fand sie nicht.
Nur Gevatter Tod, der liebt jetzt mich.
Und sät in mir aus den zarten Samen
der heil'gen Ruhe. Für immer. Amen."
© 2021 Johannis Röhrs
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