
Kennenlernen
„Lillith!" hallte ihr Name durch den Wald.
Das konnte nichts Gutes bedeuten. Sie konnte eindeutig Panik in Eomer's Stimme heraushören. Geschwind nahm sie alles, was sie bisher finden konnte und hetzte durch den Wald zurück auf das noch flackernde Feuer zu. Eomer hielt Adelind im Arm – seine Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Als er Lil bemerkte, blickte er auf. „Sie ist ohnmächtig geworden und atmet nur noch ganz flach. Wir müssen sofort weiter nach Edoras!" beharrte er. Die Hoffnung der Prinzessin auf ein glückliches Ende schwanden immer weiter. Stumm nickte sie und kniete sich zur Schwangeren. „Mach die Pferde fertig. Ich werde ihr die Kräuter verabreichen." Sagte sie mit dem Blick nach unten gerichtet und trockener Kehle. Sie vernahm das Rascheln, was Eomer verursachte, als er aufstand.
Sanft tupfte Sie Adelinds Stirn ab und sprach leise und beruhigend auf sie ein. Vorsichtig und feinfühlig öffnete sie Adelinds Mund und legte die Kräutermischung unter ihre Zunge. Nun musste sie aufpassen, dass sie nicht plötzlich erwachen und womöglich sich an den Pflanzen verschlucken oder gar ersticken würde. Lillith konnte regelrecht spüren, wie Adelind's Lebenshauch schwächer wurde. Mit zitternden Händen legte sie eine Hand auf ihrem Bauch. Als sie nichts spüren konnte, legte sie ihren Kopf darauf. Sie konnte nichts hören. Sie konnte auch keine Bewegung spüren. Ein kalter Schauer durchzog sie. Nur zu gut erinnerte sie sich an ihrem lebhaften Sohn in ihrem Bauch, als sie so weit war, wie Adelind. Sie kam zu dem Schluss, dass vermutlich das Kind bereits tot war.
Trauer machte sich in ihrem Herzen breit. Ein totes Kind im Bauch, brachte auch oft den Tod der Mutter mit sich.
Eomer riss sie aus ihren Gedanken und ihrer Trauer. „Lil – alles ist bereit! Wir müssen aufbrechen!" sagte er eindringlich während er auf sie zukam. Als er nah genug an seiner Geliebten herankam, sah er ihr trauriges, verweintes Gesicht. Er fiel vor Lil auf die Knie und tat es Lil gleich, indem er eine Hand auf dem Bauch seiner Frau legte. Erschüttert stellte er fest: „Es ist kein Leben mehr in ihr." Flehend sah er Lillith an, als hoffte er sich zu irren und von ihr eines Besseren belehrt zu werden. Stattdessen legte sie ihre Hand auf seiner und hielt sie fest. Es brauchte viel kraft, sich nicht der Trauer und Wut hinzugeben, sondern auf zu raffen, um das Leben seiner Frau zu retten. Sein schmerzendes Herz sehnte sich nach der Liebe und Geborgenheit von Lillith, die er gerne von ihr einfordern und sicher auch bekommen würde. Doch dafür war keine Zeit. Ob er in Edoras mit Lillith alleine sein konnte um versäumtes nach zu holen, oder einfach nur um sich wieder nah zu sein? Er wusste nicht, was ihn in Edoras erwarten würde, wie lange man ihn dulden würde. Doch er wird darum kämpfen, so lange wie möglich bei seinem Sohn und seiner geliebten Lil zu bleiben.
„Lass mich mit ihr reiten Liebster!" hauchte die Prinzessin, die ihm gerade über die Wange strich. „Schaffst du das?" fragte er vorsichtig. Er erkannte sofort ihre Absichten. Er war um einiges schwerer wegen seiner kräftigen Statur und seiner Ausrüstung. Die beiden Frauen waren leichter und auch leichter gekleidet. Lil stieg auf und forderte ihm mit einem Nicken auf Adelind auf's Pferd zu setzen. Ohne viel Zeit zu verlieren, hievte er den leblosen Körper vor Lil und stieg selbst in den Sattel.
Beide verloren sämtliches Zeitgefühl und ihre Kraftreserven. Doch mit Erleichterung stellte Lil fest, dass mit jedem Galoppsprung ihr die Umgebung vertrauter wurde. „Es kann nicht mehr weit sein!" rief sie in den Wind, der ihre Worte zu Eomer trugen. Sie sollte recht behalten. In der Ferne erkannte man Edoras und die goldene Halle, über der sich dunkle Wolken ballten. So unmittelbar kurz vor ihrem Ziel begann es zu gewittern. Zu allem Übel begann es zu schütten und durchnässte die Reisenden bis auf die Knochen.
Am Tor angekommen verschaffte sich die Prinzessin schnellen Zutritt. Eomer ließ man nur auf ihren Befehl hin und auch nur sehr widerwillig gewähren.
Empfangen wurden die drei vom halben Hofstatt. Der König und sein Sohn standen an vorderster Stelle. Dahinter Lyrann mit den Heilern. Im Eingangsbereich der Halle, im trockenen, stand Arrian mit Edmud auf dem Arm. Lillith hatte es nicht für möglich gehalten, sich einmal so sehr zu freuen, wieder in Edoras – ihrem goldenen Käfig, zu sein. Wachen kamen zu ihr und nahmen ihr die immer noch bewusstlose Adelind ab. Auch Lillith half man vorsichtig vom Pferd, was Eomer nicht gerne sah.
Adelind wurde sofort in die Räume der Heiler gebracht, ohne das er nochmal die Gelegenheit hatte, zu ihr zu gehen.
„Lillith, ich freue mich, dass du wohlbehalten zurückkehrst! Doch kann ich nicht leugnen, dass ich besorgt bin! Du siehst müde und sehr mitgenommen aus. Ruh dich aus." Sagte Theodred fürsorglich zu ihr, bevor er sich an seinen Rivalen wandte.
„Ihr seht furchtbar aus Eomer. Ich denke, das kann man nicht allein der Reise zuschieben. Geht Euch ausruhen! Alles andere besprechen wir morgen. Dein Sohn will endlich seinen Vater kennen lernen." Fügte der Prinz mit einem Schmunzeln hinzu. Niemand hatte mit seinem Wohlwollen Eomer gegenüber gerechnet. Was war geschehen, während Lillith die paar Tage fort war?
„Habt dank!" sagte Eomer nur skeptisch. Er traute dem ganzen Schauspiel nicht recht.
Eiligen Schrittes ging er zu Lillith, die das Ganze mit Edmund auf dem Arm beobachtete. Eomer blieb kurz vor ihr stehen und betrachtet mit großen Augen seinen Sohn. „Er ist wundervoll Lillith." Brachte er mit vor Rührung kratziger Stimmer hervor. Er sah seine Geliebte an. Sie lächelte glücklich und überreichte ihm Edmund. Nur zu gerne hätte sie diesen wundervollen Moment mit einem Kuss besiegelt. Sie durften es nicht wagen, doch Eomer ging dicht an ihr Ohr und flüsterte: „Ich liebe dich so sehr!" und gab ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn. Lillith drückte sich ihre Hand an den Mund, bemüht ihre Beherrschung wieder zu erlangen.
Wie aus dem nichts trat Lyrann an ihrer Seite. „Lillith, du wirst deinen Besucher in deinem Bett mit nächtigen lassen müssen! Wir haben gerade so viele Besucher hier und kein Zimmer mehr frei." Betonte sie mit einem Zwinkern. Lil umarmte ihre Freundin so fest, dass ihr für einen Moment die Luft wegblieb. „ Lil, du zerquetscht mich." brachte sie angestrengt hervor. Lachend ließ sie ihre Freundin los. „Geht" forderte die Geliebte des Prinzen sie auf.
Das ließen sich Lil und Eomer nicht zweimal sagen. Gemeinsam mit ihrem Sohn gingen sie in Lillith's großes Gemach.
Dort angekommen schloss Eomer mit einer Hand die Tür hinter sich und griff sofort nach seiner Geliebten.
Nass, durchweicht, müde aber verliebt wie am ersten Tag standen sich nun beide gegenüber. Eomer hielt auf einem Arm seinen schlafenden Sohn und mit dem anderen zog er Lil an der Taille nah an sich. Langsam, beinahe genüsslich näherten sich ihre Lippen, bis sie sich trafen und liebkosten. Beide genossen es in vollen Zügen und konnten nicht mehr aufhören. Edmund wurde munter und fordert von seinem Vater nun die Aufmerksamkeit. Eomer lachte Amüsiert über Edmund's Protest. „Keine Sorge kleiner Mann, du wirst nicht vergessen! Niemals! Ihr beide seid das wichtigste auf der Welt für mich! Ich werde euch immer beschützen – dich und deine wunderschöne Mama!" woraufhin er erneut seine geliebte Lil küsste.
Sie hielt ihn fest, als fürchtete sie, dass ihn ihr jemand wegnehmen könnte. „Ich liebe dich Eomer – und ich liebe dich Edmund mein Sonnenschein!"
Schweren Herzens übergab ihr Eomer den Jungen. Sanft schob er die beiden Richtung Bett und bedeutete ihr, sich zu setzen. Als sie saß, kniete er sich vor ihr nieder und blickte zu ihr hinauf.
„Lillith, ich liebe dich allein! Du bist mein Lebensinhalt! ...." Er ließ eine Pause und schien zu überlegen. Lil ahnte nichts Gutes.
„Ich bin nicht nur Vater unseres Sohns, sondern auch eines toten Kindes und Ehemann einer Frau, die im Sterben liegt." Er sagte das ruhig und mit bedacht. „Ich werde allen meinen Pflichten nachkommen und dazu gehört auch meiner Frau bei zu stehen, so wie sie auch mir in manch schweren Zeiten beistand. Ich hoffe du verstehst, dass ich nicht bei dir bleiben kann, solange Adelind sich in diesem Zustand zwischen Leben und Tod befindet." Sie konnte hören, wie er auf ihr Verständnis hoffte. Sie würde es ihm natürlich zeigen, denn damit unterstützt sie ihn und nimmt ihm eine Last. Sie hatte genug Zeit, um zu begreifen, dass er diese Frau nicht so liebte wie sie, ihm aber auch nicht egal war. Sie legte Edmund auf dem großen Bett ab und bat ihn mit einer Handbewegung neben sich.
Eomer war unsicher, wie ihre Reaktion jetzt sein würde.
Sie nahm seine Hand in ihre Hände und sah ihm tief in die Augen. „Es tut mir so leid Eomer! Es tut mir so leid, was du durchmachen musst! Ich hoffe nicht, dass du dein ungeborenes Kind und deine Frau zu Grabe tragen musst! Ich bin immer für dich da Liebster und warte auf dich. Geh zu ihr – gib ihr Kraft und Halt."
Er besiegelte ihre Worte mit einem Kuss und sagte leise „Danke", bevor er ging.
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