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Maraden Lösung

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Gican; Zusammenfassung mehrerer kleiner
Fürstentümer oder Königshöfe zu einem
einzigen Land. Der Hof der Tacia gehört dazu.

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          „Ihr werdet doch hiervon nichts erzählen, oder?"

Ich hielt in meiner Bewegung inne, meine Hände nutzlos in der Luft. Ernsthaft? Er saß halbnackt vor mir und das war seine Art, ein Gespräch zu beginnen?
Ich rollte mit den Augen und setzte meine Untersuchung fort.
Tastend fuhren meine Finger über seine Muskeln auf der Suche nach der richtigen Stelle. Links hängend und fortschreitende Schwellung, sowie akute Bewegungsunfähigkeit. Sein bartloses Gesicht war dabei schmerzhaft verzogen und ließ ihn noch jünger wirken. Er würde seine Waffe so schnell nach niemandem schwingen. Ich musste besser werden und das brauchte all meine Aufmerksamkeit.

Aber eine Antwort konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen.
„Eine ausgekugelte Schulter ist kein Grund, sich zu schämen." So schnell würde er allerdings kein Schwert mehr schwingen und das war bestimmt die schlechteste Nachricht, die ich ihm vorerst überbringen konnte. In zwei Wochen waren die ersten Tests für die neuen Rekruten.

Der Junge vor mir wurde rot.
„Da-das meinte ich nicht..."

Ich weiß.

Er hielt sein offenes Hemd mit einer Faust vor sich umklammert, als fürchte er, dass ich ihn jeden Augenblick anspringen könnte. Die ausgekugelte Schulter war tatsächlich nicht sein größtes Problem. Ich war es.

Unser Arzt für die Soldaten war gerade verhindert. Aber ich würde ihm nicht den Gefallen tun und irgendeinen Mann holen. Wie gesagt... ich brauchte die Übung.
Vorsichtig tastete ich über seine Haut, um die genaue Position des Oberarmknochens zu ermitteln.

„Wie ist das passiert?", fragte ich, um ihn von der Untersuchung und mich von meiner wachsenden Anspannung abzulenken. Verkrampfte Muskeln würden keinem von uns beiden helfen.

Der Bursche verfolgte die Bewegungen, während meine Hände sich um seinen Unterarm schlossen. Er hatte sein Trainingsschwert mit hereingebracht, doch ein vollständiger Soldat war er noch lange nicht.
„Ich bin gefallen", erwiderte er ein wenig kurzatmig, die Augen groß wie die Solaya Planeten.

Dabei hatte ich noch gar nicht angefangen.
Meine Mundwinkel zuckten. Henric würde außer sich sein, wenn er erfuhr, dass mich einer seiner Auszubildenden vom Mittagsessen gerufen hatte. Der Junge durfte sich heute Abend den ein oder anderen Satz von ihm anhören. Und ich auch, wenn ich es nicht geschickt anstellte.

Vorsichtig zog ich den Arm nach vorne, als sich die niedere Tür zur Kammer öffnete und mein Bruder seinen dunklen Schopf durch den Spalt schob.
Ein breites Grinsen pflasterte sich auf sein Gesicht, als er den Jungen auf meinem Behandlungstisch sitzen sah.
„Toilen! Bist du verletzt oder ist sie gerade dabei, nachzuhelfen?" Begeistert drückte er sich ebenfalls in den zu kleinen Raum und ließ sich neben den Soldaten auf die Tischoberfläche fallen, nicht ohne ihm einen freundschaftlichen Klaps auf das lädierte Gelenk zu geben.

Der Bursche winselte nur nicht, weil gerade sein Albtraum Wirklichkeit geworden war. Der zukünftige Herrscher unseres Landes hatte ihn entkleidet in einem Raum mit seiner Schwester versteckt gefunden hatte. Wenn er ohnmächtig werden würde, würde das helfen.

Entschieden schob ich meinen Bruder ein Stück von dem Patienten fort. Er mochte der nächste König sein, doch Jac Deraux hatte dieselbe Grazie wie ein Baby-Kichin. Er tapste schwankend durch jede Situation, fraß versehentlich den Lieblingssingvogel des obersten Priesters und rettete sein Fell allein damit, dass er niedlich aussah, wenn er schlief.
Nichts von all dem war eine Hilfe, wenn ich versuchte, jemanden zu heilen.

Jac hatte da andere Vorstellungen. „Weißt du, dass sie mir insgesamt schon sieben Mal die Schulter wieder eingerenkt hat? Es schmerzt, als würde ein Baraknien Bär dich in Stücke reißen, aber wenigstens kribbeln deine Finger danach nicht mehr."

Toilens Muskeln wurden innerhalb eines Herzschlages hart wie Steine. Jegliche Versuche seine Schulter jetzt sanft und ohne größere Nebenschäden zu richten, waren damit dahin.

Mit einem Seufzen ließ ich sein Handgelenk los und wandte mich an meinen Bruder. „Es hätte deutlich weniger wehgetan, wenn du stillgehalten hättest und häufiger auf mich hören würdest."

Die Grübchen in seinen Wangen vertieften sich und bestätigten meine These, dass er allein mit Charme überlebte.
„Wenn ich das jedes Mal tun würde, würde ich in zwei Wochen nicht meinen Lieblingsmenschen heiraten", erklärte er mit einem Zwinkern an Toile, der darüber nachdachte, ob er nicht besser wieder trainieren gehen sollte. „Was mich daran erinnert: Isabella fragt, ob du dir schon Gedanken gemacht hast, welches Lied du auf der Hochzeit singen möchtest."

Mein Mund wurde trocken. Singen.
Um den Gedanken zu umgehen, nahm ich die Hand des Soldaten wieder auf und startete einen zweiten Versuch, dieses Mal mit leichter Gegenwehr.

Aber Jac kannte mich zu gut.
„Kaliee", er zog meinen Namen in die Länge, als würde mir das genug Zeit geben, eine passende Antwort zu formulieren, „Es ist nur ein Lied- du hast das früher jeden Abend gesungen."

Als könnte ich das vergessen. Behutsam ruckelte ich an dem Arm und bedeutete Toilen in die andere Richtung zu sehen.
„Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht", sagte ich schließlich langsam. Und weil das eine komplette Lüge war, sandte ich lieber noch eine Wahrheit hinterher, „Ich habe viel zu tun."

„Apropos... Hat Isabellas Vater dir heute Morgen von dem Brief der Ikierer erzählt? Sie haben ihr Gebot auf deine Hand erhöht. Als könnten sie mehr bieten als dieser komische Händler aus ... wo kam der noch her?", fuhr Jac unbekümmert fort und tippte mit seinen langen Fingern gegen die Unterlippe.

Ich wusste es selbst nicht. Seit verkündet wurde, dass Jac demnächst die Kronerbin Eslaryns ehelichen würde, überbrachte täglich ein anderer Bote Kunde von seinen Meistern, die sich dazu herabließen, die Schwester des nächsten Königs zu heiraten. Auch wenn sie nicht adelig geboren war. Die Auswahl spannte von nicht einmal volljährigen Händlerssöhnen bis hin zu Sir Paròt, der mit fast siebzig nach Frau Nummer Einundzwanzig suchte, weil die Vorgängerinnen bisher ausnahmslos während Geburten gestorben waren.

Ich konnte von Glück sprechen, dass am Ende Jac mein Vormund war und der grundsätzlich eigentlich mit allem anderen beschäftigte als mit staatlichen Geschäften. Hoch lebe das Baby-Kichin!

Ein dumpfes Geräusch riss mich aus den Gedanken und gab mir das Zeichen Toilens Hand wieder loszulassen. Das Gelenk hatte seine ursprüngliche Stellung wiedergefunden. Ich hatte es geschafft! Jac zum Trotz.

Der Junge war inzwischen käsebleich und sah trotzdem mehr erleichtert darüber aus, dass ich ihn wenigstens nicht mehr anfasste. Hastig packte er sein Hemd und seine Ausrüstung, verbeugte sich vor meinem Bruder und war schneller aus dem Zimmer verschwunden, als das Jac oder ich nur ein weiteres Wort sprechen konnten.

„Und noch ein zufriedener Kunde. Vielleicht kommt er ja wieder." Jac wackelte mit den Augenbrauen. „Wenn Henric ihn lässt. Ich bin mir sicher, der wäre sofort dabei, wenn ich ihn fragen würde, ob wir dich retten gehen. Isa hat es vorgemacht! Du musst lediglich abhauen, dich gefangen nehmen lassen und ‚zack' darfst du den Kerl heiraten, der dich rettet!"

Ein Leitfaden zur glücklichen Ehe, geschrieben von meinem Bruder.
Ich rollte mit den Augen und beeilte mich, die umliegenden Gerätschaften zusammen zu suchen und in eine Tasche zu packen, damit Jac nicht die verräterische Hitze in meinem Gesicht aufsteigen sah. Henric war ein Thema für sich. Nur das Wörtchen darfst störte mich an dem Satz.
„Heirat ist nicht immer die Lösung. Denk nur an Mamá und Papá."

Papá, den sie bei der Beerdigung unserer Mutter betrauert hatten, weil niemand mehr für ihn sorgen würde. Er war kein Invalider gewesen.

Mit Schwung sprang Jac von meinem Behandlungstisch, damit ich ihn an seine ursprüngliche Position zurückrücken und die Vase wieder daraufstellen konnte. Jemand hatte Tulpen darin arrangiert, die die Farbe der feinen Fenstervorhänge wiederaufnahmen. Anscheinend war es egal, dass dies eines von hundert Zimmern war und vermutlich neben den Bediensteten niemand seit Jahren einen Fuß hier reingesetzt hatte.
Abgesehen von mir natürlich... und meinen Patienten... und Jac... Woher wusste der eigentlich wo er mich finden konnte?

„Ich vergaß", Jac suchte etwas in die Taschen seiner Hose, „Du ziehst das männerfreie Leben der Nevanam jedem Abenteuer und Spaß vor."

Jac war bestimmt im Zwei-Städte-Radius der Einzige, der eine Ehe als 'Abenteuer' oder 'Spaß' bezeichnen würde. Er ging in ein paar Wochen ja auch nicht in den Besitz von Isabella über.

„Warum warst du eigentlich hier?", wechselte mein Bruder so abrupt das Thema, dass ich einige Sekunden brauchte, um ihm zu folgen.

Ich kämpfte mit einem weiteren Seufzen und verlegte den Fokus meiner Konzentration auf die Tasche in meinen Händen. „Ich brauche mehr Übung, Jac. Ich kann immer noch keine komplizierteren Brüche behandeln, ganz zu schweigen von ernsthafteren Erkrankungen", ich kam ins Stocken, „Es ist nicht so, dass ich nicht wüsste wie... nur..."

Nur was? Ich hatte jedes Buch über Heilungen und Medizin studiert, dass sich in unseren Bibliotheken finden ließ, doch nichts darin half, wenn ich vor einem Kranken stand, der meine Hilfe wirklich brauchte.

„Du hast Angst es zu vermasseln", beendete Jac meinen Satz und ich erhaschte einen mitleidigen Ausdruck in seinen Augen, der jedoch im nächsten Moment von einem freudigen Glimmen übertrumpft wurde, „Aber vielleicht kann dir das hier ja helfen." Er zog seine Hand aus der Hosentasche und streckte sie vor mir aus. Darin lag ein kleiner silberner Ring mit einem merkwürdig großen blassen Stein.

Ich war so verdutzt, dass ich mit dem Aufräumen aufhörte.
„Schmuck?"

Als ich den Ring nicht sofort nahm, packte Jack meine Hand und drückte ihn hinein.
„Nicht irgendein Ring. Ich habe ihn von Neya."

Das war erstaunlich wenig hilfreich. Ich starrte den Ring in meiner Handfläche an, als hätte Jac mir Windpocken gegeben.
„Von der Kräuterfrau?" Instinktiv hob ich den Ring hoch und wollte daran riechen, doch Jac ging dazwischen.

„Nicht anlecken! Der ist wasserlöslich!", hektisch, als glaube er, dass ich den Ring womöglich verschlucken würde, drückte er meinen Arm wieder herunter, „Also nicht der ganze Ring, nur der Stein. Das ist ein Qell-Kristall. Die sind super selten, aber man sie orten, wenn man einen Zwillingsstein hat." Stolz zog er den Ausschnitt seines Oberteils zur Seite und offenbarte eine dünne silbrige Kette, an der derselbe Stein hing. Er bewegte sich sanft in der Luft in die Richtung meiner Hand. „Für unsere kommenden Abenteuer."

Ich zog die Augenbrauen hoch. Das war... ein merkwürdiges Geschenk, selbst für seine Verhältnisse.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Jac schenkte gerne Kleinigkeiten. Mir, seiner Verlobten, fremden Menschen, die er auf der Straße traf. Aber irgendetwas an dem Ring war anders. Irgendwas-...

Meine Antwort wurde von dem energischen Aufreißen der Tür erstickt.
Der dramatische Auftritt gehörte zu einer korpulenten Dame, die, begleitet von einer Wolke atemberaubenden Parfüms, in unseren Raum platzte und augenscheinlich bereit war, jeden am Schlafittchen heraus zu schleifen, der sich vor ihr versteckte.
In diesem Fall uns. Was hatte ich in letzter Zeit nicht für ein Glück.

Niemand, nicht einmal der König, hätte sich Madame Acó in diesem Moment widersetzt. Sie war wie einer jener Wüstenstürme aus Bannafal, eine Strafe unseres Gottes, nur eben eigens für mich auserlesen.
Als ihr Blick auf Jac fiel, entspannte sich ihre Haltung ein wenig und sie brachte eine kleine Verneigung zustande.

Beim Bemerken meiner Anwesenheit glaubte ich für einen kurzen Moment, unter ihrem Blick in Asche zu zerfallen. Moira würde mich aufwendig wieder zusammen setzen müssen ... sobald sie sich endlich mal außerhalb ihres Zimmers blicken ließ. Hektisch steckte ich den Ring in meine Rocktasche.

„Du verpasst ein Ehrenbankett!" Madame Acó klang so beleidigt, als hätte ich eine persönliche Einladung ausgeschlagen.

Meiner selbst zum Trotz zuckte ich zusammen. Die Leiterin einer adeligen Schule hatte nie in einem anderen Tonfall mit mir gesprochen, seitdem der König sie damit betraut hatte, mich in eine vorzeigbare Dame zu verwandeln. Und ich konnte sie sogar ein wenig verstehen.
Doch es war ein sinnloses Unterfangen, wenn man mich fragte. Als Heilerin musste ich alle Krankheiten kennen und nicht sieben verschiedene Fremdsprachen. Ich meine, es war nützlich ... aber die meisten meiner Patienten waren nicht Ausländer, sondern schwerhörig.

„Es gab einen Notfall", versuchte ich, sie zu beruhigen, und hob zum Beweis die Tasche hoch.

Ich erreichte genau das Gegenteil. Wie immer, wenn ich den Mund aufmachte.
Ihr Kopf flog zu meinem Bruder herum, als erwarte sie, dass ich ihn als Übungspuppe für den korrekten Totenschnitt benutzt hätte. Das hatte ich nur ein einziges Mal vorgeschlagen und sie ließ es mich nicht vergessen.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Prinz?"

Ihr kompletter Ausdruck unterging eine fast schon magische Veränderung, als sie besorgt die Erscheinung meines Bruders musterte. Wenn es akzeptabel gewesen wäre, hätte sie sicherlich seine Zunge herausgezogen und in seine Ohren geschaut.

Jac grinste nur schief und schüttelte den Kopf. Er hatte kein Problem mit Madame Acó. Er war eines jener robusten Kamele, denen Wüstenstürme nichts anhaben konnten.

Ihre Augen kehrten zu mir zurück. Selbst unter dem Puder nahm Madame Acós Gesicht eine erschreckend rote Färbung an, während sie für einen Moment verzweifelt nach Worten suchte.
„Dann ist es kein Notfall! Der Gesandte aus Tacia macht sich bereits für die Abreise fertig! Was wird er denken, wenn er deine Abwesenheit bemerkt?"

Vermutlich nichts. Er war der zehnte Gesandte aus einer der Provinzen von Gican und keiner von ihnen hatte nur ein Wort mit mir gewechselt. Sie kamen aus unserem einzigen Nachbarland, das nur vorbeikam, um höflich nachzufragen, ob Eslaryn Lust auf einem kleinen Krieg hätte? (Hatten wir nie- wollten sie stattdessen vielleicht in die königliche Familie einheiraten?). Nein danke, sie hatten kein Interesse an einer Hochzeit mit mir und waren damit meine liebsten Abgesandten, gleich nach Pelrin. Von denen kam gar nicht erst einer vorbei.
Das konnte ich Madame Acó aber nicht sagen. Das wäre gegen die Regeln des Anstandes.
Und wie hatte sie mich eigentlich gefunden? Das hier war ein Versteck ... zumindest noch vor zwei Wochen.

Mit einem deutlichen Räuspern stellte mein Bruder sich neben mich.
„Ich denke ihre Abwesenheit würde maßgeblich in den Hintergrund rücken, wenn er erst bemerken würde, dass auch der nächste König fehlt", bot er mit einem verschmitzten Grinsen ein Friedensangebot an.

Madame Acó schüttelte den Kopf. „Niemand würde die Entscheidungen des zukünftigen Königs infrage stellen! Ihr seid ein Mann mit logischen Entscheidungen. Doch was könnte wichtiger für Eure Schwester sein, als den Eindruck einer guten Gastgeberin zu vermitteln?" Allein die Vorstellung rieb ihre dünnen Nervenbänder nur noch mehr auf.

Ich seufzte innerlich. Wunden verbinden? Krankheiten heilen? Mensch und Tier das Leben retten? Ich konnte den ganzen Tag so weiter machen.

„Als Schwester des nächsten Herrschers ist man ein Vorbild für viele junge Damen", fuhr meine Lehrerin fort, die Hände vor ihrem beigen Rock ringend, „Wir können nicht riskieren, dass bald alle Frauen unverschleiert über Flure rennen, als jagten sie ein Huhn! Das ist alles ihre Herkunft ..."
Sie ließ die Anspielung auf mein Leben vor dem Palast unausgesprochen im Raum hängen, ignorant der Tatsache gegenüber, dass Jac diese Herkunft teilte.
Und das Huhn war ein einmaliger Vorfall gewesen!

Er machte sich nicht sonderlich viel draus. Jac würde vermutlich jeden Tag wieder mit mir Hühner jagen, die sich das Bein nicht verbinden lassen wollten.
Mit einem Schulterzucken und einem vielsagenden Blick zu mir, lief er an Madame Acó vorbei und öffnete uns beiden die Tür. Das Gespräch war damit beendet und meine kurze Phase der Freiheit ebenfalls. Wenn sie mich erst einmal in ihren Fingern hatte, würde ich so schnell nicht wieder fortkommen. Neben ihrem tobenden Charakter hatte Kaar meine Lehrerin außerdem mit Ausdauer beschenkt. Nur für mich.

Bevor ich jedoch in Selbstmitleid versank, entdeckte ich über ihren Schultern eine Gestalt auf dem Gang und dieser Anblick konnte jeden meiner Tage retten. Er wartete, mit den Händen hinter seinem Rücken verschränkt und den Ausdruck absoluter Besorgnis in sein Gesicht gemeißelt.
Die goldene Rüstung der herrschaftlichen Garde schimmerte frisch poliert, seine blonden Locken waren nach hinten gekämmt worden und keine Flocke Staub hatte sich auf den schwarzen Paradestiefel niedergelassen.
Henric LeClair sah aus wie das Musterbild eines Soldaten, doch der Blick, den er meinem Bruder zuwarf, hätte genauso gut zu einem Straßenbettler gepasst.
Die Welt kannte keinen größeren Edelmann unter der Sonne. Ich suchte schon seit unserem ersten Treffen nach einem ähnlichen Exemplar, das mich vielleicht genauso zurück anhimmeln würde-... aber bisher erfolglos.

Madame Acó blieb bei seinem Anblick so abrupt in der Tür stehen, dass ich fast gegen sie geprallt wäre, ehe die ältere Dame stotternd und den Kopf tief gesenkt in den Gang hinaus purzelte. Jemand teilte wohl meine Ansicht.
„Monsieur LeClair, was machen Sie denn hier drinnen? Müssen Sie nicht an der Seite seiner Erhabenheit sein?"
Es war buchstäblich nichts mehr von meiner aufgebrachten, rotgesichtigen Lehrerin übrig, außer der Färbung ihrer Wangen. Wenn Henric und Jac so weiter machten, würde sie eines Tages auf Moiras Behandlungstisch liegen.

Ich hätte gerne dieselbe Frage gestellt. Woher wussten alle, wo ich mich versteckte?
Stattdessen senke ich zur Abwechslung mal anständig den Kopf und trat zur Seite, um mich aus dem direkten Gespräch herauszuhalten.
Henrics streifenden Blick spürte ich trotzdem, ehe er sich einmal vernehmlich räusperte und sich an die Anstandsdame wandte.
„Ihr dürft versichert sein, dass ich meine besten Männer abgestellt habe."

Sein warmer Akzent sandte kleine Schauer über meine Haut, die mich dankbar für die luftige, aber vollständig blickdichte Kleidung machte. Sollte Madame Acó das sehen, würde sie mich bis zu meiner eigenen Hochzeit nicht mehr aus dem Zimmer lassen. Und ich war noch nicht bereit, Henric fortan nur von weitem anzuschmachten.

„Lass mich raten, er hat dich gesandt, um herauszufinden, wo ich bleibe", murrte mein Bruder, und sein sonst so sonniges Gemüt erhielt einen Dämpfer. Anscheinend gab es doch Personen, die einem Thronfolger sagen konnten, wann er wo zu sein hatte und er hielt genauso wenig von formellen Verabschiedungen wie ich.
Dabei durfte er immerhin etwas sagen oder den Kopf heben! Ich stand bei so etwas zwischen hundert anderen Frauen im Hintergrund und starrte meine Hände an. Zeitverschwendung, die ich mir mit den Studien nicht leisten konnte.

Henric neigte zustimmend den Kopf, erwiderte jedoch nichts. Das kleine Lächeln in seinem Mundwinkel sah ich trotzdem.

Reflexartig lächelte ich zurück, auch wenn er überhaupt nicht in meine Richtung sah.
Madame Acó allerdings schon. Langsam hob sie eine Augenbraue, herausfordernd, als wolle sie, dass ich meine bisherige Erziehung vergaß und mich rechtfertigen würde.

Sprechen, in Anwesenheit eines Mannes, der nicht Teil der Familie war. Ein Skandal.
Ich tat ihr den Gefallen nur zu gerne.
„Moira ist noch in ihrem Arbeitszimmer, ich sollte sie über die Verabschiedung in Kenntnis setzen. Und ich muss die hier zurückbringen", erklärte ich und hob meine Tasche hoch.

Im Augenwinkel beobachte ich, wie sich Henrics Kopf zu mir drehte, während sich Madame Acós Augen zu giftigen kleinen Schlitzen zusammen pressten.
„Eine Nevanam folgt ihrem eigenen Tagesablauf! Entweder sie sieht es als notwendig an, den Botschafter zu verabschieden, oder nicht", schnarrte sie.

Exakt. Ich hatte sie heute den ganzen Tag nicht gesehen. Fast machte ich mir Sorgen, dass sie sich nach unserem letzten Gespräch vor mir versteckte. War ich ein schlechter Mensch, dass ich nicht sechsmal am Tag einem Gott huldigen wollte, der glaubte, Erdmännchen wären weise?
Mein Fluchtplan war allerdings mit dieser Antwort gescheitert.

Doch Henric war nichts, wenn nicht ein wahrer Edelmann, der eine Dame in Nöten selbst durch den Sakella Wald sah.
Mit einem diplomatischen Lächeln verbeugte er sich noch einmal vor Madame Acó und wandte sich dann mit respektvoller Zurückhaltung an mich.
„Es wäre mir eine Ehre, die Tasche mit Eurer Hoheit zurückzubringen."

Es kostete all meine Selbstkontrolle, nicht wie ein Kampäus breit zu grinsen. Stattdessen senkte ich dankbar den Kopf und forderte ihn mit einer Handbewegung auf, mir zu folgen, die Madame Acó eigentlich stolz machen sollte.

Sie war nicht stolz. Dazu musste ich mich noch nicht einmal umdrehen.
Und Jac würde mir für die nächsten zwei Wochen vorhalten, wie egoistisch ich ihn bei meinem Drachen zurückgelassen hatte.
„Denk daran, ein Lied auszusuchen! Isabella freut sich mehr auf deine Stimme als auf unser Eheversprechen!", rief er mir hinterher.

Doch nichts davon dimmte das warme Glücksgefühl in meinem Bauch, als ich mich gleich nach der ersten Ecke zurückfallen ließ, bis Henric endlich neben mir lief.
„Einer deiner Männer hat mich heute aufgesucht. Du bist doch nicht zu hart zu den Jungen? Sie sind kaum volljährig", eröffnete ich das Gespräch.

Henric hielt den Blick geradeaus gerichtet, doch er war genauso wenig Herr des verräterischen Funkelns in seinen grauen Augen. Es war kaum mehr eine Erinnerung des ehrlichen Lachens, das ich schon einmal bei ihm gesehen hatte. Vor langer Zeit. Im Angesicht eines Riesen.

„Ihr vergesst, dass Euer Bruder nicht weniger alt war, als er sich bereit erklärte, die Prinzessin zu suchen", wandte Henric ein und nahm mir vorsichtig die Tasche ab, darum bemüht, mich nicht zu berühren, „Also stimmt es? Ihr werdet auf der Hochzeit singen? Ich habe Euch noch nie im Palast singen gehört, Eure Hoheit."

Nicht er auch noch.
„Nenn mich nicht so", wechselte ich das Thema schneller, als ich mich an Madame Acós Anstandsregeln erinnerte. Ich kräuselte die Lippen. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte er mich Mädchen gerufen und mir gedroht, meinen Hintern nach Hause zu tragen, wenn ich seine Regeln nicht befolgen würde. Zugegeben, an dem Tag hatte ich ihn lange gereizt und es war nie ein zweites Mal vorgekommen, doch wir waren weit über diese distanzierte Beziehung hinaus.

Amüsiert warf er mir einen Seitenblick zu, als wisse er genau, woran ich dachte. Und auch wenn er meinen Themenwechsel zweifelsohne bemerkt hatte, war er zu höflich, nicht darauf einzugehen.
„Es tut mir leid, aber ich werde Euch mit nichts weniger als Eurem rechtmäßigen Titel ansprechen. Es wäre beleidigend, etwas anderes zu tun." Entschuldigend zuckte er mit den Schultern.

Die Wachen an einem der Torbögen nickten Henric zu, als wir sie passierten. Ihre bunten Hosen strahlten mit den Fliesen um die Wette. Die Kordeln und Troddeln ihrer Krummschwerter raschelten bei jeder Bewegung und machten die weichbesohlten Schuhe damit vollkommen überflüssig.

Wir erreichten die Galerie, deren spitze Bögen den Blick auf den weitlaufenden Garten und das Eingangstor frei gaben.
Ich sah, wie die Verabschiedung des Gesandten im vollen Gang war. Der fragliche Mann stand neben seinem Schimmel, die braunen Haare ein einziges Durcheinander im Wind.
Er hatte einen nicht halb so wichtigen Gesichtsausdruck wie Henric, als er eine Verbeugung vor dem König andeutete.
Jac und Isabella waren nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich half sie ihm gerade, einen Turban zu binden. Das konnte dauern.

„Und was ist, wenn ich dir befehlen würde, mich bei meinem Vornamen zu rufen?", fragte ich, ein verschlagenes Lächeln auf den Lippen, als ich mich wieder zum Gehen wandte.

Henrics amüsiertes Lachen erstarb sofort. Mit seinem festen Glauben an ehrenhaftes Benehmen und der Loyalität dem König gegenüber, rang er ohnehin schon jede Sekunde, die er mit mir verbrachte.
„Dann würdet Ihr mich wohl wegen Befehlsverweigerung in den Kerker werfen lassen müssen", erwiderte er schlussendlich.

Es wäre überflüssig zu erwähnen, dass das nicht die Antwort war, auf die ich gehofft hatte. Kaar war ganz offensichtlich heute gegen mich.
Mir entwischte ein Laut, der Madame Acó die Wände hochgetrieben hätte, und ich warf die Arme in die Luft. „Warst du eigentlich schon so stur, als wir uns kennen lernten?"

Gemeinsam kamen wir vor Moiras offiziellem Behandlungszimmer und Schlafgemach zum Stehen. Henric lächelte wieder. „Es wäre schön, dich wieder singen zu hören, Kaliee."

Mit einem sanften Klopfen öffnete er mir die Tür.

Kopfschüttelnd trat ich an ihm vorbei.

Ich sah sie nicht sofort. Für einen kurzen Moment wanderten meine Augen über die kleinen Räumlichkeiten, blieben an den unangetasteten Regalen und den verstreuten Kräutern hängen, zwischen denen wir gestern ein Gegenmittel für Unterernährung gesucht hatten. Ich konnte ihren würzigen Geruch immer noch ausmachen.

Durch das Fenster in der Tür zum Garten fiel Licht auf den Boden und erhellte eine kleine Pfütze. Eine kleine Pfütze, die gestern noch nicht da gewesen war? Mit zusammengeschobenen Augenbrauen trat ich näher. Als ich mich zu ihrem Bett umdrehte, verschlug es mir den Atem. Es fühlte sich an, als würden alle Ängste, die ich sonst im hintersten Eck meines Kopfes lagerte, auf einmal im Tageslicht Wirklichkeit werden.

Moira lag vollkommen reglos auf ihrer Decke. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Lippen von kleinen blauen Äderchen durchzogen. Erbrochenes tropfte immer noch von ihrem Mundwinkel herunter auf eine leere Phiole, die ihr aus der Hand gerollt sein musste.
Sie sah aus wie eines dieser grässlichen Siegesbilder in Kaars Tempel. Verrenkt und im Schmerz erstarrt.
Lediglich ihre Brust hob und senkte sich so langsam, dass ich es fast nicht bemerkt hätte.

All das nahm ich mit schrecklicher Präzision wahr, als zöge sich die Zeit nur für mich auseinander. Meine Welt kam ins Schwanken. Blind stürzte ich nach vorne und ergriff ihr Handgelenk, um den Puls zu fühlen, doch mein Verstand war zu panisch, um irgendwelche logischen Rückschlüsse zu ziehen, außer, dass sie am Leben war. Gerade eben noch so.

Schwere Eisenketten legten sich um meine Brust und machten mir das Atmen schwer, während meine Gedanken in meinem Kopf verschwammen. Erbrochenes bedeutete Gift.

Inzwischen hatte auch Henric den Raum betreten und die Szene innerhalb eines Herzschlages erfasst. Ein undeutliches Fluchen drang an meine Ohren.
„Kaliee, du musst..."

Mein Puls überlagerte seine Worte. Mit zitternden Fingern griff ich nach dem gläsernen Behältnis neben ihrem Bett, während er wieder auf den Gang hinausstürzte und nach Boltier rief.

Gift.

Gift.

Gift.

Ein letzter leuchtend roter Rest des Flüssigkeit klammerte sich an den Boden des Gefäßes zwischen meinen Fingern. Unfähig einen schlüssigen Gedanken zu fassen, ließ ich es auf die eigene Haut tropfen.

Gift.

Zäh wie Blut perlte es ab und suchte sich seinen Weg zu Boden. Was bedeutete das? Moira hatte etwas über die Viskosität von Giften gesagt. Etwas über... Der Gedanke machte einen Knoten mein Kopf wurde leer. Mit wackeligen Knien richtete ich mich auf und stolperte in den hinteren Teil des Zimmers zurück, in dem Moira ihre Zutaten gelagert hatte.

Regale und Kisten. Büschel von getrockneten Kräutern. Offene Phiolen auf dem Tisch.

Meine Finger versuchten die Bedeutung der Etikette auf den Schubladen einzufangen, doch meine Augen huschten zu hektisch darüber. Zähflüssig. Gift.
Rezepte für Magenbeschwerden und Schmerzlinderung. Salben, die Blutergüsse heilten und Ausschläge minderten. Nein, nein, nein...
Panisch drehte ich mich wieder zu meiner Mentorin um, deren Gesicht langsam erstarrte. Mir blieb keine Zeit.

Ich fluchte und versuchte, meine eigenen Tränen wegzublinzeln, als ich blind irgendwelche Gläser aus dem Regal zog und ihre Beschriftungen entzifferte. Halsschmerzen, Quetschungen... Da war kein Gift!
Hinter mir holte Moira rasselnd Luft. Röteln, Kinderhusten...Maradenlösung?

Ich stockte. Maradenlösung. Unfähig den Gedanken wirklich zu fassen, hechtete ich wieder neben sie, eine winzige braune Flasche in den Händen, die ich ihr direkt unter die Nase hielt.
„Maradenlösung leert Mägen, richtig? Richtig?" Ich schrie sie beinahe an, doch Moira reagierte nicht.

Wenn sie erbrach, würde das helfen, oder? Es sei denn...
Weitere Tränen fielen auf meine bebenden Hände, mit der ich mich halb an der Flasche und halb an Moira festhielt. Ich hatte keine Ahnung, was für ein Gift das war. Ich könnte sie genauso gut noch schneller umbringen.

„Schafft das Mädchen aus dem Zimmer!" Wie ein Peitschenknall hallten Boltiers Worte durch den Raum. Er schob sich an mir vorbei, trat beinahe auf meine Hand und kniete sich neben Moira ans Bett, um mit einem Spiegel ihren Atem zu überprüfen. Er beschlug kaum.
Jemand packte mich von hinten bei den Ellenbogen und versuchte mich auf die Füße zu heben.

Mein Magen zog sich zusammen und ich begann mich zu wehren.
„Lasst mich helfen!"

Boltier drehte nicht einmal den Kopf, als er in seiner Tasche nach einer Flasche mit Brechkraut suchte.

„Madame Deraux, bitte", murmelte der verzweifelte Soldat in meinem Rücken, den meine rudernden Arme trafen. Er drehte sich ein mit mir, bis ich nicht mehr zum Bett schauen konnte.

Madame Acó stand mit vor dem Mund geschlagener Hand im Türrahmen. Schockiert besah sie die Szene im Raum, starrte zu Moira hinüber, als wäre alles ein Scherz. Erst als sie mich erblickte, fand sie ihre Fassung zurück.
Beruhigend streckte sie die Arme nach mir aus und half dem Soldaten mich durch die Tür zu ziehen.
„Alles wird gut, Kaliee. Eine Dame macht nicht so eine Szene", murmelte sie mehr zu sich selbst, als man uns auf den Gang aussperrte.

Tränen liefen über meine Wangen und ein merkwürdiger Schmerz machte es mir schwer zu atmen.
Moira durfte nicht gehen. Ich brauchte sie. 

"Drückt die Sternchen, wenn ihr euch auch nicht wie eine Dame benehmt." - Kaliee, keine Dame. 

Na? Wer von euch bekommt auch manchmal komplett leere Köpfe, wenn ihr eigentlich schnell reagieren sollt? 

Ich schaff es jedes Mal, meine Panik und Unfähigkeit hinter einem  gelangweilten Gesicht zu verbergen, das den Leuten immer den Eindruck gibt: Es ist mir wurscht egal, ob du dir die Hand abgetrennt hast, wenn du auf den Fußboden blutest, machst du es selber wieder weg! 

xD

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