v. das portmonee
MILA!
Manche Menschen würden sagen, ich bin impulsiv. Oder dass das hier meine impulsivste Aktion überhaupt ist.
Das finde ich aber nicht.
Ich weiß, dass ich noch impulsivere Sachen machen werde. Vielleicht stürze ich mich mal von einer Brücke.
Und überlebe dann auch noch.
Und horde dann im Krankenhaus während meiner Genesung so viele Schmerztabletten an, die ich dann auf einmal schlucke und doch noch verrecke.
Vielleicht ist dieses momentane kurze Wegrennen und das Schlagen eines Polizisten, als ich 7 war, miteinander gleichzusetzen.
Er wollte meiner Mutter einen Strafzettel für's Falschparken geben.
Der Typ vor mir hat einen leichten Bart, eine Cap, er ist am Ende seiner Zwanziger und rennt jetzt schon vor einer Midlife-Crisis davon.
Entweder lächle ich jetzt oder ich werde mein Handgelenk gleich zwischen die schließenden Türen des zunächst kommenden Zuges klemmen bis es bricht.
Ich lächle. "Hey. Hast du Feuer?"
Ich grinse ihn zurückhaltend an, während ich mir auf die Lippe beiße. Nicht so wie man denkt; Nicht auffällig, nicht stark, man sieht es fast gar nicht.
Eigentlich gebe ich mir bei diesen Dingen nie viel Mühe. Wahrscheinlich weil sonst auch nie was richtiges für mich rauskommt.
Seine Mundwinkel heben sich minimal, ehe er konzentriert nach einem Feuerzeug in seiner Jeanstasche kramt. Er reicht es mir.
Ich hoffe, du hast deine Hände nach dem Wichsen gewaschen.
"Danke.", murmle ich, während ich mir die Zigarette zwischen meine Lippen stecke und anzünde. Dabei schaue ich ihn von unten an.
"Was machst du hier?", frage ich ihn mit einem Blick auf die Bahnhofsuhr. 00:30Uhr.
Ich weiß, dass Viktor dort auch steht, aber ich schaue ihn nicht an, während er offensichtlich zu uns hinglotzt.
"Ich", er räuspert sich, "fahre zu meinen Eltern."
Ich nicke verstehend.
(Kleines Muttersöhnchen.)
Dann halte ich inne und blase dabei ein wenig Rauch in die Luft, nicht aber in seine Richtung. Ein kurzer Laut von Lachen, künstlich peinlich berührtem Lachen. Ein geschockter Blick.
"Gott, mein Zug kommt gleich und ich hab mein Portmonee in dem anderen Zug liegen lassen."
Natürlich habe ich das nicht. Habe ich überhaupt ein Portmonee?
"Das ist mir jetzt wirklich ein bisschen peinlich.", sage ich, "Hast du vielleicht 20€?"
Schneid dir deine Zunge ab, Mila.
"20€? Wo willst du denn hin?"
Wenn ich ihn so anschaue, hat er genau die gleichen buschigen Augenbrauen wie mein Mathelehrer. Er hat eine Halbglatze. Ich starre teilnahmslos seine Augenbrauen an.
Ich glaube, mir wird schlecht. Also ich glaube wirklich, mir wird schlecht.
"Wo willst du hin? Wie alt bist du überhaupt?", fragt er noch einmal.
Ich weiß es nicht / Mir ist schlecht / Ich weiß es nicht / Mir ist schlecht / Ich weiß es nicht / Mir ist schlecht / Ich weiß es nicht.
Ich sehe verwirrt auf die Zigarette in meiner Hand.
Ich glaube, ich kann nicht mehr atmen. Gott. Gott, ich hasse Gott. Mein Rachen tut weh, er ist wund, ich glaube, ich kann nicht mehr atmen.
Wo will ich hin? Und wo bin ich?
Wo ist Viktor?
Atme ich noch? Und wann geht die Zigarette aus?
"Hall-"
Ich unterbreche das Muttersöhnchen, als ich nach dem Portmonee in seiner Hand greife, daran zerre, kurz locker lasse, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen und es dann an mich reiße.
Ich renne Viktor entgegen. Er bewegt sich nicht. Ich reiße ihn am schlaksigen Arm mit, er stolpert nach vorne und eigentlich ist das hier gar nichts Großes, aber die Autoscheinwerfer und der Lärm der Stadt und die blinkenden Lichter des Kiosks, an dem wir vorbeilaufen, machen alles so groß und eigentlich muss man sich das mit Musik vorspielen;
Das Titellied von Bond. Oder "Murders" – Miracle Musical.
Ich wünsche mir sehr, das hier würde verfilmt werden. Dann gäbe es Musik über den Suizidgedanken.
Hinter dem Kiosk biegen wir ab in eine Gasse. Ich lehne mich atemlos an die Backsteinmauer, grinse James an und lache ungläubig. Ich ziehe von dem Zigarettenstummel und öffne das Portmonee.
Ein Ausweis fällt mir entgegen. Ich muss ihn mit meinem Handy anscheinen, um ihn zu erkennen.
Auf dem Passbild hat der Typ noch volle Haare. Oh, und er hat sich an dem Tag extra Kontaktlinsen rein gemacht.
Ich schmeiße den Ausweis in den Container neben uns.
Dann ziehe ich die Scheine raus und zähle durch, mit der Zigarette zwischen meinen Lippen.
"110€"
James lächelt die ganze Zeit über schon.
"Wir gehen drei Minuten bevor der Zug nach Enschede kommt wieder zum Bahnhof, einer kauft schnell die Tickets, dann in den Zug.", erkläre ich ihm, bis ich meine Lippen zusammenkneife – die Mundwinkel gehoben – und nach oben rauf schaue, da wo nichts ist, außer die Ränder von Dächern und der schwarze Himmel.
"Ich glaube, er hätte dir das Geld auch so gegeben.", sagt Viktor.
Ich blase den Rauch weg, noch immer nach oben schauend.
"Nein.", antworte ich, "Nicht nach dem er gefragt hat, wie alt ich bin. Das ist so eine Frage wie darfst du das und das überhaupt schon? oder Wo sind deine Eltern? oder Warum bist du alleine hier?"
"Warum hat er das an erster Steller gefragt?", fragt Viktor.
Ich stelle mir seine großen Augen dabei vor und die einzige Regung von Emotionen bei ihm generell; Es verstehen wollen, falls er es gebrauchen kann.
"Ich habe zu lange nichts gesagt."
"Und warum hast du nichts-"
"Was ist eigentlich passiert, als du klein warst, Viktor?", schneide ich seine Frage ab und trete die Zigarette aus, "Weil du keine zwischenmenschlichen Handlungen verstehst, meine ich."
Wir starren uns an. Viktor hat seinen Mund leicht offen. Ich schiebe meine Hände mit dem Portmonee in meine Jackentaschen.
"Wir werden nicht wieder sowas wie gerade machen.", sage ich, "Das war billig. Und ich will Klasse." Ich schmunzle, ein wenig belustigt. "Weil wir mit Karten nicht viel anfangen können – die werden gesperrt und zurückverfolgt – brauchen wir Bares. Und reiche Leute haben mehr Bares."
Ich überlege, ob Reiche überhaupt Bares haben oder alles mit der Patte auf ihren Karten bezahlen.
Ich nicke zur Straße, von der wir gekommen sind, am Ende der Gasse und gehe langsam wieder zurück.
Viktor gebe ich einen Zwanziger und einen Zehner. Er nimmt sie. Wir schlurfen zum Gleis und jetzt erst merke ich den kalten Schweiß auf meiner Haut, der von der Nachtluft berührt wird. Ich schmecke die vergangene Zigarette in meinem Mund. Ich spüre die Hektik in meinen Gliedern und ich schaue zu Viktor, dann schaue ich zurück auf die dunkle Stelle, wo irgendwo der Zigarettenstummel liegen muss und ich drehe mich wieder nach vorne.
Jetzt werde ich anfangen zu rauchen.
Hi! Was wären so Szenen in dem Buch, die ihr euch gut vorstellen könnt oder wovon ihr gerne über Mila und Viktor lesen würdet? :)
Oh, und ich weiß "Fick" und alle anderen Ausführungen von "Fick" sind Milas Lieblingswörter, aber ihr könnt noch andere Beleidungen kommentieren, wenn ihr wollt ;)
ICH VERSUCHE DIE KAPITEL AB JETZT AUCH LÄNGER ZU SCHREIBEN HAHA
Ja, keine Ahnung; Hatte gerade Kunst-Videokonferenz.
Und ich hab das Kapitel hauptsächlich gestern Nacht geschrieben, aber ich hab jetzt wieder Schule und war eigentlich dabei, wieder früh schlafen zu gehen, hilfe.
aah, ich will euch eigentlich gar nicht hiermit stören. bye.
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