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37. Der geheime Plan

Erstaunt lehne ich mich zu Davide vor. Da bin ich jetzt mal gespannt, was kommt. Aber bevor er weitersprechen kann, fährt Vittoria mit dünner Stimme fort: „Einer der Mitglieder des Geheimbundes arbeitet bei einer Fluggesellschaft. Das bedeutet, er hat Zugriff auf Stand-by-Tickets. Letztes Jahr wollten wir mit unserer Familie einen Spontanurlaub in Thailand machen. Damals hat das auch geklappt."

„Eure Eltern würden uns da niemals unterstützen, das wisst ihr, oder?", frage ich erstaunt und mir hochgezogenen Augenbrauen.

„Kein Problem", behauptet Davide selbstsicher, „sein Benutzeraccount für die Website der Fluggesellschafft ist lausig geschützt. Vittoria und ich haben den einfach aus Spaß mal gehackt. Das war ein Kinderspiel."

„Davide!", ruft Pietro entsetzt aus, „weißt du, dass das strafbar ist?!"

„Genauso, wie bei anderen Leuten einzubrechen", antwortet Davide selbstsicher und grinst.

„Das habt ihr also immer an dem Computer in Papas Büro gemacht...", murmelt Pietro, als hätte er eine Erkenntnis.

„Natürlich. Dachtest du tatsächlich, wir brauchen den für Schulaufgaben? Dafür haben wir unseren eigenen Laptop."

„Internetseiten zu knacken ist so eine Art Hobby geworden, seit wir den Programmierkurs in der Schule hatten...", antwortet Vittoria schuldbewusst und sieht auf ihre Zehenspitzen hinab.

„Da mache ich nicht mit!", erwidert Pietro und verschränkt trotzig die Arme.

„Okay, wir brauchen deine Hilfe ja auch nicht. Wir kommen schon alleine an Flugtickets nach Schottland", sagt Davide mit einem breiten, triumphierenden Grinsen auf den Lippen. Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanke, ohne Pietro nach Schottland zu fliegen. Wir haben doch schon so viel zusammen geschafft. Ein Teil von mir verteufelt Davide für diese selbstsichere, herablassende und manipulative Art. Aber der andere Teil von mir steht auf seiner Seite.

„Das ist gemein!", ruft Pietro aus und schlägt mit der flachen Hand aufs Wasser. Kühle Spritzer bedecken meine Klamotten. „Mich so zu erpressen..."

Noch eine Weile lang flucht er, aber schließlich willigt er ein, uns zu helfen. Sobald Davide die grummelige Zustimmung seines Bruders hört, wird das Grinsen auf seinem Gesicht noch breiter und er schwingt die Beine aus dem Wasser. Während Vittoria und Davide in das Büro ihres Vaters verschwinden, sollen Pietro und ich die Mitglieder des Geheimbundes ablenken, damit niemand von ihnen auf die Idee kommt, nach den Zwillingen zu sehen und sie womöglich bei ihrem Vorhaben erwischt.

Unter dem Vorwand, dass ich mehr über die Elemente erfahren möchte, spreche ich noch einmal mit Giacomo, Alessia und diversen anderen Mitgliedern des Geheimbundes. Bereits nach einer halben Stunde erscheinen Davide und Vittoria jedoch wieder. Als Zeichen dafür, dass alles geklappt hat, streckt er unauffällig den Daumen in die Höhe.

„Wir nehmen den Frühflug von Rom aus", zischt er mir im Vorbeigehen zu, „jetzt müssen wir nur noch zusehen, wie wir in die Hauptstadt kommen."

Auf Vittorias Gesicht liegt ein seliges Lächeln und ich bin so voller Euphorie, dass ich Pietro stürmisch umarme. Dafür, dass er das mitmacht, ist er echt der Beste. Die Freundschaft, die wir als Kinder geführt hatten, ist noch da. Nicht weit unter der Oberfläche verborgen, sondern ganz nah und greifbar.

„Okay", seufzt er, sobald wir wieder allein sind, „keine Zeit zu verlieren... was machen wir als erstes?"

„Unser Alibi vorbereiten", meint Davide und grinst wieder breit vor Aufregung. Wir stecken einen Augenblick lang unsere Köpfe zusammen, dann steht der Plan.

Wieder gehen wir zu den Bellucos und Falcinis. Die stöhnen schon, als sie uns sehen. Ihnen ist klar, dass ich nicht locker lassen werde, ehe wir Kate befreit haben und vermutlich befürchten sie, dass ich jetzt wieder Stress mache. Deshalb halte ich mich deutlich zurück und lasse die anderen reden.

„Mama... Papa...", fängt Davide an.

„Nein, Davide. Giacomo hat sich noch nicht überlegt, wann er nach Schottland geht", schreitet Signor Belluco sofort ein, bevor sein Sohn auch nur zum Weitersprechen ansetzen kann.

„Darum geht es gar nicht", sagt Davide, sichtlich erstaunt. Dabei zieht er sogar überrascht die Augenbrauen hoch. Der Junge ist der geborene Schauspieler. „Wir wollen nur ein bisschen Abstand von dem Stress hier bekommen und Brionny und Pietro müssen morgen auch wieder in die Schule gehen, weil bei ihnen ja Ende des Schuljahrs die Abschlussprüfungen anstehen. Deshalb wollten wir fragen, ob wir bei Brionny übernachten dürfen. Nur solange, bis hier alles wieder ein bisschen ruhiger abläuft."

Signor Belluco runzelt die Stirn. Ich kann förmlich erkennen, wie die Gedanken hinter seinen Falten herumtanzen. Vermutlich überlegt er, ob er Davide glauben kann. Er kennt nun mal seinen Sohn und womöglich auch dessen durchaus überzeugende Schauspielkünste.

„Das ist vielleicht keine schlechte Idee", überlegt Alessia, „dann könnt ihr euch erst mal ausruhen, während wir hier alles Weitere planen und morgen nach der Schule kommt ihr wieder vorbei." Sie tauscht einen Blick mit Signor Belluco, der noch immer nicht überzeugt wirkt. „Es gefällt mir nicht, dass ihr dort alleine seid", wirft er ein.

Jetzt kommt mein Teil. Ich recke das Kinn nach vorne, um mein letztes bisschen Stolz zu zeigen. „Ich bin es gewohnt, allein zu sein", sage ich, „das ist kein Problem. Wir werden schon zurechtkommen."

„Bitte", fügt Vittoria hinzu, „wir machen auch unsere Hausaufgaben."

„Und gehen ins Training", behauptet Davide.

An ihrem Seufzen erkenne ich, dass Signora Belluco dieser Idee schon fast zugestimmt hat. Doch ausgerechnet in diesem Moment schaltet sich Giacomo ein.

Er habe kein Problem damit, wenn wir gingen, sagt er, doch wir sollten eine Aufsichtsperson mitnehmen, die dafür sorgt, dass uns nichts geschieht. Während er sich überlegt, wen er mit uns nach Hause schickt, sollen wir unsere Sachen packen.

Mürrisch verziehe ich mich mit Pietro auf sein Zimmer. Ich brauche keinen Babysitter, der mich beaufsichtigt und der alles kaputt macht! Wie alt sind wir denn? Genau, Pietro und ich sind volljährig und Vittoria und Davide werden mit ihren fünfzehn Jahren wohl auch alleine klarkommen. Außerdem sind die Cinquenti bis auf Lucca doch zurzeit in Schottland. Wie sollen sie uns dann bitteschön hier gefährlich werden?

Während Pietro seine Sachen packt, sitze ich vor dem Fernseher und zappe durch die Kanäle. Es ist noch früh am Morgen. Um diese Uhrzeit laufen nur Wiederholungen von Filmen oder Reality-TV-Serien, weshalb ich beschließe, Pietro beim Packen zu helfen.

„Ist es kalt in Schottland?", will er wissen.

„Kälter als hier", antworte ich. Daraufhin packt Pietro erst mal Wintermäntel, Schals und Mützen ein. Neben den Klamotten stopfen Pietro und ich magische Artefakte und Waffen in seine Trainingstasche. „Meinst du, damit kommen wir durch die Sicherheitskontrollen am Flughafen?", wispere ich ihm zu, doch er zuckt nur mit den Schultern. „Sonderregelungen", gibt er zurück.

Schließlich erscheinen die Bellucos und ich mit gepackten Taschen im Foyer, wo Giacomo bereits auf uns wartet. Als Aufpasser hat er niemand anderes beordert als Grandpa höchstpersönlich. Mir wird ein bisschen wärmer ums Herz, als ich meinen Großvater sehe. Automatisch schließe ich ihn in die Arme und lasse mich für einen Augenblick gegen seine Brust fallen. Im Inneren verfluche ich Giacomo. Für mich wird es beinahe unmöglich, meinen Großvater zu hintergehen. Ich wette, Giacomo hat das gewusst und Grandpa deshalb mit Absicht als Babysitter ausgewählt.

In dem klapprigen alten Fiat bringt er uns nach Hause. Ich setze mich neben ihm auf den Beifahrersitz, die drei Kinder der Bellucos quetschen sich auf die Rückbank. Während der Fahrt sagt niemand ein Wort, bis auf den Moderator, dessen Stimme unentwegt aus dem Autoradio blökt und der mir mit seiner guten Laune höllisch auf den Sack geht.

Es fühlt sich seltsam an, die Haustür aufzuschließen und den Hausflur zu betreten. Zuletzt stand ich hier, bevor ich mit Kate zusammen zur Schule gegangen bin. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich einmal zu diesem kleinen, alltäglichen Moment zurückwünschen könnte. Aber der gewöhnlichste Morgen ist bekanntlich meistens der Beginn von etwas Großem.

Schweigend und ohne Grandpa eines Blickes zu würdigen, schlurfe ich in mein Zimmer. Dort liegt auf meinem Nachttisch noch das Tagebuch Maria Veccas. Nun scheint es mir, als würde mich der alte, gebrochene Einband wissend ansehen. Seufzend beginne ich, eine eigene Reisetasche zu packen. Mehr als ein paar warme Klamotten, meinen englischen Pass, das Tagebuch und den Lageplan vom schwarzen Schloss, den Vittoria mit ihrem Handy abfotografiert und dann ausgedruckt hat, brauche ich eigentlich nicht.

Gerade als ich meine Regenjacke aus dem Schrank krame, um sie ganz oben auf die Tasche zu legen, höre ich ein Geräusch bei der Tür. Erschrocken, aber viel zu langsam wirbele ich herum. Im Türrahmen steht Grandpa. Neben ihm John Lennon, der erfreut bellt und mit dem Schwanz wedelt.

„Wozu packst du deine Sachen?", fragt Grandpa erstaunt.

„Es könnte ja sein, dass die Cinquenti uns angreifen und wir plötzlich fliehen müssen. Da wollte ich alles bei mir haben", erwidere ich. Die Antwort kommt von ganz alleine, ohne dass ich groß darüber nachdenken muss. Eigentlich schon traurig, wie einfach mir das Lügen fällt.

„Das glaube ich nicht", meint Grandpa und lächelt milde. Langsam schlurft er zu meinem Schreibtischstuhl und nimmt darauf Platz. Währenddessen stürmt John Lennon auf mich zu, springt begeistert an mir hoch und wirft mich dabei fast um. Mittlerweile reicht mir der Berner Sennenhund bis übers Knie. Trotzdem scheint er sich noch für einen kleinen Welpen zu halten.

„Du möchtest Kate befreien", stellt Grandpa fest.

„Und?", frage ich. Sinnlos, den Plan zu leugnen. Woher Grandpa davon weiß, kann ich nicht sagen. Bestimmt sieht man mir mein Vorhaben genau an, vielleicht haben die Belluco Kinder aber auch geplaudert. Ich hoffe ersteres. Alles andere würde mein Vertrauen in Menschen nur noch mehr zerstören.

„Ich wär' enttäuscht, wenn es nicht so wär'", meint er und lächelt milde, „du bist eben eine waschechte Peterson und tust alles für die Menschen, die du liebst."

„Ist das denn gut?", frage ich erstaunt. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er verärgert wäre oder traurig über meine Lügen. Aber nichts dergleichen. Er wirkt eher zufrieden.

„Lass uns ein bisschen mit dem Hund rausgehen", schlägt er vor, „er war heute noch nicht Gassi und gestern Abend auch nicht."

„Okay", antworte ich. Wenig später finde ich mich neben Grandpa unten am Strand wieder. Es ist ein grauer, stürmischer Tag, weshalb nichts los ist. Bis auf ein paar Spaziergänger:innen begegnet uns niemand. Im Gegensatz zum Sommer wirkt es hier leer und ausgestorben. Als hätte der kühle Herbstwind alle Badegäste auf einen Schlag weggefegt. John tollt vor uns her, läuft auf die am Ufer aufkommenden Wellen zu und rennt dann jaulend wieder zu uns zurück.

„Ich habe noch nie einen so wasserscheuen Hund gesehen", sagt Grandpa lachend. Es sind die ersten Worte, die ich aus seinem Mund höre, seit wir losgegangen sind. Bis eben ist mir gar nicht aufgefallen, dass wir nicht miteinander gesprochen haben.

„Grandpa, woher weißt du, dass ich Kate befreien möchte?", frage ich.

Mein Großvater sieht aufs Meer hinaus. Ihm entfährt ein langes Seufzen. „Ich glaube, ich wusste von Anfang an, dass du deine Schwester nie im Stich wirst, egal wohin Lucca sie auch bringt."

„Das stimmt", antworte ich. Daraufhin herrscht wieder Schweigen zwischen uns.

„Wirst du Giacomo Bescheid geben?", frage ich schließlich zaghaft und mit klopfendem Herzen.

„Wer ist Giacomo?"

„Signor Falcini."

Für einen Moment ist Grandpa still. Beinahe unerträglich still. Am liebsten hätte ich ihm zugebrüllt, er solle mir gefälligst sofort antworten. Im Grunde genommen kann ich mir seine Antwort auch schon fast denken. Er wird uns nicht gehen lassen. Natürlich nicht. Die Gefahr, dass uns etwas zustieße, ist zu groß.

„Wenn ich ihm Bescheid sage, könnt ihr nicht gehen", sagt Grandpa langsam, „und wenn ihr nicht geht, könnt ihr Kate nicht befreien."

„Das stimmt wohl", gebe ich verbittert zurück. Unser Plan ist zugegebenermaßen nicht der Beste. Aber immerhin besser, als rumzusitzen und abzuwägen, ob es zu gefährlich ist, nach Schottland zu fliegen, so wie Giacomo es tut. Ich schlucke meine Wut hinunter. Sie schmeckt bitter wie Galle. Lange werde ich sie nicht mehr in mir einsperren können und dann wird sie ausbrechen wie ein entfesseltes Monster.

„Deshalb werde ich Signor Falcini nichts von eurem Vorhaben erzählen", fährt Grandpa fort, „und ich werde euch ganz bestimmt auch nicht aufhalten oder euch predigen, wie gefährlich und unverantwortlich euer Handeln ist. Im Gegenteil, ich möchte euch helfen."

Diese Sätze treffen mich so unvorbereitet und überraschend wie die Windböe, die mir ins Gesicht klatscht. „Du willst was?", frage ich, da ich Angst bekomme, mich verhört zu haben.

„Ich möchte euch helfen", wiederholt Grandpa und lächelt milde, „wenn jemand Kate retten kann, dann du. Du wirst das schaffen, da bin ich mir sicher." Warum ausgerechnet ich? Etwa, weil ich angeblich eine Elementträgerin bin?

„Du hast Giacomo vergessen", gebe ich zu bedenken, „er beherrscht alle vier Elemente und ich bloß eins, das sich bis jetzt nicht mal gezeigt hat."

„Ach, von diesem Elementkram verstehe ich nicht sonderlich viel", winkt Grandpa ab, „außerdem hat Signor Falcini seine Macht über die Elemente eingebüßt, soweit ich weiß. Ich kann ihn nicht einschätzen. Ebenso wenig seine Tochter und seinen Sohn. Nein, viel wichtiger ist, dass du ein Mensch bist, der nicht aufgibt, der kämpft bis zum Ende. Für die Falcinis ist Kate nur ein fremdes Mädchen, für dich aber ist sie deine Schwester."

Wäre ich nicht so müde, erschöpft und unendlich leer gewesen, hätten seine Worte vermutlich an meinen Stolz appelliert. Doch so schlucke ich ein paar Mal fest, bis ich meine Stimme wieder finde.

„Danke, Grandpa", murmele ich.

„Nichts zu danken", meint er und nimmt mich in den Arm, „du und Catherine, ihr seid grundverschieden, aber ihr seid die besten Enkelinnen, die man sich wünschen kann und das sollst du wissen."

Ich seufze. Niemals hätte ich so viel Unterstützung und Verständnis von Grandpa erwartet. Da muss ich plötzlich wieder an das Gespräch denken, das Pietro und ich letzte Nacht belauscht haben, als wir uns mit den Fahrrädern davon gestohlen haben.

„Grandpa", frage ich mit leicht schneller klopfendem Herzen, „wer ist eigentlich Ernesto Lombardini?"

Augenblicklich versteift sich mein Großvater. Fast so, als wäre er über die Frage erschrocken. Der Blick, mit dem er mich von der Seite ansieht, ist schuldbewusst. Ein bisschen wirkt er aber auch, als würde ich ihm leid tun.

„Woher weißt du von Ernesto?", fragt er.

„Ich habe gehört, wie die Mitglieder des Geheimbundes über ihn gesprochen haben", erkläre ich, „ist er mein Vater?"

Wieder antwortet Grandpa mir nicht sofort. Mein Herz schlägt unangenehm in die Stille, die meinen Worten folgt.

„Ja", sagt er schließlich. Seine Stimme ist dabei so leise, dass sie beinahe in den Windböen, die über das Meer fegen, untergegangen wäre. „Ich schätze, deine Mutter hat nicht wirklich viel mit euch über ihn gesprochen?", fügt er langsam hinzu.

„Nein, ich wusste ja nicht mal wie er heißt", antworte ich daraufhin. Ernesto Lombardini also. „Was hat er mit dem Geheimbund der Elemente zu tun?"

Daraufhin schnaubt Grandpa nur. „Wenn ich das wüsste", meint er, „dein Vater und Signor Falcini sind wohl gemeinsam zur Universität gegangen. Mehr weiß ich leider auch nicht. Falls dein Vater etwas mit dem Geheimbund zu tun hatte, so hat er uns niemals davon verraten."

„Und wo ist er jetzt?", will ich wissen.

„Das weiß ich nicht." Grandpa nestelt an der Hundeleine in seinen Händen herum. Ihm ist die Situation sichtlich unangenehm. Es ist das erste Mal, dass ich mit ihm über meinen Vater spreche. Vielleicht reicht das, was ich soeben erfahren habe, auch fürs Erste.

„Okay", sage ich nur und nicke dann. Es hat keinen Sinn, jetzt auch noch zu Ernesto Lombardini Nachforschungen anstellen zu wollen. Zunächst einmal muss ich meine Schwester in Sicherheit bringen. Dann kann ich mich darum kümmern, was es mit meinem Vater auf sich hat. Eins nach dem anderen.

Wir laufen noch ein bisschen am Strand entlang. Meist schweigend, aber die Stille zwischen uns ist angenehm und erfrischend. Ich bin froh, dass Grandpa keine weiteren Fragen stellt. Auch sonst mischt er sich nicht in unser Vorhaben ein. Er ist einfach nur da und genau das ist es, was ich im Moment brauche.

Wieder zu Hause, redet Grandpa mit den Bellucos. Sie sind zunächst schockiert darüber, dass ich ihm von unserem Vorhaben erzählt habe, doch sobald sie erfahren, dass er uns unterstützt, zeigen sie ihm sogar die Pläne von dem schwarzen Schloss. Da unser Vorhaben noch nicht besonders ausgefeilt ist, gibt es nicht besonders viel zu erzählen. Schließlich schlägt Grandpa jedoch vor: „Warum holt ihr euch nicht Hilfe von deiner Freundin Madeline, Brionny? Hast du nicht erzählt, sie würde die Herbstferien bei ihrer Tante in Schottland verbringen?"

„Ja und?", frage ich.

„Die Herbstferien in Großbritannien haben am Freitag angefangen."

„Oh." Schuldgefühle beschleichen mich. Ich war in den letzten Wochen so sehr mit meinem eigenen Leben in Italien beschäftigt, dass ich vollkommen vergessen habe, meine Freundin zu fragen, was sie macht. Geskyped haben wir nach der Verfolgungsjagd bei den Ruinen von Pergula höchstens ein Mal.

„Ich will Maddie da nicht mit reinziehen", stelle ich klar, woraufhin Grandpa nur mit den Schultern zuckt und meint, ich solle mir das nochmal überlegen.

Wir sitzen lange in der Küche und überlegen hin und her, doch zu einem eindeutigen Lösungsweg kommen wir nicht. Gegen Nachmittag bricht die Sonne durch die dunkle Wolkendecke, doch davon bemerken wir kaum etwas. Schließlich wird es vor dem Fenster langsam dunkel, sodass wir im Haus das Licht anknipsen müssen. Pietro sieht immer wieder nervös auf seine Uhr, bis er verkündet, wenn wir rechtzeitig zum Einchecken in Rom sein wollten, müssten wir uns auf den Weg machen.

Doch Grandpa lässt uns nicht gehen, bevor wir nicht etwas gegessen haben. „Wenigstens eine Kleinigkeit", meint er und stürmt in die Küche, um Nudelwasser aufzusetzen. Dazu gibt es Bolognesesoße. Obwohl ich hungrig bin, kriege ich kaum einen Bissen herunter. Jetzt ist schon knapp ein Tag seit der Entführung vergangen. Vierundzwanzig Stunden. Die Zeit scheint zu kriechen. Jede Minute erscheint mir wie Jahre. Normalerweise müssten wir jetzt der Polizei Bescheid geben und Kate vermisst melden.

„Ich schlage vor, ihr nehmt den Fiat. Vor morgen früh wird keiner überprüfen, ob ihr noch hier seid", meint Grandpa nach dem Essen und drückt mir zum Abschied die Schlüssel in die Hand.

Ich schlucke. „Danke, Grandpa", sage ich und bemühe mich um ein Lächeln. Dann lehne ich mich vorsichtig vor, um meinen Großvater leicht zu umarmen. Wir sind uns ähnlicher, als ich am Anfang geglaubt habe. Es tut mir leid, dass ich in den ersten Wochen so abweisend zu meinen Großeltern war. Umso mehr bedeutet es mir, dass Grandpa mich jetzt unterstützt und mir vertraut.

„Das hier ist für dich", flüstert mein Grandpa mir zum Abschied ins Ohr. Ich spüre, wie er etwas in meine Hand legt und als ich mich von ihm löse, um nachzusehen, was es ist, lugt mir ein kleiner, kleeblattförmiger Schlüsselanhänger aus Holz entgegen. „Ich hab dich lieb, Daddy. Fiona, 1979" ist in den Anhänger graviert.

„Deine Mutter hat mir den geschenkt", erklärt Grandpa lächelnd, „er hat mir immer Glück gebracht und nun soll er Catherine und dir Glück bringen und euch beschützen."

„Grandpa...", flüstere ich erschrocken. Dem Datum nach trägt er den Schlüsselanhänger schon seit knapp fünfunddreißig Jahren mit sich herum. Wenn er ihn mir leiht, dann ist es ihm wirklich ernst.

„Passt gut aufeinander auf", meint er und wendet sich nun auch an die Bellucos.

„Versprochen", antworten Vittoria und Davide im Chor. Auch Pietro nickt.

„Vielen Dank, Signor Peterson", sagt Davide, „vielleicht können wir uns eines Tages revanchieren."

Es ist ein komisches Gefühl, die Taschen auf dem Dachgepäckträger des kleinen Fiats zu verstauen und ins Auto zu steigen. Als würde ich einen Teil von mir endgültig hier zurück lassen und einem neuen Ich entgegen gehen. Ich frage mich, wie ich aus diesem Fiasko hervorgehen werde. Gestärkt oder schwach und gebrochen?

Pietro fährt das Auto zum Flughafen. Während ich mit Grandpa spazieren war, hat er ein bisschen geschlafen und ist nun deutlich fitter als ich. Nachdenklich sehe ich aus dem Fenster. Der Abendhimmel ist zweigeteilt. Auf der einen Seite erstreckt er sich dunkelblau, fast schwarz und die Sterne glänzen schon. Auf der anderen Seite kann man noch die letzten Strahlen der Sonne sehen, obwohl sie selbst schon untergegangen ist. Trotzdem erscheint dieser Teil des Himmels in unzähligen Farben. Lila, orange und rosa. Genau diese Sonnenstrahlen lassen wir hinter uns. Wie einen letzten Funken Hoffnung.

~

Flughäfen haben etwas von einem Neuanfang an sich. Finde ich zumindest. Das kann auch daran liegen, dass ich bis jetzt jedes Mal umgezogen bin, noch dazu in ein anderes Land, wenn ich am Flughafen war.

Warmer Wind bürstet durch die Bäume und streift durch die Flaggen, die vor dem Flughafengebäude gehisst sind. Eigentlich das beste Wetter für einen Neuanfang, aber ich fühle mich ein bisschen, als würde ich nach Hause gehen.

Wir haben Glück. Unsere Stand-by-Tickets wurden tatsächlich auf unsere Namen am Schalter hinterlegt und wir erwischen den Flug nach Edinburgh. Nachdem wir eingecheckt haben, versuchen Davide und Vittoria in der Abflughalle zu schlafen. Sie breiten ihre Jacken auf den Sitzen aus und legen sich hin, ohne sich darum zu kümmern, ob der Platz bequem ist oder was die anderen Passagiere möglicherweise von ihnen denken. Pietro und ich sitzen währenddessen schweigend nebeneinander. Schlafen möchte ich nicht und auch Pietro versucht, sich mit mehreren Liter Kaffee wach zu halten.

Unsere Maschine landet um zwei Uhr nachts, aber es ist bereits drei, bis wir einsteigen können. Unsere Mitreisenden sehen alle ziemlich müde aus. Wenn man um diese Uhrzeit fliegt, dann hat man entweder keinen anderen Termin bekommen oder man muss früh bei einem Geschäftstreffen sein.

Oder natürlich man möchte die kleine Schwester retten. Diese Möglichkeit sollte ja nicht außer Acht gelassen werden.

Nach dem Start stecke ich die Kopfhörer meines Handys in die Ohren. Da ich bereits seit fast 48 Stunden nicht mehr geschlafen habe, fühle ich mich seltsam. Als hätte mir jemand kräftig auf den Kopf geschlagen, wobei alle meine Gedanken durcheinander gewirbelt wurden. Deshalb hoffe ich inständig, während des Flugs ein paar Stunden Schlaf abzubekommen.

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