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28. Das Fest der Regatta

„Wir gehen, Kate!", rufe ich in die obere Etage hoch. Ein „Viel Spaß!" kommt zurück, das mit einem dreistimmigen „Danke" beantwortet wird.

Die Luft an diesem Abend ist erstaunlich warm. Auf der Straße drängen sich Einheimische aneinander, gemischt mit ein paar Tourist:innen, die hauptsächlich aus älteren Menschen oder jungen Studierenden bestehen. Familien mit Kindern, die im Sommer die Strände und Gassen bevölkern, sieht man hier kaum.

Aufregung und Freude liegen in der Luft. Ich kann sie fast greifen und festhalten, so stark spürt man sie hier unten auf der Straße und obwohl Lucca und Pietro noch immer finster schweigen, kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Irgendwie spüre ich, dass das einer der besten Abende wird, die ich bis jetzt in Italien verbracht habe.

Zunächst schlängeln wir uns Richtung Hafen durch die Massen. Je näher wir dem Hafen kommen, desto dichter wird die Menge. Dutzende Boote mit unterschiedlichen Nationalflaggen als Segeln ankern an den Stegen. Auf dem Hafenplatz ist sogar eine Bühne aufgebaut. Die Siegerehrung haben wir, wie es aussieht, verpasst, denn ich kann gerade noch so erkennen, wie ein Podest weggeräumt wird und eine Band die Bühne betritt.

An einem Bildschirm, der neben der Bühne aufgestellt wurde, kann ich erkennen, dass die Mannschaft aus Norwegen ganz vorne lag. Dicht gefolgt von den Engländern und den Spaniern.

Bevor ich mich weiter umsehen kann, höre ich ein lautes, begeistertes Quieken und werde ich von Stellas starken Armen umschlossen. Sie begrüßt mich mit zwei Küsschen auf die Wangen. „Es ist so schön, dass du da bist", sagt sie und lässt dann von mir ab. Sie trägt ein gelbes Kleid, das einen Kontrast zu ihrer braunen Haut bildet. Sie sieht wirklich umwerfend schön aus. Neben ihr stehen Ana und Marietta. Auch die beiden begrüßen mich mit Küsschen auf den Wangen. Bei den anderen Leuten aus meiner Klasse schlage ich zur Begrüßung lässig ein. Auch Pietro wird herzlich in Empfang genommen. Lediglich Lucca wirkt so, als wäre er fehl am Platz. Trotzdem nickt er den anderen höflich zu und schüttelt ihre Hände.

„Die Norweger haben gewonnen", teilt Stella mir mit, „war auch keine Überraschung. Das war die letzten Jahre eigentlich auch schon so. Wir haben sogar noch den Zieleinlauf gesehen. War ganz cool, aber ihr habt nicht wirklich was verpasst. Sie hatten einen ziemlichen Vorsprung." Darauf nicke ich nur. Wieder schiele ich zu den Bildschirmen und der Bühne hinüber.

Die Musiker:innen, die nun die Bühne betreten, sind allesamt über vierzig. Es dauert eine Weile, bis sie sich eingestimmt haben. Pietro und Lucca sehen ihnen schweigend zu, wobei Pietro mürrisch die Arme verschränkt und seine Augenbrauen zusammen zieht. Der Griesgram steht ihm nicht besonders gut, doch trotzdem sieht er noch unglaublich gut aus. Manchmal glaube ich, er ist sich der Wirkung gar nicht bewusst, die er auf andere haben könnte.

Schließlich jedoch ergreift Lucca das Wort. „Was ist, hast du Lust zu tanzen?" Die Musikgruppe hat gerade ihr erstes Lied angestimmt und da ich das Gefühl habe, die unangenehme Stimmung, die zwischen Pietro und Lucca herrscht, nicht länger aushalten zu können, nehme ich Lucca ganz von selbst bei der Hand und ziehe ihn näher zur Bühne. Eine Tanzfläche gibt es nicht. Sobald das erste Lied angestimmt wird, fangen einfach alle an, sich zu bewegen. Ausnahmen gibt es kaum.

Meine Bewegungen wirken unbeholfen, aber ich habe einen Tanzpartner, dem die Schritte scheinbar im Blut liegen. Während ich noch ein bisschen langsamer tanze, legt er gleich richtig los. „Tut mir leid, dass ich meine Verabredung mit den anderen vergessen habe", sage ich zu Lucca, während er mich an den Händen nimmt.

„Ist doch nicht schlimm", ruft er mir über den Lärm der Musik zu, „wenn, dann musst du dich sowieso bei Pietro entschuldigen."

„Warum könnt ihr euch eigentlich nicht leiden?", frage ich.

„Naja, er ist das reiche Kind und ich komme aus einer armen Familie. Die übliche Rivalität halt." Lucca zuckt mit den Schultern, als würde diese Erklärung ausreichen. Trotzdem glaube ich ihm kein Wort.

„Und was noch?" Damit er mich besser verstehen kann, stelle ich mich extra auf Zehenspitzen. Mein Mund ist nun ganz nah an seinem Ohr. In dem Scheinwerferlicht der Bühne strahlt der Stein, der in seinem Ohrläppchen steckt in Orange, Rot und Violett.

„Eine jahrelange Fehde", antwortet Lucca. Überrascht lehne ich mich zurück und sehe ihm ins Gesicht, nur um festzustellen, dass er mich amüsiert angrinst. Na super! Dass das ein Witz ist, hätte ich ahnen müssen.

„Haha", grummele ich und seufze. Nach meinem gescheiterten Versuch, mehr über die Feindschaft zwischen Lucca und Pietro herauszufinden, schweige ich und auch Lucca hält es nicht für nötig, etwas zu sagen.

Vorsichtig lehnt er sich zu mir herab und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Augen sind so nah an meinen, dass die bernsteinfarbenen Braunschattierungen seiner Iris regelrecht leuchten. Sein Atem streift meine Wange und seine Hände liegen auf meinen Hüften. So viel Nähe. Schon fast zu viel. Und trotzdem... es ist schön, aber gleichzeitig unglaublich beängstigend.

Wieder fühle ich mich, als würde ich auf einer Klippe stehen, bereit in das undurchsichtige Meer zu springen. Auf einmal fühle ich die Blicke der umstehenden Leute wie kleine, spitze Nadeln auf meiner Haut. Mir wird bewusst, dass wir nicht allein sind. Während dem ersten Lied Applaus folgt, schiebe ich Lucca von mir fort. „Lass uns wieder zu den anderen gehen", rufe ich ihm über den Lärm hinweg zu. Alles in meinem Kopf dreht sich und ein seltsamer Druck liegt auf meinen Ohren. Als würde ich vollkommen neben mir stehen.

Schnell ziehe ich Lucca mit mir zu meinen Freunden. Dort angekommen lasse ich ihn erst mal stehen und versuche ich mich in das Gespräch von Stella und Massimo einzuklinken, was mir allerdings nicht so ganz gelingt. Folglich stehe ich nur neben den beiden und bekomme nicht mal richtig mit, worüber sie sprechen. Trotzdem nicke ich ab und an und lache sogar an den richtigen Stellen. Schließlich stellt Massimo fest, dass sein Bier leer ist und er trottet zur Bar, um sich ein neues zu holen.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht Stella mich an. „Ist alles in Ordnung bei dir?", fragt sie besorgt. Langsam nicke ich. Das zittrige Gefühl in meinen Beinen ist zwar immer noch da, aber nicht mehr so stark wie noch beim Tanzen.

„Ich glaube, du solltest aufpassen", meint Stella zu mir, „diesem Lucca kann man nicht trauen. Und ich will nicht, dass er dir das Herz bricht."

Als sie das sagt, kann ich ein Lachen nicht unterdrücken. Wie kommt sie denn auf diese Idee?

„Also dazu müsste ich mich erst mal in ihn verlieben", stelle ich klar.

„Versprich mir bitte, dass du vorsichtig bist", antwortet Stella darauf nur, „seine Blicke sind jedenfalls eindeutig. Er findet dich gut."

Ich schlucke und sehe zu Lucca hinüber, der sich gerade mit Pietro und Ana unterhält. Dabei lacht er sogar und auch Pietro wirkt nicht mehr so verkniffen, sondern plötzlich ganz entspannt. Wer weiß, vielleicht besteht ja doch eine Chance, dass die beiden Jungs ganz gut miteinander auskommen.

Lucca bemerkt, dass ich zu ihm hinübersehe. Als Antwort auf meinen Blick lächelt er. Dann winkt er mir zu und bedeutet Stella und mir zu ihm zu gehen. „Na komm", meint Stella und hakt sich bei mir unter. Gemeinsam schlendern wir zu Lucca, Pietro und Ana hinüber.

„Habt ihr auch Hunger?", fragt Lucca, „wir haben überlegt, dass wir etwas essen gehen wollen."

Langsam nicke ich, während Stella unschlüssig mit den Schultern zuckt. „Wir wissen auch schon wo", meint Pietro und grinst verschmitzt.

Genau wie ich erwartet habe, führt uns Pietro zu dem Weinstand seiner Eltern, der auf der Piazza direkt neben dem Restaurant le tre conchiglie aufgebaut ist. Sogar meine Großeltern haben einen kleinen Stand errichtet, an dem Mum steht und Häppchen verkauft. Alle Tische auf dem kleinen Platz vor dem Restaurant sind belegt und drinnen muss es ähnlich aussehen. Nonna und Grandpa huschen eilig zwischen Gästen hin und her. Ich kann mir vorstellen, wie sehr die zwei bei ihrer Arbeit schwitzen. Und die Köche erst. Kate und ich haben ihnen bestimmt ein dutzend Mal angeboten, dass wir helfen, aber sie meinten, wir sollten unser Leben genießen, so lange wir noch jung sind und an diesem Abend lieber ausgehen statt arbeiten.

„Ein bisschen Essen und ein guter Wein dazu machen den Abend unvergesslich", meint Pietro lächelnd. Dann zieht er Ana und mich zu seinen Eltern, die sich um eine lange Schlange von Kund:innen kümmern. Sobald sie uns sehen, begrüßen sie uns mit einem warmherzigen Lächeln auf den Gesichtern. Das erstirbt jedoch sofort, als sie Lucca erblicken. Signor Belluco lässt sogar das Weinglas fallen, in das er gerade eingeschenkt hat. Der Wein benetzt sein weißes Hemd und hinterlässt dort hässliche rote Flecken, aber das scheint er nicht zu bemerken.

„Hey", sagt Pietro, betont lässig. Vielleicht sogar eine Spur zu lässig. „Können wir uns eine Flasche Wein nehmen...?" Zuerst kommt von seinen Eltern keine Reaktion. Seine Mutter verengt lediglich die Augen zu Schlitzen und sieht Lucca an, als wollte sie ihn mit ihrer bloßen Blickkraft zu Asche zerfallen lassen.

„Ich kümmer' mich mal um das Essen", flüstert Lucca mir ins Ohr und geht zu meiner Mutter an den Stand von Nonna und Grandpa. Deren Augen leuchten sofort auf, als sie ihn sieht und ganz anders als Signor und Signora Belluco umarmt sie ihn sogar herzlich.

„Ähm? Mama? Papa?" Vorsichtig räuspert sich Pietro, woraufhin seine Mutter erschrocken den Kopf schüttelt.

„Ja?", fragt sie.

„Ich wollte wissen, ob wir eventuell eine Weinflasche haben könnten..."

„Natürlich", sagt sie und lächelt steif. Im Gegensatz zu ihrer normalerweise einladenden und freundlichen Mimik wirkt ihr Gesicht dabei aber wie eine kalte Maske. Eingefroren und unecht. Mit den Gedanken ist sie scheinbar woanders. „Such dir eine aus." Sie winkt ihn hinter den Verkaufsstand, während Signor Bellucco fluchend die Scherben des Glases zusammenfegt, das er fallen gelassen hat und sich bei seinen Kund:innen für das Missgeschick entschuldigt.

„Und, wie geht es dir, Brionna?", will Signora Belluco nun von mir wissen.

„Äh, gut. Danke", antworte ich perplex.

„Du verrate mir eins...", beginnt sie leise und ich lehne mich näher zu ihr, um verstehen zu können, was sie sagt, „weshalb seid ihr mit Lucca Telloni hier? Verfolgt er euch?"

„Nein, warum sollte er?", frage ich erschrocken und trete einen Schritt zurück. Bekomme ich jetzt wieder zu hören, dass er kein guter Umgang ist, weil er angeblich ein Gangmitglied ist? Oder ausnahmsweise mal etwas, das näher bei der Wahrheit liegt?

„Er ist gefährlich." Signora Belluco zieht wissend die Augenbrauen hoch. „An deiner Stelle würde ich Abstand halten. Sei froh, dass Pietro bei dir ist. Er kann dich beschützen."

Ja, klar. Pietro und mich beschützen. Das Lachen bleibt mir allerdings in der Kehle stecken. An seiner Geburtstagsparty hat ja jeder gesehen, wie gut er andere beschützen kann. Lucca ist derjenige, der Stella gerettet hat und der die Situation danach unter Kontrolle hatte, nicht Pietro.

Gottseidank erscheint Pietro genau in diesem Moment mit zwei Weinflaschen und Pappbechern, die er sich unter den Arm klemmt, neben mir.

„So... hab alles besorgt", meint er lächelnd und nickt zu den Weinflaschen hinab.

„Super", antworte ich, dankbar für die Unterbrechung. Nein, nicht nur dankbar, sondern sogar erleichtert. „Also, Signora Belluco, hat mich gefreut. Schönen Abend wünsche ich Ihnen noch." Daraufhin nickt sie nur freundlich und wünscht uns viel Spaß.

Als wir zu Lucca und meiner Mutter gehen, sehe ich aus den Augenwinkeln noch, wie Signor und Signora Belluco miteinander tuscheln. So ein seltsames Verhalten. Ich bin froh, dass Stella und Ana hier sind und augenscheinlich nichts mit den Elementen zu tun haben. Die beiden haben nichts von dem komischen Verhalten der Bellucos gemerkt und schlendern kichernd hinter uns her.

Von Mum hat sich Lucca ein paar Stücke Pfirsichkuchen und Bruscetta abgegriffen, für die er selbstverständlich, wie Mum betont, nichts zahlen muss. Sobald sie Pietro sieht, legt sie noch ein paar Kekse dazu. Herrlich, wenn Mum meine Freunde mag.

„Schön, dass ihr euch so gut versteht", strahlt sie, „genießt den Abend noch!"

„Nun, da ist die liebe Fiona aber ganz anderer Meinung als die Bellucos", meint Lucca, sobald sie außer Hörweite ist.

„Sag mal, färbt eure Rivalität jetzt schon auf Pietros Eltern ab?", frage ich vorsichtig und bedacht darauf, dass Pietro meine Frage nicht hört.

„Eher umgekehrt", antwortet Lucca. Aha. Also sind Pietros Eltern schuld daran, dass er Lucca nicht leiden kann. Um ehrlich zu sein überrascht mich das nicht sonderlich. Irgendwie habe ich mir schon gedacht, dass er leicht beeinflussbar ist. Vielleicht gelingt es mir ja, seine Meinung über Lucca noch zu ändern.

Zum Essen setzen Ana, Pietro, Stella und ich uns auf die Hollywoodschaukel im Garten des Restaurants meiner Großeltern. Lucca platziert sich auf einem der aufklappbaren Gartenstühle. Selbst hier im Garten ist der Lärm der Gespräche aus dem Restaurant noch zu hören. Wir beobachten den Halbmond dabei, wie er den Himmel emporsteigt und versuchen dann, als es dunkel ist, die einzelnen Sternbilder zu identifizieren. Die anderen erkennen lediglich den großen Wagen und bei mir sind es auch nur eine Handvoll Sternbilder mehr, die mir aus einem Astronomiekurs in Erinnerung geblieben sind, den ich in der Schule mal ein halbes Jahr lang freiwillig belegt habe.

Daraufhin winkt Pietro nur ab, öffnet die erste Weinflasche und meint: „So etwas muss keiner wissen." Er schenkt uns allen etwas ein. Außer Stella, die verzichtet wie immer auf den Alkohol und bekommt stattdessen Traubensaft.

Beim Trinken spielen wir das „never have I ever"-Spiel, das zu Hause in Brighton auf Partys immer sehr beliebt war. Jeder muss der Reihe nach eine Sache zugeben, die er oder sie in seinem beziehungsweise ihrem Leben noch nie getan hat und alle, die das schon mal gemacht haben, müssen trinken.

Dieses Spiel verrät oft ziemlich viele interessante Sachen über die Menschen, aber auch Dinge, die eigentlich niemand wissen will. So sind Stella und ich bei dem Statement „Ich hatte noch nie Sex am Strand" zum Beispiel die Einzigen, die nichts trinken müssen.

Je weiter sich die Weinflasche leert, desto ausgefallener werden unsere Aussagen. Einmal behauptet Lucca: „Ich habe noch nie nackt in den Schnee gepinkelt", woraufhin Ana mit einem „Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der drei Hoden hatte" fortfährt. Bei diesen zwei Sätzen ist niemand mit Trinken an der Reihe.

Immer wieder schleicht Pietro zum Stand seiner Eltern und schleppt eine neue Flasche Wein an. Irgendwann meint er jedoch: „Ich glaube, das war jetzt die letzte. Sie meinten, mehr kriegen wir nicht von ihnen."

Schließlich ist nur noch ganz wenig von dem Wein übrig und ich bin mit der letzten Aussage des Spiels an der Reihe. Ich denke einen Moment über die genaue Formulierung meiner Worte nach, dann sage ich: „Ich hatte noch nie eine Auseinandersetzung mit jemandem wegen der Legenden von Pergula."

Vollkommen perplex sehen mich die beiden Jungs an. Im ersten Moment wirkt es so, als kämen meine Worte gar nicht bei ihnen an. Pietros Mund klappt langsam auf, während Lucca die Stirn in Falten legt. Mein Herz schlägt unangenehm in der Stille, die meinen Worten folgt, dann jedoch, nickt Pietro langsam.

„Ich denke, das bedeutet, wir müssen beide trinken", lallt er zu Lucca hinüber. Etwas fahrig greift er nach der Weinflasche und kippt sich den Wein direkt in den Mund, ohne sich vorher etwas in seinen Plastikbecher einzuschenken. Dann hält er die Flasche Lucca entgegen. Der ergreift sie und leert den Rest in einem Zug.

„Ich weiß nicht mal, was das ist", mault Stella, „kannst du uns bitte aufklären?"

„Das war's", meint Lucca und stellt die Flasche mit einem Klonk auf dem Boden ab. Währenddessen bin ich völlig erstaunt. Niemals hätte ich erwartet, dass die beiden Jungs den Grund für ihren Hass einfach so zugeben.

„Und jetzt keine Fragen dazu", fügt Lucca hinzu.

„Genau, keine Fragen dazu", pflichtet Pietro ihm bei. An den Stimmen der zwei erkennt man, dass sie schon ziemlich angetrunken sind. Bemerkenswerter ist jedoch, dass sie ausnahmsweise auf derselben Seite zu stehen scheinen.

„Am Ende erfahrt ihr noch mehr, als gut für euch ist", behauptet Pietro wichtigtuerisch.

„Was soll denn der Quatsch? So macht das Spiel aber keinen Spaß",  fügt nun auch Ana hinzu, „Brionny, nächstes Mal denkst du dir aber was Lustiges aus."

„Ja, das würdest du eh nicht verstehen...", setzt Pietro noch einen drauf.

„Aber...", beginne ich, doch Lucca unterbricht mich. „Pietro hat Recht." Ehe ich mich versehe, schlagen beide Jungs vor meinen Augen miteinander ein. Fast wie Freunde. Vor lauter Staunen fange ich an zu lachen. Vielleicht ist es auch nur eine Übersprungshandlung.

Seit ich sie kenne, hassen sich Pietro und Lucca abgrundtief und jetzt soll ausgerechnet ich diejenige gewesen sein, die die beiden während eines Trinkspiels näher zueinander gebracht hat. Wenn ich Maddie davon erzähle, wird sie mir das bestimmt nicht glauben.

„Männer sind manchmal so dumm!", sagt Stella daraufhin, „ich glaube, das müssen wir nicht verstehen. Kommt Leute, lasst uns nochmal auf dem Fest vorbeischauen." Daraufhin nicke ich nur und wir pflichten ihr alle bei. Ich frage mich, ob es so klug war, Lucca und Pietro auf die Legenden von Pergula anzusprechen. Doch nun lassen sich die bereits gesagten Worte nicht mehr zurücknehmen.

In den Gassen Castigliones wimmelt es noch so von Leuten. Stella checkt ihr Handy und meint, Massimo und die anderen wären am Strand. Also machen wir uns auf den Weg dorthin. Am Strand ist um diese Zeit nicht mehr besonders viel los.

An einer Stelle kommt uns Kate mit Davide, Vittoria und ein paar anderen Leuten in ihrem Alter entgegen. Auch diese Gruppe scheint schon mächtig angetrunken zu sein und ich erkenne, wie ein paar Jungs mit Vodka und Ramazotti winken.

„Sag mal, ist überhaupt einer von denen achtzehn? Was machen die denn da?", beschwere ich mich laut.

„Sie trinken... ist doch normal." Pietro zuckt mit den Schultern, als wäre es ihm gleichgültig, dass sich seine zwei jüngeren Geschwister betrinken. Und das obwohl sie noch lange nicht volljährig sind. So etwas ist erstens gegen das Gesetz und zweitens schädlich für den Körper und die Gesundheit.

„Ich will nicht, dass Kate das tut", antworte ich und bin schon dabei, auf die Gruppe zu zugehen, doch Pietro hält mich am Arm zurück.

„Ist doch halb so wild... man muss das Leben nun mal genießen", behauptet er. Dieser Meinung bin ich aber nicht. Vierzehn ist einfach zu jung für Alkohol.

Gerade als ich mich von Pietro losreißen will, berührt mich auch Lucca vorsichtig an der Schulter. „Es ist wirklich nicht so schlimm. Schau dir doch mal an, wie glücklich Kate ist."

Ja, glücklich sieht sie aus. Das muss ich leider zugeben. Ihre Augen glitzern geradezu in der Dunkelheit und mit ihrem Lächeln kann niemand mithalten. Kate scheint sich wohl zu fühlen. Die Jungs haben Recht. Ich sollte ihr diesen Moment nicht kaputt machen.

Zu fünft laufen wir weiter den Strand hinunter. Durch das Licht des Mondes und der Sterne erscheint alles in verschiedenen Grauschattierungen. Das Wasser ist tiefschwarz und schlägt in sanften Wellen gegen den hellgrauen Strand. In der Dunkelheit und fernab vom Fest lässt es sich gut philosophieren. Da der Alkohol unsere Zungen bereits etwas gelockert hat, unterhalten wir uns überalles Mögliche. Lautes Gegröhle und Musik, die aus Boxen tönt, unterbricht jedoch unser Gespräch und verrät uns, dass der Rest unserer Klasse nicht weit sein kann. Tatsächlich stoßen wir schon bald in eine Gruppe unserer Freund:innen, die am Strand Flunkyball spielen und es sich auf ein paar Hotelliegen bequem gemacht haben. Wir setzen uns ein bisschen zu ihnen und gehen regelrecht in dem bunten Treiben auf.

Gegen Mitternacht kehren wir zum Hafen zurück. Dort wird nämlich um Punkt zwölf ein Feuerwerk gezündet und das wollen wir nicht verpassen. Natürlich ist es auch dementsprechend voll auf dem Hafengelände, aber es lohnt sich dennoch, das Feuerwerk anzuschauen. Beinahe eine halbe Stunde lang erfüllen krachende, bunte Funken den Nachthimmel, bis eine Rauchglocke über der Stadt hängt und es unmöglich gewesen wäre, die Feuerwerkskörper weiterhin zu erkennen. Eine selige, glückliche Ruhe durchströmt mich. Ich fühle mich vollkommen.

Nach dem Feuerwerk schlendern Pietro, Lucca und ich erneut am Strand entlang, lassen uns schließlich auf den kühlen Sand fallen und unterhalten uns noch ein bisschen. Besonders Pietro und Lucca scheinen sich plötzlich ganz gut miteinander zu verstehen. Schon bald werden wir jedoch so müde, dass ich beschließe, nach Hause zu gehen. Mit Luccas Handy schreibe ich Kate und erhalte von ihr eine kryptische Antwort, die darauf schließen lässt, dass sie bei Davide und Vittoria am Hafen ist. Die grammatikalisch inkorrekten Sätze, in denen sich Englisch und Italienisch vermischen, führen mich zu der Annahme, dass sie ziemlich betrunken ist. Vielleicht hätte ich ihr doch den Alkohol wegnehmen sollen. Ein schlechtes Gewissen beschleicht mich.

Als wir zur Stadt zurückkehren, stelle ich fest, dass die ersten Stände bereits abgebaut werden. Die Menschenmenge auf den Straßen hat sich ebenfalls ausgedünnt, weshalb es mir nicht sonderlich schwer fällt, Kate zu finden. Genau wie sie mir geschrieben hat, sitzt sie am Hafen auf einer Bank beim Wasser.

Davide kauert mit blassem Gesicht neben Kate und wirkt, als müsse er sich jeden Moment übergeben. Nun ja. Zu viel ist halt zu viel.

„Ihm ist schlecht", erklärt Kate, sobald ich vor ihr stehe und streicht Davide fürsorglich über den Rücken. „Aber weißt du was, ich kann machen, dass es ihm besser geht. Ich bin nämlich fantastisch", fährt sie fort.

„Ach ja?", frage ich zweifelnd. Wohl eher betrunken als fantastisch.

„Ich zeig's dir." Mit ernstem Gesichtsausdruck streckt Kate ihre Hände in Richtung Hafenbecken aus. Dort lässt sie einen Wasserstrahl in die Luft wachsen, trägt ihn zu Davide hinüber und spritzt ihm das kühle Nass ins Gesicht. „Ich kann das nämlich machen mit dem Wasser", lallt sie.

Erschrocken schlage ich die Hände vor dem Mund zusammen. Auch Davide wirkt nicht länger betrunken und ich spüre, wie er einen entsetzten Blick mit Pietro wechselt, der hinter mir steht. Ich höre, wie Lucca scharf den Atem einzieht, aber am schlimmsten ist es, dass ich zwischen den Häuserreihen eine schwarz gekleidete Gestalt stehen sehe. Sie trägt eine Maske, die an der Nase zu einem Schnabel gebogen ist. Ein Cinquenti, ein Spion von Falcini, denen wir bei den Ruinen nur knapp entkommen sind.

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