Kapitel 5: Obadia und das Vermächtnis der Runenpriester (Teil 3)
Nachdem Obadia aber wieder ward zur Ruhe gekommen, da erkannte er erst mit einem Male in voller Gänze, welch eine wichtige Bedeutung die Verheißung vom letzten Helden hatte, denn er wusste nun nicht mehr allein um ihr Vorhandensein, sondern kannte ja auch nun ihre Entstehung, so dass er wusste, dass dieses alles eines Tages würde wahrhaftig Wirklichkeit werden.
Und es betrübte ihn, dass der Bund der Runenmeister nach und nach seine Aufgabe von der Verbreitung der Botschaft über die Rückkehr der Götterrune hatte vernachlässigt, so dass niemand mehr so recht darum wusste. In der gleichen Weise aber war es ihm gewiss, dass die Runenmeister würden anders darüber denken, wenn sie alles das wüssten, was er nun mit Hilfe seiner Rune gesehen und erlebt hatte, so dass ihr Glaube an der Echtheit der Legende vom letzten Helden würde zurückkehren.
Und als Obadia sich wiederum vom Boden aufrichtete und über solcherlei Gedanken nachsinnend durch die verlassenen Räume des Tempels schritt, da fiel sein Blick mit einem Male auf die Schriftensammlung über die Runen und es kam ihm eine besondere Erleuchtung.
Und er ging schnellen Schrittes hin zu dem Buche, es aufzuschlagen, und betrachtete die vielen Seiten über all die Runen und höheren Runen, welche die Runenpriester hatten mit Fleiß und Mühen aufgezeichnet der Nachwelt zum Erbe. Die Runenpriester aber hatten auch einen Teil der Erlebnisse niedergeschrieben, die sie seit der Gründung des Tempels erlebt hatten, und diese Stellen im Buche aber waren es, an die sich Obadia wieder erinnert hatte und die in ihm nun einen Entschluss entstehen ließen.
Denn so wie die Runenpriester einstens dies Wenige über ihre Erlebnisse hatten niedergeschrieben, so wollte nun Obadia hingehen und alles das hinzu schreiben, was er hier und heute nun dank seiner Rune wusste und gesehen hatte, auf dass dies Wissen würde festgehalten bleiben zum ewigen Gedenken an die Geschehnisse um die Götterrune und auf dass dies alles würde verbreitet werden unter den Menschen allerorts, so dass der Bund der Runenmeister würde erneut geeint sein und die Legende vom letzten Helden wieder erstarken, auf dass es Niemanden mehr geben könnte, der noch Zweifel an ihr hätte.
Und das Wissen über die Runen aber, von dem Obadia sowieso schon im Sinn hatte, es an sich zu nehmen, wollte er nun gleichermaßen neu niederschreiben, konnte seine Rune ihm doch auch darüber Kenntnis verschaffen, so dass er nun würde noch manches weitere dazuschreiben können, wovon die Runenpriester in früherer Zeit noch nichts gewusst hatten.
Und also wollte Obadia nunmehr die Schriftensammlung in welcher waren vorhanden zum Einen die Erlebnisse der Runenpriester zur Zeit des Tut-Anch-Amun, als auch das Wissen über die Runen und deren Zauber, nunmehr neu fassen in zwei verschiedene Schriften, so dass zum Einen also all die Erlebnisse und Geschehnisse um die Runenmeister und die Götterrune würden in einer Schrift vorhanden sein und alles Wissen über die Runen und deren Geheimnisse in einer anderen.
Und obgleich es nun schon gegen Mittag war, wollte Obadia nicht zurückkehren nach Memphis, sondern er wollte sein Vorhaben sogleich an Ort und Stelle Wirklichkeit werden lassen, sah er all das Geschehen, um das er nun wusste, noch sehr frisch in seinen Erinnerungen vor sich. Und es waren ja auch immer noch einige Mittel zum Schreiben in dem Tempel vorhanden und Obadia fand gleichermaßen sehr viel unbeschriebene Pergamente und Papyrusrollen und also konnte er sich nun daran machen, das Gesehene niederzuschreiben.
Und Obadia ging hin und schrieb also nun alles das auf, was er zuvor mit der Rune des Allwissenden gesehen hatte, und er fügte auch die niedergeschriebenen Erlebnisse der Runenpriester hinzu und er schrieb und schrieb darüber ohne Unterlass und schaffte im Gesamten daraus ein Schriftwerk von sieben Kapiteln und diese neu geschaffene Schriftensammlung wollte er aber benennen als „Das Buch des Heru-Ku-Les".
Doch kam es ihm in den Sinn, dass es besser würde sein, wenn dieser bekannte Name nicht von jedermann sogleich von der Überschrift entziffert werden konnte, auf dass nicht jedermann sofort erkenne, wessen Taten hier unverfälscht erzählt wurden, noch dass einer das Buch aus Machtstreben an sich riss oder zerriss. Dies aber war der Grund, dass Obadia den Namen des Buches umänderte und es schließlich „Des Götterjungen Geschichte" nannte.
Und als Zweites aber ging er hin und besah sich die Seiten in dem alten Buche der Runenpriester, in welchen etwas geschrieben stand über das Wissen um die Runen und höheren Runen, und er gebrauchte seine Rune, dass sie ihm würde noch weitere bisher unbekannte Dinge über die Runen und höheren Runen zeigen, und es geschah wahrhaftig, dass die Rune des Allwissenden ihrem Träger Obadia noch so Manches mehr zeigte, was niemand zuvor je gwusst hatte.
Und Obadia ging hin dies alles niederzuschreiben und schaffte daraus ein zweites Schriftwerk, in welchem nicht nur alles über die Runen und deren Zauber niedergeschrieben stand, sondern in welchem gleichermaßen auch berichtet wird über die Sprache der Runen, als auch über die Besonderheiten der Rune des Lichtes und des Schattens, und selbst gar über den letzten Helden und die Götterrune.
Und dies Buch aber sollte fortan als eine Schrift der Runenlehre und der Heiligung von Runen gelten und also war sie für einen jeden Runenmeister zum richtigen Umgang mit den Runen gedacht und Obadia benannte dies Buch schlicht und einfach nur als „Das Buch über die Runen".
In späterer Zeit aber sollte es dazu kommen, dass die Runenmeister dies Buch in Anerkennung an den Propheten Obadia umbenennen würden in „Das Runenbuch des Obadia", wussten sie doch, dass sie dieses Buch nur dem Wirken des Obadia an jenem Tage im Runentempel verdankten.
Und Obadia schrieb und schrieb ohne Unterlass diese beiden Schriften nacheinander auf und schrieb also drei weitere Tage und Nächte hindurch und erst als die Sonne am darauffolgendem vierten Tage aufgegangen war, war Obadia fertig mit seinen neuen Schriftwerken. Und obgleich er keinen Hunger hatte zu fürchten gehabt in all der Zeit, da er immer ab und an sich etwas von seinem mitgebrachten Essen geholt hatte, fehlte ihm aber jeglicher Schlaf der letzten Zeit.
Und solange er nun dies alles geschrieben hatte, ward ihm dies nicht bewusst, doch als er am Morgen des neuen Tages fertig mit allem war und er seine Schreibfeder beiseite legte, da überkam ihn die aufgeschobene Müdigkeit mit einem Male so stark, dass er sogleich von seinem Sitz rutschte und an Ort und Stelle in den Schlaf versank.
Und also geschah es, dass Obadia noch einen weiteren Tag in dem Runentempel blieb, und als er erwachte, war es schon wieder Nacht und er erhob sich und verschaffte sich Licht und besah nun zufrieden seine geschaffenen Schriftwerke, welche nun fortan gelten sollten als das neue Vermächtnis der Runenpriester und Runenmeister.
Und gleich darauf beschloss er nun wieder zurückzueilen zu der Stadt Memphis und also stieg er durch das geschaffene Loch wieder herauf an die Oberfläche. Dort blickte er sich zunächst um, doch weit und breit war niemand zu erkennen, was er befriedigend zur Kenntnis nahm, denn er musste ja nun die Stätte wiederum verschließen mit der Macht der Steinschlagrune.
Und Obadia machte sich daran, den Zauber ‚Steinschlag' ein weiteres Mal entstehen zu lassen, und seine magische Kraft aber hatte sich nun wieder vollends erholt von all dem Gebrauchen der Rune des Allwissenden, hatte er ja während des Schreibens keinen Zauber mehr vollbracht. Und also bereitete ihm dies nun keine Schwierigkeiten den Steinschlagzauber zu rufen und Obadia ballte bei diesem Male seine ganze Kraft auf den Zauber und es geschah wahrhaftig, dass der Zauber wiederum Wirklichkeit wurde.
Die Steinsbrocken waren bei diesem Male aber noch größer denn zuvor und waren also schon bald als halbe Felsen anzusehen und Obadia bündelte sein Denken noch ein wenig stärker auf den Zauber, so dass also auch sehr viele dieser großen Feldbrocken in der Luft entstanden, und gleich darauf sausten diese alle nach unten auf die offene Stelle des Runentempels zu und krachten in sehr starker Weise in den Tempel hinein, so dass der Boden dabei bebte, und die Brocken brachen und stürzten sich in den Tempel, und es geschah, dass der Tempel nicht nur verschüttet wurde, sondern auch die unteren Räume wurden nunmehr zerstört und brachen zusammen und ein Teil der Bodendecke über den Räumen barst und stürzte gleichermaßen nach unten hin.
Und gleich darauf war dies alles auch schon wieder vorüber und das Beben hörte auf und der Tempel der Runenpriester aber war nun endgültig zerstört worden und dies aber hatte Obadia auch im Sinn gehabt, als er seine ganze Kraft auf den Zauber bündelte, auf dass diese Stätte nie mehr könnte gefunden, noch als eine solche erkannt werden.
Und hernach blickte Obadia zufrieden auf sein Werk, denn man sah nur noch Wüstenboden voller gebarstenem Felsgestein vor sich, und Obadia gebrauchte kurz seine Rune des Allwissenden und stellte beruhigend fest, dass die früheren unteren Räume des Tempels nunmehr vollkommen zusammengebrochen waren und nicht mehr Bestand hatten.
Daraufhin barg er die beiden Schriften über die Geschehnisse um Heru-Ku-Les, als auch über die Runen und ihre Geheimnisse, unter seinem Gewande und eilte nach Memphis zurück. Und in der Stadt aber wusste keiner, wo der Prophet Obadia geblieben war in all der Zeit, außer seinen Wächtern, welche aber zu niemandem etwas gesagt hatten, und also war ein großes Bangen und eine Unruhe in der Stadt, denn man glaubte dem Propheten Obadia sei etwas zugestoßen.
Die Wächter aber waren in all der Zeit am westlichen Rand der Stadt verblieben und hielten alle Weile Ausschau in Richtung der Pyramiden und erwarteten voller Ungeduld die Rückkehr des Obadia. Sie hatten es aber in all der Zeit nicht gewagt, in Richtung der Pyramiden aufzubrechen, gleich es Obadia ihnen befohlen hatte, war ihre Ehrfurcht vor ihm doch sehr groß und sie hatten aber auch Furcht davor, dass die Götter, von denen Obadia gesprochen hatte, ihnen augenblicklich das Leben würden nehmen, wenn sie sich an diesen Orte sollten wagen.
Und als die Wächter aber von der Ferne aus Obadia ankommen sahen, da riefen sie ihre ganze Erleichterung in den Himmel und die anderen Menschen merkten darum und gleich darauf eilten die ganzen Bewohner der Stadt vor die Stadtmauer, Obadia zu empfangen.
Und sogleich wurde Obadia also umringt von allen Seiten und befragt, wo er denn nur gewesen war in all der Zeit, und die Wächter verschafften sich Platz, Obadia freudig zuzueilen, und fragten ihn: „Herr, wir waren in so großer Sorge! Wie geht es euch? Haben euch die Götter gezeigt, was ihr sehen wolltet?!"
Obadia aber nickte daraufhin bedächtig und zufrieden und antwortete ihnen: „Ja. Wahrlich, wahrlich, sah ich alles dies, was ich wissen wollte! Doch sah ich weit mehr, als es mir lieb war! So lasset mich nun vorerst ausruhen von all den Mühen, auf dass ich wieder zu Kraft und Sinnen komme!"
Und die Menschen taten, wie er es ihnen sagte, und brachten ihn zu der für ihn bestimmten Unterkunft und als sie Obadia nun eingehender betrachteten, da bemerkten sie mit einem Male, dass er nun noch einige weiße Haare mehr inmitten seines schwarzen Haarschopfe besaß, und sie erschreckten ehrfürchtig darüber und fragten sich, was Obadia wohl Besonderes gesehen haben mochte.
Am nächsten Tage aber war Obadia wiederum wohlauf und setzte sein Wirken in Memphis fort und blieb im Gesamten noch weitere zwei Tage in der Stadt. Am darauffolgenden Tage aber ließ er sogleich aufbrechen und drängte zur Abreise, denn nunmehr wollte er endlich heimwärts ziehen nach Alexandria, denn er hatte ja nun all das erreicht, was er im Sinn gehabt hatte.
Und so machte sich der Prophet Obadia nach vielen Wochen und Monaten endlich wieder auf, zurückzukehren nach Alexandria, und kehrte also mit neuem Wissen und Erkenntnissen über die Geschehnisse um die Götterune zurück. Gleichermaßen aber freute er sich auch darauf, seine Tochter Obsidia wieder in die Arme zu schließen.
Doch die größte Errungenschaft aber, die ihm als ein besonderes Geschenk erschien, mit dem er zurück nach Alexandria aufbrach, waren jene zwei besonderen Schriften, welche er unter seinem Gepäck verborgen mit sich führte und welche er geschaffen hatte dem Runenbund zum Vermächtnis.
Denn damit war nun endlich all dies Wissen festgehalten, mit welchem die Wiedererweckung der Verheißung vom letzten Helden konnte wahrhaftig werden, und es sollte im weiteren Verlauf der Geschehnisse um den Runenbund wahrlich dazu kommen, dass jene Schriften eine große Bedeutung für die Nachwelt erlangen sollten.
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